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FRAUENKUNST<br />
KUNST VON FRAUEN<br />
353 Aquarelle, Zeichnungen und Graphiken<br />
von Künstlerinnen aus 4 Jahrhunderten<br />
KATALOG <strong>102</strong>
FRAUENKUNST<br />
KUNST VON FRAUEN<br />
Aquarelle, Zeichnungen, Graphiken von<br />
Künstlerinnen aus 4 Jahrhunderten<br />
<strong>Katalog</strong> <strong>102</strong><br />
Am Weingarten 7 – 60487 Frankfurt am Main<br />
Telefon: (0 69) 28 77 61 - Fax: (0 69) 28 58 44<br />
info@<strong>galerie</strong>-<strong>fach</strong>.de<br />
www.<strong>galerie</strong>-<strong>fach</strong>.de<br />
1
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation<br />
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische<br />
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt.<br />
Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Galerie Joseph Fach<br />
GmbH unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen,<br />
Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung<br />
in und Verarbeitung durch elekronische Systeme.<br />
© 2012 Galerie Joseph Fach GmbH<br />
ISBN: 978-3-921606-99-5<br />
Danksagung<br />
Für freundliche Hilfe und Unterstützung<br />
bei der Abrundung der Sammlung danken<br />
wir:<br />
Dörte Brumme, Mainz<br />
Galerie Döbele, Dresden<br />
Dr. Nikolaus Fischer, Frankfurt am Main<br />
Dorothee Vömel, Düsseldorf<br />
Frankfurt am Main, im September 2012<br />
Bärbel Fach und Martin Fach<br />
Henrich Editionen, Frankfurt am Main<br />
www.henrich-editionen.de<br />
Bearbeitung: Bärbel Fach, Dr. Edith Valdevieso-Schröpf<br />
Gestaltung: Dr. Michael Schott<br />
Umschlagabbildungen: Titel: Kat.-Nr. 6, L.H. Deleil, Malerin<br />
an der Staffelei. Rückseite: Kat.-Nr. 7, Bildnis einer jungen<br />
Künstlerin; Kat.-Nr. 323, E. Sirani, Joseph mit dem Christusknaben;<br />
Kat.-Nr. 76, F. Desclabissac, Zwei Damen in Winterbekleidung.<br />
Druck: Henrich Druck+Medien GmbH, Frankfurt am Main<br />
Ausstellung:<br />
Frauenkunst - Kunst von Frauen<br />
Galerie Joseph Fach GmbH, Frankfurt am Main<br />
30. November 2012 bis 19. Januar 2013<br />
INHALT<br />
Vorwort<br />
Künstlerinnen<br />
vom 17. bis 20. Jahrhundert 3<br />
<strong>Katalog</strong><br />
Teil 1 - Porträts von Künstlerinnen 39<br />
Teil 2 - Zeichnungen und Graphik<br />
von Künstlerinnen 47<br />
Literaturverzeichnis 194<br />
Verzeichnis der Künstlerinnen 196<br />
2
„ICH WILL ALLES MALEN, WAS ICH WILL UND WIE ICH ES WILL“<br />
KÜNSTLERINNEN VOM 17. BIS 20. JAHRHUNDERT<br />
In der Tat, wie glücklich war ich! Losmachen konnte ich mich nun von den drückenden, ja<br />
erdrückenden häuslichen Verhältnissen; der Anfang einer selbständigen Existenz war in meine<br />
Hand gegeben. Ein freies Künstlerleben winkte mir mit all seinem Zauber; mit seinen Mühen,<br />
aber auch mit seinen lohnenden, herrlichen Aufgaben!“ 1<br />
(Louise Seidler, um 1810/1812)<br />
Als wir mit den Vorbereitungen zu unserer<br />
Ausstellung über Frauen in der Kunst<br />
anfingen, stellten wir recht schnell fest, daß<br />
großangelegte und zum Teil mühevolle Recherchen<br />
aufgrund der sehr eingeschränkten<br />
Quellenlage, mehr noch aufgrund des<br />
geradezu erschreckend lückenhaften Forschungsstands<br />
erforderlich sind – wenn<br />
auch gerade in den letzten drei Jahrzehnten<br />
durch steigendes Interesse in der Öffentlichkeit<br />
und damit verbunden vermehrten<br />
Ausstellungen, Retrospektiven und Veröffentlichungen<br />
einiger Werkmonographien<br />
Bewegung in die Geschichte weiblichen<br />
Kunstschaffens kam.<br />
Dennoch mußten wir uns nicht selten mit<br />
einzelnen Informationen zufriedengeben –<br />
einige Biographien konnten ergänzt werden,<br />
bei anderen ist diese Arbeit von der Forschung<br />
noch zu leisten. Mit dem Ziel neben<br />
auch heute noch berühmten Künstlerinnen<br />
eine breite Palette an aus unterschiedlichen<br />
Gründen in Vergessenheit geratene Malerinnen,<br />
Graphikerinnen und Zeichnerinnen<br />
meist aus dem deutschsprachigen Raum<br />
wieder in das Blickfeld der Öffentlichkeit<br />
zu rücken, haben wir insgesamt 346 Werke<br />
von 163 Künstlerinnen zusammengetragen<br />
– so dürfte so manche Überraschung zu se-<br />
Sofonisba Anguissola (um 1535-1625)<br />
<strong>Katalog</strong>-Nr. 2<br />
hen sein. Der Zeitraum umspannt das 17.<br />
bis etwa um die Mitte des 20. Jahrhunderts.<br />
Damit können wir – trotz der sicher subjektiven<br />
Auswahl – einen durchaus repräsentativen<br />
Überblick der Zeit geben, wobei wir<br />
natürlich im Text nur einige Künstlerinnen<br />
exemplarisch vorstellen können.<br />
„Die Kunst der Frau begleitet die Kunst<br />
des Mannes. Sie ist die zweite Stimme im<br />
Orchester, nimmt die Themen der ersten<br />
Stimme auf, wandelt sie ab, gibt ihnen neue,<br />
eigenartige Färbung; aber sie klingt und lebt<br />
von jener.“ 2<br />
(Hans Hildebrandt, 1928)<br />
Grund für die dürftige Quellenlage ist die<br />
allgemein fragmentarische Dokumentation<br />
über Leben und Werk von Frauen, da sie<br />
selten als eigenständige Künstlerinnen anerkannt<br />
wurden. Große Teile ihrer Werke<br />
müssen heute als verschollen angenommen<br />
werden, da sie nicht in ihrer Bedeutung erkannt<br />
wurden und nach wie vor werden.<br />
Die breite Öffentlichkeit nahm Frauen<br />
meist nur als Muse, Modell oder Unterstützerinnen<br />
ihrer männlichen Kollegen wahr,<br />
häufig ihrer Ehemänner oder Väter, zuweilen<br />
auch Brüder. In diesem Sinne finden<br />
sie in der Literatur nur, wenn überhaupt,<br />
marginale Erwähnung, oder es sind allzu<br />
spärliche Angaben zu Ausbildungsgang,<br />
Rezeption oder künstlerischer Entwicklung<br />
verzeichnet.<br />
3
Diese Lücken sollten geschlossen werden,<br />
da einige Künstlerinnen – davon sind wir<br />
überzeugt – der Vergessenheit entrissen und<br />
damit eine Neubewertung ihrer künstlerischen<br />
Leistungen angestrebt werden sollte.<br />
„Angelika Kaufmann! Wer war Angelika<br />
Kaufmann? ... Eine Malerin, also kann es<br />
auch Malerinnen geben? Ich hatte noch nie<br />
von einer gehört.“ 3<br />
(Johanna Schopenhauer, 1776)<br />
KÜNSTLERINNEN IM 16. JAHR-<br />
HUNDERT IN EUROPA<br />
Um die Situation der Künstlerinnen, ihr<br />
Leben und Wirken zu begreifen, kommt<br />
man nicht umhin sowohl die Ausbildungsmöglichkeiten<br />
für Frauen, dann auch den<br />
gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />
Hintergrund einer näheren Betrachtung<br />
zu unterziehen, wenn auch an dieser Stelle<br />
nur in Ansätzen darauf eingegangen werden<br />
kann.<br />
Einleitend beginnen wir mit dem 16.<br />
Jahrhundert, für das festzustellen ist, daß<br />
Künstlerinnen meist aus adeligen oder humanistisch<br />
gebildeten, bürgerlichen Familien<br />
stammten. Dies ist auf den Umstand<br />
zurückzuführen, daß der Mann im allgemeinen<br />
der Haushaltsvorstand war, der die<br />
Entscheidungsgewalt über Frau, Kinder und<br />
Gesinde innehatte.<br />
Die Bestimmung der Frau und damit ihre<br />
Erziehung war somit die Ehe und ihre Ausbildung<br />
sollte immer in Hinblick auf die Bedürfnisse<br />
des Ehemannes ausgerichtet sein.<br />
In diesem Kontext war die Ausformung gewisser<br />
künstlerischer Fertigkeiten – neben<br />
Malerei auch Handarbeiten, Tanz und Musik<br />
– gerade in diesen Kreisen gewünscht.<br />
Und wenn diese nicht dem männlichen<br />
Wunsch nach Erholung und Zerstreuung<br />
entsprang, dann – in Künstlerhaushalten –<br />
der Forderung zur Unterstützung der eigenen<br />
Arbeit.<br />
Dementsprechend wurden Frauen meist<br />
in der Werkstatt ihrer männlichen Familienangehörigen<br />
als Stecherinnen oder Kopistinnen<br />
ausgebildet. Die Familie bildete damit<br />
im weitesten Sinne die erste, manchmal<br />
auch einzige Ausbildungsstätte – eine Ausbildungspraxis,<br />
die auch in den nachfolgenden<br />
Jahrhunderten fortbestand.<br />
Nur wenige Frauen schafften in diesem<br />
und den nächsten Jahrhunderten die Loslösung<br />
aus dem Familienkreis, was nicht<br />
zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß sie<br />
nicht selten ganz im Stil ihrer Väter oder<br />
männlicher Anverwandter arbeiteten und<br />
dementsprechend als Schülerin, mehr noch<br />
als Epigonin begriffen, und ihre Leistung<br />
über jene definiert wurde. Somit gilt, daß<br />
Frauen sich nahezu ausschließlich in privaten<br />
bzw. halbprivaten Bereichen betätigten,<br />
nicht in öffentlichen.<br />
KÜNSTLERINNEN IM 17. UND 18.<br />
JAHRHUNDERT IN EUROPA<br />
Im 17. Jahrhundert ist eine wachsende<br />
Anzahl an Künstlerinnen nicht nur in Italien<br />
und Holland, sondern auch in anderen<br />
europäischen Ländern zu verzeichnen. Begünstigt<br />
durch Ideen der Aufklärung, die<br />
„Gelehrsamkeit“ und „Bildung der Frauen“<br />
förderte, nahm die Zahl an Künstlerinnen<br />
auch im 18. Jahrhundert zu. Gelegentlich<br />
Gertrude van Veen (1602-1643)<br />
<strong>Katalog</strong>-Nr. 15<br />
rühmten sich Kunstakademien, sonst Frauen<br />
verschlossen, sogar der Mitgliedschaft<br />
von adeligen Künstlerinnen, die humanistischen<br />
Ideale der Zeit sah man darin umgesetzt.<br />
Die Rousseau´schen Theorien über die<br />
Geschlechter brachten indes eine wesentliche<br />
Änderung der bürgerlichen Geschlechterauffassung.<br />
Auch für diese Epoche gilt,<br />
daß die Mehrheit der bekannt gewordenen<br />
Künstlerinnen in einem verwandtschaftlichen<br />
Verhältnis zu einem Künstler stand<br />
oder bei adeliger Herkunft Zeichen- oder<br />
Malunterricht von anerkannten Künstlern<br />
erhielt – die Abhängigkeit von den finanziellen<br />
Mitteln der Familie spielte eine wesentliche<br />
Rolle für die Dauer und Qualität<br />
4
der Ausbildung. Nicht selten erfuhren talentierte<br />
und ehrgeizige Frauen jedoch Ablehnung,<br />
der Widerstand der männlichen Kollegen<br />
war oft erheblich, gelegentlich wurden<br />
sie unterstützt.<br />
In letzterem Fall hatte das allerdings<br />
zur Folge, daß gerade in diesem Umfeld<br />
die Verhaltensregeln für Frauen besonders<br />
strengen Vorschriften unterworfen waren.<br />
Eigenständigkeit oder die Entwicklung des<br />
eigenen schöpferischen Potentials hatten<br />
hier kaum Platz – Nachahmen und Bewundern<br />
männlicher Schöpfungen war Postulat,<br />
insbesondere die Förderung von deren<br />
Ruhm. Folglich gehörte gerade zu den Aufgaben<br />
der Frauen das Kopieren, Ausführen<br />
oder Radieren nach den Werken ihres<br />
männlichen Familienangehörigen. Die Autorenschaft<br />
ist aus diesem Grund selten zu<br />
rekonstruieren, auch deshalb nicht, weil die<br />
kunsthistorische Forschung nach wie vor<br />
wenig Interesse an der Unterscheidung der<br />
unterschiedlichen Handschriften zeigt –<br />
und sicher noch immer den schöpferischen<br />
Antrieb von Frauen stark unterbewertet;<br />
auch müßte dem gegenseitigen Einfluß bzw.<br />
dem künstlerischen Austausch bei Künstlerehepaaren<br />
bei einer solchen Betrachtung<br />
größere Aufmerksamkeit gewidmet werden,<br />
um herauszufinden, wo, wenn überhaupt,<br />
de facto das größere Talent liegt.<br />
Nach der Ausbildung im Familienkreis<br />
wurde zuweilen die Weiterbildung bei einem<br />
anderen Künstler gebilligt, manchmal<br />
auch gefördert, jedoch an einem Ort, wo<br />
Belästigungen ausgeschlossen waren. Deshalb<br />
mußte der Unterricht aus Gründen der<br />
Schicklichkeit getrennt von den männlichen<br />
Schülern erfolgen.<br />
Anna Maria van Schurmann (1607-1678)<br />
<strong>Katalog</strong>-Nr. 5<br />
Eine der ersten, auch international bekannt<br />
gewordenen Künstlerinnen dieser<br />
Zeit, die Italienerin Sofonisba Anguissola<br />
(um 1535 – 1625), stammte aus altem, vermögendem<br />
Adel. Sie wurde von ihrem Vater<br />
schon früh zu dem Cremoneser Porträtmaler<br />
Bernardino Campi (1522-1591) geschickt,<br />
damit sie die Malerei erlernte – eine umfassende<br />
Allgemeinbildung, zu der auch die<br />
Einführung in die Bildenden Künste gehörte,<br />
war zu jener Zeit in diesen Kreisen Usus.<br />
Daß sie jedoch, wie drei ihrer Schwestern,<br />
die Malerei als Beruf ausübte, entsprach<br />
nicht der Konvention. 1549 setzte Sofonisba<br />
ihr Studium bei Bernadino Gatti, genannt Il<br />
Sojaro (um 1495 – um 1575) fort und wurde<br />
nachfolgend eine gefragte Porträtistin,<br />
Anna Maria van Schurmann (1607-1678)<br />
<strong>Katalog</strong>-Nr. 13<br />
die sich neben ihren männlichen Kollegen<br />
behaupten konnte. Sogar Michelangelo Buonarroti<br />
lobte einige ihrer Arbeiten.<br />
Dennoch wurde sie in der breiten Öffentlichkeit<br />
noch als Ausnahmeerscheinung, als<br />
„monstrum naturae“ gleichermaßen abgewiesen<br />
und bewundert. 1559 weilte sie am<br />
Hof des Vizekönigs Duca di Sessa in Mailand,<br />
von wo aus sie im darauffolgenden<br />
Jahr nach Madrid an den königlichen Hof<br />
berufen wurde – natürlich nicht als Malerin,<br />
da eine solche Tätigkeit für eine Adelige<br />
unschicklich war, wenn sie auch sämtliche<br />
Mitglieder der königlichen Familie porträtierte.<br />
Offiziell war sie die Hofdame und<br />
Zeichenlehrerin der erst 14jährigen Isabella<br />
von Valois, der Gattin Philipp II. Auch be-<br />
5
gleitete sie diese auf ihren Reisen durch Spanien.<br />
Nach deren frühem Tod im Jahr 1568<br />
diente sie für wenige Jahre ihrer Nachfolgerin,<br />
der Erzherzogin Anna von Österreich.<br />
Um 1573 heiratete Sofonisba Fabrizio von<br />
Moncada, den Bruder des Prinzen von Paterno<br />
auf Sizilien, wo das Paar lebte. Nach<br />
dessen Tod 1578 vermählte sie sich ein Jahr<br />
später erneut, in Genua mit dem adeligen<br />
Schiffskapitän Orazio Lomellino, mit dem<br />
sie zunächst in dessen Heimatstadt Genua<br />
und ab etwa 1615 in Palermo lebte.<br />
Angiussolas vermutlich etwa gleichaltrige<br />
Landsmännin, die in Mantua geborene<br />
Kupferstecherin Diana Scultori (auch Mantovana,<br />
Mantuana oder Ghisi, um 1535/1547<br />
– 1612) wurde von ihrem Vater, dem Bildhauer<br />
und Kupferstecher Giovanni Battista<br />
Scultori, gen. Mantovano (1503-1575) ausgebildet.<br />
Möglicherweise war sie auch eine<br />
Elevin von Giulio Romano (1499-1546),<br />
ehemals ein enger Mitarbeiter Raffaels und<br />
ein Meister des Manierismus. In erster Ehe<br />
seit 1576 mit dem Architekten F. Cipriani da<br />
Volterra (um 1530-1594) verheiratet, ging<br />
das Paar nach Rom. Hier erhielt Diana von<br />
Papst Gregor XIII. die Erlaubnis, ihre Arbeiten<br />
unter ihrem eigenen Namen zu verkaufen<br />
– ein einzigartiges Privileg für eine<br />
Frau dieser Zeit – und hatte großen Erfolg,<br />
vermutlich auch, weil sie sich als geschickte<br />
Vermarkterin ihrer eigenen Stiche erwies.<br />
Deshalb verwundert es nicht, daß Giorgio<br />
Vasari (1511-1574) sie in seiner zweiten Ausgabe<br />
„Le vite de’ più eccellenti architetti, pittori,<br />
et scultori italiani, da Cimabue insino<br />
a’ tempi nostri“ von 1568 erwähnt – jedoch<br />
schon Jahre vor ihrer Erfolgsgeschichte in<br />
Rom.<br />
Rosalba Carriera (1675-1756), <strong>Katalog</strong>-Nr. 4 Geneviève Blancheau, <strong>Katalog</strong>-Nr. 8<br />
Ihre letzten sicher dokumentierten Arbeiten<br />
stammen von 1588, wenn auch die<br />
Gründe für den Abbruch ihrer künstlerischen<br />
Tätigkeit nicht bekannt sind. Nach<br />
dem Tod ihres Mannes im Jahr 1594 heiratete<br />
sie den wesentlich jüngeren Architekten<br />
Giulio Pelosi (1566 – um 1644). Am Rande<br />
sei hier noch angemerkt, daß die wohl bekannteste<br />
italienische Künstlerin dieser Zeit<br />
Artemisia Gentileschi (1593-1653) war, die<br />
sicher gefragteste Malerin Roms.<br />
Gleichermaßen erfolgreich, aber wohl<br />
mehr den traditionellen Strukturen ihrer<br />
Zeit verhaftet, verlief das Leben der bereits<br />
im Alter von 27 Jahren verstorbenen Elisabetta<br />
Sirani (1638-1665). Aus einer Bologneser<br />
Künstlerfamilie stammend, war sie eine<br />
der ersten Frauen, die Mitglied der 1593 gegründeten<br />
Accademia di San Luca zu Rom<br />
wurde. Sie arbeitete in der Werkstatt ihres<br />
Vaters Giovanni Andrea Sirani (1610-1679),<br />
zu deren Ruhm sie nicht nur beträchtlich<br />
beitrug, sondern die sie mit dem Verkauf<br />
ihrer Werke später ausschließlich unterhielt,<br />
da die Gicht ihren Vater zunehmend am Arbeiten<br />
hinderte. Dessen Vormundschaft erlaubte<br />
ihm zudem, sich die gesamten Erlöse<br />
legal einzustreichen und nach seinen Wünschen<br />
zu verwenden. Über den Familienkreis<br />
hinaus schien sie sich kaum bewegt zu<br />
haben, wenn dies wohl auch kaum erforderlich<br />
war: Ihr Atelier war gesellschaftlicher<br />
Mittelpunkt Bolognas, wo sich Adel und der<br />
gehobene Klerus trafen. Bemerkenswert ist<br />
6
überdies, daß sie die erste Künstlerin war,<br />
die eine Malschule nur für Frauen gründete,<br />
an der sie selbst unterrichtete. Möglicherweise<br />
wäre jene wegweisend geworden,<br />
wenn die Künstlerin nicht so jung verstorben<br />
wäre.<br />
Ein Mitglied der Accademia di San Luca<br />
zu Rom war auch die Kupferstecherin und<br />
Miniaturmalerin Teresa del Po (1646/1649<br />
– 1716), die den Gepflogenheiten der Zeit<br />
entsprechend in der Werkstatt ihres Vaters,<br />
des Kupferstechers und Malers Pietro del Po<br />
(1610-1692) arbeitete. Die heute weitgehend<br />
in Vergessenheit geratene, gebürtige Neapolitanerin,<br />
über deren Leben und Werk heute<br />
nur lückenhafte Informationen überliefert<br />
sind, war jedoch zu Lebzeiten eine sehr bekannte<br />
und angesehene Künstlerin.<br />
Wie zu erkennen, gingen erste Versuche<br />
allgemein zugängliche Mal- und Zeichenklassen<br />
für Frauen einzurichten, auf Frauen<br />
selbst zurück, die sich gesellschaftlichen Widerständen<br />
zu widersetzen suchten. Weitere<br />
Ausbildungsmöglichkeiten standen Frauen<br />
nur sehr eingeschränkt zur Verfügung, so<br />
in Frankreich beispielsweise seit 1667 die<br />
„Écoles élémentaires de dessin et de peinture“.<br />
An diesen Grundschulen für Zeichnen<br />
und Malen wurden hingegen nur die<br />
ein<strong>fach</strong>sten Grundlagen gelehrt. Die 1648<br />
von der Königinmutter und Regentin Anna<br />
von Österreich gegründete Pariser Académie<br />
Royale de la Peinture et de la Sculpture<br />
stand der Aufnahme von Kunststudentinnen<br />
hingegen äußerst ablehnend gegenüber.<br />
Erst rund 15 Jahre nach der Gründung<br />
fand die erste Frau Aufnahme in dieser für<br />
den Werdegang und den Erfolg eines jeden<br />
Künstlers wichtigen Institution, wenn auch<br />
Catharina Heckel (1699-1741), <strong>Katalog</strong>-Nr. 10<br />
zu vermuten ist, daß die<br />
Aufnahme von Cathérine<br />
Duchemin (1630-1698) 4 ,<br />
Ehefrau des Bildhauers<br />
François Girardon (1628-<br />
1715), der Kanzler und<br />
Rektor der Akademie war,<br />
auf dessen Stellung zurückzuführen<br />
ist. In den Jahren<br />
1707 bis 1770 war Frauen<br />
die Mitgliedschaft in der<br />
Pariser Académie gänzlich<br />
verwehrt, bis auf wenige<br />
Ausnahmen, so der venezianischen<br />
Malerin Rosalba<br />
Carriera (1675-1757), der<br />
holländischen Stillebenmalerin<br />
Marguerite Havermann<br />
(1692/93-1739) oder<br />
der Berlinerin Anna-Dorothea<br />
Lisiewski-Therbusch<br />
(1721-1782). Allerdings waren<br />
diese nicht etwa Vollmitglied, das heißt,<br />
sie waren von den sonst üblichen Privilegien<br />
wie öffentlichen Aufträgen, Titeln oder<br />
Pensionen ausgeschlossen. Auch blieb ihnen<br />
der begehrte Rom-Preis versagt, wenn<br />
auch an dieser Stelle anzumerken ist, daß<br />
die Vergabe von Reisestipendien an Frauen<br />
wegen der Notwendigkeit von männlichem<br />
Begleitschutz oder zumindest begleitenden<br />
Anstandsdamen ohnehin als problematisch<br />
angesehen wurde. Weiterhin wurde ihnen<br />
die Teilnahme an den öffentlichen Lehrveranstaltungen<br />
oder der Aktklasse der angegliederten<br />
École Royale verweigert – allein<br />
die jährliche Beteiligung an den Ausstellungen<br />
war gestattet und damit die Möglichkeit<br />
öffentliches Ansehen zu gewinnen. Eine Änderung<br />
der Statuten brachte 1770 sogar den<br />
völligen Ausschluß von Frauen, wenn auch<br />
vier als ordentliches Mitglied aufgenommen<br />
wurden; die Aufhebung dieses Edikts<br />
erwirkte erst 21 Jahre später die für die reguläre<br />
Zulassung von Frauen kämpfende<br />
Künstlerin Adélaïde Labille-Guiard (1749-<br />
1803) – sie selbst war Mitglied der Akademie<br />
und dort ebenso als Dozentin tätig.<br />
Trotz dieser rigiden Beschränkungen fanden<br />
gerade im ausgehenden 18. und frühen<br />
19. Jahrhundert vereinzelt Frauen Zugang<br />
zum Akademiebetrieb. So nahmen etwa<br />
Jacques-Louis David (1748-1825), Pierre<br />
Paul Prud´hon (1758-1823) oder Antoine-<br />
Jean Gros (1771-1835) Studentinnen, zuweilen<br />
auch bereits ausgebildete Künstlerinnen<br />
7
in ihre Ateliers auf, wo sie zeitweise gemeinsam<br />
mit ihren männlichen Kollegen arbeiteten<br />
oder unterrichtet wurden – gleiches ist<br />
für deutsche und italienische Institutionen<br />
festzustellen. Darüber hinaus wurden an<br />
Künstlerinnen gelegentlich die Titel eines<br />
außerordentlichen Mitgliedes oder eines<br />
„Agrées“, d.h. eines Ehrenmitgliedes vergeben<br />
sowie den einer „Pensionärin“; letzterer<br />
brachte ein kleines jährliches Gehalt. Ein<br />
anderer, wenn auch seltener Fall war die Berufung<br />
als Dozentin oder Professorin.<br />
In Frankreich folgten weitere Städte dem<br />
Pariser Beispiel und errichteten eigene Akademien,<br />
die erst aufgrund geringerer Reputation<br />
weniger finanzielle Mittel zur Verfügung<br />
hatten – infolgedessen standen sie<br />
der Aufnahme von Kunststudentinnen aufgrund<br />
der willkommenen Studiengebühren<br />
weniger restriktiv gegenüber.<br />
Als weitere Ausbildungsstätte diente die<br />
weniger prestigeträchtige Pariser Académie<br />
de Saint-Luc, die allerdings gezwungen war,<br />
sich durch die einflußreiche Einwirkung der<br />
Académie Royale 1777 aufzulösen.<br />
NATUR UND KUNST IM 17. / 18.<br />
JAHRHUNDERT<br />
Auch in Deutschland entstanden im 17.<br />
Jahrhundert einige private Zeichenschulen,<br />
so 1662 in Nürnberg die private Maler-<br />
Akademie, die seit 1674 unter der Leitung<br />
von Joachim von Sandrart (1606-1688) auch<br />
Schülerinnen aufnahm. Sandrart selbst war<br />
mit Esther Barbara Sandrart (1651-1733),<br />
einer Malerin und Kameenschneiderin verheiratet.<br />
In Nürnberg tätig war auch Barbara<br />
Regina Dietzsch (1706-1783), sicherlich<br />
Susanna Maria Dorsch (1701-1765)<br />
<strong>Katalog</strong>-Nr. 12<br />
eine der bekanntesten Künstlerinnen ihrer<br />
Zeit. Als älteste Tochter des Malers, Zeichners<br />
und Radierers Johann Israel Dietzsch<br />
(1681-1754) erhielt sie ihre Ausbildung, wie<br />
ihre Schwester Margarete Barbara (1726-<br />
1795) sowie ihre fünf jüngeren Brüder, in<br />
der Werkstatt des Vaters. Mehrmals wurde<br />
ihr die Position einer Hofmalerin an europäischen<br />
Fürstenhöfen angeboten, die sie<br />
jedoch immer ablehnte. 1775 hatte sie einen<br />
Schlaganfall, der sie nicht davon abhielt bis<br />
1781 weiterzuarbeiten. Ihr Hauptbeschäftigungsfeld<br />
waren die im 18. Jahrhundert<br />
beliebten Darstellungen von Vögeln, Insekten,<br />
Blumen und Landschaften sowie Jagdszenen<br />
und Porträts. In Nürnberg, zu dieser<br />
Johann Justin Preißler (1698-1771) und Susanna<br />
Maria Preißler, geb. Dorsch, <strong>Katalog</strong>-Nr. 11<br />
Zeit „Hochburg des naturwissenschaftlichen<br />
Verlags- und Illustrationswesens“,<br />
fanden ihre Arbeiten großen Absatz und<br />
hatten vorbildhaften Charakter für die weitere<br />
Entwicklung der naturgeschichtlichen<br />
Kabinettmalerei. Darüber hatte sie sich eine<br />
wohlhabende Klientel aus England, Holland<br />
und Frankreich erschlossen. An dieser Stelle<br />
darf auch ihre große Vorgängerin Maria<br />
Sibylla Merian (1647-1717) nicht unerwähnt<br />
