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E_1929_Zeitung_Nr.078

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18 AUTOMOBIL-REVUt <strong>1929</strong> — 78<br />

von deinem Bureau ab.» — «Nein, weisst du,» erwiderte<br />

Fr. Purdy in höchster Verlegenheit, «ich<br />

lege grossen Wert darauf, gerade mit meinem gewöhnlichen<br />

Zug zu fahren, weil... weil... nun<br />

zum Teufel, weil ich will, dass jeder in diesem<br />

verdammten Zug erfahre, dass ... dass wir beide<br />

verheiratet sind.»<br />

(Münchener Telegramm-<strong>Zeitung</strong>.)<br />

Der Amtsschimmel<br />

Der «Figaro» erzählt folgende ergötzliche<br />

Geschichte, die erkennen lässt, dass St. Bureaukratius<br />

auch bei unsern französischen<br />

Nachbarn kein Unbekannter ist. Im vorigen<br />

Jahr trat ein hoher, in Paris sehr bekannter<br />

Beamter des französischen Finanzministeriums<br />

in den Ruhestand. Um seine etwas angegriffene<br />

Gesundheit wieder herzustellen,<br />

gönnte er sich eine schöne, ausgedehnte Erholungsreise,<br />

die ihn beinahe ein ganzes Jahr<br />

lang von Paris fernhielt. Nach seiner kürzlich<br />

erfolgten Rückkehr nun beabsichtigte dieser<br />

Herr, seine Pension abzuheben, die er<br />

während des Jahres seiner Abwesenheit hatte<br />

anstehen lassen. Also begab er sich zu der<br />

für ihn zuständigen Kasse, um sein Geld abzuholen,<br />

wohlbewaffnet mit einer für diesen<br />

Zweck durch irgendeine französische Verordnung<br />

vorgeschriebenen polizeilichen Bescheinigung,<br />

dass er noch lebe und sich guter<br />

Gesundheit erfreue. An der Kasse prüfte man<br />

das polizeiliche Zeugnis sehr sorgfältig,<br />

schüttelte die Köpfe, prüfte noch einmal und<br />

erklärte dann schliesslich, das ihm zustehende<br />

Ruhegehalt für das letztverflossene Quartal<br />

könne man wohl auszahlen, da er dafür<br />

eine «Lebensbescheinigung» beigebracht habe.<br />

Die Gelder aber für die vorhergegangenen<br />

drei Quartale könne man ihm nicht geben, da<br />

für diesen Zeitraum die vierteljährlich vorgeschriebenen<br />

drei Bescheinigungen fehlten.<br />

Umsonst wies der Bestürzte darauf hin,<br />

dass er zurzeit doch noch am Leben sei und<br />

dass also doch wohl kaum angenommen werden<br />

könne, dass er in den fraglichen drei<br />

Quartalen nicht gelebt habe; er bekam nur<br />

„Nein, weisst dn, erwiderte<br />

M. Purdy, in höchster<br />

Verlegenheit", ich lege<br />

grossen Wert darauf,<br />

gefade mit meinem gewöhnlichen<br />

Zug zu fahren,<br />

weill... weil... nun zum<br />

Teufel, weil ich will, dass<br />

jeder in diesem verdammten<br />

Zug erfahre, dass...<br />

dass wir beide verheiratet<br />

sind".<br />

piere auszustellen, da er sich während der<br />

dreiviertel Jahre bei ihr nie persönlich vorgestellt<br />

habe.<br />

Polizist mit Telephon<br />

In der nächsten Zeit werden von der Polizeidirektion<br />

in Wien verschiedene technische<br />

Neuerungen eingeführt werden, die die<br />

Schlagkraft der Sicherheitswache erhöhen<br />

und eine grössere Beweglichkeit des Polizeikörpers<br />

gestatten werden. Vor allem sollen<br />

an Gebäuden und Lichtmasten Polizeimelder<br />

angebracht werden, die in ähnlicher Weise<br />

wie die Feuermelder funktionieren. In jedem<br />

solchen Melder ist ein Telephonapparat eingebaut,<br />

durch den die Zentrale den Wachebeamten<br />

mittels eines Lichtsignals oder eines<br />

Läutewerks anrufen kann. Die diensttuenden<br />

Polizisten öffnen den Melder mit ihren<br />

Schlüsseln und können so, nachdem durch<br />

Abheben des Hörers die Verbindung mit der<br />

Direktion hergestellt ist, Befehle entgegennehmen.<br />

Der Melder wird auch dazu dienen,<br />

um gegebenenfalls an eine bestimmte Stelle<br />

der Stadt schnellstens eine Polizeipatrouille<br />

