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Psychologie des Plotin

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('harnklcr, dir ihr \valir(;s Wosen noch keineswegs ganz enthüllten<br />

und ihr auch noch nicht völlig entsprechen Jiei diesem discursiven<br />

Denken sucht die Se(>le zu entdecken, sie zweitelt und sucht zu<br />

lernen. Sie hedarf <strong>des</strong>selben , weil sie im Körper, ungewiss und<br />

verwirrt, weil ihre Vernunft geschwächt ist. Die Ueberlegung geht<br />

aus dem Mangel uinnittelbarei- Erkenntmss, aus dem Mangel an<br />

sicherm (ielühl und richtigem Takt, das Rechte zu treilen , hervor,<br />

in der idealen Welt erkennt die Seele Alles durch eine einfache<br />

Anschauung, ohne Erwägung und Ueberlegung, in Kraft eines einzigen<br />

Blickes. Ebenso bedarf die Seele in derselben nicht der<br />

Sprache und Worte, weil dort Alles unmittelbar ohne Sprache erkannt<br />

wird. Anders verhält es sich mit der Seele innerhalb der<br />

Bedingungen der sinnlichen Existenz.<br />

Das Wesen dieser Denkthätigkeit beschreibt <strong>Plotin</strong> an einer<br />

seiner<br />

•<br />

tielsinnigsten Stellen )? an der er die Denkprocesse mit dem<br />

Begrifle <strong>des</strong> Bewusstseins zu verknüpfen bemüht ist.<br />

Es ist Widersinnigkeit, sagt er, der Seele die Erkenntniss<br />

ihrer selbst abzusprechen, und es ist mehr als Widersinnigkeit, sie<br />

der Vernunft abzusprechen, denn es gäbe nicht Kenntniss und<br />

Wissenschaft anderer Wesen, wenn es nicht zuerst Kenntniss und<br />

Wissenschaft seiner selbst giebt. Bei der Vernunft besteht diese<br />

Selbsterkenntniss darin, dass sie die idealen Dinge betrachtet; indem<br />

sie dieselben erkennt, erkennt sie sich selbst.<br />

Zum Behuf der Beantwortung der Frage, wie die Seele Kenntniss<br />

ihrer selbst besitzt, durch welche Fähigkeit und wie sie dieselbe<br />

erlangt, nimmt <strong>Plotin</strong> die verschiedenen erkennenden Thätigkeiten<br />

der Seele durch.<br />

Die sinnliche Wahrnehmung beschäftigt sich nur mit äussern<br />

Gegenständen. Selbst dann, wenn sie empfindet, was im Körper<br />

vor sich geht, nimu)t sie Dinge wahr, die ihr äusserlich sind. Sie<br />

nimmt Empfindungen wahr, empfunden durch den Körper, welchem<br />

sie vorsteht. — Ferner besitzt die Seele Verstan<strong>des</strong>thätigkeit. Sie<br />

beurtheilt die sinnlichen Vorstellungen, sie combinirt und theilt dieselben,<br />

sie betrachtet die von der Vernunft stammenden Ideen unter<br />

der Form <strong>des</strong> Bil<strong>des</strong> und arbeitet über diesen Bildern, wie über<br />

den von der Sinnesempfindung stammenden Vorstellungen. Sie<br />

unterscheidet diese Bilder und combinirt die übereinstimmenden.<br />

Eiui. V, lib. III (XLIII. Kirchh.) zu Anfang.

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