bleiben, die als Vorläuferin der modernen<br />
Insektenkunde (Entomologie) gilt.<br />
Auf dem Gebiet der naturwissenschaftlichen<br />
Illustration betätigte sich ebenso die<br />
bereits im Alter von 22 Jahren verstorbene<br />
Anna Füßli (1749-1772), Tochter von Johann<br />
8
Caspar Füßli d. Ä. (1706-1782) und Schwester<br />
von Johann Heinrich Füßli (1741-1825).<br />
Wie ihre ältere Schwester Elisabeth (1744-<br />
1780) beschränkte sie sich weitestgehend auf<br />
die Blumen- und Insektenmalerei, entwarf<br />
Illustrationen und arbeitete im elterlichen<br />
Betrieb. Daneben unterstützte sie den anderen<br />
Bruder Hans Caspar Füßli (1743-1786),<br />
der naturwissenschaftliche Bücher und ein<br />
„Verzeichnis der bekanntesten schweizerischen<br />
Insekten“ verfaßte. Damit trat sie<br />
kaum aus dem Betätigungsfeld ihrer Familie<br />
heraus. Allerdings bot gerade der Zweig der<br />
botanischen und zoologischen Illustration<br />
Frauen die Möglichkeit, eine gewisse ökonomische<br />
Unabhängigkeit zu erlangen – denn<br />
nach der zeitgenössischen geschlechterspezifischen<br />
Zuweisung waren Frauen, die sich<br />
durch Fleiß, Genauigkeit und dem Fehlen<br />
jeglichen individuellen Gestaltungswillens<br />
auszeichneten, prädestiniert für diese niedere<br />
Kunstgattung.<br />
KÜNSTLERINNEN UND KUNST-<br />
HANDEL IM 18. JAHRHUNDERT<br />
Maria Cosway (1759-1838), <strong>Katalog</strong>-Nr. 9<br />
Aus Nürnberg stammte auch Maria Katharina<br />
Prestel (1747-1794), die 1769 in ihrer<br />
Heimatstadt erst Schülerin, dann Mitarbeiterin<br />
und seit 1772 Ehefrau des Malers, Radierers<br />
und Kupferstechers Johann Gottlieb<br />
Prestel (1739-1808) war. Gemeinsam betrieb<br />
das Künstlerpaar eine Reproduktionswerkstatt,<br />
die zwar großen, aber kaum finanziellen<br />
Erfolg hatte. Die Prestels sind wohl in<br />
jener Zeit als Ausnahme einzustufen, da sie<br />
eine gleichberechtigte Künstlerehe führten:<br />
Gemeinsam spezialisierten sie sich nicht nur<br />
auf die Reproduktionsgraphik, sondern entwickelten<br />
auch druckgraphische Verfahren<br />
zur farbigen Wiedergabe von Handzeichnungen.<br />
Nach einigen Jahren in Frankfurt<br />
am Main, siedelte Maria Katharina 1786<br />
alleine nach London über, in der Hoffnung<br />
auf bessere Verdienstmöglichkeiten. Dort<br />
arbeitete sie erfolgreich als Radiererin und<br />
Kupferstecherin und fertigte für verschiedene<br />
bekannte örtliche Verleger zahlreiche<br />
Reproduktionen nach deutschen, holländischen<br />
und italienischen Meistern an. Ihre<br />
beiden Kinder Ursula Magdalena Reinheimer<br />
(1777-1845) und Michael Gottlieb (1779-<br />
1845) schlugen ebenfalls die künstlerische<br />
Laufbahn ein; Gottlieb wurde überdies<br />
Kunsthändler. 1789 folgten die erst 12- und<br />
Maria Catharina Prestel (1747-1794)<br />
<strong>Katalog</strong>-Nr. 14<br />
10jährigen Geschwister der Mutter nach<br />
London, wo sie von ihr ausgebildet wurden.<br />
Nach deren Tod im Jahr 1794 kehrte die nun<br />
17jährige Ursula Magdalena nach Frankfurt<br />
zurück, wo sie in der graphischen Reproduktionswerkstatt<br />
ihres Vaters beschäftigt<br />
war. Dort lernte sie dessen Gesellen Johann<br />
Georg Reinheimer (1777-1820) kennen, den<br />
sie 1805 heiratete. Seit spätestens 1824 bis<br />
Ende der 1830er Jahre übte sie überdies eine<br />
Tätigkeit als Zeichenlehrerin im Berchtschen<br />
Institut aus, einer Frankfurter Privatschule<br />
für Mädchen. Ihr wohl wichtigster<br />
Förderer war der Hildesheimer Domherr<br />
Freiherr Friedrich Moritz von Brabeck<br />
(1728-1814), der eine im In- und Ausland<br />
9
angesehene Gemäldesammlung auf Schloß<br />
Söder besaß. Brabeck beauftragte sie nicht<br />
nur als Kupferstecherin, sondern förderte<br />
sie auch als Malerin.<br />
Regina Katharina Quarry (Carey)<br />
(1760/1762-1818) war noch in Nürnberg eine<br />
Schülerin des Künstlerehepaars Prestel. 1783<br />
wurde sie Mitarbeiterin in deren Frankfurter<br />
Werkstatt. Später sollte sie als Johann<br />
Gottlieb Prestels bedeutendste Schülerin<br />
höhere Erlöse für ihre Werke erzielen als ihr<br />
Lehrer. Ihr großer Erfolg führte 1793 sicher<br />
auch zur Ehrenmitgliedschaft in der Kasseler<br />
Akademie. 1807 zog sie gemeinsam mit<br />
ihrem Mann, dem englischen Sprachlehrer<br />
und späteren Verleger J.C. Quarry, nach Paris,<br />
wo sie den offiziellen Namen „Carey“<br />
führten.<br />
KÜNSTLERINNEN UND AKADE-<br />
MIEN IM 18./19. JAHRHUNDERT<br />
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts begannen<br />
Fürsten, die Gründung von Einrichtungen<br />
zur Ausbildung von Künstlern zu<br />
fördern – ein reiches künstlerisches und<br />
kulturelles Leben am Hofe brachte Prestige<br />
und Ansehen. Kurfürst Friedrich III.,<br />
der spätere König von Preußen Friedrich<br />
I. etwa gründete in Berlin 1696 die erste<br />
deutsche Akademie, 1725 folgte Wien mit<br />
der Neugründung der 1688 eröffneten Privatakademie<br />
in eine kaiserlich-königliche<br />
Hofakademie, 1764 erhielt Dresden eine Erweiterung<br />
der bereits bestehenden Zeichenschule<br />
zur Akademie, 1767 Düsseldorf, 1808<br />
folgte München, 1854 Karlsruhe. Allen diesen<br />
Akademien war gemeinsam, daß Frauen<br />
die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen<br />
versagt blieb, da gemischter Unterricht von<br />
Männern und Frauen weiterhin nicht gestattet<br />
war. Eine Mitgliedschaft erhielten<br />
sie zudem im allgemeinen erst als sie schon<br />
bekannt und anerkannt waren. So etwa eine<br />
der berühmtesten Malerinnen ihrer Zeit,<br />
Angelica Kauffmann (1741-1807), die bereits<br />
11jährig als Wunderkind galt und 1762 Ehrenmitglied<br />
der Accademia Bologna wurde<br />
und 1765 ordentliches Mitglied der Accademia<br />
di San Luca zu Rom. Sie selbst konnte<br />
sich 1768 an der Gründung der Royal Academy<br />
aktiv beteiligen; gemeinsam mit Mary<br />
Moser (1744-1819), einer der berühmtesten<br />
Malerinnen Englands, gehörte sie zu den<br />
beiden einzigen weiblichen Mitgliedern<br />
überhaupt. Als Tochter eines Porträt- und<br />
Freskenmalers, der ihr erster Lehrer war,<br />
wurde Kauffmanns zeichnerisches und musikalisches<br />
Talent schon im Kindesalter erkannt<br />
und von mehreren Lehrern gefördert.<br />
Diese restriktiven Aufnahmegepflogenheiten<br />
der Akademien umgehend, griff<br />
Maria Anna, Erzherzogin von Österreich<br />
(1738-1790), zu unmißverständlichen Maßnahmen:<br />
Sie ernannte sich 1767 kurzerhand<br />
selbst zum Mitglied der ein Jahr zuvor mit<br />
Genehmigung ihrer Mutter, der Kaiserin<br />
Maria Theresia in Wien eröffneten kaiserlichen<br />
Kupferstecher-Akademie – natürlich<br />
erlaubte ihr dies auch ihre Stellung.<br />
Hier sei noch erwähnt, daß die mit allen<br />
örtlichen Kunstanstalten fünf Jahre später<br />
zusammengefaßte Wiener Akademie<br />
der bildenden Künste offiziell erst 1920 die<br />
ersten Kunststudentinnen zur Ausbildung<br />
aufnahm. Noch 1904 hieß es, „daß Frauen<br />
nur selten mit schöpferischem Geist auf dem<br />
Gebiet der großen Kunst ausgestattet seien“<br />
und zum anderen ein „Überhandnehmen<br />
des Dilettantismus und ein Zurückdrängen<br />
des männlichen Elementes“ zu befürchten<br />
sei.“ 5 Maria Anna war ihrem Vater nach<br />
einer schweren Krankheit im Alter von 19<br />
Jahren, die ständige Atemnot und eine Verwachsung<br />
der Wirbelsäule nach sich zog,<br />
eng verbunden. Da sie dessen naturwissenschaftliches<br />
Interesse teilte, betreute und<br />
erweiterte sie schon zu seinen Lebzeiten<br />
und nach dessen Tod seine umfangreiche<br />
Münz- und Mineraliensammlung, später<br />
wurde hieraus das Naturwissenschaftliche<br />
Museum, und erstellte eine eigene Mineralien-<br />
und Insektensammlung. Ihre Aquarelle<br />
und Zeichnungen waren in der Fachwelt<br />
hochgeschätzt, der Hof hingegen war über<br />
ihr künstlerisches und naturwissenschaftliches<br />
Treiben eher irritiert. Im Ausland würdigte<br />
man indes ihre Aktivitäten, was ihr<br />
1769 eine Mitgliedschaft in der Accademia<br />
zu Florenz einbrachte.<br />
In Wien eine Ausnahmeerscheinung war<br />
wohl auch Barbara Krafft (1764-1825), die<br />
schon früh von ihrem Vater Johann Nepomuk<br />
Steiner (1725-1793), einem Schüler<br />
Anton Raphael Mengs´ (1728-1779) und ab<br />
1760 kaiserlich-königlicher Kammermaler<br />
in Wien, unterrichtet und in die Bildnismalerei<br />
eingeführt wurde. Im übrigen war<br />
Mengs Schwester die in Rom tätige Malerin<br />
Theresia Concordia Maron (1725-1806). Im<br />
Alter von erst 22 Jahren beteiligte sich Barbara<br />
Krafft an einer Ausstellung der Wiener<br />
Akademie und war so erfolgreich, daß sie<br />
im gleichen Jahr deren Mitgliedschaft und<br />
erste Aufträge erhielt. 1789 heiratete sie den<br />
Wiener Apotheker Joseph Krafft; mehrere<br />
Kinder gingen aus dieser Ehe hervor.<br />
10
Dennoch reiste sie 1794 und 1797-1804<br />
nach Salzburg, Mähren und Prag, um im<br />
Auftrag Porträts, Kirchenbilder und Genrestücke<br />
zu malen. 1804-1821 lebte sie in<br />
Salzburg, getrennt von ihrem Mann, wo sie<br />
zu einer gefragten Porträtistin für Bürgertum<br />
und Adel avancierte. 1821 siedelte sie<br />
nach Bamberg über, wo sie noch in den letzten<br />
vier Lebensjahren zahlreiche Bildnisse<br />
örtlicher Persönlichkeiten schuf.<br />
Nur anhand dieser kleinen Auflistung<br />
an Künstlerinnen konnten wir bereits erkennen,<br />
daß die mehrheitlich vor dem 19.<br />
Jahrhundert schöpferisch wirkenden Frauen<br />
in verwandtschaftlicher Beziehung zu<br />
einem Künstler standen. Diejenigen aber,<br />
die nicht in einem künstlerischen Familienkreis<br />
aufwuchsen, hatten häufig keine<br />
oder sehr eingeschränkte Möglichkeiten,<br />
eine kostengünstige, systematische und<br />
kontinuierliche Ausbildung zu erhalten.<br />
Meist waren allein günstige äußere Umstände,<br />
wie soziale Lage, Förderung durch<br />
die Familie oder Mäzene, aber auch Talent,<br />
Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen<br />
für den Erfolg ausschlaggebend. Die im 19.<br />
Jahrhundert einsetzende Industrialisierung<br />
brachte eine Änderung des sozialen Gefüges:<br />
neben Großbürgertum und (Industrie-)Arbeiterschaft<br />
bildete sich ein neuer<br />
Mittelstand heraus. Der Machtverlust absolutistischer<br />
Höfe und des Adels hatte bereits<br />
seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert<br />
begonnen; reiche Kaufleute wurden jetzt<br />
zu Geldgebern des Adels. Man traf in den<br />
Salons nun gemeinsam Gelehrte, Künstler<br />
und Aristokraten. Die Festigung der bürgerlichen<br />
Struktur im 19. Jahrhundert, das<br />
Aufkommen der sozialen Frage und die<br />
daran gebundene Frauenfrage<br />
veränderte die gesellschaftliche<br />
Stellung der Frau. Die ums<br />
Überleben kämpfenden Frauen<br />
aus ehemals bäuerlichen oder<br />
kleingewerblichen Betrieben<br />
arbeiteten jetzt in Fabriken und<br />
anderen niederen Lohntätigkeiten<br />
– schöpferische Kräfte<br />
konnten hier allerdings kaum<br />
gedeihen. Frauen des Mittelstands<br />
hingegen konnten oder<br />
mußten sich aus wirtschaftlichen<br />
Erwägungen heraus Zugang<br />
zu hauswirtschaftlichen,<br />
pflegerischen oder erzieherischen<br />
Tätigkeiten erkämpfen.<br />
Künstlerische Arbeit als Gelderwerb<br />
war dennoch weiterhin<br />
verpönt, und bei Ausübung<br />
nur angesehen, wenn sie in den<br />
Augen der Öffentlichkeit als<br />
müßiggängerisch, als schöngeistiger<br />
Zeitvertreib galt. In<br />
Großbürgertum und Mittelstand<br />
diente Frauen, die von<br />
Berufstätigkeit, gar Hausarbeit<br />
entbunden waren, künstlerische<br />
Beschäftigung, die oftmals<br />
auf einer vorzüglichen privaten<br />
Ausbildung basierte, nach wie<br />
vor als Zerstreuung und der gesellschaftlichen<br />
Repräsentation, wenn auch nicht selten<br />
ausbleibender Ehrgeiz bzw. mangelnder<br />
eigener schöpferischer Antrieb dafür verantwortlich<br />
war. Auch gewährten die gleichermaßen<br />
stark einschränkenden Vorgaben<br />
des autoritären Familienvorstands der<br />
freien Arbeit und Eigenständigkeit kaum<br />
Bildnis einer jungen Künstlerin, <strong>Katalog</strong>-Nr. 7<br />
Raum. Demgemäß blieb für einige Frauen<br />
die künstlerische Betätigung – auch Musizieren<br />
oder Dichten – weiterhin lediglich ein<br />
dilettantischer Zeitvertreib, der im Rahmen<br />
des gehobenen Bildungsprogramms ausgeübt<br />
wurde und hatte damit einen beiläufigen<br />
Charakter. Und gerade dies hatte im<br />
Hinblick auf die Bewertung professioneller<br />
11
Künstlerinnen, die sich dieser Problematik<br />
durchaus bewußt waren, negative Folgen, da<br />
sie per se mit jenen gleichgestellt wurden –<br />
auch ihnen wurde Ernsthaftigkeit abgesprochen.<br />
‚KÜNSTLERIN‘ ALS BÜRGERLICHER<br />
BERUF IM 19. JAHRHUNDERT<br />
Trotz dieser allgemein verbreiteten Meinung<br />
in der Öffentlichkeit gelangten einige<br />
Künstlerinnen zu großem Ansehen. Die<br />
Porträt- und Historienmalerin Caroline Bardua<br />
(1781-1864) etwa konnte sich ohne den<br />
Rückhalt einer bedeutenden Familie, ohne<br />
Vermögen und unverheiratet eine geachtete<br />
Stellung als Künstlerin erarbeiten. In Weimar<br />
schloß sie sich dem Kreis um Goethe<br />
und Wieland an; Freundschaft schloß sie<br />
mit Johanna Schopenhauer. Im übrigen unterstützte<br />
Goethe, in Weimar Minister für<br />
Kunst und Wissenschaft, sein Leben lang<br />
Künstlerinnen, saß ihnen bereitwillig Modell<br />
und verschaffte ihnen Preise, Aufträge<br />
und Gönner. Durch Goethes Vermittlung<br />
wurde Caroline Schülerin von Heinrich<br />
Meyer (1760-1832). 1808 ging sie nach Dresden<br />
und wurde von Anton Graff (1736-1813)<br />
und 1809-1811 von Gerhard von Kügelgen<br />
(1772-1820) unterrichtet. In dieser Zeit befreundete<br />
sie sich auch mit Caspar David<br />
Friedrich (1774-1840), den sie mehr<strong>fach</strong> porträtierte;<br />
Friedrich selbst besuchte sie 1811 in<br />
Ballenstedt, wohin sie nach ihrem Studium<br />
zurückgekehrt war. In den nächsten Jahren<br />
unternahm sie zahlreiche Reisen durch<br />
Deutschland, widmete sich Porträtaufträgen<br />
und dem Kopieren berühmter Meisterwerke,<br />
aus der Notwendigkeit nicht nur für<br />
sich, sondern auch für ihre Eltern und die<br />
Ausbildung ihres Bruders zum Rechtsanwalt<br />
und ihrer Schwester zur Sängerin Geld<br />
zu verdienen – diese Unterordnung unter<br />
das Familienwohl führte u.a. dazu, daß die<br />
Künstlerin eine ersehnte Studienreise nach<br />
Italien niemals durchführen konnte. Dementsprechend<br />
kann sie als eine der ersten,<br />
aus dem Bürgertum stammenden Künstlerinnen<br />
angesehen werden, die gänzlich von<br />
ihrer Berufstätigkeit lebte. 1819 siedelte sie<br />
gemeinsam mit ihrer Schwester Wilhelmine<br />
(1798-1865), die Carolines Leben literarisch<br />
festhielt, nach Berlin über, wo sie als eine der<br />
angesehensten Porträtistinnen adeliger und<br />
bürgerlicher Kreise bekannt wurde. Zwecks<br />
Gelderwerbs mußte sie auch von dort aus<br />
mehrere, auch mehrmonatige Arbeitsreisen<br />
unternehmen. Ab 1839 erhielt sie auf Vermittlung<br />
des preußischen Kultusministers<br />
vom Stein mit königlicher Genehmigung<br />
ein kleines Jahresgehalt von der Akademie.<br />
1842 zog sie sich endgültig in ihre Geburtsstadt<br />
zurück, sie war zur anhaltinisch-bernburgischen<br />
Hofmalerin ernannt worden.<br />
Mit Caroline Bardua bekannt, war die<br />
aus Jena stammende sehr erfolgreiche Louise<br />
Seidler (1786-1866), die eine umfassende<br />
Ausbildung erhalten hatte: Nach erstem<br />
Unterricht in Gotha im Zeichnen durch den<br />
Bildhauer Friedrich Wilhelm Eugen Döll<br />
(1750-1816) und seit 1806 in Jena bei Jakob<br />
Wilhelm Roux (1771-1830) setzte sie 1810<br />
ihr Studium in Dresden unter der Anleitung<br />
von Christian Leberecht Vogel (1759-1816)<br />
und Gerhard von Kügelgen (1772-1820) fort.<br />
Schon zu dieser Zeit war sie gezwungen,<br />
sich ihr Geld mit Näh- und Stickarbeiten zu<br />
verdienen, da ihre Familie sie ebenso wie im<br />
Fall ihrer Kollegin Caroline Bardua finanziell<br />
nicht unterstützte, später kamen noch<br />
Porträtaufträge hinzu. In Dresden hatte<br />
sie zum Teil enge Kontakte mit Künstlerkollegen<br />
wie Dorothea Stock (1759-1832),<br />
der Bardua und Apollonia von Seydelmann<br />
(1768-1840) sowie Anton Graff (1736-1813),<br />
Caspar David Friedrich und Georg Friedrich<br />
Kersting (1785-1847). Von Goethe, den<br />
sie seit ihrer frühen Jenaer Studienzeit kannte,<br />
erhielt sie 1816 ihren ersten großen Auftrag,<br />
anschließend durch dessen Vermittlung<br />
mehrere Stipendien von Großherzog<br />
Carl August, die es ihr ermöglichten, erst<br />
an die Kunstakademie München, dann 1818<br />
nach Rom zu gehen. Während ihres 5jährigen<br />
Aufenthaltes in Rom schloß sie sich<br />
dem Kreis der Nazarener um Julius Schnorr<br />
von Carolsfeld (1794-1872) an, obwohl gerade<br />
diese Gruppierung sich aus Desinteresse<br />
und Egozentrik, wohl auch aus Konkurrenzgedanken,<br />
gegen die Aufnahme von<br />
Künstlerinnen aussprach. Dort lernte sie<br />
überdies Marie Ellenrieder (1791-1863) u.a.<br />
kennen, die sich an sie eng anschloß. In Rom<br />
selbst wurde sie für ihre Kolleginnen Freundin<br />
und Lehrmeisterin zugleich. Nach ihrer<br />
Rückkehr 1823 wohnte sie zuerst in Jena,<br />
bald darauf wurde sie als Zeichenlehrerin<br />
der Prinzessinnen Marie und Augusta von<br />
Sachsen-Weimar-Eisenach nach Weimar<br />
berufen. 1824 wurde sie Kustodin der Herzoglichen<br />
Gemälde<strong>galerie</strong>, später für den<br />
Sächsischen Kunstverein und damit die erste<br />
Frau in Deutschland, die eine solche Position<br />
innehatte. 1832 folgte der zweite Romaufenthalt,<br />
wo sie ein Künstlerinnenatelier<br />
unterhielt. 1835 erfolgte die Ernennung zur<br />
Hofmalerin von Sachsen-Weimar-Eisenach.<br />
12
Um 1860 verhinderte eine zunehmende Erblindung<br />
die künstlerische Tätigkeit, jedoch<br />
nicht das Schreiben ihrer „Erinnerungen“,<br />
von Hermann von Uhde bearbeitet und herausgegeben,<br />
eine der bedeutendsten und populärsten<br />
autobiographischen Schriften des<br />
19. Jahrhunderts.<br />
Ein weiterer Schützling Goethes war die<br />
etwas jüngere, in Weimar aufgewachsene<br />
Julie von Egloffstein (1792-1869), die aus<br />
fränkischem Adelsgeschlecht stammend,<br />
Hofdame von Luise von Sachsen-Weimar-<br />
Eisenach war. Von ihrer Familie wurden<br />
ihre künstlerischen Ambitionen spöttisch<br />
aufgenommen. Dementsprechend wurde ihr<br />
Talent erst von der Herzogin Anna Amalia<br />
entdeckt, später durch Goethes Vermittlung<br />
von Großherzog Carl August gefördert. Goethe<br />
selbst widmete ihr zahlreiche Gedichte.<br />
Unter seiner Anleitung erhielt Julie von Egloffstein<br />
erste Unterweisung als Zeichnerin<br />
und Malerin. Weitere Ausbildung erhielt sie<br />
durch Georg Friedrich Kersting in Meißen.<br />
Durch ihre zahlreichen Reisen im In- und<br />
Ausland erlangte sie nicht nur wegen ihres<br />
künstlerischen Talents, sondern auch wegen<br />
ihrer Schönheit Berühmtheit. Eine mehrjährige<br />
Studienreise ab 1829 nach Italien brachte<br />
den Anschluß an die deutsche Künstlerkolonie<br />
in Rom, darüber hinaus wurde sie<br />
Ehrenmitglied der römischen Accademia<br />
di San Luca. 1832 kehrte sie nach Weimar<br />
zurück. Eine zweite Italienreise folgte 1838-<br />
1840. Trotz ihres Ruhmes und zahlreicher<br />
Aufträge empfand sie allerdings zeitlebens<br />
die Diskrepanz zwischen ihrer beruflichen<br />
Tätigkeit als Malerin und Rücksichtnahme<br />
auf adelige Etikette als große Belastung. So<br />
führten seelische Beeinträchtigung und ein<br />
schweres körperliches Leiden in<br />
ihren letzten Lebensjahren zum<br />
Versiegen ihrer Schaffenskraft.<br />
Wie auch ihre Kollegin Marie<br />
Ellenrieder verstarb sie ohne<br />
gesellschaftliche Bindungen in<br />
Einsamkeit.<br />
Marie Ellenrieder, bürgerlicher<br />
Herkunft wie Louise Seidler,<br />
war eine eigenwillige und<br />
fast tragisch zu bezeichnende<br />
Unbekannte Bildhauerin beim Modellieren<br />
<strong>Katalog</strong>-Nr. 3<br />
Künstlerpersönlichkeit. Durch<br />
ihren Vater gefördert, der ihr<br />
Talent anerkannte, erhielt sie<br />
nach einer Lehre bei dem Konstanzer<br />
Miniaturmaler Joseph<br />
Einsle (1794 – nach 1850) als<br />
erste Frau die Zulassung zum<br />
Kunststudium an der Akademie<br />
in München. Anschließend<br />
arbeitete sie als Porträt- und Historienmalerin<br />
in Konstanz und<br />
an südwestdeutschen Fürstenhöfen.<br />
Ein Romaufenthalt von<br />
1822 bis 1824 sollte für sie besonders<br />
prägend sein. Dort machte<br />
sie auch die Bekanntschaft von<br />
Louise Seidler, der sie sich besonders<br />
freundschaftlich anschloß, sowie<br />
von Johann Friedrich Overbeck (1789-1869)<br />
und weiteren Nazarenern. Bereits zu diesem<br />
Zeitpunkt machten ihr u.a. die häufig ausbleibende<br />
Anerkennung und Überheblichkeit<br />
ihrer männlichen deutsch-römischen<br />
Kollegen zu schaffen; gesteigerte Selbstzweifel<br />
und Ängste gingen damit einher. Nach<br />
einem einjährigen Aufenthalt in Florenz<br />
und ihrer Rückkehr nach Baden fokussierte<br />
sie sich auf religiös-erbauliche Darstellungen,<br />
schuf jedoch auch weiterhin Porträts.<br />
Trotz mehrerer Auszeichnungen und ihrer<br />
Ernennung 1829 zur großherzoglichbadischen<br />
Hofmalerin in Karlsruhe sowie<br />
mehr<strong>fach</strong>en Reisen nach Zürich, Dresden<br />
und München verschlechterte sich ab den<br />
1830er Jahren ihre schon seit dem ersten Italienaufenthalt<br />
in zerstörerische Selbstanklagen<br />
und Depressionen fallende Gemütslage.<br />
Zeitgemäße Ablehnung und Verleugnung<br />
der eigenen Sinnlichkeit und Körperlich-<br />
13
keit sowie Zweifel an den eigenen künstlerischen<br />
Leistungen, möglicherweise auch die<br />
zunehmende Schwerhörigkeit, führten zu<br />
einem angegriffenen Gesundheitszustand<br />
und zerrütteten Nerven. Die Folge war ein<br />
periodisch auftretendes, eingeschränktes<br />
künstlerisches Arbeiten und sicher auch die<br />
Abkehr vom gesellschaftlich-öffentlichem<br />
Leben.<br />
Zu den Künstlerinnen, die ebenso Zugang<br />
zu den Nazarenern in Rom fanden, zählt<br />
auch Maria Electrine von Freyberg (1797-<br />
1848). Als Tochter des Landschaftsmalers,<br />
Kunsthändlers und Musikers Johann Baptist<br />
Stuntz (1753-1836), der zusammen mit<br />
Johann Nepomuk Strixner (1782-1855) und<br />
Ferdinand Piloty (1786-1844) in München<br />
eine Steindruckerei gegründet hatte, wurde<br />
sie durch ihren Vater und seine beiden<br />
Kompagnons ausgebildet. Anschließend<br />
arbeitete sie erst in deren lithographischer<br />
Anstalt und hatte bald mit eigenen Folgen<br />
großen, auch finanziellen Erfolg. 1813 ging<br />
sie zum Studium der Historienmalerei an<br />
die Münchner Akademie und wurde eine<br />
Schülerin von Johann Peter von Langer<br />
(1756-1824) und dessen Sohn Robert von<br />
Langer (1783-1846). Bereits zwei Jahre später<br />
erlangte sie mit ihren ersten ausgestellten<br />
Ölgemälden breite Aufmerksamkeit.<br />
Nach einem Aufenthalt in Paris im Jahr<br />
1818, wo sie neben der Anfertigung von Kopien<br />
zeitweise auch in der Druckerei von<br />
Aloys Senefelder arbeitete, folgte 1821 ein<br />
dreijähriges Reisestipendium nach Italien,<br />
wo sie sich eng an Overbeck anschloß. In<br />
diesem Jahr wurde sie auch Ehrenmitglied<br />
der Accademia di San Luca zu Rom. Nach<br />
München 1822 zurückgekehrt, heiratete sie<br />
1823 den Kgl. Bayer. Vize-Oberstallmeister<br />
Wilhelm von Freyberg.<br />
Danach hielt sie sich wechselnd in München<br />
und Thalkirchen auf und setzte trotz<br />
vielfältiger privater und gesellschaftlicher<br />
Verpflichtungen ihre künstlerische Tätigkeit<br />
fort. Gerade die Vita dieser Künstlerin,<br />