beordern zu können. Durch einen Druck auf<br />

einen bestimmten Taster im Meldeapparat<br />

kann der Beamte von der Zentrale Sukkurs<br />

verlangen. Ein Selbstregistrator vermag sofort<br />

den Apparat festzustellen, von dem aus<br />

die Hilfe verlangt wurde. Auf kürzestem<br />

Wege kann von der Zentrale das nächstgelegene<br />

Kommissariat drahtlos oder telephonisch<br />

verständigt werden. Anfangs<br />

werden diese Polizeimelder nur in der Nähe<br />

von sogenannten Stehposten, das heisst von<br />

Verkehrsbeamten, Posten an Kreuzungen<br />

usw. eingerichtet werden, während später<br />

auch patrouillierenden Beamten derartige<br />

Apparate zur Verfügung stehen werden. Der<br />

Bau der Polizeimelderanlagen wurde bereits<br />

in Angriff genommen. Es ist auch geplant,<br />

später jeden diensttuenden Polizisten mit<br />

einem Radioapparat zu versehen, damit von<br />

der Zentrale oder von Kommissariaten unmittelbar<br />

an jeden Wachebeamten Weisungen<br />

ausgegeben werden können.<br />

Wie soll man sein Geld<br />

verwenden ?<br />

Eine uralte orientalische Weisheit lautet<br />

folgendermassen: «Der Mensch teile seine<br />

Erwerbnisse in drei gleiche Teile. Den einen<br />

habe er in Bargeld liegen, den zweiten<br />

stecke er in Landbesitz, für den dritten kaufe<br />

er Waren, um mit ihnen zu handeln.» Die<br />

Weisen Amerikas liegen im Streite darüber,<br />

was der Mensch mit seinen Erwerbnissen<br />

anfangen soll. <<br />

Der neunzigjährige Rockefeiler hält seit<br />

Menschengedenken an seiner alten Weisheit<br />

fest. «Sparen» — lautet sie. Für diese Lehre<br />

macht er nach wie vor Propaganda der Tat.<br />

Er schenkt jedem, dem er begegnet, einen<br />

«dime», die kleinste amerikanische Münze.<br />

Sie soll dem Journalisten, der ihn interviewt,<br />

dem Golfpartner, dem Geistlichen,<br />

der Blumenfrau und dem boy scout als «Anfangskapital»<br />

dienen. Die Sparbüchse: das<br />

ist das Symbol der Lehre Rockefellers.<br />

Henry Ford ist noch keine neunzig Jahre alt.<br />

Er erklärte vor kurzem, Erfolg könne nur<br />

der haben, der versteht, sein Geld auszugeben.<br />

Natürlich genüge das Ausgeben an sich<br />

nicht, man müsse auch das Wörtchen<br />

«wie?» kennen. Jedenfalls sei es nach Ford<br />

nur schädlich, wenn man der heranwachsenden<br />

Jugend die Sparsamkeit als eine Art<br />

von Religion predige. Der Schuljunge, das<br />

Schulmädchen sollen sich im Erwerb von<br />

Dingen üben, die sie für nützlich halten.<br />

Fords Ideal ist sein intimster Freund Edison,<br />

der im Ausgeben noch unermüdlicher als in<br />

der Erfindung von tausend nützlichen Dingen<br />

war.<br />

Der dritte der Weisen, Raskob, kommt<br />

vom Arbeiterstand und wurde in verhältnismässig<br />

früher Jugend Leiter der Finanzabteilung<br />

der gigantischen General Motors<br />

Company. Er kam soeben mit seiner neuen<br />

Heillehre heraus. «Anlegen» — heisst ihr<br />

Alpha und Omega. «Jeder amerikanische Arbeiter<br />

vermag, wenn er will, 15 Dollar zu<br />

ersparen und damit kann er seine Laufbahn<br />

als Kapitalist beginnen.»<br />

Rockefeiler, Ford. Raskob: sie alle drei sagen<br />

— eigentlich — nur das, was die Weisen<br />

des Orients vor der Erfindung des Benzins,<br />

des Autos und der Aktie gewusst zu<br />

haben scheinen.'<br />

Die Anerkennung.<br />

Jack Johnson, der ehemalige schwarze<br />

Box-Weltmeister* besah sich einmal die Stadt<br />

Paris und besonders die historischen Stätten.<br />

Johnson kam auch zum Grab Napoleons und<br />

überlegte dort lange, was er sagen wollte.<br />

Schliesslich meinte er zu seinen Begleitern:<br />

«Well, auch das war ein grosser Mann!»<br />

O Josephine!<br />

•Josephine, die braune, weltberühmte Josephine,<br />

