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FINE EXZELLENT 2018

FINE EXZELLENT 2018 - MAGAZIN ZUM 22. RHEINGAU GOURMET & WEIN FESTIVAL

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DIE ELEGANZ<br />

DES ALTERS<br />

Zu seinem 241. Geburtstag lud das Champagnerhaus Louis Roederer zu einem Dîner<br />

Surréaliste nach Reims. Aufsehenerregender Höhepunkt des Festes war die Präsentation<br />

des Cristal Vinothèque – eine länger gereifte, extrem limitierte Version der berühmten<br />

Prestigecuvée aus großen Jahrgängen. Der Abend war ein Genussspektakel in sieben<br />

Akten und zugleich ein einzigartiges Plädoyer für gereiften Spitzenchampagner.<br />

Von STEFAN PEGATZKY Fotos RUI CAMILO<br />

Selbstbewusst lautete das Motto dieses Oktoberabends in Reims: »241 Jahre Freiheit«.<br />

Das kann sich die 1776 gegründete Maison Louis Roederer, als eine von wenigen noch<br />

in Familienbesitz, auch leisten – zumal die Koinzidenz von Firmengründung und amerika<br />

nischer Unabhängigkeitserklärung einfach zu schön ist. Tatsächlich aber ist Freiheit –<br />

auch das sollte dieser Abend demonstrieren – in vielfacher Hinsicht ein Leitmotiv des<br />

Champagnerhauses.<br />

Den Apéritif gibt es im Hof. Der Gebäudekomplex<br />

aus dem 19. Jahrhundert am<br />

noblen Boulevard Lundy, in dem sich die<br />

Geschäftsräume von Louis Roederer befinden, ist<br />

reprä sentativ genug. Zu raffinierten belgischen<br />

Mini- Kroketten wird Brut Premier serviert – wie<br />

alle weiteren Champa gner dieses Abends aus der<br />

Magnum. Der Standardchampagner des Hauses ist<br />

einer der besten Vertreter seiner Art, weil er mit<br />

einem hohen Anteil von Reserve-Weinen produziert<br />

wird. Zugleich aber ist er in gewisser Weise<br />

un typisch für Roederer. Zum einen, weil er als<br />

einzige Cuvée des Hauses auch aus Pinot-Meunier-<br />

Trauben hergestellt wird. Zum anderen, weil nur<br />

für diese Abfüllung Trauben zugekauft werden. Von<br />

den Jahrgangs-Cuvées bis zum Cristal werden alle<br />

Roederer- Champagner zu hundert Prozent aus eigenem<br />

Lesegut vinifiziert.<br />

Nachdem sich die Festgesellschaft in eine<br />

umgebaute Lagerhalle begeben hat, wo sie<br />

den Klängen des 5. Bacchanale von Heitor<br />

Villa-Lobos lauschte, geht es mit einem Paukenschlag<br />

los: Cristal 2002 zu norwegischer Königskrabbe und<br />

belgischem Kaviar. Der Cristal ist eine Legende:<br />

1876, hundert Jahre nach der Gründung des Hauses,<br />

wurde er für Zar Alexander II. ent wickelt und 1928,<br />

nach der Russischen Revolution, als Prestigecuvée<br />

quasi erfunden. Wie kaum ein zweiter verkörpert er<br />

die Magie des auf kargem Kalkboden gewachsenen<br />

Pinot Noir, vor allem aus den Grand-Cru-Lagen der<br />

Montagne-de-Reims, etwa aus Verzenay und Verzy,<br />

deren Kraft und Fruchtigkeit durch gut 40 Prozent<br />

Chardonnay-Trauben in Balance gebracht werden.<br />

Anders als sein Vorläufer aus dem 19. Jahrhundert,<br />

der in einer Kristallglasflasche geliefert<br />

wurde, die ihm den Namen gab, ist der Cristal heute<br />

nicht mehr zuckersüß, sondern trocken und fokussiert.<br />

Fast immer wird hier auf die Milch säuregärung<br />

verzichtet, die »Malo«, die harte Apfelsäure<br />

in weichere Milchsäure umwandelt. Das sorgt<br />

für viel Frische, ist aber für Champagner-Novizen<br />

nicht ganz einfach zu verstehen, weshalb der Cristal<br />

als Champagner für Kenner gilt. Nach der Empfehlung<br />

des Hauses sollte eine Flasche erst zehn bis<br />

fünfzehn Jahre nach der Ernte geöffnet werden.<br />

Der Cristal 2002 jedenfalls ist an diesem Abend in<br />

famoser Form. Makellos verkörpert er den Stil der<br />

Maison: die frühlings hafte Frische und die konzentrierte<br />

Reinheit der Frucht, mit Himbeeren und<br />

reifen Aprikosen in der Nase und einer wunderbar<br />

cremigen Perlage. Und jenes »pale blaze«, wie<br />

Truman Capote die Farbe des Cristal bezeichnete:<br />

das blasse Feuer.<br />

Sein großartiges Säuregerüst und seine fast kreidige<br />

Salzigkeit machen ihn zum idealen Begleiter für<br />

die Königskrabbe und den jodig-nussigen Kaviar.<br />

Küchenchef David Martin, der in Brüssel zwei<br />

Sterne- Restaurants führt, ist der kongeniale kulinarische<br />

Partner des Abends. Sein hoher Anspruch<br />

an Produkt qualität und seine von der japanischen<br />

Küche inspirierte Küchentechnik entsprechen der<br />

puristischen Noblesse des Champagners.<br />

Im dritten Akt wähnen sich die Gäste auf einem<br />

ländlichen Fest des 18. Jahrhunderts. In historischen<br />

Gärtnerkostümen enthüllen die Kellner<br />

unter karierten Leinentüchern Thunfisch, Wakame-<br />

Algen und Dashi im Brotteig. Frédéric Rouzaud,<br />

Repräsentant der siebten Generation der Roederer-<br />

Dynastie und Direktor des Hauses, habe die Idee<br />

gereizt, das klassische Menü neu zu erfinden. Das<br />

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