die zu Lebzeiten als eine der besten Zeichnerinnen<br />
und Malerinnen gerühmt wurde,<br />
belegt, daß Ehe und Kinder nicht immer<br />
zwangsläufig zur Aufgabe der künstlerischen<br />
Arbeit führen mußte, und daß eine<br />
Frau über den Familienkreis hinaus Erfolg<br />
haben konnte.<br />
In diesem Kontext ist auch die in Kopenhagen<br />
wirkende Elisabeth Maria Anna<br />
Jerichau-Baumann (1819-1881) zu nennen,<br />
eine außergewöhnliche Frau und Künstlerin.<br />
Nach einer sehr fundierten Ausbildung<br />
in Berlin bei Julius Hübner d. Ä. (1806-1882)<br />
sowie in Düsseldorf bei Friedrich Wilhelm<br />
Schadow (1788-1862), Carl Ferdinand Sohn<br />
(1805-1867), Carl Friedrich Lessing (1808-<br />
1880) und Hermann Anton (1803-1860)<br />
bzw. Hermine Stilke (1804-1869), ging die<br />
als eigenwillig und temperamentvoll-exaltiert<br />
beschriebene junge Frau 1845 nach<br />
Rom. Hier lernte sie den dänischen Bildhauer<br />
und Thorvaldsen-Schüler Jens Adolf<br />
Jerichau (1816-1883) kennen, den sie ein Jahr<br />
später ehelichte. 1849 folgte sie ihrem Mann<br />
nach Kopenhagen, wo er als Professor an die<br />
Akademie berufen worden war. Hier knüpfte<br />
das Paar freundschaftliche Bande zu<br />
Prinzessin Alexandra von Dänemark und<br />
dem Dichter Hans Christian Andersen, der<br />
eine Biographie über die Jerichaus verfaßte.<br />
Entfremdung vom Ehemann und möglicherweise<br />
daraus resultierend ein ruhelosrastloses<br />
Temperament führten zu ausgedehnten<br />
Reisen, u.a. 1852 nach England – in<br />
London hatte sie in diesem Jahr eine Ausstellungsbeteiligung<br />
–, wiederholt nach Italien,<br />
Griechenland, Kleinasien und Ägypten.<br />
1867 und 1878 nahm sie an den Weltausstellungen<br />
in Paris teil, weitere Ausstellungen<br />
hatte sie in Berlin, Kassel und Bremen.<br />
Eine Besonderheit ist, daß die Künstlerin<br />
Zutritt in orientalische Harems bekam, weshalb<br />
sie in der Lage war, dieses im 19. Jahrhundert<br />
äußerst beliebte exotisch-erotische<br />
Thema nach eigener Anschauung zu malen.<br />
Ihr großes künstlerisches Œuvre sowie ihre<br />
außerordentlichen Reiseaktivitäten sind zudem<br />
im Hinblick darauf zu bewerten, daß<br />
sie neun Kinder zur Welt brachte, von denen<br />
zwei ebenso Maler wurden. Darüber hinaus<br />
trug sie beträchtlich zum Familienunterhalt<br />
bei und war neben ihrer malerischen Arbeit<br />
musikalisch und schriftstellerisch tätig.<br />
Weniger rastlos verlief das Leben von<br />
Elise Crola (1809-1878), deren künstlerische<br />
Begabung schon früh von ihrem Vater<br />
gefördert wurde, einem kunstsinnigen<br />
Bankier, der mit zahlreichen Malern und<br />
Bildhauern wie Schadow, Carl Joseph Begas<br />
(1794-1854), Karl Wilhelm Wach (1787-<br />
1845) und Eduard Bendemann (1811-1889)<br />
verkehrte. Ersten Zeichenunterricht erhielt<br />
sie durch den Porträt- und Miniaturmaler<br />
Johann Friedrich Zimmermann (tätig<br />
1796-1838), daneben betätigte sie sich bildhauerisch,<br />
später schuf sie auch Keramiken.<br />
Nach einer kinderlosen, 1836 geschiedenen<br />
Ehe lernte sie in Ilsenburg den Maler Georg<br />
Heinrich Crola (1804-1879) kennen, den sie<br />
1840 heiratete. Da sie ihre künstlerische Arbeit<br />
fortsetzte, können wir davon ausgehen,<br />
14
daß diese Künstlerehe sicher von gegenseitiger<br />
Wertschätzung geprägt war.<br />
FRAUENKUNST IM 19. JAHRHUN-<br />
DERT – EIN ZEITVERTREIB FÜR<br />
ADELIGE KÜNSTLERINNEN<br />
Neben den genannten Künstlerinnen<br />
sind auch solche aus königlich-fürstlichen,<br />
adeligen oder großbürgerlichen Kreisen zu<br />
erwähnen, deren musisch-künstlerische Interessen<br />
ihrer Standeszugehörigkeit entsprechend<br />
mehr dem Zeitvertreib entsprangen,<br />
aber die nicht selten mit großer Begabung<br />
und auf außerordentlich hohem Niveau gemalt<br />
oder gezeichnet haben. Hierzu zählt<br />
Amelie von Liebenstein (geb. 1813), deren<br />
Talent durch den sehr schönen Kopf einer<br />
Jungfrau anschaulich dokumentiert wird.<br />
Auch Charlotte von Raßler (Rassler) (tätig<br />
um 1812) ist hier zu nennen oder Elise von<br />
(zur) Lippe (tätig um 1846) mit ihrer reizenden<br />
Darstellung eines seit Beginn des 19.<br />
Jahrhunderts gerade bei Italienreisenden<br />
überaus populären Motivs einer Italienerin<br />
am Brunnen. Die sichere Bildkomposition<br />
als auch die gekonnte Zeichenführung unterstreichen<br />
die Begabung der Künstlerin,<br />
die offenkundig aus einem adeligen Hause<br />
stammend nicht für die Öffentlichkeit malte.<br />
Auch Ernestine von Lipowsky (2. Hälfte<br />
19. Jh.) gehört sicher in diese Gruppe oder<br />
Mathilde Karoline, Großherzogin von Hessen<br />
(1813-1862). Als Elevin von D. Quaglio<br />
d. J. (1786/1787-1837) erhielt die Großherzogin<br />
ihrer Herkunft gemäß eine fundierte<br />
künstlerische Ausbildung durch einen der<br />
erfolgreichsten Maler der Zeit. Auch Elisabeth,<br />
Prinzessin von England, Landgräfin<br />
von Hessen-Homburg (1770-1840) ist in diesem<br />
Kontext zu nennen, die sich nicht nur in<br />
England, sondern auch nach ihrer Vermählung<br />
in Frankfurt am Main und insbesondere<br />
Bad Homburg vielfältig künstlerisch<br />
betätigte.<br />
Ein weiteres Beispiel liegt uns mit Asta<br />
Thusnelda Gräfin von Münster-Meinhövel<br />
(1788-1842) vor, die mit dem dänischen Diplomaten<br />
Carl Emil Moltke verheiratet, sicherlich<br />
die künstlerische Tätigkeit in rein<br />
privatem Bereich ausübte, wenn auch mit<br />
Talent. Erhebliches Können dokumentiert<br />
zudem das Frauenbildnis der unbekannten<br />
Monogrammistin B.G. vom Ende des 19.<br />
Jahrhunderts, das durch die Lebendigkeit<br />
der Gesichtszüge als auch durch die Zartheit<br />
und Virtuosität der Ausführung besticht.<br />
Künstlerinnen dieser Gruppe haben häufig<br />
ihre Arbeiten nicht signiert, da ihre exponierte<br />
gesellschaftliche Stellung dies nicht<br />
erlaubte. Aus diesem Grund können ihnen<br />
meist nur wenige Werke sicher zugeschrieben<br />
werden.<br />
KÜNSTLERINNEN IN FRANKREICH<br />
IM 19. JAHRHUNDERT<br />
Von unseren nicht deutschstämmigen<br />
Künstlerinnen des gleichen Zeitraums ist<br />
Marguerite Gérard (1761-1837) anzuführen.<br />
Sie war eine der ersten bedeutenden Künstlerinnen<br />
auf dem Gebiet der Genremalerei<br />
in Frankreich und zählte zu Lebzeiten zu<br />
den bekanntesten Malerinnen ihrer Zeit.<br />
Auch in ihr finden wir ein Beispiel dafür,<br />
daß Künstlerinnen sich unter ihren männlichen<br />
Kollegen behaupten konnten.<br />
Ihre ältere Schwester Anne-Marie (1745-<br />
1823), eine anerkannte Miniaturmalerin,<br />
die mit Jean-Honoré Fragonard (1732-1806)<br />
verheiratet war, nahm die 14jährige Marguerite<br />
1775 nach Paris mit. Hier wurde sie von<br />
ihrem Schwager (und späteren Geliebten?)<br />
unterrichtet und gefördert.<br />
Darüber hinaus studierte sie intensiv die<br />
niederländische Genremalerei des 17. Jahrhunderts.<br />
Regelmäßige erfolgreiche Teilnahmen<br />
am Pariser Salon folgten, nachdem<br />
dieser schließlich in den 90er Jahren des 18.<br />
Jahrhunderts auch für Frauen geöffnet worden<br />
war.<br />
Ihre rund 80 Jahre später geborene<br />
Landsmännin Berthe Morisot (1841-1895)<br />
wurde gleichfalls eine anerkannte Malerin<br />
– und gerade ihr Werk wurde in den letzten<br />
Jahren wiederentdeckt. Aus einem wohlhabenden<br />
und kunstinteressierten Elternhaus<br />
stammend, erhielt sie gemeinsam mit ihrer<br />
Schwester Edma schon früh privaten Zeichenunterricht,<br />
dann war sie Schülerin von<br />
Camille Corot (1796-1875) sowie von Achille<br />
François Oudinot (1820-1891), Honoré<br />
Daumier (1808-1879) und des Bildhauers<br />
Aimé Millet (1819-1891).<br />
Enge Kontakte knüpfte sie zu Felix Bracquemont<br />
(1833-1914) und einigen Barbizon-<br />
Malern sowie zu Eduard Manet (1832-1883)<br />
– mit diesem schloß sie ab 1869 eine enge<br />
Freundschaft. Auch Edgar Degas (1834-<br />
1917) und Henri Fantin-Latour (1836-1904)<br />
zählten zu ihrem illustren Freundeskreis.<br />
Nach Beteiligungen an Ausstellungen des<br />
etablierten Pariser Salons nahm sie ab 1874<br />
als erste Frau an fast allen Impressionisten-<br />
Ausstellungen teil. Trotz der Heirat im Jahr<br />
1874 mit Eugène Manet und nachfolgen-<br />
15
der Mutterschaft ist kein Nachlassen ihres<br />
künstlerischen Schaffens zu verzeichnen.<br />
Auch Blanche Odin (1865-1957) fand mit<br />
ihren zarten und frischen Blumenaquarellen<br />
beim französischen Publikum Anklang.<br />
Bereits im Alter von etwa 17 Jahren ging die<br />
junge Frau jährlich für einige Monate zum<br />
Studium nach Paris – dies muß mit Genehmigung<br />
ihrer Familie geschehen sein. In<br />
diesem Fall können wir wohl davon ausgehen,<br />
daß die Künstlerin einem bürgerlich<br />
interessierten, intellektuellen Hintergrund<br />
entstammte, dem die notwendigen finanziellen<br />
Mittel für eine kostspielige Ausbildung<br />
zur Verfügung stand. Dennoch läßt die<br />
Ausbildungszeit vermuten, daß die Familie<br />
sie nicht für einen längeren Zeitraum entbehren<br />
konnte oder wollte. Da die École des<br />
Beaux-Arts noch immer keine Frauen ausbildete,<br />
arbeitete Blanche Odin sowohl im<br />
Atelier von Madame Delphine (?) De Cool<br />
und nahm Unterricht an einer Zeichenschule<br />
als auch bei der Miniaturmalerin Jeanne<br />
Mathilde Herbelin (1820-1904). 1889 konnte<br />
sie sich erfolgreich an einer Akademie-Ausstellung<br />
beteiligen.<br />
Danach hatte sie steigenden Erfolg, auch<br />
unter Künstlerkollegen, und eröffnete 1900<br />
ihr eigenes Atelier in Paris, wo sie bis zu ihrem<br />
Umzug 1934 nach Bagnères-de-Bigorre<br />
auch Schüler ausbildete. 1949 wurde sie<br />
zum „Ritter der Ehrenlegion“ ernannt und<br />
erhielt den Titel eines „Officer of Public Instruction“,<br />
eine außerordentliche Auszeichnung<br />
für eine Frau dieser Zeit.<br />
An dieser Stelle ist ebenso die in Paris<br />
ausgebildete russische Malerin Marie Bashkirtseff<br />
(1858/60-1884) zu erwähnen, die<br />
trotz ihres frühen Todes im Alter von 24<br />
Jahren international bekannt wurde. Ihr<br />
nach ihrem Tod im Jahr 1887 veröffentlichtes,<br />
in mehrere Sprachen übersetztes<br />
Tagebuch, das eindrucksvoll von der Ausbildungssituation<br />
und den Lebensbedingungen<br />
einer Künstlerin berichtet, hatte auf<br />
die nachfolgende Künstlerinnengeneration<br />
erhebliche Wirkung.<br />
Paris hatte eine wichtige Bedeutung<br />
für die Entwicklung und das Ansehen von<br />
Künstlerinnen. Die liberale Kunstmetropole<br />
war seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
zur Kunsthauptstadt avanciert und<br />
Zentrum neuester Kunstrichtungen. Frauen<br />
konnten sich hier durch die räumliche Trennung<br />
von Familie und Umfeld für mehrere<br />
Monate, manchmal auch Jahre aus ihrem<br />
gewohnten engen sozialen Umfeld lösen<br />
und freier bewegen.<br />
So pilgerten sie aus allen europäischen<br />
Ländern, auch aus Amerika und Rußland,<br />
Kanada und Australien in die elegante beeindruckende<br />
Stadt an der Seine, um in den<br />
zahlreichen Damenklassen der Privatateliers<br />
zu studieren – auch die Pariser École des<br />
Beaux-Arts nahm seit 1897 eingeschränkt<br />
Kunststudentinnen auf.<br />
Besonders populär war, neben der Académie<br />
Julian, die Académie Colarossi am<br />
Montparnasse, wo Frauen auch das Aktstudium<br />
gestattet war – 1877 war hier die<br />
Einschränkung, daß Damen nur ein halbbekleidetes<br />
Modell zeichnen durften, abgeschafft<br />
worden.<br />
Obwohl oder sollte man sagen gerade<br />
weil diese Privatschulen aus rein wirtschaftlichen<br />
Aspekten geführt wurden, wurden<br />
jährlich Hunderte von Schülern aufgenommen<br />
– Frauen waren zwar ohne Einschränkung<br />
zugelassen, mußten jedoch allein<br />
aufgrund ihres Geschlechts die doppelten<br />
Kursgebühren entrichten.<br />
Nicht selten herrschte in den Räumlichkeiten<br />
ein großer Platzmangel, zudem bestanden<br />
die Lehrmethoden aus eher sporadischen<br />
Korrekturen der Lehrer, die sich<br />
kaum Zeit für eine genaue Betrachtung der<br />
Schülerarbeiten nahmen. Dennoch spielten<br />
gerade diese Privatschulen eine wichtige<br />
Rolle in der Vermittlung und Rezeption moderner<br />
Kunst – junge progressive Künstler<br />
betätigten sich hier häufig als Lehrer.<br />
ZEICHEN- UND MALSCHULEN FÜR<br />
KÜNSTLERINNEN IM 19. JAHRHUN-<br />
DERT IN DEUTSCHLAND<br />
In Deutschland führten Faktoren wie das<br />
nach wie vor bestehende Verbot des Studiums<br />
an Kunstakademien, daraus resultierend<br />
der Wunsch auf Herausbildung und<br />
Anerkennung weiblichen Berufskünstlertums<br />
oder auch die Forderung nach grundlegender<br />
Verbesserung der Ausbildungssituation<br />
weniger begüterter Frauen in der 2.<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Gründung<br />
von drei staatlich subventionierten Lehranstalten<br />
für Frauen: 1867 wurde der „Verein<br />
der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen“<br />
gegründet – im übrigen besitzen<br />
wir von Carl Johann Arnold (1829-1916)<br />
ein Gedenkblatt hierzu –, der 1868 eine Zeichen-<br />
und Malschule für Künstlerinnen mit<br />
Zeichenlehrerinnenseminar angegliedert<br />
wurde, gefolgt von der „Damenakademie“<br />
des 1882 gegründeten „Künstlerinnen-Vereins“<br />
in München und 1884 von der „Malerinnen-Schule“<br />
in Karlsruhe.<br />
16
Weitere Städte folgten wie 1893 Stuttgart,<br />
1895 Leipzig, 1911 Düsseldorf, 1926 Hamburg<br />
und 1930 Köln. Regelmäßige Ausstellungsplattformen<br />
sowie die soziale Organisation<br />
für bedürftige Mitglieder gingen<br />
damit einher.<br />
Diese Gründungen bezeugen, daß Künstlerinnen<br />
sich gegen die Ausgrenzung aus<br />
dem Kunstbetrieb zu wehren begannen,<br />
ebenso die beginnende Veränderung in<br />
der öffentlichen Bewertung von weiblicher<br />
Kunst. Neben diesen Lehranstalten gab es<br />
auch in Deutschland vergleichbar der beschriebenen<br />
Situation in Paris zahlreiche<br />
Privatschulen, von denen sich nicht wenige<br />
gerade seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
als Opposition gegen den akademisch-traditionellen<br />
Kunstbetrieb und ihren<br />
hierarchischen Aufbau verstanden – in<br />
diesem Kontext ist auch das Entstehen zahlreicher<br />
Künstlerkolonien auf dem Lande zu<br />
sehen.<br />
Allerdings entsprach ein Großteil der<br />
Privatschulen nicht dem Niveau staatlicher<br />
Institutionen – bedingt durch das Fehlen<br />
finanzieller Mittel war ein gleichwertiges<br />
Lehrer- und Fächerangebot und damit das<br />
gleichzeitige Studium aller Gattungen und<br />
Techniken nicht möglich. Zudem war das<br />
Studiengeld weitaus höher. Dessen ungeachtet<br />
waren die Klassen häufig überfüllt, das<br />
Niveau meist wegen des unterschiedlichen<br />
Talents der Schülerinnen niedrig.<br />
Problematisch war für Frauen der Besuch<br />
einer solchen Privatschule auch in anderer<br />
Hinsicht: Sie standen während der gesamten<br />
Studienzeit in meist großer Abhängigkeit<br />
zu ihren Familien und mußten häufig – im<br />
Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen,<br />
denen auch über einen längeren<br />
Zeitraum finanzielle Unterstützung<br />
zugestanden wurde<br />
– ihre Ausbildung wegen der<br />
teuren Kursgebühren in einem<br />
kürzeren Zeitraum absolvieren.<br />
Auch wenn bekannt war, daß<br />
eine fundierte Ausbildung für<br />
den künstlerischen Erfolg unerläßlich<br />
ist.<br />
„Warum lassen Sie ihre Tochter<br />
nicht lieber ordentlich kochen<br />
lernen? Es gibt so viele schlechte<br />
Künstlerinnen und so wenig<br />
gute Köchinnen.“ 6<br />
(Alfred Lichtwark)<br />
Trotz der rasanten gesellschaftlichen<br />
Veränderungen<br />
stellt sich auch nach 1900 in<br />
der bürgerlichen Schicht die<br />
Lebenssituation der Frauen im<br />
allgemeinen folgendermaßen<br />
dar: Eigene Berufsvorstellungen,<br />
Ehrgeiz und das Streben<br />
nach dem Ausdruck eigener<br />
Persönlichkeit waren nicht gewünscht<br />
– Familie, Heim und Herd war der<br />
Endzweck, damit verbunden das Warten auf<br />
den Ehemann. Bei starkem künstlerischem<br />
Antrieb wurden sie als „überspannt“, „unweiblich“,<br />
als „Malweib“ 7 und „eine von diesen<br />
Verwahrlosten“ polemisiert. Dennoch<br />
gab es Widerstand. Gerade in der Kunst<br />
glaubten Frauen, Freiheit und Selbständigkeit<br />
zu finden. Bezeichnend ist allerdings,<br />
daß dieses Streben nach künstlerischer<br />
Betätigung häufig erst nach dem Tod des<br />
Carl Johann Arnold, Gedenkblatt zum 31. Jan. 1867:<br />
Gründung des Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen<br />
zu Berlin, <strong>Katalog</strong>-Nr. 1<br />
Vaters, des Familienoberhauptes, realisiert<br />
wurde.<br />
Die Situation von Künstlerinnen aus<br />
dem Kleinbürgertum, der Arbeiterschaft<br />
oder von Töchtern aus überraschend verarmten<br />
Familien, die zum Lebensunterhalt<br />
beitragen mußten, ist vergleichbar: Da der<br />
Gelderwerb im Vordergrund stand und die<br />
notwendigen Mittel für kostspieligen Privatunterricht<br />
oder teure Privatschulen nicht<br />
zur Verfügung standen, mußte die Ausbil-<br />
17
dung in einem kurzen Zeitraum absolviert<br />
werden und war dadurch wenig fundiert.<br />
Aber auch nach erfolgreichem Abschluß eines<br />
Studiums blieb der Zugang zum Kunstmarkt<br />
Frauen meist verschlossen bzw. war<br />
nur eingeschränkt möglich.<br />
Da deutsche Akademien noch bis 1919<br />
– bis auf wenige Sonderfälle – Frauen verschlossen<br />
blieben, war ihnen zugleich die<br />
Teilnahme an den großen Ausstellungen<br />
untersagt. Damit erreichten sie weder eine<br />
breite Öffentlichkeit und ein zahlungskräftiges<br />
Publikum, noch erhielten sie öffentliche<br />
Aufträge oder die meist begehrten<br />
(Reise-)Stipendien. In der Presse fanden<br />
sie dementsprechend selten oder gar keine<br />
Erwähnung bzw. mußten, wie im Falle von<br />
Paula Modersohn-Becker, deren erste Ausstellungsbeteiligung<br />
in der Bremer Kunsthalle<br />
gemeinsam mit Marie Bock (1867-<br />
1956) und Clara Rilke-Westhoff (1878-1954)<br />
stattfand, sich einer vernichtenden Kritik<br />
stellen. Ankäufe durch Sammlungen oder<br />
Museen kamen noch vereinzelter vor.<br />
Nach der Ausrufung der Weimarer Republik<br />
und der gesetzlichen Gleichstellung<br />
der Frauen im Jahr 1919 mußten sich auch<br />
die Kunstakademien endgültig weiblichen<br />
Schülern öffnen. Eine professionelle Ausbildung<br />
wurde dadurch möglich, was den<br />
Künstlerinnen stetig steigendes Ansehen in<br />
der Öffentlichkeit einbrachte. Gründungen<br />
von Frauenvereinen wie der GEDOK („Gemeinschaft<br />
deutscher und österreichischer<br />
Künstlerinnenvereine aller Kunstgattungen“)<br />
1926, unterstützten die Durchsetzung<br />
der Ansprüche und Bedürfnisse der Frauen<br />
auf dem Kunstmarkt, vor allem die Schaffung<br />
von öffentlichen Ausstellungsmöglichkeiten.<br />
Bald war aber ihrer hoffnungsvollen<br />
Selbstverwirklichung Grenzen gesetzt.<br />
Ab 1933 erstarkten die alten Ideale: Die<br />
Frau als Hausfrau, Gebärerin und Mutter<br />
bestimmte die nationalsozialistischen<br />
Wertvorstellungen – seltener kam die Anforderung,<br />
ihre Kunst in den Dienst der<br />
Ideologie zu stellen, mehr noch die nach<br />
dem totalen Rückzug aus dem öffentlichem<br />
Leben. In dieser Zeit verloren fortschrittliche<br />
Künstler, egal welchen Geschlechts, ihre<br />
wichtigsten Jahre, wurden verfemt, verfolgt<br />
und umgebracht – Künstler und Künstlerin<br />
wurden jetzt zur „verlorenen Generation“.<br />
„Die Natur, die Zeitlosigkeit und die „Gesellschaftlosigkeit“<br />
fallen der Frau zu, die<br />
Kultur, die Geschichte und die Gesellschaft<br />
sind Sache des Mannes.“ 8<br />
(Alice Rühle-Gerstel, 1932)<br />
Im zeitgeschichtlichen Kontext waren<br />
allerdings nicht die negativen Ausbildungsbedingungen<br />
für Frauen oder ihre soziale<br />
Abhängigkeit von der Familie für die häufig<br />
stockenden oder ungenutzten schöpferischen<br />
Kräfte verantwortlich, vielmehr war<br />
es ihre „weibliche Natur“ und damit verbunden<br />
ihr „mangelndes Talent und Genie“<br />
sowie „fehlende Erfindungsgabe und Phantasie“.<br />
„Von einer starken weiblichen Kunst<br />
wird man allerdings niemals reden,<br />
da das Empfinden der Frau mehr<br />
ein Nachempfinden ist.“ 9<br />
(Ludwig Dettmann, 1908)<br />
Im 19. und auch noch beginnendem 20.<br />
Jahrhundert wurde nicht nur im deutschsprachigen<br />
Raum der Mann als das überlegene,<br />
geistige, die Frau als das sinnlichtriebhafte<br />
Prinzip angesehen.<br />
So stellte Georg Simmel, einer der bekanntesten<br />
Kulturphilosophen des 19. Jahrhunderts<br />
fest: „Während der Mann aus sich<br />
herausgeht, seine Kraft in seine Leistung<br />
entläßt und damit etwas „bedeutet“, was in<br />
irgendeinem Sinne außer ihm liegt, dynamisch<br />
oder ideel, schaffend oder darstellend<br />
– ist die Wesensidee der Frau jene Undurchbrochenheit<br />
der Peripherie, jenes organische<br />
Beschlossensein in der Harmonie der Wesensteile<br />
unter sich und ihrer gleichmäßigen<br />
Beziehung zu ihrem Zentrum – wie es eben<br />
die Formel des Schönen ist. Denn sie ist, in<br />
der Symbolik der metaphysischen Begriffe,<br />
die Seiende, und der Mann das Werdende.“ 10<br />
Diese geschlechterspezifische Zuweisung<br />
sollte die Ausschaltung der Frau aus der Öffentlichkeit,<br />
aus dem sozialen, wirtschaftlichen<br />
und kulturellen Leben, ihre Unterordnung<br />
unter den Mann rechtfertigen – und<br />
das zu einem Zeitpunkt, als Frauen sich zu<br />
emanzipieren begannen und verschiedene<br />
Berufe ergriffen, was nicht nur als Bedrohung<br />
und Zerstörung der Familie angesehen<br />
wurde, sondern im Hinblick auf das<br />
Kunstschaffen auf unliebsame Konkurrenz<br />
auf dem Kunstmarkt.<br />
Sollte sie dennoch diesen Weg beschreiten,<br />
würde „die Frau, die ihre harmonische<br />
Geschlossenheit zerstört und sich zu einem<br />
einseitigen Wollen zwingt, diesen Entschluß<br />
fast immer mit Verkümmerung, Krankhaftigkeit<br />
oder Hypertrophie des Geschlechtsgefühls,<br />
mit Perversion oder Impotenz“ 11<br />
18
ezahlen. Die geschlechterspezifische Differenzierung<br />
in einen aktiven männlichen<br />
und einen passiven weiblichen Pol wurde<br />
von einem Großteil der Kunsthistoriker<br />
übernommen und weiterverarbeitet.<br />
Auch Hans Hildebrandt suchte in diesem<br />
Sinne die Kunst als männliches Privileg zu<br />
beschreiben: „Es (das Weib, Anm. d. Verf.)<br />
erlebt sie (die Kunst, Anm. d. Verf.) zu tiefst<br />
– aber es gestaltet sie nicht.“ 12 Und wenn<br />
man Hildebrandts Bearbeitung „Die Frau<br />
als Künstlerin“, erschienen 1928, studiert,<br />
fällt auf, daß er, auch wenn er die Leistung<br />
einer Frau hervorhebt, zugleich immer ihre<br />
künstlerischen Grenzen betont, ihre mangelnde<br />
Begabung bzw. Fähigkeit Bahnbrechendes<br />
oder wirklich Großartiges zu leisten,<br />
was ohnehin seiner Einschätzung nach<br />
aufgrund ihres Naturells nicht ihr Streben<br />
sei. Hier zeigt sich eine gänzlich tendenziöse,<br />
aber ganz dem Zeitgeist entsprechende<br />
polemische Gesamtbearbeitung, wie sie<br />
von namhaften Publizisten und Fachleuten<br />
verbreitet wurde – bezeichnenderweise war<br />
Hildebrandt selbst mit einer Künstlerin<br />
verheiratet, mit der Hölzel-Schülerin Lily<br />
Hildebrandt (1887-1974).<br />
Leider gingen Frauen sogar häufig selbst<br />
davon aus, daß Genie niemals weiblich sein<br />
könne und demzufolge ihre künstlerischen<br />
Leistungen nicht mit gleichen Maßstäben<br />
zu bewerten seien. Anerzogen war ihnen<br />
Zurückhaltung und Bescheidenheit in Hinblick<br />
auf ihre eigenen Leistungen, Unauffälligkeit<br />
und die Unterordnung unter das<br />
Familienwohl – genau diese Eigenschaften<br />
