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Der Burgbote 1978 (Jahrgang 58)

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verstanden haben, Menschen zum Singen<br />

anzuregen, sie für das Chorsingen zu be<br />

geistern."<br />

Ohne die vielfältigen Leistungen der Chö<br />

re wäre unsere Musikszene erheblich är<br />

mer, meinte der Minister. Die Zelter-Pla<br />

kette sei nicht nur eine Ehrung für erwor<br />

bene Verdienste, sie solle zugleich auch<br />

Mut zur weiteren Traditionspflege ma<br />

chen.<br />

Würdiges Geburtstagsgeschenk<br />

Aus Anlaß des 100jährigen Bestehens des<br />

„Sängerbund" hatte dieser den Kölri<br />

llännergesangverein 1842 in die Tumhaiife<br />

der Realschule in Merkstein eingela<br />

den. <strong>Der</strong> weltberühmte Chor fand viele<br />

hundert Zuhörer, die ein Konzert erlebten,<br />

das mehr als ein würdiges Geburtstagsge<br />

schenk war.<br />

Zu Beginn begrüßte Stadtdirektor Ernst<br />

Römer, der neben dem stellvertretenden<br />

Bürgermeister Josef Ubachs und CDU-<br />

FraktionsVorsitzenden Franz-Josef Terodde<br />

zum Konzert gekommen war, den Köl<br />

ner Chor und dankte „im Namen des Ge<br />

burtstagskindes". Daß dieser Dank ge<br />

rechtfertigt war, zeigte der Verlauf des<br />

Konzertes.<br />

Professor Hermannjosef Rübben ist ein<br />

auch optisch effektvoller Dirigent, der sei<br />

ne über 100<br />

Männer mit unerbittlicher<br />

Präzision führt. Da kommt jedes Crescen<br />

do, jeder Endkonsonant, jede dynamische<br />

Schattierung. Bei den schwungvollen Ab<br />

schlägen mit dem zurückfedernden Halte<br />

punkt neigt der Chor dann aber zu leich<br />

ten Schlußakzenten; ein Problem, das alle<br />

haben, die sehr präzise singen.<br />

Wies pontan es aber auch geht, zeigten die<br />

Z' ^en, die am Schluß des Konzertes eirli^^^ürmisch<br />

applaudierenden Publikum<br />

geboten wurden.<br />

Bleibende Erinnerung<br />

Rübbens Programm war ein wenig unaus<br />

gewogen, bot aber gerade im ersten Teil<br />

wirkliche Höhepunkte der Männerchorliteratur.<br />

Gleich zu Anfang Purcells „Sound<br />

the trumpet" mit seinem ungeheuren Ahfangscrescendo<br />

und seinen Fanfaren wur<br />

de zur bleibenden Erinnerung des Abends<br />

ob seiner musikalisch differenzierten Wie<br />

dergabe. Auch Willi Giesens romantisch<br />

harmonisiertes „Er wird herrschen" zeigte<br />

den Kölner Männergesangverein von sei<br />

ner stärksten Seite: riesiger dynamischer<br />

Umfang und Ausgewogenheit in allen<br />

Stimmen.<br />

Die Sopranistin Maria Brecht setzte bei<br />

mehreren Programmpunkten ihren lyri<br />

schen, etwas gedeckt klingenden Sopran<br />

in angenehmer Weise ein.<br />

Die zum 150. Todestag von Franz Schubert<br />

gebotenen Werke waren klug ausgewählt<br />

und ließen musikalisch keine Wünsche of<br />

fen. Rübben entwickelte geschickt die so<br />

schwierigen dynamisch-agogischen Über<br />

gänge und phrasierte sehr genau am Text.<br />

So entstand eine romantische, aber nicht<br />

schmalzige Interpretation Schubertscher<br />

Musik in ihrer ganzen Hintergründigkeit. '<br />

Daß der Pianist Emil Gerhardt statt des<br />

angekündigten Es-Dur-Impromptus mit<br />

seinen perlenden Läufen und dem drama<br />

tischen Mittelsatz das geschundene in As-<br />

Dur spielte, sei ihm nicht verziehen, schon<br />

weil die agogischen Übergänge und Ritardandi<br />

viel zu hastig waren, die Melodie im<br />

harmonischen Teil zu hart klang und im<br />

Mittelteil mit seinen Arpeggien und Ak<br />

kordschlägen statt der Dramatik nur eirie<br />

Etüde das Resultat war.<br />

Als Begleiter hatte er alle Tugenden; an<br />

passungsfähig und zuverlässig zurückhal<br />

tend wurde er hier seiner Aufgabe ge<br />

recht<br />

<strong>Der</strong> dem Volkslied gewidmete Teil brachte<br />

unter dem Thema „Lob der Jägerei" u.a.<br />

auch einige Kompositionen des Dirigenten.<br />

Rübben, der im ersten Teil mit seinem<br />

„Psalm des Kosmos" einen nachhaltigen<br />

Eindruck ob der gelungenen kompositorschen<br />

Anlage und der geschickten Text<br />

ausdehnung hinterließ, konnte mit den<br />

nachfolgenden Kompositionen von Her<br />

mann Erdien und August von Othegraven<br />

nicht konkurrieren. Es fehlten einfach die<br />

humorvollen Einfälle und musikalischen<br />

Motive, die die anderen Kompositionen so<br />

ansprechend machten.<br />

An der Spitze...<br />

Bei den Liedern der Welt stachen beson<br />

ders Leos Janaceks „Wahre Liebe" und<br />

Kan Ishiis „Sohran Bushi" hervor. Beim<br />

letztgenannten zeigte der Kölner Chor,<br />

wie perfekt er Dynamik, Sprechgesang<br />

und Summen beherrscht. Mit einem<br />

schwungvollen „Hab mein Wagen vollge<br />

laden" von Wilhelm Heinrichs endete der<br />

offizielle Teil dieses Konzertes, das als<br />

weiterer Beweis dafür gelten darf, daß der<br />

Männerchorgesang nicht tot ist. Was er<br />

braucht, ist Qualität. Und da stehen die<br />

Kölner von der Besetzung, Homogenität,<br />

Präzision und musikalischer Auffassung<br />

her sicherlich an der Spitze. T.W.

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