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Alles auf gleiche Weise leide, dass, wenn ich leide, das ganze All<br />
niitenipfindel. Dieser Einheit der Seelen scheint es ferner zu widersprechen,<br />
dass die eine venuinttig, die andere unvernünftig ist,<br />
dass die eine in Thieren, die andere in Gewächsen sich findet. —<br />
Wird andererseits nicht in gewissem Sinn die Einheit der<br />
Seelen hehauptet, so wird auch das All nicht eins sein können und<br />
es wird sich ein Princip der Seelen schwer finden lassen. —<br />
<strong>Plotin</strong> sucht zuerst die erhobenen Einwände zu widerlegen.<br />
Es ist nicht für alle VäWe zuzugeben, dass, wenn meine Seele und<br />
die Seele eines andern eine ist, gleiche Wirkung und gleiche Erscheinung<br />
sich zeigen müsse ; iin Gegentheil wird ein und dasselbe<br />
Wesen je in einem andern Dinge verschiedene Erscheinungsweisen<br />
haben. Wenn also die Seele in mir und in dir eine ist, so ist<br />
nicht nothwendig, dass, wenn ich eine sinnliche Wahrnehmung besitze,<br />
der andere durchaus in derselben Weise dasselbe Trad-og<br />
habe. Wenn ich und du dasselbe empfinden sollteu , so müssten<br />
wir uns eines aus unsern beiden Kürj)ern zusammengesetzten Körpers<br />
bedienen und in dieser Vereinigung würde jede der beiden<br />
Seelen dasselbe empfinden. Ferner bleibt das Ganze in Unken ntniss<br />
über eine Menge von Empfindungen der Tlieile eines und <strong>des</strong>selben<br />
Leibes und zwar um so mehr, je grösser es ist; es ist also nicht<br />
nothwendig, dass, wenn das einzelne Individuum leidet, das^AU<br />
mitempfinde. Es ist nicht unmöglich anzunehmen, dass, während<br />
in mir die Tugend statt hat, sich in dem Andern die Schlechtigkeit<br />
findet, da es nicht unmöglich ist, dass dasselbe in dem Einen bewegt<br />
werde, in dem Andern ruhe. Die Einheit, die wir annehmen,<br />
schliesst den Unterschied nicht aus, wie wir bei<strong>des</strong> ja auch der<br />
Vernunft zuschreiben. Um willen ihrer Theilbarkeit und Uniheilbarkeit<br />
ist die Seele eine und viele. Endlich ist wohl zu bemerken,<br />
dass zwar die vom Mittelpunkt <strong>des</strong> Ganzen ausgehenden Empfindungen<br />
sich über alle Theile verbreiten müssen , aber dass nicht<br />
nothwendigerweise auch die Empfindungen der einzelnen Individuen<br />
auf das<br />
Ganze übertragen werden.<br />
Aber nicht allein die Widerlegung der Einwürfe, bestimmte<br />
Thatsachen lielern auch den directen Beweis für die Einheit aller<br />
Seelen. Wir empfinden untereinander Sympathie, wir trauern mit,<br />
wenn wir Andere leiden sehen. Die Liebe scheint gerade auf der<br />
Einheit der Seelen zu beruhen. Nur weil es eine Seeleneinheit