wurden gefordert und brachten ihnen Achtung<br />
in der Gesellschaft ein.<br />
„Jene Malerinnen beschränken sich fast<br />
durchweg auf Kunstzweige, deren<br />
oberste Anforderung auf die treue und<br />
fleißige Ausführung, nicht auf neue<br />
Erfindung und geniale Composition<br />
zielt: Blumenstücke, Porträte (sic!),<br />
Miniaturbilder. Der Zahl nach sind diese<br />
Künstlerinnen sehr bedeutend, der<br />
kunstgeschichtlichen Gattung<br />
nach unbedeutend.“ 13<br />
(W.H. Riehl)<br />
Daß Frauen jegliche schöpferische Kraft<br />
abgesprochen werden konnte, lag auch daran,<br />
daß sie sich größtenteils den sogenannten<br />
unteren Bildgattungen widmeten: dem<br />
Porträt-, der Tier- und Landschaftsmalerei<br />
sowie vor allem dem Stilleben.<br />
Die Historienmalerei, die auch noch im<br />
19. Jahrhundert an erster Stelle stand und<br />
Ansehen und damit auch finanziellen Erfolg<br />
brachte, war ein Privileg des Mannes, wenn<br />
es auch, wie wir bereits erfahren konnten,<br />
bedeutende Ausnahmen gab.<br />
Da den meisten Frauen jedoch das Aktund<br />
Anatomiestudium, eine notwendige<br />
Voraussetzung für das Figurenstudium<br />
und damit für Qualität, aus Gründen der<br />
Schicklichkeit versagt war, gerieten sie zugleich<br />
ins künstlerische Abseits: Einerseits<br />
mußten sie sich mit der ihnen vorgegebenen<br />
Themenwahl begnügen, anderseits brachten<br />
gerade diese zugewiesenen Bildthemen in<br />
der Kunstkritik Geringschätzung und Herablassung.<br />
Dabei erfassen so viele Damen die Malerei<br />
als Erwerbsquelle, daß wir hier nicht mehr<br />
als 9 Damenschulen haben, die rein<br />
colossales Kunstproletariat züchten!<br />
Dabei geben die Armen oft ihr letztes<br />
bischen Vermögen daran, in der Hoffnung<br />
eine Einnahmequelle gefunden zu haben.<br />
Wie viel besser thäten die Meisten, den so<br />
schönen aber auch reinen Beruf von<br />
Krankenpflegerinnen zu wählen.“ 14<br />
Eine weitere Möglichkeit der Ausbildung<br />
stand Frauen an Kunstgewerbeschulen zur<br />
Verfügung. Das Kunstgewerbe war als typisch<br />
weibliches Gebiet anerkannt, mit dem<br />
die Frau entweder die familiäre Umgebung<br />
verschönern oder den Lebensunterhalt verdienen<br />
konnte. Der Besuch der Kunstgewerbeschule<br />
galt den Eltern als solide, auf dem<br />
Handwerk aufgebaute Ausbildung. Aber<br />
auch hier war der private Unterricht teurer<br />
als der an den Akademien.<br />
Im Zuge der Reformbewegung des Kunstgewerbes<br />
und damit seiner Aufwertung<br />
hatten sich Kunstgewerbeschulen indes spätestens<br />
seit dem beginnendem 20. Jahrhundert<br />
zu ausgezeichneten Ausbildungsstätten<br />
entwickelt, wo man neuen Bestrebungen<br />
in Verbindung von angewandter und freier<br />
Kunst aufgeschlossen gegenüberstand.<br />
Gemeinsam mit der verordneten Öffnung<br />
der Akademien, wo sich in den 20er Jahren<br />
nicht selten Tradition und Neuerung gegenüberstanden,<br />
verhalfen gerade die Kunstgewerbeschulen<br />
weiblichem Kunstschaffen<br />
zu einem neuen Image: Vom immer wieder<br />
angeprangerten Dilettantismus zur Berufsmäßigkeit<br />
des weiblichen Künstlertums.<br />
19
KÜNSTLERINNEN IN EUROPA VON<br />
ETWA 1850 BIS NACH 1945<br />
Aufbruch in die Moderne<br />
Von den häufig auch kunstgewerblich arbeitenden,<br />
im 19. und in der ersten Hälfte<br />
des 20. Jahrhunderts tätigen Frauen präsentieren<br />
wir in unserer Ausstellung eine recht<br />
große Gruppe. In vielen Fällen zu Lebzeiten<br />
erfolgreich, sind sie heute weitgehend vergessen,<br />
ohne daß ihre künstlerischen Leistungen<br />
aus heutiger Sicht als unbedeutend<br />
oder belanglos klassifiziert werden sollten.<br />
So ist etwa L.E. Margarete Gerhardt (1873<br />
– vor 1955) zu nennen, über deren Leben<br />
und Werk kaum etwas dokumentiert ist.<br />
Jedoch beweisen die allein schon uns bekannten<br />
Arbeiten Talent. Gerhardt war eine<br />
in Berlin wirkende Malerin, Lithographin<br />
sowie Holz- und Linolschneiderin. Ausgebildet<br />
war sie an der Zeichen- und Malschule<br />
des Vereins der Künstlerinnen Berlin bei<br />
Wilhelm Müller-Schönfeld (1867-1944) und<br />
Dora Hitz (1856-1924), einer zu Lebzeiten<br />
erfolgreichen Künstlerin und Mitbegründerin<br />
der „Berliner Secession“. Studienreisen<br />
führten sie nach Italien und Paris.<br />
Auch über die Malerin, Graphikerin und<br />
Gebrauchskünstlerin Johanna Luise Groppe<br />
(1863 – vermutl. vor 1923) wissen wir nur<br />
wenig. Ihr Studium absolvierte sie in ihrer<br />
Geburtsstadt Berlin bei Jacob Alberts<br />
(1860-1941), dann in München bei Georg<br />
Schuster-Woldan (1864-1933). Mehrere Beteiligungen<br />
an Ausstellungen im Münchner<br />
Glaspalast sowie 1908 an der Großen Ausstellung<br />
in Berlin sind zu belegen. Vermutlich<br />
unternahm sie eine Reise nach Rom, wo<br />
u.a. Kopien nach Raffael, Landschaftsbilder<br />
und Genrestücke entstanden. Ihre Mitgliedschaften<br />
in verschiedenen Vereinigungen<br />
wie dem Künstlerinnen-Verein München<br />
und dem Reichsverband bildender Künstler,<br />
Berlin, belegen zudem, daß wir es hier<br />
mit einer ambitionierten und erfolgreichen<br />
Künstlerin zu tun haben.<br />
Die in Frankfurt am Main tätige Malerin<br />
und Gebrauchskünstlerin Mathilde Kleemann<br />
(geb. 1888) ist ebenso dieser Gruppe<br />
zuzurechnen. Nach einer Ausbildung in<br />
München, wohl an der dortigen Kunstgewerbeschule,<br />
und an den Technischen<br />
Staatslehranstalten in Offenbach fertigte sie<br />
kunstgewerbliche Arbeiten an und war zudem<br />
als Zeichenlehrerin an Berufsschulen<br />
tätig – die pädagogische Laufbahn war ein<br />
gesellschaftlich anerkannter und meistens<br />
von den Eltern geförderter Beruf, der darüber<br />
hinaus das so häufig benötigte Geld zum<br />
Überleben und insbesondere die ersehnte<br />
Unabhängigkeit von Familie oder Ehemann<br />
einbrachte.<br />
Auch die künstlerische Laufbahn von<br />
Hanna Nagel (1907-1975) begann mit einer<br />
kunsthandwerklichen Ausbildung, 1924<br />
mit einer Lehre als Buchbinderin. Daran<br />
anschließend studierte sie an der Badischen<br />
Landeskunstschule Karlsruhe und war<br />
Schülerin von Karl Hubbuch (1891-1979),<br />
zuletzt war sie Meisterschülerin in der Radierklasse<br />
von Walter Conz (1882-1944).<br />
1929 zog sie nach Berlin, wo sie im folgenden<br />
Jahr ihr Studium an den Vereinigten<br />
Staatsschulen für Freie und Angewandte<br />
Kunst bei Emil Orlik (1870-1932), der für<br />
sein hervorragendes Talent als Lehrer bekannt<br />
war und sie besonders förderte, und<br />
Hans Meid (1883-1957) fortsetzte. 1931 heiratete<br />
sie den Maler Hans Fischer-Schuppach<br />
(1906-1987).<br />
Durch die Verleihung des Rom-Preises<br />
konnte das Künstlerehepaar die Jahre 1933-<br />
1934 und nochmals 1935-1936 in der Villa<br />
Massimo in Rom verbringen. Nach ihrer<br />
Rückkehr aus Italien begann Nagel mit<br />
dem Illustrieren von Büchern, von nun an<br />
ihre Haupteinnahmequelle, da sie unter den<br />
Nationalsozialisten Ausstellungsverbot erhalten<br />
hatte. Nach 1945 beteiligte sie sich<br />
an zahlreichen Ausstellungen. Des weiteren<br />
wurde ihr eine Professur in Ost-Berlin<br />
angetragen, die sie jedoch ausschlug. 1947<br />
führte die problematische Ehe mit ihrem<br />
Mann schließlich zur Trennung, wenn sie<br />
ihm auch lebenslang verbunden blieb. Seit<br />
1959 litt sie unter dauernden Schmerzen<br />
(Trigeminus-Neuralgien). Obwohl sie gezwungen<br />
war aufgrund einer Operation,<br />
ihre Zeichenhand war die linke, mit der<br />
rechten Hand weiterzuarbeiten, gab sie ihre<br />
künstlerische Arbeit nicht auf.<br />
Auch die Wiener Künstlerin Mila von<br />
Luttich (1872-1929) machte sich besonders<br />
auf dem Gebiet der Illustration und des<br />
Buchschmucks verdient. Darüber hinaus<br />
arbeitete sie 30 Jahre für die „Meggendorfer-Blätter“,<br />
einer Münchner Zeitschrift für<br />
Kunst und Humor.<br />
Die russische Malerin und Graphikerin<br />
Tatyana Alekseevna Mavrina<br />
(-Lebedeva) (1902-1996) erlangte ebenso<br />
große Anerkennung als Illustratorin, in<br />
ihrem Fall von Kinderbüchern; ihr Hauptbetätigungsfeld<br />
waren Puschkins Märchen<br />
und Russische Volkssagen. Tatyana erhielt<br />
als Sproß einer russischen Intelligenzija-<br />
Familie eine hervorragende Ausbildung. So<br />
20
studierte sie an der VHUTEMAS (High Art<br />
and Technical Studios), eine dem Bauhaus<br />
vergleichbare Kunstschule, in Moskau bei<br />
Nikolai Sinezubov (1891-1948), G. Fedorov<br />
(1886-1976) und Robert Falk (1886-1958).<br />
1960 erhielt sie auf der Leipziger Buchmesse<br />
die Silbermedaille, weitere Preise folgten,<br />
wie etwa 1976 die Goldmedaille der Internationale<br />
Vereinigung für Kinder-Literatur<br />
sowie den H.C. Andersen-Preis.<br />
Ebenso auf dem Gebiet der Buchillustration<br />
aktiv war die gebürtige Wienerin<br />
Félice Desclabissac (1876-1938), die mit dem<br />
Münchner Maler und Zeichner Alexander<br />
Desclabissac (1868-1938) verheiratet war.<br />
Obwohl sie an Ausstellungen im Münchner<br />
Glaspalast, den Dresdner Aquarellausstellungen,<br />
an Ausstellungen in Leipzig und in<br />
Wien sowie der Société des Artistes Indépendants<br />
in Paris, wo sie einen zweiten Preis<br />
erhalten hatte, beteiligt war, wissen wir heute<br />
kaum etwas über sie. Die gezeigten Zeichnungen<br />
ragen jedoch wegen der frechen und<br />
für eine Frau sehr mutigen Darstellung erotisch-frivoler<br />
Szenen heraus.<br />
Dem erotischen Genre zugewandt, zeigt<br />
sich auch Mariette Lydis (1894? – 1970). Nach<br />
der Heirat mit einem vermögenden Griechen,<br />
mit dem sie 1920 nach Castella bei<br />
Athen zog, trat sie verschiedene Reisen u.a.<br />
nach Rußland, in die Türkei, nach Marokko<br />
und in die Schweiz an. 1924 verließ sie ihren<br />
Mann, um ihr Leben ganz der Kunst zu widmen,<br />
und zog in die Nähe von Florenz. Kurz<br />
darauf lernte sie den italienischen Schriftsteller<br />
Massimo Bontempelli kennen und<br />
siedelte 1926 nach Paris über.<br />
Hier wandte sie sich der Illustration von<br />
Büchern zu, vor allem für bekannte französische<br />
Autoren,<br />
hatte Erfolg und<br />
wurde Mitglied des<br />
Salon d´Automne.<br />
Ab 1928 – nach einer<br />
kurzen Affäre<br />
mit dem Schriftsteller<br />
Joseph Delteil<br />
– lebte sie mit<br />
dem Kunstverleger<br />
Graf Giuseppe<br />
Govone zusammen,<br />
den sie 1934<br />
heiratete. 1939 floh<br />
sie gemeinsam mit<br />
ihrer Liebhaberin<br />
Erika Marx vor der<br />
Invasion der Nationalsozialisten<br />
nach Winchcombe<br />
in der Nähe von<br />
London und emigrierte<br />
1940 schließlich nach Buenos Aires.<br />
1948 kehrte sie auf Betreiben ihres Ehemannes,<br />
der ihr nach Argentinien gefolgt war,<br />
nach Frankreich zurück. Nach dessen plötzlichem<br />
Tod lebte sie nur für wenige Jahre in<br />
Paris, entschloß sich dann aber Anfang der<br />
50er Jahre nach Argentinien zurückzukehren,<br />
wo sie auch verstarb.<br />
„Himmel, welch ein zerdrücktes, zerarbeitetes<br />
Leben ist das der Frauen!“ 15<br />
(Louise Wolf 1827)<br />
Bislang nicht thematisiert wurde die gesellschaftliche<br />
Position von alleinstehenden<br />
Frauen, die sich der professionellen künstlerischen<br />
Arbeit verschrieben hatten und auch<br />
Malerin an der Staffelei, <strong>Katalog</strong>-Nr. 6<br />
noch im späten 19. und beginnendem 20.<br />
Jahrhundert meist unter der heftigen Kritik<br />
der Familie und der Öffentlichkeit standen.<br />
Ihre vorherbestimmte Position in der<br />
Gesellschaft war nach wie vor die der Ehefrau<br />
und Mutter. Dessen ungeachtet wurde<br />
gerade die Ehelosigkeit im Hinblick auf den<br />
allgegenwärtigen Tod im Kindbett, auf die<br />
seelische und körperliche Doppelbelastung<br />
im Familienverband als Möglichkeit für das<br />
nackte Überleben und auch der schöpferischen<br />
Produktivität betrachtet.<br />
Wenn eine Frau, die künstlerisches<br />
Schaffen als Berufung empfand, dennoch –<br />
und nicht selten – diesen Weg der Ehe- und<br />
damit Kinderlosigkeit beschritt und mit den<br />
Konventionen brach, brachte das häufig<br />
21
Verleumdungen und Verunglimpfung ihres<br />
Charakters und ihrer Moral mit sich.<br />
Einige, wenn nicht die Mehrheit der<br />
Künstlerinnen, war nach wie vor bösartigem<br />
Klatsch, ständigen Schmähungen, Spott<br />
und starkem psychischen Druck ausgesetzt.<br />
Im Gegensatz zu anerkannten, manchmal<br />
klischeehaften Vorstellungen, die bei ihren<br />
männlichen Kollegen gesellschaftlich angesehen<br />
waren, wenn nicht sogar erwartet<br />
wurden – wie etwa die Trennung von der<br />
Familie oder ein ausschweifendes Sexualleben<br />
–, brachte die Öffentlichkeit (unverheirateten)<br />
Künstlerinnen Verständnislosigkeit<br />
und Ablehnung entgegen.<br />
Der schwerwiegende Vorwurf von Selbstsucht,<br />
Anmaßung und grober Vernachlässigung<br />
der Familie folgte. Nicht zuletzt<br />
führten Ignoranz, ausbleibende Beachtung<br />
und Anerkennung der männlichen Künstlerkollegen<br />
als auch des kaufkräftigen Publikums<br />
bei nicht wenigen Künstlerinnen<br />
zum Rückzug aus dem öffentlichen Leben,<br />
ließen zudem nicht wenige an ihrem Schicksal<br />
zerbrechen.<br />
Jacoba van Heemskerck (1876-1923), die<br />
eine wichtige Rolle in der Entwicklung der<br />
abstrakten Malerei in den Niederlanden<br />
spielte, wählte wohl auch aus diesen Gründen<br />
in späteren Jahren die Isolation, den<br />
inneren Rückzug. Die im Alter von 47 Jahren<br />
an Angina Pectoris verstorbene Niederländerin<br />
hatte eine gründliche Ausbildung<br />
erfahren: erst bei ihrem Vater, dem Marinemaler<br />
Jacob Eduard van Heemskerck van<br />
Beest (1828-1894), dann in Den Haag an der<br />
Königlichen Kunstakademie sowie in Hilversum<br />
bei Ferdinand Hart Nibbrig (1866-<br />
1915) und schließlich in Paris im Atelier<br />
von Eugène Carrière (1849-1906) und an der<br />
Académie Julian.<br />
Persönliche Kontakte mit Piet Mondrian<br />
(1872-1944) und Jan Toorop (1858-1928),<br />
später auch mit Wassily Kandinsky (1866-<br />
1944) brachten die Auseinandersetzung mit<br />
abstrakt-konstruktivistischer Malerei. Prägend<br />
sollte jedoch insbesondere der freundschaftliche<br />
Kontakt mit Herwardt Walden<br />
sein, dem Herausgeber der wichtigsten expressionistischen<br />
Zeitschrift „Der Sturm“<br />
und Betreiber der Berliner Sturm-Kunst<strong>galerie</strong>,<br />
was die Hinwendung zum deutschen<br />
Expressionismus nach sich brachte.<br />
„Es ist eben für uns (Frauen) schwierig in<br />
der Welt.“ 16<br />
(Clara von Rappard)<br />
Auf der anderen Seite gab es nicht wenige<br />
Frauen, die glaubten, daß die Ehe der einzige<br />
Weg sei, um der wirtschaftlichen Not<br />
zu entkommen. Einige hielten sich die Entscheidung<br />
zwischen Ausübung der Kunst<br />
und die dem traditionellen Hausfrauenideal<br />
entsprechende Unterordnung offen. Auch<br />
darf hier der Wunsch nach bürgerlicher<br />
„Ehrbarkeit“ nicht unterbewertet werden.<br />
Das führte leider häufig dazu, daß das<br />
Kunstschaffen von Frauen im allgemeinen<br />
als vorübergehende Beschäftigung betrachtet,<br />
Ernsthaftigkeit und Durchhaltevermögen<br />
zuweilen auch mit Recht angezweifelt<br />
wurde. Andere wiederum hegten die kaum<br />
realistische Annahme, sich in der gesicherten<br />
Familiensituation ein<strong>fach</strong>er der künstlerischen<br />
Arbeit widmen zu können. Doch<br />
brachte gerade die Ehe häufig den Verlust<br />
von Kreativität und Produktivität, wenn<br />
nicht sogar durch die doppelte Belastung einen<br />
frühen Tod.<br />
Prominentes Beispiel für die psychisch<br />
und physisch belastete Situation einer Künstlerin<br />
innerhalb des Familienverbandes ist<br />
Paula Modersohn-Becker (1876-1907), die<br />
bis zu ihrem frühen Tod von ihrer Familie<br />
keine Unterstützung erfuhr und fortwährenden<br />
Ermahnungen und Unverständnis<br />
ausgesetzt war. Ein Brief ihres Vaters von<br />
1901 spiegelt deutlich die gesellschaftlichen<br />
Zwänge der Zeit wider: „Deine Pflicht ist es<br />
ganz in Deinem zukünftigen Manne aufzugehen,<br />
ganz nach seiner Eigenart und seinen<br />
Wünschen Dich ihm zu widmen, sein Wohl<br />
immer vor Augen zu haben und Dich durch<br />
selbstsüchtige Gedanken nicht leiten zu lassen.“<br />
17 Ihr Schicksal steht geradezu exemplarisch<br />
für das einer jungen Frau jener Zeit:<br />
Gesellschaftliche Zwänge als auch Konflikte<br />
mit ihrem Ehemann Otto Modersohn (1865-<br />
1943) führten zu dem sehnlichen Wunsch<br />
nach freiem künstlerischen Leben, den sie<br />
durch Trennung und „Flucht“ nach Paris<br />
umzusetzen suchte. Jedoch führten sowohl<br />
mangelnde Anteilnahme und Ermutigung<br />
als auch finanzielle Sorgen zum Eingeständnis<br />
des Scheiterns ihrer künstlerischen Freiheit.<br />
Sie kehrte in die wirtschaftliche Obhut<br />
ihres Mannes zurück, wurde kurz darauf<br />
schwanger und verstarb nur knapp drei Wochen<br />
nach der Geburt ihres ersten Kindes an<br />
einer Embolie.<br />
Auch Maria Uhden (1892-1918), Ehefrau<br />
des Malers Georg Schrimpf (1889-1938),<br />
starb nur ein Jahr nach der Verehelichung<br />
den Tod im Kindbett. Erst drei Jahre zuvor<br />
hatte sie die Bekanntschaft mit Walden gemacht,<br />
die zu Ausstellungsteilnahmen an<br />
22
der Berliner „Sturm-Galerie“ führte. Zu<br />
welchen künstlerischen Leistungen wären<br />
diese jungen Frauen wohl noch fähig gewesen?<br />
Erkennbar wird, daß Frauen in der Ehe<br />
vielleicht die soziale Absicherung fanden,<br />
aber selten die ersehnte Freiheit zum künstlerischen<br />
Gestalten. Meist forderte der<br />
Künstlerpartner, der Mann, die Entlastung<br />
von seinen zermürbenden Alltagspflichten,<br />
die naturgemäß der Ehefrau oblag – abgesehen<br />
von der Geburt und Betreuung der<br />
Kinder. Selten hatten sie Verständnis für die<br />
künstlerischen Ambitionen ihrer Frau oder<br />
mißgönnten ihr sogar Erfolg und Anerkennung.<br />
Das Ergebnis war, daß sie kaum Zeit<br />
für die eigene künstlerische Arbeit hatten,<br />
ihre Schaffenskraft versiegte. Nicht selten<br />
spielte zudem das Überwinden der eigenen<br />
anerzogenen und verinnerlichten Verhaltensmuster<br />
neben den alltäglichen Pflichten<br />
und Aufgaben einer Ehefrau und Mutter<br />
eine große Rolle. So betrachteten Frauen<br />
häufig ihre eigene Begabung und leider auch<br />
die ihrer Geschlechtsgenossinnen als kaum<br />
der Rücksicht, geschweige Anerkennung<br />
Wert – die Weiterführung der künstlerischen<br />
Tätigkeit als anmaßend und eitel.<br />
„Ich bin trotz Fleißes nur sprunghaft<br />
vorangekommen, denn ich durfte nur<br />
einen Teil meiner Seele für mich klingen<br />
lassen, nur einen Teil meiner Kraft<br />
für mich brauchen.“ 18<br />
(Charlotte Berend-Corinth, 1926)<br />
Wie Künstlerinnen wie etwa Lisbeth von<br />
Suchodolska (1844 – nach 1912) ihre eigenen<br />
Leistungen bewerteten oder inwieweit sie<br />
Charlotte Balzer (1875-1910), <strong>Katalog</strong>-Nr. 21<br />
den Wünschen ihres Mannes nachkamen,<br />
ist heute kaum noch zu ermitteln. Festzustellen<br />
ist allerdings, daß ihre Schöpfungen,<br />
meist auch zu Lebzeiten, kaum der Öffentlichkeit<br />
bekannt sind bzw. waren. Obwohl<br />
die Suchodolska offenbar auch noch nach<br />
der Verehelichung relativ erfolgreich als<br />
Porträt- und Genremalerin arbeitete, wie<br />
ihre regelmäßigen Ausstellungsteilnahmen<br />
in Dresden, Berlin sowie im Sächsischen<br />
Kunstverein und in München nahelegen,<br />
steht ihr Schaffen hinter dem ihres Ehemannes,<br />
des in Rom geborenen polnischstämmigen<br />
Genre- und Historienmalers Zdzislav<br />
von Suchodolski (1835-1908) zurück. Sie<br />
selbst war Schülerin von Ferdinand Wilhelm<br />
Pauwels (1830-1904) in Weimar, wo<br />
sie wohl ihren späteren Ehemann kennengelernt<br />
hatte. Wie nicht selten, können nur<br />
vorsichtige Rückschlüsse auf ihr Leben über<br />
die biographischen Daten ihres Ehemannes<br />
gezogen werden. Suchodolski lebte 1863-<br />
1874 in Italien und da auch von Lisbeth Bilder<br />
mit italienischen Motiven vorliegen, ist<br />
ein gemeinsamer Aufenthalt in Italien anzunehmen.<br />
Ob sie ihm 1874 nach Weimar<br />
folgte, wo er Professor an der Kunstschule<br />
wurde, und dann 1880 nach München, ist zu<br />
vermuten – für diese Annahme spricht auch<br />
ihr Ausstellungsverzeichnis. Daneben sind<br />
um 1883 und 1892 längere Aufenthalte des<br />
Künstlerehepaares in Dresden bekannt, wo<br />
es sich dem Kreis um den Landschafts- und<br />
Marinemaler Friedrich Preller d. J. (1838-<br />
1901) anschloß. Von Preller, der ab 1880 an<br />
der Dresdner Kunstakademie lehrte, zeichnete<br />
Lisbeth einige Bildnisse.<br />
Ein nicht selten auftretendes Phänomen<br />
ist das vollständige Einstellen der künstlerischen<br />
Arbeit nach der Eheschließung.<br />
Exemplarisch kann hier die Zeichnerin,<br />
Radiererin und Kupferstecherin Juliane<br />
Wilhelmine Bause (1768-1837) genannt werden,<br />
Tochter und Schülerin des bekannten<br />
Kupferstechers Johann Friedrich Bause<br />
(1738-1814). Durch ihr Elternhaus kam sie<br />
in Kontakt mit namhaften Geistesgrößen<br />
und Künstlern der Zeit wie Goethe, Schiller,<br />
Charlotte von Stein oder Christoph Nathe<br />
(1753-1806). Nach der Heirat mit dem kunstsinnigen<br />
Leipziger Kaufmann und Bankier<br />
Carl Eberhard Löhr stellte sie anscheinend<br />
jegliches künstlerische Schaffen ein.<br />
23
Auch Edith von Leckwyck (1899-1987), die<br />
in zweiter Ehe seit 1935 mit dem berühmten<br />
Maler Heinrich Campendonk (1889-1957)<br />
verheiratet war, gab nach ihrer Eheschließung<br />
ihre künstlerischen Ambitionen weitgehend<br />
auf, obwohl sie, in Den Haag und<br />
Antwerpen ausgebildet, schon erfolgreich<br />
ausgestellt und an der Antwerpener Schule<br />
für Kunsthandwerk unterrichtet hatte.<br />
Es mag sein, daß Campendonk sie als potentielle<br />
Konkurrentin betrachtete, jedoch<br />
wissen wir dies nicht mit Sicherheit. Jedoch<br />
müssen wir zumindest davon ausgehen,<br />
daß die Heirat den Verlust an Kreativität<br />
und Produktivität herbeigeführt hat. Grund<br />
hierfür kann die Vereinnahmung durch ihren<br />
Mann, dessen erfolgreiche Zurückweisung<br />
in ihre traditionelle Rolle als Frau sein,<br />
wenn auch nicht auszuschließen ist, daß<br />
sie diese Rolle freiwillig erfüllte. Erst nach<br />
Campendonks Tod nahm sie die künstlerische<br />
Arbeit wieder auf.<br />
Ein wohl ähnliches Schicksal ereilte die<br />
Malerin und Graphikerin Anna Betzler-<br />
Holtschmidt (geb. 1889). Sie war mit dem<br />
Frankfurter Maler und Kunsterzieher Emil<br />
Betzler (1892-1974) verheiratet, den sie sicher<br />
während ihrer Studienzeit an der Düsseldorfer<br />
Kunstakademie als Schülerin von<br />
Lothar von Kunowski (1866 – vor 1928)<br />
kennengelernt hatte. 1916 begleitete sie ihren<br />
Mann nach Frankfurt am Main. Dann<br />
verliert sich ihre Spur, so daß zu vermuten<br />
ist, daß sie nach ihrer Verehelichung die<br />
künstlerische Produktion ganz aufgab, vielleicht<br />
tolerierte er ihre künstlerischen Ambitionen<br />
nicht. Möglich ist jedoch auch, daß<br />
sie ihren Ehemann für talentierter erachtete<br />
– die Anerkennung eigener Leistungen war<br />
für viele Frauen aufgrund anerzogener Verhaltensmuster<br />
häufig problematisch.<br />
Auch Marianne Geyer (1891-1941), die<br />
1924 den bekannten Graphiker, Bildhauer,<br />
Architekten und Designer Bernhard Pankok<br />
(1872-1943) ehelichte, scheint wenige Jahre<br />
nach ihrer Verheiratung ihre künstlerische<br />
Arbeit eingestellt und ein Leben als bürgerliche<br />
Künstlergattin geführt zu haben.<br />
Ihren nahezu 20 Jahre älteren Ehemann<br />
hatte sie anscheinend während ihrer Ausbildung<br />
in Stuttgart an der Kunstgewerbeschule<br />
kennengelernt, wo dieser als Professor<br />