seit ihrem Schweizer Tournee den<br />

Lesern des «Autler Feierabends» eine sehr<br />

gute, sehr liebe Bekannte, dieselbe Josephine<br />

hat einen bitterböse-traurig-resignierten<br />

Brief an einen ungarischen Freund<br />

geschrieben. Sie beklagt sich schwer,<br />

wie die «B. Z. am Mittag» zu berichten<br />

weiss, dass man ihr überall Steine<br />

in den Weg wirft und gross angelegte Krachs<br />

gegen sie inszeniert, die ihr das Leben verbittern.<br />

Ausserdem schreibe man, wo man<br />

hur kann, Böses über sie. In Buenos Aires,<br />

der Stadt der «guten Düfte», wo sie augenblicklich<br />

im Australtheater tanzt, habe man<br />

ihr bei der Premiere wieder einen unerhörten<br />

Skandal gemacht, in dessen Verlauf Männer<br />

und Frauen sogar wütend auf sie losgegangen<br />

sind, so dass es fast zu Schlägereien<br />

gekommen wäre. Sie, Josephine, habe genug<br />

von den ewigen Vorwürfen, dass ihr<br />

Tanzen unmoralisch sei, sie werde den ganzen<br />

Kram einfach dort lassen und zur Sprechbühne<br />

gehen.<br />

Zu diesem Behufe ist Josephine Baker<br />

auch bereits mit dem ungarischen Autor<br />

Arpad Pasztor in Verbindung getreten, in<br />

dessen Stück «Le Masque Bleu> — «Die<br />

Blaue Maske» — sie die Hauptrolle zu übernehmen<br />

gedenkt. Josephine schreibt wörtlich<br />

:<br />

«Meine Premiere im Australtheater wurde<br />

wieder dazu benutzt, um mir skandalöse Szenen<br />

zu bereiten. Männer und Frauen schrieen<br />

mich an und befahlen mir, sofort zu tanzen<br />

aufzuhören und nannten mich schamlos. Der<br />

Tumult, den sie anrichteten, war so gefährlich,<br />

dass die Polizei kommen musste, um<br />

Ordnung zu machen. Worin besteht eigentlich<br />

meine Unmoral? Darin vielleicht, dass ich<br />

zugleich tanze und singe? Habe ich während<br />

meiner künstlerischen Karriere schon irgendeinen<br />

Schaden angerichtet? «Ich bin tief religiös.<br />

Mein einziger Wunsch ist, dass man<br />

sich nur mit meiner Kunst befasse und nicht<br />

mit meiner Person.<br />

... Gewiss, beim Bühnenausgang erwarteten<br />

mich auch hier wieder Dutzende von<br />

Verehrern, die mir Blumen schenken und um<br />

Autogramme bitten. Aber diese Erfolge befriedigen<br />

mich nicht. Ich habe die feste Absicht,<br />

das Tanzen aufzugeben, das, wenn<br />

es eine «Weisse» tut, «moralisch» befunden,<br />

bei einer «Schwarzen» aber als gegen- die<br />

Sitten verstossend gebrandmarkt wird...<br />

Im nächsten Februar kehre ich wieder in<br />

mein liebes Paris zurück, wo ich im «Palace»<br />

in der « Blauen Maske » spielen werde.<br />

Ich habe bereits einen zweijährigen Kontrakt.<br />

Zuvor aber gehe ich noch nach Hamburg,<br />

um in einem Sketsch aufzutreten ...»<br />

Sind deine Misserfolge eine amerikanische<br />

Rassenangelegenheit oder hast du dich selbst<br />

überlebt, braune Josephine? Denke wie<br />

schnell unsere Zeit lebt.<br />

Empfindsames Gemüt<br />

Die gleiche Frau, die vor drei Wochen,<br />

ohne mit der Wimper zu zucken, bewaffnete<br />

Kassenboten aufhielt und insgesamt 60,000<br />

Fr. abnähme, stand jetzt in Topeka in Kansas<br />

vor Gericht. Sie fiel, als sie den Spruch<br />

des Gerichts, der sie zu einer längeren Gefängnisstrafe<br />

verurteilte, vernahm, mit einem<br />

Aufschrei in Ohnmacht.<br />

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immer wieder zu hören : entweder die Bescheinigungen<br />

oder kein Geld. Zurzeit fahndet<br />

der Bedauernswerte, dem man dreiviertel<br />

Jahre seines Lebens nicht so recht glauben<br />

will, eifrig nach einwandfreien Zeugen dafür,<br />

dass er in diesem Zeitraum tatsächlich am<br />

Leben gewesen ist, denn auch die Polizei hat<br />

sich geweigert, nachträglich die nötigen Paneben<br />

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