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KUNST<br />
FOTO: M. RÄDEL<br />
GESAMTINSTALLATION<br />
L’AMOUR<br />
Ganze vier Monate lang sind im<br />
Jahr <strong>2018</strong> Gemälde, Fotografien,<br />
Videos, Skulpturen und Zeichnungen<br />
des berühmten Künstlerpaares in der<br />
Hauptstadt zu erleben.<br />
In einer umfassenden retrospektivischen<br />
Gesamtinstallation kann man ab dem 27. <strong>April</strong><br />
bis Ende August ein Vierteljahrhundert Kunstschaffen<br />
zweier Vollblutkünstler erleben. Eva<br />
und Adele leben ihren „Alltag“ als Performance,<br />
ganz getreu ihrem (Lebens-)Konzept<br />
„Wherever we are is museum“. Und schon<br />
Jahre vor dem Siegeszug der Gender-Debatte<br />
durchbrachen sie Hetero-Geschlechter-<br />
Stereotypen, indem sie sich einander anglichen.<br />
Beide glatzköpfig, beide dressed to<br />
impress in schicker Kleidung, die der Mainstream<br />
eher dem „schönen Geschlecht“<br />
zuordnen würde. Passend dazu ihr Slogan:<br />
„Over the boundaries of gender“. Wegweisend,<br />
die zwei.<br />
Welche Kunstform ist euch die liebste?<br />
ADELE: Die Arbeit im Atelier speist die Arbeit<br />
in der Öffentlichkeit. Und die Arbeit, unsere<br />
Performance, nährt die stillen Tage im Atelier.<br />
Das hält sich die Waage. Anders könnten wir<br />
auch nicht unsere Arbeit fortsetzen.<br />
EVA: Wir machen auch Strandläufe, viele<br />
Kilometer, wir achten und trainieren unseren<br />
Körper.<br />
ADELE: Er ist ja unser Medium.<br />
EVA: Ein Trainingslager an der Ostsee für<br />
High Heels! (lacht)<br />
Warum habt ihr euch für das „weibliche<br />
Auftreten“ entschieden?<br />
ADELE: Das Weibliche ist auf jeden Fall<br />
schwieriger. Als wir uns kennenlernten,<br />
war ich eher hart, punkig drauf. Ich trug<br />
eine schwarze Herren-Smokingjacke vom<br />
Flohmarkt, lange Lackschuhe, ganz spitz.<br />
Eva war schon sehr androgyn, weiße Kleider<br />
und lackierte Nägel. Wir hatten aber<br />
optisch schon eine Gemeinsamkeit: Wir<br />
hatten beide kurz rasierte Köpfe, fast Glatzen.<br />
Durch Eva hat sich meine Weiblichkeit<br />
weiterentwickelt, sie hat mir gezeigt,<br />
was Dame-Sein ist. Als Kind konnte ich<br />
Frauengespräche nie leiden. Als ich als<br />
Kind gefragt wurde, ich war 5, ob ich mal<br />
heiraten würde, sagte ich: Höchstens einen<br />
Mann mit Brüsten! Das war mein früher<br />
Traum von einem Hermaphroditen, von<br />
einem Mischwesen. Ich war eher Revolte,<br />
Eva Dame.<br />
EVA: Es gibt auch eine lange, lange Vorgeschichte<br />
– schon von Kindesbeinen an<br />
interessierte mich die Inszenierung<br />
„Dame“, die ich anhand meiner Mutter studierte.<br />
Ich hatte aber nie Interesse daran,<br />
mein Geschlecht zu wechseln. Meine Mutter<br />
war eine Art Superdame. Sie war mein<br />
Vorbild. Die Dame ist ein Kunstwerk, das<br />
lernte ich. All diese vielen Details, die eine<br />
Dame ausmachen. Über Frauen hatte ich<br />
keine Ahnung, aber über das Dame-Sein.<br />
Wo habt ihr euch denn getroffen?<br />
EVA: Schon vor EVA & ADELE arbeitete ich<br />
als Künstler, aber ich hatte ein komplett<br />
anderes Umfeld, ich war noch nicht Eva.<br />
Obwohl mich das Weibliche schon immer<br />
interessierte! Seit dem 15. Lebensjahr habe<br />
ich über Geschlechtsanpassungen gelesen,<br />
ich studierte auch das Thema Homosexualität.<br />
Ich war ein Experte, ein Theoretiker!<br />
Aber es gab irgendwo einen Riegel, der sagte:<br />
Bis dahin und nicht weiter. Und kurz bevor<br />
ich Adele begegnete, hatte ich das Gefühl:<br />
Ich muss das tun, sonst geht es nicht weiter.<br />
Und dann trafen wir uns auf einer Kreuzung<br />
mitten in Umbrien.<br />
ADELE: Wir waren beide auf dem Sprung in<br />
ein neues Wagnis. Ich saß in einem Café und<br />
hatte das Gefühl, dass das hier mein letzter<br />
Tag sein würde. SO würde ich nicht zurückkommen.<br />
Ich war in Aufbruchstimmung. Da<br />
traf ich auf Eva. Und nach einem langen Tanz<br />
verriet mir Eva, dass sie gerne immer Kleider<br />
tragen würde.<br />
EVA: Mir war schon länger klar, dass der<br />
Schritt, sich mit Adele zusammenzutun, eine