und Direktor tätig war. Ob die Abwendung<br />
vom künstlerischen Schaffen aus Rücksicht<br />
auf ihren Mann geschah oder dieser ihre<br />
künstlerischen Ambitionen beschnitt, Mutterpflichten<br />
oder gesellschaftliche Zwänge<br />
sie dazu veranlaßten, möglicherweise aber<br />
allein mangelndes Vertrauen in die eigenen<br />
Fähigkeiten dazu führten, ist auch hier nicht<br />
zu ergründen.<br />
Als typisch weibliches Schicksal ist<br />
ebenso das von Alice Sommer (1898-1982)<br />
zu bezeichnen, obwohl ihr künstlerischer<br />
Werdegang vielversprechend begann: Nach<br />
einer Ausbildung 1917-1919 an der Kunstgewerbeschule<br />
in Dresden bei Max Feldbauer<br />
(1869-1948) und Margarete Junge (1874-<br />
1966), folgte die Tochter eines Dresdener<br />
Konditoreibesitzers 1920 Feldbauer, der an<br />
die örtliche Kunstakademie berufen worden<br />
war. Hier erhielt sie in Anerkennung ihrer<br />
Leistungen um 1922 ein Einzelatelier, in<br />
dem sie bis zum Ende ihres Studiums 1924<br />
arbeitete.<br />
Zusammen mit ihrer Dresdener Kommilitonin<br />
Paula Lauenstein (1898-1980), mit der<br />
sie seit etwa 1920 eng befreundet war, teilte<br />
sie das malerische Interesse für Menschen,<br />
die außerhalb der Gesellschaft stehen, wie<br />
Behinderte und Kranke. 1927 heiratete sie<br />
den Geiger Hans Morgenstern, mit dem<br />
sie seit der Akademiezeit befreundet war –<br />
und ihre 10jährige Schaffenszeit bricht bis<br />
auf gelegentliches Aquarellieren von Landschaften<br />
aus nicht bekannten Gründen ab.<br />
Gesellschaftliche Ausgrenzung, Ehe und<br />
Mutterschaft, die unablässige Inanspruchnahme<br />
physischer und psychischer weiblicher<br />
Aufmerksamkeit und die wahrscheinlich<br />
nicht selten aufgezwungene Aufgabe des<br />
schöpferischen Schaffens sind alles nahezu<br />
unüberwindliche Hürden, die, gemeinsam<br />
mit der unzureichenden Ausbildungssituation,<br />
meist fehlender Plattform für die Präsentation<br />
eigener Werke sowie dem Ausbleiben<br />
des wichtigen Zugangs zur Kunstszene<br />
und Anerkennung, sicher zum frühen Tod,<br />
manchmal auch Freitod einiger Künstlerinnen<br />
führten.<br />
So kann als Folge gesellschaftlicher<br />
Umstände sicher auch der Selbstmord der<br />
heute weitgehend in Vergessenheit geratenen<br />
Künstlerin Cornelia Gurlitt (1890-1919)<br />
angesehen werden. Über diese aus Dresden<br />
stammende Malerin, Zeichnerin und<br />
Graphikerin, Tochter des Architekten und<br />
Kunsthistorikers Cornelius Gurlitt (1850-<br />
1938), ist wenig bekannt.<br />
Kaum mehr, als daß sie während des<br />
Ersten Weltkrieges als Sanitätsschwester in<br />
den Kriegslazaretten Metsch/Johannesburg<br />
und Wilna-Antokol arbeitete, wo sie die<br />
Bekanntschaft des Redakteurs und Schriftstellers<br />
Paul Fechter machte, der ihr ein<br />
Kapitel in seinem Buch „An der Wende der<br />
Zeit. Menschen und Begegnungen“, heraus-<br />
24
gegeben 1949, widmete und sie dort „vielleicht<br />
als genialste Begabung der jüngeren<br />
expressionistischen Generation“ bezeichnete.<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg führten<br />
Depressionen, eventuell auch ausbleibende<br />
künstlerische Anerkennung und damit Verkäufe,<br />
zu ihrem Freitod im Alter von nur 29<br />
Jahren.<br />
Bislang mag der Leser den Eindruck gewonnen<br />
haben, daß es sich bei den meisten<br />
Künstlerinnen um unterdrückte, verkannte<br />
und nur im Verborgenen wirkende Frauen<br />
handelt – eine Auffassung, die sich gerade<br />
seit den 70er Jahren hartnäckig in einigen<br />
Bearbeitungen zur Frauenkunst hält. Allerdings<br />
wäre diese Anschauung doch zu<br />
einseitig. Auch im 19. und beginnenden 20.<br />
Jahrhundert hatten Künstlerinnen bei Kollegen<br />
und beim Publikum Erfolg und leisteten<br />
einen wesentlichen Beitrag zur fortschrittlichen<br />
Kunstentwicklung.<br />
So Tina Blau (1844-1916), eine der bedeutendsten<br />
österreichischen Künstlerinnen<br />
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und<br />
in ihrem Land Wegbereiterin der Pleinairmalerei.<br />
Die gebürtige Wienerin jüdischer<br />
Herkunft hatte früh ein Atelier im Wiener<br />
Prater, das sie zuerst mit dem Landschaftsmaler<br />
Emil Jakob Schindler (1842-1892) teilte.<br />
Nach ihrer Verheiratung mit dem Pferde-<br />
und Schlachtenmaler Heinrich Lang<br />
(1838-1891) zog sie nach München und war<br />
dort ab 1889 an der Damenakademie des<br />
Münchner Künstlerinnenvereins tätig.<br />
Anläßlich ihrer Beteiligung an der Weltausstellung<br />
in Paris im Jahr 1889 wurde ihr<br />
eine Medaille verliehen; eine weitere Auszeichnung<br />
erhielt sie 1893 auf der Weltausstellung<br />
in Chicago. Nachdem ihr Mann<br />
1891 verstorben war, kehrte<br />
sie 1894 nach Wien zurück.<br />
Hier gründete sie 1897 gemeinsam<br />
mit der Malerin<br />
Olga Prager (1872-1930), der<br />
Schriftstellerin, Feministin<br />
und Malerin Rosa Mayreder<br />
(1858-1938) u.a. die private<br />
„Kunstschule für Frauen und<br />
Mädchen“ und arbeitete an<br />
dieser bis 1915 u.a. als Lehrerin.<br />
Auch ihre Landsmännin<br />
Emma Bormann (1887-1974)<br />
gab nach ihrer Verehelichung<br />
ihre künstlerische Arbeit<br />
nicht auf und zählte schon<br />
zu Lebzeiten zu den prominentesten<br />
österreichischen<br />
Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts.<br />
1926-1940 war sie<br />
Dozentin an der Universität<br />
Wien; sie selbst hatte ein Studium<br />
der Germanistik und<br />
Prähistorie mit Promotion<br />
abgeschlossen. 1940-1950<br />
lebte sie in Peking, Hongkong<br />
und Shanghai sowie in Tokyo. Gerade<br />
in Japan, wohin sie 1957 zurückkehrte, war<br />
sie als Künstlerin weithin geschätzt.<br />
Von wegweisender Bedeutung und erstes<br />
Vorbild für zahlreiche Künstlerinnen (und<br />
auch Künstler) war vor allem die Berliner<br />
Graphikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz<br />
(1847-1945), die sich ihrerseits für die<br />
Belange der Frauen engagierte: Unter ihrem<br />
Vorsitz wurde 1913 der erste „Frauenkunstverband“<br />
gegründet, zudem war sie Lehrerin<br />
an der Künstlerinnenschule Berlin. Für<br />
Paula Lauenstein (1898-1980), <strong>Katalog</strong>-Nr. 198<br />
ihren Zyklus „Weberaufstand“ bekam sie<br />
1899 in Dresden die Kleine Gold-Medaille.<br />
1919 wurde sie als erste Frau in die Preußische<br />
Akademie der Künste aufgenommen,<br />
mehr noch als Professorin berufen und Jury-<br />
Mitglied. 1929 wurde ihr als erste Frau der<br />
„Orden Pour le Mérite“ für Wissenschaften<br />
und Künste verliehen. Nur vier Jahre später<br />
wurde sie wie auch einige ihrer männlichen<br />
Kollegen durch die Nationalsozialisten zur<br />
Aufgabe ihrer Lehrtätigkeit gezwungen,<br />
ihre an das soziale Gewissen appellierenden<br />
25
Werke voller Mitgefühl für die ärmsten Bevölkerungsschichten<br />
aus öffentlichen Museen<br />
entfernt – sie selbst hatte eine dezidiert<br />
antifaschistische und später auch pazifistische<br />
Haltung.<br />
Ihre eher ambivalente Einstellung gegenüber<br />
der Kunst ihrer Kolleginnen läßt<br />
sich anhand ihrer Aufgabe als Mitglied der<br />
Jury ablesen, die ihr lästig gewesen zu sein<br />
scheint: „Meine unangenehme Stellung in<br />
der Jury. Immer habe ich die Sache einer<br />
Frau zu vertreten. Weil ich das aber eigentlich<br />
nie mit Überzeugung tun kann, da es<br />
sich stets um mittelmäßige Leistungen handelt<br />
(darüber hinausgehende fänden die Zustimmung<br />
auch der anderen Jury), kommt<br />
etwas doppelzüngiges heraus“. 19 Mehr noch<br />
äußerte sie, daß sie „ungern Anwalt der<br />
Frauen in Kunstsachen“ 20 sein wolle, obwohl<br />
das ihrem sonstigen, zuweilen auch materiellen<br />
Engagement für Künstlerinnen eher<br />
widersprach – weibliche Solidarität und eigener<br />
künstlerischer Anspruch standen sich<br />
hier im Widerstreit gegenüber.<br />
Sicher von Käthe Kollwitz beeinflußt<br />
zeigt sich Gertrud Lerbs (1902-1968), die,<br />
obgleich sie seit 1923 mit dem Maler Kurt<br />
Bernecker (1896-1974) verheiratet war, erfolgreich<br />
weiterarbeitete. Sie war die erste<br />
Frau, die als Schülerin ein Meisteratelier an<br />
der Königsberger Akademie erhielt. Öffentlich<br />
ausgezeichnet wurde sie schon mit 22<br />
Jahren, sie erhielt die Goldene Medaille der<br />
Künste, und vier Jahre später eine Medaille<br />
der Berliner Akademie für hervorragende<br />
Leistungen Preußischer Kunsthochschüler.<br />
1943 wurde ihr eine Professur an der<br />
Königsberger Akademie angeboten, die sie<br />
jedoch aufgrund ihres anscheinend schlechten<br />
Gesundheitszustandes ausschlug – vielleicht<br />
waren es aber auch politische Erwägungen.<br />
Ebenso mit Käthe Kollwitz befreundet<br />
und von dieser sowie ihrem Lehrer Emil Orlik<br />
entscheidend geprägt, war die Berliner<br />
Malerin und Graphikerin Gerda Rotermund<br />
(1902-1982), die sich mit ersten Museumsankäufen<br />
bereits in den Jahren 1932-1934 als<br />
Künstlerin durchsetzen konnte. 1940 erhielt<br />
sie den Dürer-Preis der Stadt Nürnberg und<br />
1952 den Kunstpreis der Stadt Berlin. Obwohl<br />
ihr die Kriegszeiten den Verlust ihres<br />
kompletten Werkes brachten, konnte sie sich<br />
erneut als Künstlerin etablieren. Besonders<br />
hervorzuheben ist ihre Rolle bei den nach<br />
1945 veranstalteten Ausstellungen mit Werken<br />
von Käthe Kollwitz in Berlin, die sie mit<br />
Vorträgen begleitete.<br />
Die relativ früh verstorbene Malerin und<br />
Graphikerin Dorothea Maetzel-Johanson<br />
(1886-1930) leistete ebenfalls Großartiges.<br />
Auch in ihrem Fall beeinträchtigten Ehe<br />
und Mutterpflichten nicht ihre künstlerische<br />
Autonomie – sie war mit dem Architekten<br />
und Maler Emil Maetzel (1877-1955)<br />
verheiratet und hatte vier Kinder. Mit ihrem<br />
Ehemann, der sich „eine Malerin als Frau“<br />
gewünscht hatte, führte sie eine auf gegenseitigem<br />
Verständnis und künstlerischer<br />
Förderung basierende gleichberechtigte<br />
Ehe. Dementsprechend war das Künstlerehepaar<br />
gemeinsam an der Gründung der<br />
Hamburger Sezession beteiligt.<br />
1923 erhielt sie einen der wenigen öffentlichen<br />
Aufträge, die an Frauen überhaupt<br />
vergeben wurden: Gustav Pauli, der Direktor<br />
der Hamburger Kunsthalle, beauftragte<br />
sie, vier große Wandbilder für den Vorraum<br />
zum großen Vortragssaal der Kunsthalle zu<br />
malen. Tragischerweise verstarb sie im Alter<br />
von erst 44 Jahren an einem seit frühester<br />
Kindheit durch eine Gelenkrheumatismus-<br />
Erkrankung bewirkten Herzleiden.<br />
Der Vollständigkeit halber muß an dieser<br />
Stelle kurz darauf hingewiesen werden, daß<br />
es sich hier um Künstlerinnen handelt, die<br />
in einer Zeit wirkten, wo das Moderne, das<br />
Avantgardistische ohnehin nur von einer<br />
kleinen Gruppe intellektueller, fortschrittlich<br />
denkender Menschen bewundert wurde<br />
– die breite Masse in Deutschland, seien<br />
es Kunstkritiker oder das Publikum, war<br />
konservativ und konventionell ausgerichtet,<br />
zeigte sich schockiert und ablehnend. Eine<br />
antiavantgardistische Opposition bildete<br />
sich heraus. Sogar unter den progressiven<br />
Künstlern selbst bestanden Animositäten,<br />
wobei es auch zu gegenseitigen Schmähungen<br />
in Wort und Bild kam.<br />
In den 20er Jahren ist eine zunehmende<br />
Politisierung der Kunst, die Polarisierung<br />
in ein rechtes und linkes Lager, zu beobachten,<br />
bis schließlich die Nationalsozialisten<br />
kurz nach der Machtübernahme Hitlers<br />
im Januar 1933 der künstlerischen Vielfalt<br />
der Weimarer Republik durch Berufs- und<br />
Ausstellungsverbot, durch Verleumdungen,<br />
Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und<br />
Mißhandlungen ein brutales Ende setzte. In<br />
diesem Kontext sollten gerade die künstlerischen<br />
Leistungen der Frauen bewertet werden,<br />
die sich progressiven Strömungen anschlossen,<br />
da sie in zwei<strong>fach</strong>er Hinsicht der<br />
Öffentlichkeit ausgesetzt waren: aufgrund<br />
ihres Geschlechts sowieso meist wenig beachtet,<br />
kam jetzt noch willkürliche und brutale<br />
Verfolgung durch das Regime hinzu.<br />
26
„Ich will nichts anderes mehr als malen“ 21<br />
(Charlotte Berend-Corinth, 1933)<br />
Charlotte Berend-Corinths (1880-1967)<br />
Werdegang zeigt sich weniger homogen als<br />
der der zuvor genannten Künstlerinnen: Sie<br />
schwankte zwischen Selbstbehauptung und<br />
Unterordnung, zwischen Zufriedenheit mit<br />
ihrer Rolle als Gattin des berühmten Künstlers<br />
Lovis Corinth (1858-1925) und Frustration<br />
über den erzwungenen Verzicht auf eine<br />
eigene künstlerische Entwicklung. Dennoch<br />
bemühte sie sich trotz ihrer umfassenden,<br />
zeitraubenden Aufgaben als Ehefrau, Mutter,<br />
Muse und Modell, um künstlerische<br />
Produktivität. Ihr Mann jedoch betrachtete<br />
seine Kunst als vorrangig. Es mag sein,<br />
daß er sie für eine potentielle Konkurrentin<br />
hielt, jedenfalls gestattete er ihr nicht die<br />
freie Entfaltung als Künstlerin. In ihrem Tagebuch<br />
schrieb sie: „Wenn ich zurückdenke,<br />
wie ich stets durchgesetzt hatte zu malen,<br />
trotz Schwangerschaft, trotz Arbeit bei den<br />
kleinen Kindern, trotz Wirtschaft, Kochen<br />
jahrelang, Modell stehen, Kranksein viel,<br />
Pflegen viel, Geldeinschränkungen in den<br />
ersten Jahren, trotz aller Kraftausgaben an<br />
Corinth und an die Kinder jederzeit, durchs<br />
ganze Leben hin. Und immer ruft die innere<br />
Stimme: Gib dich nicht auf! Sei achtsam,<br />
energisch, sei auch auf dich bedacht, geh<br />
nicht unter im Kleinkram, in all den immer<br />
neu geformten Arten der Pflicht.“ 22<br />
Gerade diese Sätze zeigen ihre innere Zerrissenheit,<br />
den enormen Kraftaufwand, sich<br />
gegen den fundamentalen Widerstand ihres<br />
Mannes durchzusetzen, und das gerade<br />
im Hinblick darauf, daß ihre künstlerische<br />
Laufbahn erfolgversprechend begann: Nach<br />
einem Studium in Berlin an<br />
der Königlichen Kunstschule<br />
und am dortigen Kunstgewerbemuseum<br />
war sie<br />
Schülerin an der 1901 von<br />
Corinth gegründeten privaten<br />
Malschule. Ihren Lehrer<br />
sollte sie schon drei Jahre<br />
später heiraten. 1906 beteiligte<br />
sie sich erstmals an<br />
einer Ausstellung der Berliner<br />
Secession, weitere folgten,<br />
darüber hinaus wurde<br />
sie in die Ausstellungs-Jury<br />
berufen. 1919 veröffentlichte<br />
sie einige Mappenwerke<br />
und 1925 unternahm sie mit<br />
einem befreundeten Künstlerpaar<br />
über Paris eine Reise<br />
nach Spanien, wo sie zahlreiche<br />
Landschaften malte –<br />
ein Beleg für die Durchsetzung<br />
als Künstlerin?<br />
1926, nach der Herausgabe<br />
der Aufzeichnungen von<br />
Corinths zusammengestellter<br />
„Selbstbiographie“ – im übrigen erwähnt<br />
er sie hier nur beiläufig in einem einzigen<br />
Satz – und dem Ordnen und Sichten seines<br />
Nachlasses, begann sie mit Corinths Werkverzeichnis,<br />
das sie über Jahre beschäftigte<br />
und 1958 fertigstellte. Daneben kam der<br />
Wunsch nach künstlerischer Selbstverwirklichung<br />
wieder auf und sie eröffnete nur<br />
zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes eine<br />
eigene Malschule und unternahm mehrere<br />
Reisen.<br />
1930 hatte sie eine erste große Einzelausstellung.<br />
1932 zog sie nach Italien, 1937<br />
Gerda Rotermund (1902-1982), <strong>Katalog</strong>-Nr. 288<br />
in die Schweiz, von wo sie 1939 in die USA<br />
emigrierte und 1943 erneut eine Malschule<br />
eröffnete. Ihr wohl frühestes bekanntes und<br />
als bahnbrechend zu bezeichnendes Werk<br />
„Schwere Stunde“ (Lentos Kunstmuseum<br />
Linz) von 1908 zeigt ohne Idealisierung eine<br />
Gebärende, fast nackt und mit blutroten<br />
Brustwarzen.<br />
Vor ihr hat das noch niemand gewagt.<br />
Erst zwei Jahre später sollten sich Marc Chagall<br />
(1887-1965) und Otto Dix (1891-1969)<br />
mit dem Thema Geburt eingehend auseinandersetzen.<br />
27
Von ihren Kolleginnen widmeten sich die<br />
nur zwei Jahre ältere Sella Hasse (1878-1963)<br />
und zwischen 1921 und 1931 Hanna Höch<br />
(1889-1978), über die später noch zu sprechen<br />
sein wird, dann die bekannte mexikanische<br />
Malerin Frida Kahlo (1907-1954) diesem<br />
Themenkreis, wobei hier der Wunsch<br />
nach einem Kind der entscheidende Motor<br />
zu den Darstellungen war. Bereits Paula Modersohn-Beckers<br />
ein Jahr zuvor entstandenes<br />
„Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag“, das<br />
sie als Schwangere mit entblößtem Oberkörper<br />
zeigt, schockierte das Publikum.<br />
Berend-Corinths Darstellung rief ebenso<br />
heftige Reaktionen bei Künstlerkollegen<br />
und in der Öffentlichkeit hervor, vor allem<br />
ablehnende, aber auch begeisterte. Nicht zuletzt<br />
hängt dieses Werk mit gleichem Recht<br />
in einem der bedeutenden Museen des Landes,<br />
wie die ihres Mannes. Leider reicht ihr<br />
Ruf als Künstlerin jedoch kaum an dessen<br />
Ruf heran – bekannt in der Öffentlichkeit ist<br />
meist nur ihr Konterfei.<br />
In diesem Kontext ist auch die gebürtige<br />
französische Malerin Loulou Albert-Lasard<br />
(1885-1969) zu nennen, die anfangs dem traditionellen<br />
Rollenbild einer Frau folgte – die<br />
Unterordnung war ihr dann jedoch nicht<br />
möglich. Vielleicht hatte ihre schwere Erkrankung<br />
an Kinderlähmung im Alter von<br />
zwei Jahren, die eine lebenslange Gehbehinderung<br />
(Gehapparat und Stock) und zahlreiche<br />
Behandlungen und Operationen auch<br />
noch zwei Jahrzehnte später nach sich zog,<br />
eine gewisse Unnachgiebigkeit sich selbst<br />
gegenüber, dazu Ehrgeiz, Unangepaßtheit<br />
und eine rebellische Natur gefördert.<br />
Als Tochter des jüdischen Bankiers Leopold<br />
Lazard wuchs sie in einem künstlerisch-musisch<br />
orientierten Umfeld auf,<br />
weshalb zunächst früher privater Zeichenunterricht<br />
und 1904-1906 gemeinsam mit<br />
ihrer Schwester, der Malerin Ilse Heller-<br />
Lazard (1883-1934), der Besuch der Zeichenschule<br />
in München unterstützt wurde.<br />
1908 heiratete sie gegen den Willen ihrer Eltern<br />
den Chemiker und Gründer der Firma<br />
„Albert & Bruckmann“ Eugen Albert. 1910<br />
kam ihre Tochter, die spätere Malerin Ingo<br />
de Croux (1910-1995) zur Welt, zudem unternahm<br />
sie in diesem Jahr eine Reise nach<br />
Rom. Bemerkenswerterweise setzte sie trotz<br />
Ehe und Mutterschaft 1908-1912 ihr Studium<br />
an Kunstschulen in München und Paris<br />
fort, was nur mit dem Einverständnis ihres<br />
Mannes geschehen sein kann. Bis zum<br />
Kriegsausbruch pendelte sie immer wieder<br />
zwischen München und Paris. In beiden<br />
Städten trat sie in Kontakt zu bedeutenden<br />
Vertretern der Avantgarde, die sie zu einer<br />
expressionistischen und kubistischen<br />
Kunstauffassung inspirierten.<br />
1914 vom Kriegsausbruch in der Bretagne<br />
überrascht, mußte sie nach Deutschland<br />
zurückkehren, wo sie im September im<br />
Heilbad Irschenhausen Rainer Maria Rilke<br />
kennenlernte. Gemeinsam mit Rilke zog sie<br />
kurz darauf nach München in die Pension<br />
Pfanner, wo sie bereits vor ihrer Ehe gelebt<br />
und ein Atelier hatte – ihr Mann drohte<br />
währenddessen mit Scheidung, die dann<br />
auch gegen Kriegsende vollzogen wurde.<br />
Die stürmische und komplizierte Liebesaffäre<br />
mit Rilke dauerte bis 1916. 1952 sollte<br />
sie das Erinnerungsbuch „Wege mit Rilke“<br />
veröffentlichen.<br />
Bis 1918 lebte sie in München und Ascona,<br />
1919-1928 in Berlin, wo sie sich der<br />
„Novembergruppe“ anschloß und wie zuvor<br />
in München engere Kontakte zu Vertretern<br />
avantgardistischer Kunst pflegte.<br />
Nach dem Tod ihres Vaters ermöglichte ihr<br />
die Erbschaft – für alleinstehende Künstlerinnen<br />
war ein ererbtes Vermögen oder die<br />
finanzielle Unterstützung von der Familie<br />
von größter Bedeutung – 1928 den Umzug<br />
nach Paris, wo sie u.a. freundschaftlichen<br />
Verkehr mit Henri Matisse (1869-1954), Alberto<br />
Giacometti (1901-1966) und Robert<br />
Delaunay (1885-1941) unterhielt. Von Paris<br />
aus unternahm sie Reisen, häufig in Begleitung<br />
ihrer Tochter, nach Nordafrika, Indien,<br />
Indochina und Tibet. Im Mai 1940 wurde<br />
sie wegen ihrer jüdischen Herkunft in das<br />
Internierungslager Gurs inhaftiert, durch<br />
Entlassung wenige Monate später konnte sie<br />
jedoch einem tragischen Schicksal entgehen<br />
und verstarb im Alter von 83 Jahren in ihrer<br />
Wahlheimat Paris.<br />
Kunstdiktatur im Nationalsozialismus<br />
Neben Loulou Albert-Lasard präsentieren<br />
wir eine ganze Reihe weiterer Malerinnen<br />
jüdischer Herkunft, die ein unterschiedliches,<br />
meist furchtbares Schicksal ereilte.<br />
So etwa die aus einer bekannten Bremer<br />
Musiker- und Komponistenfamilie stammende<br />
Landschaftsmalerin Dora Bromberger<br />
(1881-1942), die 1941 in das Konzentrationslager<br />
Minsk deportiert und dort<br />
umgebracht wurde. In München seit 1912<br />
an der privaten Malschule von Hermann<br />
Groeber (1865-1935), dann in Paris von<br />
Maurice Denis (1870-1943) und Paul Sérusier<br />
(1864-1927) und für kurze Zeit in der<br />
Malschule von Hans Hofmann (1880-1966)<br />
ausgebildet, führten finanzielle Schwierig-<br />
28
keiten zu ihrer Rückkehr 1924 nach Bremen,<br />
wo sie bis zu ihrer Deportation gemeinsam<br />
mit ihrer Schwester, der Pianistin Henriette<br />
Bromberger, im Haus ihres Vaters lebte und<br />
arbeitete. 1933 hatte sie ihre letzte Ausstellung,<br />
dann erhielt sie durch die Nationalsozialisten<br />
Ausstellungs- und Verkaufsverbot.<br />
Ein Los, das alle jüdischen Künstler<br />
oder diejenigen, die mit dem Schlagwort<br />
„entartet“ belegt wurden, traf – ebenso wie<br />
Malverbot, das nicht selten durch Hausdurchsuchungen,<br />
Beschlagnahmungen sowie<br />
tätliche Übergriffe und Inhaftierungen<br />
durchgesetzt wurde.<br />
Im übrigen war der nationalsozialistische<br />
Kunstgeschmack nicht nach klar zu unterscheidenden<br />
inhaltlichen oder stilistischen<br />
Kriterien gekennzeichnet, sondern setzte<br />
ein bei Anhängern französischer Kunst bis<br />
über alle Äußerungen progressiven Kunstschaffens<br />
– die Auswahl war beliebig und<br />
meist subjektiv gefärbt.<br />
Drei Jahre später unternahm die Künstlerin<br />
noch eine Reise nach St. Gallen. Warum<br />
sie jedoch nicht in der Schweiz blieb,<br />
ist nicht zu klären, hat aber vermutlich mit<br />
familiären Gründen zu tun – vielleicht wollte<br />
sie ihre Schwester nicht alleine zurücklassen.<br />
Das Spencer Museum of Art/Kansas besitzt<br />
von ihren wenigen überlieferten Arbeiten<br />
ein Landschaftsaquarell, das aus dem<br />
Besitz der Ehefrau des amerikanischen Malers<br />
Albert Bloch (1882-1961) stammt, der<br />
1908-1921 in München lebte und sich dem<br />
Künstlerkreis des „Blauen Reiter“ angeschlossen<br />
hatte. Stilistisch ist unser Blatt mit<br />
Blochs Landschaftsaquarellen um 1913/1916<br />
vergleichbar, so daß zu vermuten ist, daß<br />
zumindest eine nähere Bekanntschaft zu<br />
Bloch, wenn nicht sogar Schülerschaft bestand.<br />
Ebenso sollte an dieser Stelle das tragische<br />
Schicksal von Elfriede Lohse-Wächtler<br />
(1899-1940) Erwähnung finden. Trotz großer<br />
Widerstände seitens ihres Elternhauses,<br />
das sie schon im Alter von 16 Jahren verließ,<br />
absolvierte sie ein Studium an der Dresdener<br />
Kunstakademie. Bald gehörte sie zudem<br />
zum Freundeskreis um Felixmüller und<br />
Dix.<br />
1921 heiratete sie den Maler und Opernsänger<br />
Kurt Lohse (1892-1958). Durch die<br />
seit Beginn schwierige Ehe – Lohse führte<br />
ein ausschweifendes Leben und gab ihr mit<br />
handwerklichen, meist Batikarbeiten schwer<br />
verdientes Geld aus – lebte sie in permanenter<br />
Armut. 1926 kam es schließlich zur<br />
Trennung der von Handgreiflichkeiten und<br />
Lohses Mißachtung ihres künstlerischen<br />
Schaffens geprägten Verbindung, wenn sie<br />
auch die endgültige Loslösung, trotz neuer<br />
Geliebter ihres Mannes, erst 1929 schaffte.<br />
Ein Nervenzusammenbruch führte in<br />
diesem Jahr zu einem mehrwöchigen Aufenthalt<br />
in einer Hamburger Nervenheilanstalt.<br />
Hier entstanden die berühmten<br />
„Friedrichsberger Köpfe“, Porträts ihrer<br />
Mitpatientinnen, die ihr große Anerkennung<br />
in der Kunstwelt, aber kaum Verkäufe<br />
einbrachten.<br />
Zunehmend schlechter werdende Lebensumstände,<br />
Drogenmißbrauch und materielle<br />
Not machten sie zeitweise obdachlos,<br />
was ihre seelische und körperliche Zerrüttung<br />
verstärkte. Sicher aus Verzweiflung<br />
suchte sie 1931 durch die Rückkehr in ihr<br />
Elternhaus nach Dresden Zuflucht. Jedoch<br />
ließ ihr Vater sie aus Unverständnis und<br />
Hilflosigkeit im darauffolgenden Jahr in die<br />
Landesheil- und Pfleganstalt Arnsdorf bei<br />
Dresden einweisen. „Schizophrenie“ wurde<br />
kurzerhand diagnostiziert. Nie wieder sollte<br />
sie ihre Freiheit wiedererlangen, bis auf gelegentliche<br />
Ausflüge mit ihren Eltern und<br />
mehrwöchige Sommerurlaube. In den ersten<br />
Jahren war sie jedoch weiterhin künstlerisch<br />
aktiv und malte Porträts von Ärzten,<br />
Krankenschwestern und Patienten, zudem<br />
schneiderte sie nach eigenen Entwürfen. Das<br />
Jahr 1935 brachte die schreckliche Wende:<br />
Sie wurde in der Frauenklinik Dresden im<br />
Rahmen der nationalsozialistischen Eugenik<br />
zur „Verhütung erbkranken Nachwuchses“<br />
zwangssterilisiert. Völlig gebrochen<br />
erlischt nahezu vollständig ihre Schaffenskraft.<br />
Das grausame Ende kam fünf Jahre<br />
später: Sie wurde im Zuge des nationalsozialistischen<br />
Programms „Lebensunwertes<br />
Leben“ in die Landesheil- und Pflegeanstalt<br />
Pirna-Sonnenstein verschleppt und vergast.<br />
Auch die Graphikerin, Zeichnerin und<br />
Textilkünstlerin Hedwig Dülberg-Arnheim<br />
(1894-1944) wurde ein Opfer der Nationalsozialisten.<br />
1944 wurde sie trotz ihrer versuchten<br />
Flucht nach Nizza in das Konzentrationslager<br />
Auschwitz deportiert und dort<br />
ermordet. Sie gehörte wie ihr erster Mann<br />
Ewald Dülberg (1888-1933) der Darmstädter<br />
Sezession an. Nach einem Studium an<br />
der Kunstgewerbeschule in Hamburg in<br />
der Klasse „Akt- und Porträtzeichnen“ von<br />
Ewald Dülberg, den sie 1915 heiratete, zog<br />
das Künstlerehepaar 1919 nach Ober-Hambach<br />
bei Heppenheim an der Bergstraße.<br />
Dort unterrichtete sie an der Odenwaldschule.<br />
29
Nach ihrer Scheidung im Jahr 1922 wurde<br />
sie Schülerin am Bauhaus in Weimar bei<br />
Johannes Itten (1888-1967), Paul Klee (1879-<br />
1940) und Wassily Kandinsky (1866-1944).<br />
Bereits zwei Jahre später heiratete sie den<br />
am Bauhaus tätigen Goldschmied und Designer<br />
Naum Slutzky (1894-1965) und zog<br />
nach Wien. Auch diese Ehe scheiterte und<br />
wurde drei Jahre später geschieden. Dann<br />
kehrte sie nach Hamburg zurück und versuchte<br />
1936 den Nationalsozialisten zu entkommen,<br />
was ihr nicht gelang.<br />
Die Flucht vor den Nationalsozialisten<br />
glückte hingegen Marcelle Delphine Cahn<br />
(1895-1981), die einer wohlhabenden jüdischen<br />
Familie aus Straßburg entstammte.<br />
Nach ersten Mal- und Zeichenstudien in<br />
ihrer Geburtsstadt absolvierte sie in Berlin<br />
ihre Ausbildung an den „Studienateliers für<br />
Malerei und Plastik“ (sog. „Lewin-Funcke-<br />
Schule“) als Schülerin von Eugen Spiro<br />
(1874-1972) und Lovis Corinth, daneben<br />
hatte sie Kontakt mit der künstlerischen Bewegung<br />
„Der Sturm“ (Zeitschrift und Galerie).<br />
Nach einem ersten Aufenthalt in Paris im<br />
Jahr 1920 siedelte sie 1923 in die Kunstmetropole<br />
an der Seine über. Dort begann sie<br />
ein Studium an der Académie Ranson unter<br />
Edouard Vuillard (1868-1940), gefolgt von<br />
einem Besuch der Académie Moderne bei<br />
Othon Friesz (1879-1949). Dann nahm sie<br />
Unterricht bei Fernand Léger (1881-1955)<br />
und Amédée Ozenfant (1886-1966). Zu ihrem<br />
engeren Freundeskreis zählten Willy<br />
Baumeister (1889-1955), Hans Arp (1886-<br />
1966) und dessen Ehefrau Sophie Taeuber-<br />
Arp (1889-1943). 1930 kehrte sie nach Straßburg<br />
zurück, mußte jedoch 1939 vor der<br />
deutschen Besatzung fliehen. 1947 zog es sie<br />
wieder in ihre Wahlheimat Paris.<br />
Von den Nationalsozialisten in die Emigration<br />
getrieben wurde ebenso die Malerin,<br />
Graphikerin und spätere Spielzeugdesignerin<br />
Else Winterfeld (gest. nach 1949). Sie<br />
war mit dem Pianisten, Komponisten und<br />
Schriftsteller Henry Winterfeld (1901-1990)<br />
verheiratet, der großen Erfolg mit Kinderund<br />
Jugendbüchern hatte. Wegen dessen<br />
jüdischer Herkunft flohen sie gemeinsam<br />
1933 nach Österreich und 1938 über die<br />
Schweiz nach Frankreich. Dort wurde ihr<br />
Mann 1939 inhaftiert. Nach seiner Entlassung<br />
gelang der Familie jedoch die Auswanderung<br />
in die USA.<br />
Obwohl Else Winterfeld 1940 nach New<br />
York kam 23 , erschien im Januar 1939 in den<br />
Mitteilungen des „Verein Berliner Künstler“<br />
anläßlich ihres angeblichen Todes eine<br />
Anzeige. 24 Um den Lebensunterhalt für die<br />
Familie zu verdienen, arbeitete sie erst in<br />
einer Fabrik für Stofftiere. Nebenher entwickelte<br />
sie eine dreiköpfige Stoffpuppe, die<br />
patentiert wurde. Dann wurde sie Chefdesignerin<br />
der neugegründeten „Three-in-One-<br />
Doll“-Spielzeugfabrik, später Designerin für<br />
die sehr bekannte „Ideal Toy Company“ in<br />
Long Island.<br />
Die Dresdener Künstlerin Lea Grundig<br />
(1906-1977) konnte gleichfalls ihr Leben vor<br />
den Nationalsozialisten retten, obwohl sie<br />
nicht nur aus „rassischen“ Gründen, sondern<br />
auch aus politischen verfolgt wurde –<br />
seit 1926 wirkte sie aktiv bei der KPD mit.<br />
Mit dem Maler Hans Grundig (1901-1958),<br />
den sie 1928 heiratete, und gleichgesinnten<br />
kommunistischen Künstlerkollegen gründete<br />
sie 1929 die Künstlergruppe „ASSO<br />
(Assoziation Revolutionärer Bildender<br />
Künstler Deutschlands)“, die ihren Schwerpunkt<br />
in politisch-gesellschaftlichen Themen,<br />
auf der „sozialen Frage“ hatte.<br />
1933 wurde auch sie mit dem Etikett<br />
„artfremd“ belegt und erhielt Ausstellungsverbot.<br />
Dennoch war sie weiterhin künstlerisch<br />
aktiv, es entstanden die Radierfolgen<br />
„Unterm Hakenkreuz“ und „Krieg droht“<br />
– bedeutende Zeugnisse der Widerstandskunst<br />
in Deutschland. 1936 wurde sie wegen<br />
ihrer illegalen politischen Arbeit zum ersten<br />
Mal verhaftet, Mai 1938 bis Dezember 1939<br />
erneut inhaftiert, anschließend deportiert<br />
und in verschiedenen Lagern interniert.<br />
Trotzdem gelang es ihr um 1940 nach Palästina<br />
auszuwandern, wo sie als Illustratorin<br />
und Zeichnerin für eine kommunistische<br />
Zeitung arbeitete.<br />
Nach der Befreiung ihres Mannes aus<br />
dem Konzentrationslager Sachsenhausen –<br />
er hatte sich geweigert in die Scheidung einzuwilligen<br />
– kehrte sie 1949 nach Deutschland<br />
zurück. Im gleichen Jahr erhielt sie<br />
eine Professur an der Kunstakademie in<br />
Dresden.<br />
Eine der Ausnahmen bildet sicher auch<br />
Mela Muter (1876-1967), die 1940 nach dem<br />
Einmarsch der deutschen Truppen in Paris<br />
aufgrund ihrer jüdischen Herkunft und<br />
ihres linksgerichteten politischen Engagements<br />
ins unbesetzte Avignon floh und es<br />
schaffte erfolgreich unterzutauchen. Die<br />
Warschauerin, die 1900 nach Paris gezogen<br />
war und ihre Studien an der Académie<br />
Colarossi bei Etienne Tournés (1857–1931),<br />
Raphaël Collin (1850–1912) und René Xavier<br />
Prinet (1861–1946) betrieb, konnte sich<br />
als gefragte Porträtistin etablieren. Bereits<br />
30
seit 1902 beteiligte sie sich an Ausstellungen<br />
der Societé Nationale des Beaux Arts, des<br />
Salon des Indépendants, Salon d’Automne<br />
und Salon des Tuileries. 1921 erhielt sie<br />
die Einladung, Mitglied der Jury des Salon<br />
d’Automne zu werden. Auch wurde ihr<br />
1937 die Goldmedaille der Weltausstellung<br />
verliehen. Nach ihrer Rückkehr nach Paris<br />
im Jahr 1946 konnte sie an ihren vorherigen<br />
Erfolg anknüpfen und hatte zahlreiche Ausstellungen.<br />
Die als Tochter eines jüdischen Arztes geborene<br />
Künstlerin Erna (Wilhelmine) Pinner<br />
(1890-1987) ist gleichfalls in diesem Kontext<br />
zu nennen. Ausgehend von einem Studium<br />
am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt<br />
am Main, wo erstaunlicherweise Frauen bereits<br />
ab 1870 zum Kunststudium zugelassen<br />
waren, war sie in Berlin Schülerin von Lovis<br />
Corinth. Anschließend setzte sie in Paris an<br />
der Académie Ranson bei Félix Vallotton<br />
(1865-1925), Maurice Denis (1870-1943) und<br />
Paul Sérusier (1863-1927) ihre Studien fort.<br />
Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland<br />
begann sie 1914 mit der Konstruktion lebensgroßer<br />
Puppen (sog. Pinner-Puppen).<br />
Wegweisend wurde das Jahr 1916, in dem<br />
sie dem Darmstädter Schriftsteller Kasimir<br />
Edschmid (1890-1966) begegnete, dessen<br />
Lebens-, Reise- und Arbeitsgefährtin sie<br />
wurde. Drei Jahre später führte eine Polioinfektion<br />
zu einer Fußlähmung, die die<br />
Künstlerin zwang, das Malen zugunsten des<br />
Zeichnens aufzugeben.<br />
1935 wurde sie aufgrund ihrer jüdischen<br />
Herkunft aus der Reichskammer der Bildenden<br />
Künste ausgeschlossen, mit Berufs- und<br />
Ausstellungsverbot belegt. Im Winter des<br />
Jahres emigrierte sie nach England – ohne<br />
Edschmid. Dort absolvierte sie erfolgreich<br />
ein Biologiestudium und hatte Erfolg als<br />
Naturwissenschaftlerin sowie als Autorin<br />
und Illustratorin im Bereich der Zoologie,<br />
Paläontologie und Anthropologie. 1939<br />
wurde durch Bombardierung ihr gesamtes<br />
malerisches Werk zerstört – im übrigen ging<br />
entweder das ganze Werk oder ein Großteil<br />
der Arbeiten der genannten Künstlerinnen<br />
durch Kriegseinwirkung verloren.<br />
Obwohl nicht jüdischer Abstammung geriet<br />
die gewissermaßen als Allround-Künstlerin<br />
zu bezeichnende Ilse Fehling-Witting<br />
(1896-1982) wegen ihrer avantgardistischen<br />
künstlerischen Ausrichtung ab 1933 ins<br />
künstlerische Abseits und kann somit der<br />
„verschollenen Generation“ zugerechnet<br />
werden. Fehling-Witting hatte eine ausgesprochen<br />
fundierte und vor allem weitgefächerte<br />
Ausbildung durchlaufen. Nach dem<br />
Besuch der renommierten Berliner Modeschule<br />
von A. Reimann (1874-1976), wo sie<br />
u.a. die Fächer Kostüm, Bühnenbild, Bildhauerei<br />
und Graphik belegte, erlernte sie<br />
an der Kunstgewerbeschule Bildhauerei bei<br />
Prof. Schmarje, gefolgt von einem Studium<br />
am Bauhaus in Weimar im Vorkurs von Johannes<br />
Itten sowie bei Oskar Schlemmer<br />
(1888-1943), Lothar Schreyer (1886-1966),<br />
Paul Klee (1879-1940) und Georg Muche<br />
(1895-1987).<br />
Seit 1923 betätigte sie sich in Berlin als<br />
freischaffende Bildhauerin sowie Kostümund<br />
Bühnenbildnerin und seit 1927 als Kostümberaterin<br />
für Deutsche Filmproduktionen.<br />
1933 wurde ihr Werk als „entartet“<br />
diffamiert, das hatte fast ausschließliches<br />
Arbeiten für Film und Theater zur Folge.<br />
1940-1943 war sie Bühnenbildnerin und<br />
Leiterin des Kostümwesens an den Münchner<br />
Kammerspielen. Durch Bombardierung<br />
ihres Ateliers wurde ein Großteil ihrer<br />
Bildhauerarbeiten zerstört, schließlich ihre<br />
Wohnung beschlagnahmt. Nach einem körperlichen<br />
und seelischen Zusammenbruch<br />
unmittelbar nach dem Krieg ging sie nach<br />
Zürich und wurde Pressezeichnerin für verschiedene<br />
Zeitungen, dann in Genf Korrespondentin<br />
für die „Neue Welt“. Nach ihrer<br />
Rückkehr 1952 nach München arbeitete sie<br />
weiter als Pressezeichnerin und Porträtistin.<br />
Das Schicksal von Sella Hasse (1878-1963)<br />
wurde ebenfalls durch die Kunstdiktatur<br />
der Nationalsozialisten bestimmt. 1937<br />
wurden im Zuge der „Säuberungsaktionen“<br />
der Nationalsozialisten ihre Werke als „entartet“<br />
aus den Museen entfernt – vor allem<br />
ihre dynamisch-expressive Druckgraphik<br />
hatte sie bekannt gemacht. Als Schülerin der<br />
Kunstakademie in Berlin bei Franz Skarbina<br />
(1849-1910), Walter Leistikow (1865-1908)<br />
und Lovis Corinth fand sie schnell Zugang<br />
zu Berliner Künstlerkreisen, so zu Käthe<br />
Kollwitz, deren Graphikklasse an der Berliner<br />
Künstlerinnenschule sie für kurze Zeit<br />
besuchte und die sie nachfolgend entscheidend<br />
beeinflussen sollte.<br />
Auch nach ihrem Umzug 1904 nach<br />
Hamburg pflegte sie engere Kontakte zu<br />
Künstlerkollegen, u.a. zu Ernst Barlach<br />
(1878-1938), Otto Pankok, Charlotte Pauly<br />
(1886-1981) und William Wauer (1866-<br />
1962). 1910 -1930 lebte sie in Wismar, 1912<br />
ist eine Reise nach Paris dokumentiert,<br />
1930-1933 in Berlin. Dann zog sie sich – sicherlich<br />
aus politischen Gründen – ins Elsaß<br />
zurück, von wo sie 1943 nach Hamburg<br />
zurückkehrte.<br />
31
Nach dem Krieg konnte sie sich erneut<br />
als Künstlerin etablieren: 1955 wurde sie<br />
Ehrenmitglied des Verbandes Bildender<br />
Künstler der DDR und Mitglied der Akademie<br />
der Künste Berlin. 1962 erhielt sie<br />
den Käthe Kollwitz-Preis. Tragischerweise<br />
verhinderte in den 50er Jahren ein Unfall,<br />
in dessen Folge sie gelähmt war, weiteres<br />
künstlerisches Schaffen.<br />
Hannah Höch (1889-1978), die zu den bekanntesten<br />
deutschen Künstlerinnen der<br />
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zählt,<br />
wurde ebenfalls von den Nationalsozialisten<br />
als „entartet“ polemisiert und erhielt<br />
Berufsverbot. Nach einem Studium an der<br />
Kunstgewerbeschule in Berlin besuchte<br />
sie 1915 die Graphikklasse der Staatlichen<br />
Lehranstalt des Kunstgewerbemuseums als<br />
Schülerin von Emil Orlik.<br />
Da ihr Vater der ungehorsamen Tochter<br />
die finanzielle Unterstützung versagte, arbeitete<br />
sie ab 1916 für den Ullstein-Verlag,<br />
eine Tätigkeit, die sie über ein Jahrzehnt<br />
ausüben sollte. In diesem Jahr lernte sie<br />
auch Raoul Hausmann (1886-1971) kennen,<br />
mit dem sie eine 7jährige Liebes- und Arbeitsbeziehung<br />
einging.<br />
Als einzige Frau nahm sie an allen Berliner<br />
Dada-Aktivitäten teil und leistete<br />
hier einen wesentlichen Beitrag. 1924 ging<br />
sie nach Paris, auch trat sie in Kontakt mit<br />
Piet Mondrian (1872-1944) und der „Stijl-<br />
Gruppe“. Ab 1929 hatte sie eine gemeinsame<br />
Wohnung mit der Schriftstellerin T. Brugmann<br />
– 1929 in Den Haag und bis 1936 in<br />
Berlin – und unterhielt in den Augen der<br />
Gesellschaft ein kompromittierendes, skandalöses<br />
Verhältnis. Nach der Trennung von<br />
Brugmann heiratete sie 1938 den Pianisten<br />
K. Matthies, die Ehe wurde bereits 1944 geschieden.<br />
Anschließend zog sie sich in Heiligensee<br />
am Berliner Stadtrand zurück. Nach<br />
dem Krieg wurde sie wieder aktiv, arbeitete,<br />
stellte aus und erhielt schließlich 1965 eine<br />
Lehrtätigkeit an der Akademie der Künste<br />
in Berlin.<br />
Auch die am Expressionismus orientierten<br />
Arbeiten der Malerin, Bildhauerin und<br />
Schriftstellerin Thea Schleusner (1879-1964)<br />
entsprachen nicht den von den Nationalsozialisten<br />
propagierten ästhetischen Wertmaßstäben.<br />
Ihre Ausbildung begann 1897<br />
in Berlin, wo sie Meisterschülerin von Curt<br />
Stoeving (1863-1939), Franz Skarbina und<br />
Reinhold Lepsius (1857-1922) wurde.<br />
Anschließend zog sie nach Paris, wo sie<br />
an der Académie Colarossi u.a. bei René<br />
Xavier Prinet und an der Académie von<br />
Eugène Carrière weiterstudierte. Darüber<br />
hinaus nahm sie Unterricht bei dem an der<br />
École des Beaux-Arts ausgebildeten schwedischen<br />
Bildhauer Carl Milles (1875-1955).<br />
Seit 1910 knüpfte sie in Paris Kontakte zu<br />
André Gide, Auguste Rodin (1840-1917)<br />
und Rainer Maria Rilke. Beteiligungen an<br />
Ausstellungen der „Indépendants“ und am<br />
Pariser Herbstsalon, was eine große Auszeichnung<br />
für eine deutsche Künstlerin bedeutete,<br />
sowie in London, Stockholm und<br />
Berlin schlossen sich an.<br />
Bereits 1910 erwarb das Musée d´Orsay<br />
eines ihrer Werke. 1910-1912 weilte sie in<br />
England, wo sie Porträtaufträge ausführte<br />
und Bühnenbilder für das Theater schuf.<br />
1914 kehrte sie endgültig nach Berlin zurück,<br />
wo ihr Atelier bald zum künstlerischen<br />
Treffpunkt wurde. Hier porträtierte sie u.a.<br />
Albert Einstein, Friedrich Nietzsche, Emil<br />
Nolde und seine Frau sowie Ricarda Huch.<br />
Studienreisen nach Griechenland, Spanien,<br />
Nordafrika, Rumänien und Jugoslawien<br />
sowie längere Aufenthalte 1920 in Schweden<br />
und 1938-1941 auf Ceylon folgten. Ab<br />
den 1920er Jahren betätigte sie sich zudem<br />
schriftstellerisch und schrieb Reiseberichte.<br />
Kurz vor Kriegsende wurde durch Bombardierung<br />
ihr gesamtes Lebenswerk zerstört.<br />
Nicht ohne Auswirkungen blieb die<br />
Machtübernahme der Nationalsozialisten<br />
auch auf das Schicksal von Martel Schwichtenberg<br />
(1896-1945). Die seit 1917 für den<br />
Hannoveranischen Gebäckhersteller Bahlsen<br />
wirkende Künstlerin unterhielt seit 1920<br />
ein Atelier in Berlin.<br />
Neben Blumen- und Früchtestilleben waren<br />
es vor allem die zahlreichen, im Stil der<br />
Neuen Sachlichkeit gemalten Porträts aus<br />
ihrem Freundeskreis der Berliner Kunstszene<br />
(z.B. Tilla Durieux, Herwarth Walden,<br />
Valentiner, Barlach, Alfred Flechtheim), mit<br />
denen sie sich rasch etablierte.<br />
1933 emigrierte sie nach Italien – ob aus<br />
politischer Vorsicht oder ein<strong>fach</strong> Abenteuerlust<br />
ist nicht zu klären, wenn auch ihre<br />
Kunstauffassung sicher ohnehin zu Schmähungen,<br />
wenn nicht gar zu Arbeits- und<br />
Ausstellungsverbot geführt hätte. 1936 ging<br />
sie schließlich nach Südafrika, wo sie ein<br />
Atelier und eine eigene Töpferei mit Verkaufsladen<br />
betrieb. Nach einem Brand ihres<br />
Johannesburger Ateliers reiste sie 1939 nach<br />
Deutschland, der Kriegsausbruch und wohl<br />
auch aus eigenem Entschluß verhinderte die<br />
Rückkehr nach Südafrika.<br />
Spätestens 1940 begann sie mit dem Trinken<br />
– sie hatte sich zu diesem Zeitpunkt<br />
bereits nach Süddeutschland zurückgezo-<br />
32
gen. Ein Aufenthalt in einem Sanatorium<br />
in Glotterbad folgte. Dennoch erlitt sie drei<br />
Jahre später, durch Depressionen und Alkoholsucht<br />
ausgelöst, einen Nervenzusammenbruch.<br />
Eine Krebserkrankung führte<br />
kurz nach Ende des Krieges zu ihrem Tod<br />
im Alter von nur 49 Jahren.<br />
Die Kunstdiktatur der Nationalsozialisten<br />
hatte auch für Ida Kerkovius (1879-<br />
1970), die als eine der renommiertesten<br />
deutschen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts<br />
gilt, Folgen. Obwohl eigentlich auch<br />
die Stuttgarter Akademie prinzipiell Frauen<br />
die Zulassung verweigerte, war sie eine<br />
Meisterschülerin Adolf Hölzels und 1911-<br />
1918 seine Assistentin mit eigenem Meisteratelier.<br />
1915-1918 unterrichtete sie Hanna<br />
Beckker vom Rath (1893-1983), ihre später<br />
freundschaftlich verbundene Förderin und<br />
Sammlerin. 1920-1923 setzte sie ihre Ausbildung<br />
am Bauhaus in Weimar fort, wo sie bei<br />
den für ihr weiteres Schaffen bestimmenden<br />
Künstlern Johannes Itten, Paul Klee und<br />
Wassily Kandinsky studierte. Nach 1933<br />
wurden ihre Werke von den Nationalsozialisten<br />
als „entartet“ deklariert, Mal- und<br />
Ausstellungsverbot folgten. Daraufhin begab<br />
sie sich meist in den Sommermonaten<br />
auf ausgedehnte Reisen quer durch Europa.<br />
Ihren Lebensunterhalt verdiente sie in jenen<br />
schrecklichen Jahren mit privater Lehrtätigkeit<br />
und Bildweberei.<br />
1954 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz<br />
Erster Klasse verliehen, 1958 erfolgte<br />
die Ernennung zur Professorin. Zudem wurde<br />
sie Ehrenmitglied der Staatlichen Akademie<br />
der bildenden Künste in Stuttgart sowie<br />
Ehrenvorstandsmitglied des deutschen<br />
Künstlerbundes. Obwohl ihre letzten Jahre<br />
von schwerer Krankheit gezeichnet waren,<br />
setzte sie ihre künstlerische Arbeit fort.<br />
Eine scharfe Zäsur brachte ebenso die<br />
Machtübernahme der Nationalsozialisten<br />
für das Leben und Werk von Paula Wimmer<br />
(1876-1971). Aus einer großbürgerlichen<br />
Familie stammend, konnte sie sich<br />
von dieser unterstützt der künstlerischen<br />
Laufbahn widmen. Nach einem Studium in<br />
München bei Carl Johann Becker-Gundahl<br />
(1856-1925) wurde sie eine Schülerin von<br />
Max Feldbauer, bei dem sie im Sommer in<br />
Dachau Landschaftsmalerei und im Winter<br />
in München an der Damenakademie<br />
des Münchner Künstlerinnenvereins Aktmalerei<br />
studierte. Zum weiteren Studium<br />
bereiste sie Rom und Florenz und hielt sich<br />
1911 mehrere Monate in Paris auf, wo sie die<br />
École Ranson besuchte.<br />
Vor 1914 hielt sie sich in Berlin auf, wo sie<br />
die Unterstützung des Kunstkritikers Paul<br />
Westheim fand. 1915 zog sie nach Dachau<br />
und trat der Malschule von Adolf Hölzel<br />
bei, weshalb sie neben Ida Kerkovius, Maria<br />
Langer-Schöller (1878-1969) und Elsa von<br />
Freytag-Lovinghoven (1874-1927) u.a. zu<br />
den sog. „Malweibern“ gezählt wird. Auch<br />
ihre Arbeiten wurden 1933 als „entartet“<br />
diffamiert – vorher im expressionistischen<br />
Stil gehalten, wandte sie sich dann einem<br />
naiven Malstil und unverfänglichen Bildthemen<br />
zu.<br />
Verfemt wurden ebenso einige Arbeiten<br />
von Norbertine von Bresslern-Roth (1891-<br />
1978), die zu den wichtigsten österreichischen<br />
Tiermalern des 20. Jahrhunderts<br />
zählt. Zu dieser Diffamierung könnte neben<br />
ihrer dem Expressionismus nahestehenden<br />
künstlerischen Ausrichtung auch die Herkunft<br />
ihres Mannes, der eine jüdische Mutter<br />
hatte, beigetragen haben. Ihr Ausschluß<br />
aus der „Vereinigung der Künstlerinnen<br />
Österreichs“ im Jahr 1938 – obwohl sie noch<br />
1934 den Ehrenpreis der Stadt Wien erhalten<br />
hatte – dürfte ebenfalls in diesem Zusammenhang<br />
stehen.<br />
Die jüngere Künstlerinnengeneration<br />
Die aggressive Kunstpolitik der Nationalsozialisten<br />
brachte die avantgardistisch<br />
arbeitenden Künstlerinnen – und natürlich<br />
auch ihre männlichen Kollegen – zur Aufgabe<br />
ihrer schöpferischen Arbeit.<br />
In den Nachkriegsjahren bis zur Währungsreform<br />
konnten sich einige Künstlerinnen<br />
aufgrund der großen Nachfrage nach<br />
Bildern, etwa nach Porträts, Geld verdienen.<br />
Ein Großteil war jedoch mit der Existenzsicherung<br />
der Familie beschäftigt und leistete<br />
Aufbauarbeit.<br />
Die frühen 50er Jahre brachten das erneute<br />
Zurückweichen in den Familienkreis<br />
– die aus dem Krieg oder der Gefangenschaft<br />
Heimgekehrten, die „entnazifierten<br />
Männer“, die manchmal auch ein<strong>fach</strong>, wie<br />
wir bereits hinlänglich erfahren konnten,<br />
besser Ausgebildeten und sicher auch Bekannteren<br />
rückten wieder in den Mittelpunkt<br />
des öffentlichen Interesses.<br />
Erst die 60er Jahre brachten die Kehrtwendung:<br />
Frauen traten jetzt wieder aus<br />
dem Schatten von Haushalt und Familie.<br />
Die jüngere Künstlerinnengeneration hatte<br />
es diesbezüglich ein<strong>fach</strong>er, auch wenn<br />
sie bisweilen wie in früheren Zeiten nicht<br />
denselben Bekanntheitsgrad wie den ihrer<br />
Künstler-Ehemänner erreichten. Die Malerin<br />
und Graphikerin Dorothea Demus-<br />
33
Schneider (geb. 1956) etwa konnte nie ganz<br />
aus dem Schatten ihres Mannes Jakob Demus<br />
(geb. 1959) treten, einem international<br />
bekannten Maler, Zeichner und Bildhauer.<br />
Auch Linde Kruck-Körner (geb. 1925)<br />
sollte nicht die gleiche Wertschätzung erlangen<br />
wie ihr Ehemann, der Graphiker und<br />
Bildhauer Christian Kruck (1925-1985), der<br />
1954 zum Leiter der Druckwerkstätten an<br />
die Frankfurter Städelschule berufen worden<br />
war.<br />
Gertrude Degenhardt (geb. 1940) hingegen,<br />
die 1956-1959 an der Werkkunstschule<br />
für Gebrauchsgraphik in Mainz studiert<br />
hatte, konnte sich mehr noch als ihr Mann<br />
als Malerin und Graphikerin einen Namen<br />
machen – sie erlangte größere Anerkennung<br />
als ihr Mann, der Maler M. Degenhardt<br />
(1938-2002).<br />
KÜNSTLERINNEN IM PORTRÄT<br />
Anna Franziska Schwarzbach (geb. 1949), <strong>Katalog</strong>-Nr. 307<br />
Zur Abrundung unseres <strong>Katalog</strong>es stellen<br />
wir ebenso eine größere Gruppe an<br />
Künstler(selbst)bildnissen vor, die nicht nur<br />
Vertreterinnen der Bildenden Kunst wiedergeben,<br />
sondern auch Schriftstellerinnen,<br />
Dichterinnen und Musikerinnen.<br />
Eine der frühesten Arbeiten zeigt das<br />
Bildnis von Antoinette de la Garde, einer<br />
Dichterin, von Élisabeth Sophie Chéron<br />
(1648-1711) gemalt. Chéron war die Tochter<br />
und Schülerin des Miniaturmalers Henri<br />
Chéron (gest. 1677 od. 1697). Auch ihre<br />
Schwester Marie Anne (1649 – vor 1718) war<br />
als Miniaturistin tätig. Élisabeth Sophie war<br />
eine der gefragtesten Porträtistinnen ihrer<br />
Zeit, die 24 Jahre nach ihrer Gründung<br />
erst viertes weibliches Mitglied der Académie<br />
Royale wurde. Besondere Anerkennung<br />
fand sie durch Ludwig XIV., der ihr eine<br />
Pension bewilligte. Ihr wohl wichtigstes<br />
Werk ist die 1706 herausgegebene, mit Stichen<br />
illustrierte Abhandlung über die Kunst<br />
des Zeichnens, das große Beachtung fand.<br />
Große Anerkennung fand sie darüber hinaus<br />
für ihre Dichtkunst, ebenso wie für ihr<br />
herausragendes musikalisches Talent.<br />
Zu erwähnen ist auch ein Selbstbildnis<br />
von Rosalba Carriera (1675-1757, Abb. S. 5),<br />
der wohl berühmtesten italienischen Malerin<br />
des 18. Jahrhunderts. Carriera erlangte<br />
rasch Ansehen durch Miniaturporträts und<br />
wurde 1705 Ehrenmitglied der Accademia<br />
di San Luca zu Rom. Sie erhielt zahlreiche<br />
Aufträge, auch von ausländischen Höfen.<br />
Auf Einladung des Sammlers und Bankiers<br />
P. Crozat (1665-1740) trat sie 1720 eine<br />
Reise nach Paris an, wo sie, wie ihre französische<br />
Kollegin Chéron, eine ungemein<br />
gefragte Porträtistin und zum Mitglied der<br />
Académie Royale ernannt wurde. Nach ihrer<br />
Rückkehr im Jahr 1721 nach Venedig,<br />
34
Antoinette de la Garde, Dichterin (1638-1694),<br />
<strong>Katalog</strong>-Nr. 48<br />
Benedetta Ernestina Maria, Prinzessin von<br />
Modena, <strong>Katalog</strong>-Nr. 297<br />
lebte sie bei ihren Schwestern; mit Giovanna<br />
war sie besonders eng verbunden. Als diese<br />
1737 starb und ein Jahr später ihre Mutter,<br />
fällt sie in tiefe Verzweiflung. Nur mühsam<br />
konnte sie sich weiterhin künstlerisch betätigen.<br />
1746 bahnte sich ein schweres Augenleiden<br />
an, das auch nicht durch einige Augenoperationen<br />
geheilt werden konnte und<br />
1751 die vollständige Erblindung brachte.<br />
Damit war das Ende ihrer künstlerischen<br />
Karriere besiegelt, weshalb sie zu Lebzeiten<br />
vergessen in tiefste Schwermut verfiel.<br />
Carriera wirkte jedoch auf nachfolgende<br />
Künstlergenerationen, vor allem wegen ihrer<br />
meisterhaften Pastelltechnik vorbildhaft,<br />
so auf die weitgehend unbekannte Mathilde<br />
Schmöle (1844 – vermutl. 1918). Eine Pastellzeichnung<br />
dieser in Frankfurt am Main<br />
wirkenden Künstlerin zeigt ein Porträt der<br />
Benedetta Ernestina Maria, Prinzessin von<br />
Modena nach einem Gemälde der Carriera<br />
aus den Staatl. Kunstsammlungen Dresden.<br />
Die Nürnberger Zeichnerin und Kupferstecherin<br />
Susanne Maria von Sandrart (1658-<br />
1716) porträtierte die Dichterin Gabrielis<br />
Carola Patin; Anlaß war deren bevorstehende<br />
Promotion. Die Tochter und Schülerin<br />
von Jakob von Sandrart (1630-1708) arbeitete<br />
der Zeit und ihrer traditionellen Rolle<br />
als Frau entsprechend meist für den Verlag<br />
ihres Vaters.<br />
Auch das Schabkunstblatt mit dem Porträt<br />
von Geneviève Blancheau (auch Geneviève<br />
Blanchot, genannt Godon) als Muse<br />
Gabrielis Carola Patin, Dichterin (geb.<br />
1665/66), <strong>Katalog</strong>-Nr. 290<br />
der Malerei mit Pinsel und Palette ist hervorzuheben,<br />
das die französische Kupferstecherin<br />
Catherine Duchesne (1. Hälfte 18. Jh.)<br />
nach einem 1704 entstandenen Gemälde<br />
des berühmten Porträtmalers Jean-Baptiste<br />
Santerre (1651-1717) stach (Abb. S. 6). Über<br />
beide Künstlerinnen sind allerdings nur<br />
fragmentarische biographische Informationen<br />
überliefert, wenn wir auch wissen, daß<br />
es sich bei der Blancheau um eine von Santerre<br />
bevorzugte Schülerin gehandelt hat,<br />
die die Gemälde ihres Lehrers kopierte.<br />
Von besonderem Interesse ist auch das<br />
von einem deutschen oder englischen<br />
Künstler um 1760/70 geschaffene Bildnis<br />
einer unbekannten jungen Zeichnerin (Abb.<br />
S. 11), das die junge Frau beim Anfeuchten<br />
35
ihres Zeichenstiftes zeigt. Möglicherweise<br />
handelt es sich hier um ein Porträt der Angelica<br />
Kauffmann, was das Bildnis „Angelica<br />
Kauffmann Drawing a Torso“ (National<br />
Gallery of Edingburgh) ihres englischen<br />
Verehrers Nathaniel Dance (1735-1811)<br />
nahelegt, der die Künstlerin mehr<strong>fach</strong> porträtiert<br />
hatte.<br />
Allgemein bekannt ist auch die Londoner<br />
Künstlerin Maria Cosway (1759-1838), deren<br />
Selbstbildnis Valentine Green (1739-1813)<br />
stach (Abb. S. 9). Cosway war eine vielseitige<br />
Künstlerin, die nicht nur malte, zeichnete<br />
und radierte, sondern auch musizierte<br />
und komponierte. Befreundet mit Angelika<br />
Kauffmann folgte sie jener nach London, wo<br />
sie 1781 den populären Miniaturmaler Richard<br />
Cosway (1742-1821) heiratete. In London<br />
errang sie durch Ausstellungen an der<br />
Royal Academy of Art rasch Anerkennung.<br />
Von ihrem Mann, der ihr offenbar ihre<br />
Erfolge neidete, wurde sie indes nicht unterstützt,<br />
sogar in der Ausübung ihres künstlerischen<br />
Schaffens behindert – er beschäftigte<br />
sie mit zahlreichen Nachstichen nach<br />
seinen Werken. Infolgedessen wandte sie<br />
sich vermehrt der Musik und einem regen<br />
gesellschaftlichen Leben zu; ihr Haus wurde<br />
zum kulturellen Treffpunkt für Künstler,<br />
Diplomaten und Adelige. 1804 wandte sie<br />
sich schließlich ganz von der Malerei ab und<br />
baute in Lyon ein Mädchenkolleg auf, nach<br />
1811 eines in Lodi. 1834 wurde sie in Anerkennung<br />
ihrer Leistung von Kaiser Franz I.<br />
zur Baronessa ernannt.<br />
Besonderen Reiz hat auch das Blatt eines<br />
anonymen Künstlers oder einer Künstlerin<br />
vom Ende des 18., frühem 19. Jahrhundert,<br />
das eine junge Bildhauerin beim Modellieren<br />
der Büste eines jungen Mannes zeigt, möglicherweise<br />
der von Winckelmann (Abb. S.<br />
13). Gerade die Bildhauerei verlangte ein<br />
noch größeres Durchhaltevermögen als<br />
die Malerei. Hier war noch der Aspekt der<br />
harten körperlichen Arbeit zu berücksichtigen,<br />
was nach Ansicht der Männer der Frau<br />
naturgemäß fehlte und damit als ein Beruf<br />
angesehen wurde, der allein von Männern<br />
ausgeübt werden könnte. Allein auf dem Gebiet<br />
der kleinformatigen Arbeiten oder der<br />
Stempel- und Steinschneiderei wurden zwischen<br />
dem 16. und 18. Jahrhundert Frauen<br />
toleriert. Demgemäß sind nur wenige Bildhauerinnen<br />
bekannt, die den Mut und die<br />
Ausdauer hatten, lebensgroße Arbeiten zu<br />
schaffen.<br />
BILDHAUERINNEN<br />
Eine der frühesten bekannten Bildhauerinnen<br />
ist Properzia de Rossi (1490-1530),<br />
eine Künstlerin, die beispielhaft für ein<br />
tragisches Künstlerleben steht: Trotz mehr<strong>fach</strong>er<br />
Auszeichnungen starb die auch als<br />
Steinschneiderin (mit ungewöhnlichen Materialien<br />
wie Pfirsich-, Kirsch- oder Pflaumenkernen)<br />
und Kupferstecherin gewürdigte<br />
Künstlerin erst 40jährig verarmt und<br />
ohne Freunde.<br />
Beauftragt, Skulpturen für die Fassade<br />
der Kirche San Petronio in Bologna zu fertigen,<br />
wurde sie anscheinend an der Ausführung<br />
behindert. Nach Vasari, der ihr große<br />
Bewunderung entgegenbrachte, soll sie ein<br />
Opfer männlicher Schikanen gewesenen<br />
sein.<br />
Überdies überliefert er eine sagenhafte<br />
Geschichte von unerwiderter Liebe zu einem<br />
jungen Adeligen, obwohl sie verheiratet<br />
gewesen war, was zu einer Anklage vor Gericht<br />
im Jahr 1520 geführt haben soll. Eine<br />
weitere Anklage wegen eines angeblich geplanten<br />
nächtlichen Angriffs auf den Maler<br />
Vincenzo Miola brachte sie erneut 1525 vor<br />
Gericht. Nur fünf Jahre später verstarb sie<br />
anscheinend an der Pest.<br />
Obwohl für das 19. Jahrhundert eine Zunahme<br />
der weiblichen Beschäftigung mit<br />
der Bildhauerei zu verzeichnen ist, konnte<br />
trotz großer Begabung und einigem öffentlichen<br />
Erfolg auch die Weimarerin Angelica<br />
Bellonata Facius (1806-1887), ein Schützling<br />
Goethes, nicht als Bildhauerin reüssieren.<br />
Entgegen des Bedenkens ihres Vaters, des<br />
Medailleurs, Stempel- und Steinschneiders<br />
Friedrich Wilhelm Facius (1764-1843), erhielt<br />
sie erst Unterricht im Zeichnen und<br />
Modellieren durch den Bildhauer Johann<br />
Peter Kauffmann (1764-1829), einem Cousin<br />
der Angelika Kauffmann.<br />
Dann studierte sie 1827-1835 mit der Genehmigung<br />
des Großherzogs Carl August<br />
in Berlin bei Christian Daniel Rauch (1777-<br />
1857). Nachdem sie nur einen einzigen Auftrag,<br />
von Maria Pawlowna, erhalten hatte,<br />
blieb ihre Haupttätigkeit das Anfertigen von<br />
Medaillen und Muschelkameen.<br />
Elisabeth Ney (1833-1907) hingegen, eine<br />
weitere Schülerin Rauchs, konnte sich erfolgreich<br />
gegen ihre männlichen Kollegen<br />
und in der Öffentlichkeit durchsetzen. Sie<br />
war eine der ersten Frauen, die 1852 in der<br />
Bildhauerklasse der Münchner Akademie<br />
Aufnahme fand. Sich Zeit ihres Lebens über<br />
alle Konventionen und Normen hinwegsetzend,<br />
war sie eine Künstlerin, die alleine von<br />
ihrer Porträtbildhauerei leben konnte.<br />
36
Auch die rund 50 Jahre später in Glatz in<br />
Schlesien geborene Bildhauerin Renée Sintenis<br />
(1888-1965) hatte Erfolg, obwohl auch<br />
noch zu dieser Zeit ihre Familie ihre Ausbildung<br />
an der Berliner Kunstgewerbeschule<br />
lediglich als sinnvolle Beschäftigung einer<br />
Tochter aus „gutem Hause“ betrachtete. Da<br />
ihr Vater für sie eine Sekretärinnenausbildung<br />
vorsah, sollte sie umgehend ihr Kunststudium<br />
aufgeben, was zum Bruch mit ihrer<br />
Familie führte.<br />
Sintenis setzte dann ihre Ausbildung an<br />
der Berliner Kunstgewerbeschule fort, u.a.<br />
bei Leo von König (1871-1944) und Wilhelm<br />
Haverkamp (1864-1929). Auch die Verheiratung<br />
1917 mit dem Schriftkünstler und Maler<br />
Emil Rudolf Weiß (1875-1942) konnten<br />
ihre Arbeit und vor allem rasch zunehmenden<br />
Erfolg nicht verhindern.<br />
1921 begann sie zudem eine Lehrtätigkeit<br />
an der Berliner Akademie, die sie bis zum<br />
Ausschluß 1934 durch die Nationalsozialisten<br />
ausübte. Von den Nationalsozialisten<br />
wurden ihre Arbeiten einerseits als Beispiel<br />
Niederschlesischer Kunst propagandistisch<br />
vorgeführt, auf der anderen Seite 1937 in der<br />
programmatischen Ausstellung „Entartete<br />
Kunst“ gezeigt.<br />
Die Folge war, daß sich die Künstlerin<br />
vom gesellschaftlichen Leben zurückzog<br />
und der Darstellung von Tieren, zuvor<br />
schon eines ihrer bevorzugten Motive, den<br />
Vorrang gab. 1947-1956 war sie Lehrbeauftragte,<br />
dann Professorin an der Hochschule<br />
für Bildende Künste in Berlin. 1952 wurde<br />
ihr als (erst) zweite Frau nach Käthe Kollwitz<br />
der „Ordre Pour le Mérite“ für Wissenschaften<br />
und Künste verliehen.<br />
Abschließend sei hier noch erwähnt, daß<br />
sich in der Architektur eine ähnliche, allerdings<br />
noch erheblich schlechtere Situation<br />
zeigt: Frauen kommen hier nur im Einzelfall<br />
vor oder ihre Leistungen wurden kaum<br />
gewürdigt bzw. schnell vergessen. Gesellschaftlich<br />
anerkannt war meist allein der<br />
Bereich der Innenarchitektur, das Einrichten<br />
und Ausstatten des Hauses als eigentliche<br />
Domäne der Frau.<br />
Renée Sintenis (1888-1965), <strong>Katalog</strong>-Nr. 322<br />
NACHWORT<br />
Der <strong>Katalog</strong> verdankt sein Entstehen einem<br />
lang gehegten Wunsch, über die Kunst<br />
von Frauen mehr in Erfahrung zu bringen,<br />
und der Absicht, der einseitigen Bewertung<br />
ihrer Kunst bzw. ausbleibender Rezeption<br />
neue Impulse zu geben.<br />
Auch sind wir der Meinung, daß Leben<br />
und Werk von zahlreichen Künstlerinnen,<br />
die nicht selten große Widerstände durchbrechen<br />
mußten, um schöpferisch tätig zu<br />
sein, nicht in Vergessenheit geraten sollten.<br />
Wenn auch unsere Darstellung allein als ein<br />
Versuch zu werten ist – die Fülle des Materials<br />
läßt nichts anderes zu.<br />
Zum Schluß sind noch einige grundlegende<br />
Fragen über die Kunst von Frauen<br />
anzufügen, die Germaine Greer 1980 in ihrer<br />
Publikation „Das unterdrückte Talent“<br />
aufgeworfen hat und heute noch, wie wir<br />
finden, die gleiche Relevanz, ja Brisanz besitzen:<br />
Wenn es irgendwelche Künstlerinnen<br />
gegeben hat, warum nicht mehr? Wenn wir<br />
ein gutes Gemälde von der Hand einer Frau<br />
finden können, wo ist ihr restliches Werk?<br />
Wie gut waren die Frauen, die ihren Lebensunterhalt<br />
durch die Malerei bestritten? 25<br />
Dem möchten wir noch anfügen: Warum<br />
ist es möglich, daß die Qualität einiger<br />
Arbeiten bis heute nicht anerkannt ist? Das<br />
sind auch unserer Auffassung nach Fragen,<br />
denen sich die heutige kunsthistorische Forschung<br />
nach wie vor annehmen sollte. Und<br />
es bleibt zu hoffen, daß zukünftig gerade auf<br />
diesem Gebiet noch manches Überraschende<br />
auf uns kommt.<br />
<br />
37
ANMERKUNGEN<br />
1<br />
Zitiert nach L. Seidler, aus: Jochen Schmidt-<br />
Liebich, Lexikon der Künstlerinnen 1700-1900,<br />
S. 427.<br />
2<br />
Hans Hildebrandt: Die Frau als Künstlerin,<br />
Berlin 1928, S. 109.<br />
3<br />
Renate Berger (Hrsg.): „Und ich sehe nichts,<br />
nichts als die Malerei“. Autobiographische Texte<br />
von Künstlerinnen des 18.-20. Jahrhunderts,<br />
Frankfurt am Main 1988, S. 61.<br />
4<br />
Bis zum Ausbruch der Französischen Revolution<br />
war Duchemin die erste von fünfzehn<br />
Frauen, die Aufnahme fanden, dazu vgl. Hildebrandt<br />
1928, S. 83.<br />
5<br />
Almut Krapf: Zur Geschichte des Frauenstudiums<br />
an der Akademie der bildenden Künste<br />
Wien, in: Akademie der bildenden Künste<br />
Wien, Internetseite unter http://www.akbild.<br />
ac.at/afg.<br />
6<br />
Zitiert nach Alfred Lichtwark, aus: Katja<br />
Behling/Anke Manigolt: Die Malweiber. Unerschrockene<br />
Künstlerinnen um 1900, München<br />
2009, S. 36.<br />
7<br />
Die Bezeichnung „Malweibchen“ stammt von<br />
dem Münchner Journalisten Fritz von Ostini.<br />
In einem Artikel titulierte er so alle Frauen, die<br />
unter künstlerischem „Vorwand“ in München<br />
lebten.<br />
8<br />
Zitiert nach A. Rühl-Gerstel: Das Frauenproblem<br />
der Gegenwart. Eine psychologische<br />
Bilanz, Leipzig 1932, S. 328 f., aus: Ausst. Kat.:<br />
Das Verborgene Museum I. Dokumentation<br />
der Kunst von Frauen in Berliner öffentlichen<br />
Museen, Neue Gesellschaft für Bildende Kunst<br />
e.V., Berlin (Hrsg.), Berlin 1987, S. 27.<br />
9<br />
1908 antwortet der Direktor der Königsberger<br />
Akademie, Ludwig Dettmann, auf eine Anfrage<br />
der Dresdner Akademie bezüglich der Ausbildung<br />
von Frauen, daß er grundsätzlich nichts<br />
gegen eine solche habe, aber zur schöpferischen<br />
Fähigkeit wie oben zitiert, aus: Ingrid von der<br />
Dollen: Malerinnen im 20. Jahrhundert. Bildkunst<br />
der “verschollenen Generation”, München<br />
2000, S. 29.<br />
10<br />
Zitiert nach G. Simmel: Weibliche Kultur,<br />
in: Philosophische Kultur, Gesammelte Essays,<br />
Leipzig 1911, S. 304, aus: Das Verborgene Museum<br />
I 1987, S. 27.<br />
11<br />
Zitiert nach K. Scheffler: Die Frau und die<br />
Kunst, Berlin 1908, S. 92, aus: Das Verborgene<br />
Museum I 1987, S. 27.<br />
12<br />
Hildebrandt 1928, S. 9.<br />
13<br />
Zitiert nach W. H. Riehl: Die Familie, Stuttgart<br />
1889, S. 19, aus: Das Verbogene Museum I<br />
1987, S. 30.<br />
14<br />
Zitiert aus: Angelika Müller Scherf: Edmund<br />
Kanoldt. Leben und Werk, Pfenweiler 1992, S.<br />
39.<br />
15<br />
Zitiert aus: Ausst. Kat.: Zwischen Ideal und<br />
Wirklichkeit. Künstlerinnen der Goethe-Zeit<br />
zwischen 1750 und 1850, hrsg. von Bärbel Kovalevski,<br />
Ostfildern-Ruit 1999, S. 21.<br />
16<br />
Zitiert nach Clara von Rappard (1857-1912),<br />
aus: Behling/Manigolt 2009, S. 121.<br />
17<br />
Das Verborgene Museum I 1987, S. 23.<br />
18<br />
Berger 1987, S. 281.<br />
19<br />
Ebd., S. 222.<br />
20<br />
Ebd., S. 219.<br />
21<br />
Tagebuch, 18.1.1933. Charlotte Berend-Corinth:<br />
Mein Leben mit Lovis Corinth, München<br />
1947.<br />
22<br />
Berger 1987, S. 281.<br />
23<br />
Vgl. Marianne Gillbert: Das gab´s nur einmal.<br />
Verloren zwischen Berlin und New York, Zürich<br />
2007, S. 7 f. Marianne Gilbert ist die Nichte von<br />
Else Winterfeld; ihr Vater war der Komponist,<br />
Texter von Schlagern und Musikfilmen, Sänger<br />
und Schauspieler Robert Gilbert, eigentlich Robert<br />
David Winterfeld (1899-1978), der Bruder<br />
von Henry Winterfeld (1901-1990), Ehemann<br />
von Else Winterfeld.<br />
24<br />
Vgl. Mitteilungen des „Verein Berliner Künstler“,<br />
Januar 1939, Todesanzeige Else Winterfeld:<br />
„Wir verloren durch den Tod unser langjähriges<br />
Mitglied Else Winterfeld und bitten die<br />
Mitglieder, die sie gekannt haben, ihr ein ehrendes<br />
Andenken zu bewahren“.<br />
25<br />
Germaine Greer: Das unterdrückte Talent:<br />
Die Rolle der Frauen in der bildenden Kunst,<br />
Berlin/Frankfurt am Main/Wien 1980, S. 6.<br />
38
KATALOG – TEIL 1: PORTRÄTS UND KÜNSTLERINNENVEREIN<br />
1. Carl Johann Arnold<br />
1829 Kassel – Jena 1916<br />
Gründung des Vereins der Künstlerinnen und<br />
Kunstfreundinnen zu Berlin. Gedenkblatt<br />
zum 31. Jan. 1867. Lithographie mit bräunlicher<br />
Tonplatte gedruckt, auf aufgewalztem<br />
China. 35,5:28 cm. – Stockfleckig.<br />
Thema ist vermutlich die Auseinandersetzung<br />
um ein eigenes Vereinshaus für die<br />
neue Vereinigung. Daneben zeigen sich<br />
links Hinweise auf die Künstlervereinigung<br />
„Malkasten“ in Düsseldorf, dessen Vereinshaus<br />
zu dieser Zeit kurz vor der Vollendung<br />
stand.<br />
Der Verein der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen<br />
zu Berlin ist die älteste Vereinigung<br />
von und für Künstlerinnen. Erst<br />
15 Jahre später erfolgte die Gründung des<br />
„Künstlerinnenvereins München“.<br />
Arnolds liebenswürdige Genrebilder fanden<br />
in der breiten Öffentlichkeit große Beachtung.<br />
Sie finden sich viel<strong>fach</strong> in illustrierten<br />
Zeitschriften wie „Gartenlaube“ und „Über<br />
Land und Meer“.<br />
[1]<br />
39
[2]<br />
2. Sofonisba Anguissola, nach<br />
um 1535 Cremona – Palermo 1625<br />
„Sofonisba Anguisciola Pittrice.“ Dreiviertelfigur<br />
nach links an der Staffelei sitzend. Schabkunst<br />
von William Baillie (1723-1792), nach einem<br />
Selbstbildnis, auf Bütten. 35,8:25,5 cm. – Guter<br />
Abdruck mit Rändchen um die Plattenkante,<br />
etwas stockfleckig.<br />
Literatur: Nagler Monogr. Bd. V, 1552, 4; Andresen<br />
(Baillie) 17.<br />
SOFONISBA ANGUISSOLA<br />
um 1535 Cremona – Palermo 1625<br />
Sofonisba Anguissola war die erste<br />
Malerin der Renaissance, die europäische<br />
Berühmtheit erlangte. Sie wurde<br />
von ihrem Vater schon früh zu dem<br />
Porträtmaler B. Campi (1522-1591) geschickt.<br />
1549 setzte Sofonisba ihr Studium<br />
bei B. Gatti, genannt Il Sojaro (um<br />
1495 – um 1575) fort und wurde nachfolgend<br />
eine gefragte Porträtistin, die<br />
sich neben ihren männlichen Kollegen<br />
behaupten konnte. 1559 weilte sie am<br />
Hof des Vizekönigs Duca di Sessa in<br />
Mailand, von dort aus ging sie im darauffolgenden<br />
Jahr nach Madrid an den<br />
königlichen Hof.<br />
Dort wurde sie die Hofdame und Zeichenlehrerin<br />
der erst 14jährigen Isabella<br />
von Valois, der Gattin Philipp II.<br />
Nach deren frühem Tod im Jahr 1568<br />
diente sie für wenige Jahre ihrer Nachfolgerin,<br />
der Erzherzogin Anna von<br />
Österreich.<br />
Um 1573 heiratete Sofonisba Fabrizio<br />
von Moncada, den Bruder des Prinzen<br />
von Paterno auf Sizilien. Nach dessen<br />
Tod 1578 vermählte sie sich ein Jahr<br />
später erneut, in Genua mit dem adeligen<br />
Schiffskapitän Orazio Lomellino,<br />
mit dem sie zunächst in dessen Heimatstadt<br />
Genua und ab etwa 1615 in Palermo<br />
lebte. Beziehungen zu Michelangelo<br />
und Vasari lassen früh auf die Bedeutung<br />
schließen, die ihrem Werk beigemessen<br />
wurde.<br />
[3]<br />
3. Anonym<br />
Ende 18./frühes 19. Jh.<br />
Unbekannte Bildhauerin beim Modellieren<br />
der Büste eines Mannes (J.H. Winckelmann<br />
?). Nahezu en face Brustbild mit leicht nach<br />
links und unten gewandtem Kopf. Radierung,<br />
auf Bütten. 14,4:10,8 cm. – Schöner<br />
Abdruck. Im Rand etwas fleckig.<br />
Die Darstellung – der Bildhauer beim Modellieren<br />
einer Büste – zeigt ein klassisches<br />
Sujet, das spätestens seit B. Thorvaldsen<br />
(1770-1844) bekannt ist.<br />
Das Interessante an diesem Blatt ist das<br />
mit Lorbeerkranz geschmückte Haupt, das<br />
möglicherweise auf die Begabung, mehr<br />
noch auf den zu erwartenden öffentlichen<br />
Ruhm der Künstlerin verweisen soll.<br />
Darüber hinaus weisen die eher typisierten<br />
Züge der jungen Frau als auch die Gewan-<br />
40
dung darauf hin, daß der Künstler oder die<br />
Künstlerin hier weniger eine bestimmte Person<br />
wiedergeben, vielmehr dem Publikum –<br />
trotz einer nicht zu übersehenden erotischen<br />
Komponente, betont durch das Abgleiten<br />
des Gewandes an der linken Schulter – eine<br />
erfolgreiche künstlerisch tätige Frau präsentieren<br />
wollte. Und das auf einem Gebiet der<br />
Bildenden Kunst, das noch mehr als das der<br />
Malerei eine Domäne der Männer war.<br />
[4]<br />
4. Rosalba Carriera, nach<br />
1675 – Venedig – 1757<br />
Rosalba Carriera. Büste im Dreiviertelprofil<br />
nach rechts, im Hochoval mit gestochener<br />
Umrahmung. Kolorierter Kupferstich von<br />
Bernard Lépicié (1698-1755), nach einem<br />
Selbstbildnis, auf Bütten. 14,1:10,1 cm. –<br />
Vollrandig, etwas vergilbt und fleckig.<br />
Literatur: Nagler 48.<br />
ROSALBA CARRIERA<br />
1675 – Venedig – 1757<br />
Rosalba Carriera erhielt ihre Ausbildung<br />
durch G. Diamantini (1621-1705) und A. Balestra<br />
(1666-1740) und erregte großes Aufsehen<br />
vor allem mit ihren Miniaturporträts.<br />
1705 wurde sie in die Accademia di San Luca<br />
zu Rom aufgenommen. Sie erhielt zahlreiche<br />
Aufträge auch von ausländischen Höfen.<br />
Auf Einladung des Sammlers und Bankiers<br />
P. Crozat (1665-1740) kam sie 1720 nach<br />
Paris, wo sie sehr gefeiert und zum Mitglied<br />
der Académie Royale ernannt wurde.<br />
Der Pastelltechnik besonders zugewandt,<br />
zählt sie zu deren unumstrittenen Meistern.<br />
1721 kehrte sie nach Venedig zurück, wo sie<br />
mit ihren Schwestern zusammenlebte. 1751<br />
erblindete sie an einem sich seit 1746 anbahnenden<br />
schweren Augenleiden. Die spätestens<br />
seit dem Tod ihrer Schwester Giovanna<br />
1737 und dem ihrer Mutter im darauffolgenden<br />
Jahr melancholische Künstlerin<br />
verfiel in ihren letzten Lebensjahren in<br />
tiefste Verzweiflung.<br />
Rosalba Carriera ist wohl die berühmteste<br />
italienische Malerin des 18. Jahrhunderts.<br />
5. Cornelis van Dalen jun.<br />
1638 Amsterdam – vor 1664<br />
Anna Maria van Schurmann (1607 Köln –<br />
Wiewert 1678). Halbfigur nach rechts, im<br />
Hochoval mit Umschrift, vor Draperie und<br />
Fenster mit Ausblick auf die Kathedrale von<br />
Utrecht. Mit sechszeiliger Legende, gehalten<br />
von Putten, und mit Attributen der Schönen<br />
Künste. Kupferstich, nach einem Gemälde<br />
von Cornelis I Jonson van Ceulen (1593-<br />
1661), auf Bütten mit Wasserzeichen: Schellenkappe.<br />
30,8:24,5 cm. – Minimal stockfleckig,<br />
horizontale Knickfalte geglättet.<br />
Literatur: Wurzbach 32, I: mit der Adresse<br />
von de Jonghe; Drugulin 19033; vgl. auch<br />
Kat.-Nr. 13.<br />
[5]<br />
ANNA MARIA VAN SCHURMANN<br />
1607 Köln – Wiewert 1678<br />
Anna Maria van Schurmann war eine Universalgelehrte,<br />
die als „Stern von Utrecht“<br />
als Wahrzeichen der vom niederländischen<br />
Späthumanismus erreichten Blüte der Bildung<br />
angesehen wurde. Mit bedeutenden<br />
Gelehrten korrespondierte sie. Sie sprach<br />
und schrieb in neun Sprachen.<br />
41
Zudem tat sie sich hervor auf dem Gebiet<br />
der Stickerei, der Glasmalerei, der Holzschneiderei<br />
und Kupferstecherkunst, war<br />
eine Virtuosin in der Musik und arbeitete<br />
als Malerin, Dichterin, Geographin, Astronomin,<br />
Theologin, Pädagogin, Historikerin<br />
und Philosophin.<br />
Um 1666 schloß sie sich dem frühpietistischen<br />
Prediger Jean de Labadie (1610-1674)<br />
und seinem Kreis an. Mit diesen ging sie<br />
von Middelburg nach Amsterdam und 1670<br />
nach Herford/Westfalen, wo sie für kurze<br />
Zeit Zuflucht bei der Fürstäbtissin Elisabeth<br />
fanden. Die nächste Station war Altona, wo<br />
Labadie verstarb, weshalb Schurmann zum<br />
Haupt der kleinen Bewegung wurde. Nach<br />
gemeinsamem Umzug ins westfriesische<br />
Wiewert verstarb sie.<br />
6. Loys Henri Delteil<br />
1869 – Paris – 1927<br />
Malerin an der Staffelei, Ganzfigur sitzend<br />
nach links. Radierung, 1896, auf Velin.<br />
32,7:38,5 cm. – Breitrandiger Abdruck,<br />
Knickfalte in der linken unteren Ecke geglättet.<br />
Obwohl Delteil selbst ein talentierter Künstler<br />
war, ist er bis heute in erster Linie als<br />
Verfasser des mehrbändigen Werkes „Peintre-Graveur<br />
illustré“, bekannt, ein Nachschlagewerk<br />
über französische Graphiker.<br />
Bei der dargestellten Malerin könnte es<br />
sich um die US-amerikanische Malerin des<br />
Impressionismus Lilla Cabot Perry (1848<br />
Bosten – Hancock/N.H. 1933) handeln, die<br />
von 1889-1898 die Sommer in Giverny in<br />
der Nähe von Claude Monet (1840-1926)<br />
verbrachte, der großen Einfluß auf ihr Werk<br />
ausübte.<br />
Die bei Wikipedia abgebildeten Porträts der<br />
Künstlerin aus unterschiedlichen Jahren<br />
unterstützen diese Annahme.<br />
[6]<br />
7. Deutsch oder Englisch<br />
um 1760/70<br />
Bildnis einer jungen Künstlerin, die ihren<br />
Zeichenstift anfeuchtet. Büste im Dreiviertelprofil<br />
nach rechts (evtl. Angelika Kauffmann).<br />
Rötel und schwarze Kreide, auf beige<br />
grundiertem Bütten. 44:29,5 cm. – Insgesamt<br />
nicht ganz frisch.<br />
42
[7] [8]<br />
Die Identität der Dargestellten zu lüften, ist<br />
uns nicht zweifelsfrei gelungen. Jedoch folgen<br />
wir einer Anregung von Dr. B. Baumgärtel,<br />
Düsseldorf (E-Mail vom 21.02.2010),<br />
wenn wir auf die Ähnlichkeit unserer Zeichnung<br />
mit dem Bildnis der Kauffmann von<br />
Nathaniel Dance (1735-1811) hinweisen, der<br />
die Künstlerin sehr verehrt und sie mehr<strong>fach</strong><br />
porträtiert hatte, aus dem Besitz der<br />
National Galleries of Scotland, Edinburgh<br />
(vgl. Angelika Kauffmann. Ein Weib von<br />
ungeheurem Talent. Hrsg. v. T. G. Natter,<br />
Ostfildern 2007, Abb. S. 55).<br />
8. Catherine Duchesne<br />
tätig in Frankreich, 1. Hälfte 18. Jh.<br />
Geneviève Blancheau, auch Geneviève Blanchot,<br />
genannt Godon (tätig in Frankreich<br />
Ende 17./1. Hälfte 18. Jahrhundert). Die junge<br />
Malerin, sitzend nach links, Portrait en face.<br />
Mit vierzeiliger Legende. Schabkunst, nach<br />
einem Gemälde von Jean-Baptiste Santerre<br />
(1651-1717), auf Bütten. 29,5:19,5 cm. – Am<br />
Unterrand auf die Plattenkante geschnitten,<br />
dort handschriftliche Notiz (Tinte). Verso<br />
leicht durchscheinende Reste alter Verklebung.<br />
Literatur: Nagler Bd. 3, S. 497; Le<br />
Blanc 1.<br />
43
9. Valentine Green<br />
1739 Salford/Evesham – London 1813<br />
Mrs. Maria Cosway (1759-1838), geb. Hadfield.<br />
Halbfigur nach links, in einem Sessel<br />
mit überkreuzten Armen sitzend, vor einer<br />
Landschaft bei Sonnenuntergang. Schabkunst,<br />
1787, nach einem Selbstbildnis der<br />
Künstlerin von 1786, auf Bütten. 46,7:34,3<br />
cm. Mit der Adresse von Valentin und Richard<br />
Green. – Etwas fleckig, sonst tadellos.<br />
– Faksimile der Reichsdruckerei Berlin.<br />
Valentine Green war ein bekannter Zeichner<br />
und Kupferstecher, der besonders die<br />
Schabkunst meisterhaft ausübte.<br />
MARIA COSWAY<br />
1759 Hadfield – 1838<br />
Maria Cosway war eine vielseitige Künstlerin,<br />
die nicht nur malte, zeichnete und<br />
gravierte, sondern auch musizierte und<br />
komponierte. 1781 heiratete sie den Miniaturmaler<br />
R. Cosway (1742-1821). In<br />
London erlangte sie durch Ausstellungen<br />
an der Royal Academy of Art Bekanntheit<br />
und hatte einen exklusiven internationalen<br />
Freundeskreis.<br />
CATHARINA HECKEL, verh.<br />
SPERLING<br />
1699 – Augsburg – 1741<br />
Die Malerin und Radiererin, seit 1725 Gattin<br />
des Kupferstechers H. Sperling (1695-<br />
1777), erlernte das Zeichnen bei ihrem Vater<br />
M. Heckel (1685-1726) und das Radieren<br />
bei J.U. Kraus (1655-1719). In der Öl- und<br />
Miniaturmalerei bildete sie sich autodidaktisch<br />
aus. Auch schuf sie Stiche und Radierungen<br />
für verschiedene Bücher.<br />
[9]<br />
[10]<br />
10. Catharina Heckel,<br />
verh. Sperling, nach<br />
1699 – Augsburg – 1741<br />
Selbstbildnis. Halbfigur,<br />
ein Porträt in den Händen<br />
haltend. Umrißradierung,<br />
von Georg Christian Kilian<br />
(1709-1781), auf Bütten.<br />
8,7:11,8 cm.<br />
Literatur: Nicht bei Nagler.<br />
44
SUSANNA MARIA<br />
PREISSLER, geb.<br />
DORSCH<br />
(1701 – Nürnberg – 1765)<br />
Susanna Maria Preißler,<br />
die Frau von Johann Justin<br />
Preißler (1698-1771),<br />
war vor allem als Gemmen-Schneiderin,<br />
aber<br />
auch als Kupferstecherin<br />
tätig.<br />
Ausgebildet wurde sie<br />
durch ihren Vater, den<br />
Nürnberger Glas- und<br />
Edelsteinschneider Johann<br />
Christoph Dorsch<br />
(1676-1732).<br />
[11] [12]<br />
11. Andreas Leonhard Moeglich<br />
1742 – Nürnberg – 1810<br />
Johann Justin Preißler (1698 – Nürnberg<br />
– 1771) und Susanna Maria Preißler, geb.<br />
Dorsch (1701 – Nürnberg – 1765). Doppelbildnis<br />
im Profil nach links, im Hochoval über<br />
Lorbeergirlande. Aquatinta und Kupferstich<br />
in Punktiermanier in Braun, 1803, nach einer<br />
Zeichnung von Gustav Philipp Zwinger<br />
(1779-1819), auf Velin. 42,8:34,3 cm. Mit<br />
dem Trockenstempel Moeglichs.<br />
Im Rand kleinere Einrisse, etwas unfrisch.<br />
Kleine Quetschfalte vom Druck in der Darstellung.<br />
Literatur: Nagler 6 und 7; Le Blanc 7 und<br />
8; Drugulin 16536; Thieme/Becker XXXVI<br />
(Zwinger), S. 612.<br />
12. Valentin-Daniel Preißler<br />
1717 – Nürnberg – 1765<br />
Susanna Maria Dorsch (1701 – Nürnberg<br />
– 1765). Halbfigur nach rechts, an einem<br />
Sammlungsschrank für Gemmen stehend,<br />
eine Gemme in der Linken. Schabkunst, nach<br />
einem Gemälde von Johann Justin Preißler<br />
(1698-1771), auf festem Bütten. 35:25,5 cm.<br />
– Leicht stockfleckig, horizontale Knickfalte<br />
(nur verso sichtbar) geglättet.<br />
Literatur: Nagler 1; Le Blanc 30; Thieme/Becker<br />
IX (Dorsch), S. 488.<br />
Johann Justin Preißler war ein bekannter<br />
Maler und Kupferstecher, der zeitweise in<br />
Italien, meist in Nürnberg arbeitete, wo er<br />
Direktor der örtlichen Akademie war.<br />
45
15. Lucas Vorsterman I<br />
1595 Zaltbommel – Antwerpen 1675<br />
[13] [14]<br />
Gertrude van Veen (Venius), verh. Malo (1602<br />
– Antwerpen – 1643). Halbfigur im Dreiviertelprofil<br />
nach rechts, im Hochoval mit Umschrift,<br />
mit Beiwerk aus dem Tätigkeits- und<br />
Lebensbereich der Künstlerin. Kupferstich,<br />
nach einem Selbstbildnis der Künstlerin<br />
von 1622, auf grautonigem Bütten. 32,2:22,1<br />
cm. – Ingesamt etwas fleckig und mit Bereibungen,<br />
Mitte Rand oben Nagellöchlein,<br />
Quetsch- und Knickfalten geglättet.<br />
Literatur: Hollstein 214 III (von 4).<br />
Lucas Vorsterman I. gehörte der berühmten<br />
Stecherschule von P.P. Rubens (1577-1640)<br />
an. Gertrude van Veen war die Tochter des<br />
bekannten Rubens-Lehrers Otto van Veen<br />
(1556-1629) und betätigte sich auf dem Gebiet<br />
der Porträtmalerei.<br />
13. Jonas Suyderhoff<br />
um 1613 – Haarlem 1668<br />
Anna Maria van Schurmann (1607 Köln –<br />
Wiewert 1678). Brustbild nach rechts, vor<br />
aufgeschlagenem Buche am Tische sitzend.<br />
Kupferstich, nach Jan Lievens d.Ä. (1607-<br />
1674), auf Bütten mit Wasserzeichen: Kleiner<br />
bekrönter Wappenschild (Heawood<br />
137). 35:25,3 cm. – Auf die Plattenkante geschnitten.<br />
Etwas stockfleckig.<br />
Provenienz: Sammlungen: Rudolf Peltzer,<br />
Köln (Lugt 2231); William Sharp, Manchester<br />
(Lugt 2650).<br />
Literatur: Wurzbach und Dutuit 78, II (von<br />
III): mit der Adresse von Banheinningh;<br />
Drugulin 19032.<br />
14. Friedrich Carl Vogel<br />
1806 Frankfurt am Main – Venedig 1865<br />
„Maria Catharina Prestel, geborene Höll“.<br />
Kopf mit Haube im Profil nach links. Lithographie,<br />
nach einer Zeichnung von Johann<br />
Gottlieb Prestel (1739-1808), auf aufgewalztem<br />
China. 22,5:15,7 cm. – Im breiten Rand<br />
etwas unfrisch.<br />
Literatur: Gwinner, S. 374; Drugulin 16544;<br />
Thieme/Becker XXXIV, S. 481.<br />
Friedrich Carl Vogel besaß eine Lithographische<br />
Anstalt in Frankfurt am Main.<br />
Zur Biographie von Maria Catharina<br />
Prestel (1747-1794) siehe S. 157.<br />
[15]<br />
46
KATALOG – TEIL 2: ZEICHNUNGEN UND GRAPHIK VON KÜNSTLERINNEN<br />
MATHILDE ADE<br />
1877 Sárbogárd/Ungarn – Dachau 1953<br />
Mathilde Ade war hauptsächlich als Illustratorin auf dem Gebiet der<br />
Karikatur und des Kinderbuchs tätig. 1894-1920 war sie Mitarbeiterin<br />
der „Meggendorfer Blätter“, für die sie auch Witze und Reime,<br />
später auch Texte schrieb, sowie der „Jugend“.<br />
THERESE AHLBORN<br />
1. Hälfte 19. Jahrhundert<br />
Über Therese Ahlborn ist nichts bekannt. Möglicherweise war sie die<br />
Ehefrau des gebürtigen Hannoveraner Malers August Wilhelm Julius<br />
Ahlborn (1796-1857), der 1827 nach Italien ging und bis zu seinem Lebensende<br />
in Florenz, Ascoli Piceno und Rom lebte.<br />
Ihr Studium absolvierte<br />
sie an<br />
der Kunstgewerbeschule<br />
in<br />
München, wo sie<br />
anschließend ansässig<br />
blieb. 1921<br />
siedelte sie nach<br />
Passau über; die<br />
Technik der Glasmalerei<br />
kam hier<br />
hinzu. 1928 zog<br />
sie nach Dachau.<br />
[16]<br />
Mathilde Ade<br />
gilt als eine der<br />
bedeutendsten<br />
deutschen Exlibriskünstlerinnen.<br />
16. Mathilde Ade<br />
Zarte Annäherung. Junges Paar auf einem Wiesenhang lagernd. Feder<br />
und Kreide in Schwarz, mit Deckweißlichtern, auf cremefarbenem<br />
Velin, rechts signiert „M. Ade“. 46,6:37,8 cm.<br />
Vorzeichnung für eine Illustration, erschienen in: „Meggendorfer<br />
Blätter“, Nr. 2006.<br />
[17]<br />
17. Therese Ahlborn<br />
Landschaft mit Castel Gandolfo am Albaner See. Im Vordergrund zwei<br />
Kinder auf einem Esel, der von einem weiteren Kind geführt wird. Aquarell,<br />
über Bleistift, auf Velin, rechts unten signiert und datiert „Therese<br />
Ahlborn 13. Juni 1837“. 16,4:22,1 cm. – Auf Untersatz montiert.<br />
Reizende italienische Genreszene, die von einer flott gemalten Landschaftskulisse<br />
hinterfangen wird.<br />
47
LOULOU ALBERT-LASARD, geb.<br />
LAZARD<br />
1885 Metz – Paris 1969<br />
Die Aquarellistin und Lithographin Loulou<br />
Albert-Lasard, Tochter des jüdischen Bankiers<br />
Leopold Lazard, erhielt früh privaten<br />
Zeichenunterricht und besuchte gemeinsam<br />
mit ihrer Schwester, der Malerin Ilse<br />
Heller-Lazard (1883-1934), 1904-1906 die<br />
Zeichenschule in München als Schülerin<br />
von G. Parin (1876-1944). 1908-1914 besuchte<br />
sie Kunstschulen in München und 1912 in<br />
Paris. Unterbrochen wurde ihre Ausbildung<br />
1908, gegen den Willen ihrer Eltern, durch<br />
die Heirat mit dem Chemiker und Gründer<br />
der Firma „Albert & Bruckmann“ E. Albert<br />
sowie 1910 durch die Geburt ihrer Tochter,<br />
der späteren Malerin Ingo de Croux (1910-<br />
1995) und durch eine Reise nach Rom. Bis<br />
zum Kriegsausbruch pendelte sie immer<br />
wieder zwischen München und Paris.<br />
1914 vom Kriegsausbruch in der Bretagne<br />
überrascht, mußte sie nach Deutschland<br />
zurückkehren, wo sie im September im<br />
Heilbad Irschenhausen Rainer Maria Rilke<br />
kennenlernte. Gemeinsam mit Rilke zog<br />
sie kurz darauf nach München in die Pension<br />
Pfanner, wo sie bereits vor ihrer Ehe<br />
gelebt und ein Atelier hatte – ihr Mann<br />
drohte währenddessen mit Scheidung. Die<br />
stürmische und komplizierte Liebesaffäre<br />
dauerte bis 1916. Anschließend weilte<br />
sie bis 1918 in München und Ascona.<br />
Eine kurze gemeinsame Zeit mit Rilke fand<br />
noch einmal in Rodaun bei Wien 1918 statt.<br />
1919-1928 lebte sie in Berlin, wo<br />
sie sich der „Novembergruppe“<br />
anschloß und wie zuvor in München<br />
enge Kontakte zu Vertretern<br />
avantgardistischer Kunst pflegte,<br />
die ihr Werk entscheidend beeinflußten.<br />
Nach dem Tod ihres Vaters<br />
ermöglichte ihr die Erbschaft<br />
den Umzug nach Paris, wo sie u.a.<br />
freundschaftlichen Kontakte mit<br />
H. Matisse (1869-1954), A. Giacometti<br />
(1901-1966) und R. Delaunay<br />
(1885-1941) pflegte.<br />
Von Paris aus unternahm sie Reisen,<br />
häufig in Begleitung ihrer<br />
Tochter, nach Nordafrika, Indien,<br />
Indochina und Tibet. Im Mai 1940<br />
wurde sie in das Internierungslager<br />
Gurs inhaftiert, jedoch wenige Monate<br />
später entlassen. 1952 veröffentlichte<br />
sie ihr Erinnerungsbuch<br />
„Wege mit Rilke“.<br />
[19]<br />
[18]<br />
18. Loulou Albert-Lasard<br />
Zwei Affen. Aquarell und Feder in Schwarz, auf gelblichem<br />
Pauspapier, links oben signiert und datiert<br />
„Loulou Albert-Lasard. 1931“. 28:35 cm.<br />
Vorzeichnung für eine Illustration zu: P. Valery: Paraboles,<br />
12 Reproduktionen nach Aquarellen von L.<br />
Albert-Lasard, Paris 1935.<br />
19. Loulou Albert-Lasard<br />
Landschaft mit Hahn und<br />
Goldfasanenpaar. Aquarell,<br />
Feder und Pinsel in Schwarz,<br />
auf festem strukturiertem Papier,<br />
links unten signiert „Lou<br />
Albert-Lasard.“. 36,1:51,4 cm.<br />
Da sie seit ihrem Berlin-Aufenthalt<br />
in den 20er Jahren<br />
ihren Namen mit „s“ statt<br />
mit „z“ schrieb, ist davon auszugehen,<br />
daß das Blatt nach<br />
1919 entstand.<br />
48
ERNESTINE VON AUER, geb. VON<br />
BRESLAU<br />
1827 – München – 1910<br />
Ernestine von Auer, Tochter des königlichen-bayerischen<br />
Leibarztes und Universitätsprofessors<br />
Heinrich Ritter von Breslau,<br />
war verheiratet mit Maximilian von Auer<br />
(1821-1881), Gutsbesitzer und Abgeordneter<br />
des bayerischen Landtags für den Wahlkreis<br />
Wasserburg/Oberbayern. Sie lebte mit ihrem<br />
Mann auf Schloß Aufhausen.<br />
Befreundet war sie mit der Familie von Walter<br />
Freiherr von Grainger, die in der Nähe<br />
auf Schloß Heiligblut in Erding lebte und<br />
das Treffpunkt des bayerischen und europäischen<br />
(Hoch-)Adels war.<br />
Überliefert sind von ihr Tagebücher von<br />
1860-1873, die über ihre gesellschaftlichen<br />
Kontakte Auskunft geben. Nach dem Tod<br />
ihres Mannes, aus der Ehe gingen zwei Kinder<br />
hervor, verkaufte sie 1883 das Schloß an<br />
Robert von Froelich.<br />
20. Ernestine von Auer<br />
Baumgruppe im Forstenrieder Park. Aquarell,<br />
über Bleistift, auf festem chamoisfarbenem<br />
Velin, verso bezeichnet und datiert „Im<br />
Forstenrieder Park. den 27ten August 1845.“<br />
19,5:14,7 cm.<br />
Literatur: Aus adeligen Alben. 100 Aquarelle<br />
des 19. Jahrhunderts. Buch und Kunstantiquariat<br />
Robert Wölfle, München 1993,<br />
Kat. 88, Nr. 12 mit Farbabb.<br />
49
CHARLOTTE BALZER, geb. AUER-<br />
WECK, später AUERWECK-PERO<br />
1875 München (?) – Frankfurt am Main<br />
oder Oberursel 1910<br />
Tochter des in München tätigen Dekorationsmalers<br />
Josef Auerweck (geb. 1831)<br />
und der Viktoria geb. Sailer, die in zweiter<br />
Ehe den in München tätigen Marinemaler<br />
Bernhard Wilhelm Adolf Pero (geb. 1839),<br />
genannt Willi Pero, ehelichte. Sie studierte<br />
wohl an der Städelschule in Frankfurt am<br />
Main.<br />
1902 heiratete sie den Frankfurter Maler<br />
F. Balzer (1872-1916), den sie seit dessen<br />
Kronberger Studienzeit bei A. Burger (1824-<br />
1905) um 1892/1893 kannte. Das Paar ließ<br />
sich dann für kurze Zeit in Frankfurt nieder.<br />
Laut dessen Vita folgten bis 1910 ständig<br />
wechselnde Aufenthalte im Taunus, in<br />
Eppstein, Vockenhausen, Dreieichenhain,<br />
Frankfurt, Hochstadt und 1906-1910 in<br />
Oberursel.<br />
Die ausbleibende öffentliche Anerkennung<br />
ihres Mannes, die daraus resultierenden<br />
spärlichen Verkäufe und damit verbunden<br />
große wirtschaftliche Not, auch eine anzunehmende<br />
labile Konstitution Lotti Balzers,<br />
schon vor der Verehelichung, führten<br />
zu einer Tuberkulose-Erkrankung, an der<br />
sie im Alter von erst 35 Jahren verstarb. Es<br />
ist dokumentiert, daß Lotti Balzer sich von<br />
Mai bis November 1905 wegen ihrer Lungenerkrankung<br />
in Wilhelmsbad bei Hanau<br />
aufhielt, begleitet von ihrem Mann und dem<br />
mit ihm befreundeten Maler H. Treuner<br />
(1876-1962).<br />
Aus dem Nachlaß ihres Mannes<br />
sind mehrere Skizzenbücher<br />
Lotti Balzers überliefert,<br />
die meist Kinder- und Pflanzendarstellungen<br />
zeigen. Allerdings<br />
ist zu vermuten, daß<br />
sie sich nach der Heirat nur<br />
noch selten der künstlerischen<br />
Arbeit widmete, jedoch wie<br />
die wenigen überlieferten Arbeiten<br />
beweisen, Talent hatte.<br />
Von F. Balzer selbst sind zahlreiche<br />
Porträts überliefert, die<br />
seine Frau bei verschiedenen<br />
Alltagstätigkeiten zeigen, so<br />
etwa beim Musizieren oder<br />
1908 beim Lesen der Kunstzeitschrift<br />
„Jugend“, betitelt<br />
„Interessantes Weib“.<br />
Gerade letztere Darstellung<br />
dokumentiert sowohl die liebevolle<br />
Bewunderung, die der<br />
Künstler seiner Frau entgegenbrachte,<br />
als auch Lotti Balzers<br />
Offenheit und Interesse<br />
an zeitgenössischen avantgardistischen<br />
Kunstströmungen.<br />
21. Charlotte Balzer<br />
Selbstbildnis, Ganzfigur im Dreiviertelprofil nach links an einem Tisch sitzend, in den Händen<br />
einen Zeichenblock und -stift haltend, links im Hintergrund Staffelei mit Bild. Aquarell, Feder<br />
in Braun und Pinsel in Schwarz, mit schwarzer Kohle und Bleistift umrandet, auf chamoisfarbenem<br />
Velin, rechts unten monogrammiert „L.B.“. Ca. 18,9:12,1 cm. Verso Nachlaß-<br />
Stempel von Ferdinand Balzer. – In den Rändern ungleich beschnitten, sonst tadellos!<br />
[21]<br />
50
CAROLINE BARDUA<br />
1781 – Ballenstedt – 1864<br />
Die Porträt- und Historienmalerin Caroline<br />
Bardua war u.a. in Weimar, Dresden und<br />
Berlin tätig. Ihre künstlerische Ausbildung<br />
erhielt sie ab 1805 an der Weimarer Malerschule,<br />
wo sie Schülerin von H. Meyer<br />
(1760-1832) war. In Weimar schloß sie sich<br />
dem Kreis um Goethe, Wieland und Johanna<br />
Schopenhauer an. 1808 ging sie nach<br />
Dresden und wurde Schülerin von F.G. von<br />
Kügelgen (1772-1820).<br />
In dieser Zeit befreundete sie sich mit C.D.<br />
Friedrich (1774-1840), den sie mehr<strong>fach</strong><br />
porträtierte; Friedrich selbst besuchte sie<br />
1811 in Ballenstedt. In diesem Jahr schloß<br />
sie auch Bekanntschaft mit der Fürstin von<br />
Zerbst und deren Schwester, der Prinzessin<br />
Christine von Sondershausen, die beide ihren<br />
Witwensitz im Schloß zu Coswig hatten.<br />
Die Schwestern richteten ihr ein Atelier<br />
im Schloß ein, ein Porträt der Prinzessin<br />
Christine zeugt u.a. von diesem Aufenthalt.<br />
Anschließend reiste Caroline mit ihrer<br />
Schwester Wilhelmine (1798-1865), die Carolines<br />
Leben literarisch festhielt, durch<br />
Deutschland, widmete sich der Porträtmalerei<br />
und dem Kopieren berühmter Meisterwerke.<br />
In Berlin seit 1819, wo sie als eine der angesehensten<br />
Porträtistinnen bekannt war und<br />
zeitweise für den preußischen Königshof<br />
arbeitete, beteiligte sie sich zwischen 1822<br />
und 1840 mehr<strong>fach</strong> an den Akademie-Ausstellungen.<br />
Zu Barduas bekanntesten Porträts zählen<br />
das von Christiane von Goethe, geb. Vulpius,<br />
sowie ein Bildnis von Johanna Schopenhauer.<br />
Zu nennen sind außerdem zwei Bildnisse<br />
von Goethe, Porträts des Violinisten Paganini,<br />
des Komponisten Carl Maria von<br />
Weber oder des Dichters Hans Christian<br />
Andersen.<br />
[22]<br />
22. Caroline Bardua<br />
Zwei Entwurfskizzen mit sitzender Mutter<br />
beim Vorlesen mit zwei andächtig lauschenden<br />
Kindern. Schwarze Kreide, weiß gehöht,<br />
je mit schwarzer Kreide gerahmt (rechts beschnitten)<br />
und oben rundbogig abgeschlossen,<br />
links unten Proben farbiger Kreide, auf<br />
blauem Velin. 15,4:18,9 cm. – In den Rändern<br />
ungleich beschnitten, Knickfalte am<br />
linken Rand, verso am Oberrand Reste alter<br />
Verklebung.<br />
Provenienz: Sammlung H. Geller, Dresden.<br />
51
JULIANE WILHELMINE BAUSE,<br />
verh. LÖHR / 1768 – Leipzig – 1837<br />
Die als Zeichnerin, Radiererin und Kupferstecherin<br />
tätige Künstlerin war die jüngere<br />
Tochter des bekannten Kupferstechers J.F.<br />
Bause (1738-1814) und dessen Schülerin.<br />
Durch ihr Elternhaus kam sie in Kontakt<br />
mit namhaften Geistesgrößen und Künstlern<br />
der Zeit wie Goethe, Schiller und Charlotte<br />
von Stein oder Chr. Nathe (1753-1806).<br />
Nach der Heirat mit dem kunstsinnigen<br />
Leipziger Kaufmann und Bankier Carl<br />
Eberhard (nicht Eduard Heinrich) Löhr<br />
stellte sie ihre künstlerische Arbeit anscheinend<br />
ein. Nach dem Tod ihres Mannes zog<br />
sie wohl um 1813 nach Weimar, kehrte später<br />
dann wieder nach Leipzig zurück.<br />
Von ihr stammen zehn Reproduktionsradierungen<br />
mit Landschaften nach Künstlern<br />
des 17. und 18. Jahrhunderts aus den<br />
Jahren 1789-1791, die in einem Heft unter<br />
dem Titel: „Versuche im Radieren der Frau<br />
Hauptmann Löhr gewidmet von Ihrer ganz<br />
ergebensten Juliane Wilhelmine Bause.<br />
Leipzig den 13. November 1791“ zusammengestellt<br />
sind. Da die Mappe nicht in<br />
den Handel kam, sind selbst Einzelblätter<br />
daraus selten.<br />
23. Juliane Wilhelmine Bause<br />
Nächtliche Flußlandschaft mit einem Lagerfeuer.<br />
Radierung, nach Ferdinand Kobell<br />
(1740-1799), auf Bütten. 13:18,2 cm.<br />
Literatur: Keil 4.<br />
[23]<br />
CHARLOTTE BEREND-CORINTH<br />
1880 Berlin – New York 1967<br />
Charlotte Berend-Corinth studierte in Berlin<br />
ab 1897 an der Königlichen Kunstschule<br />
und 1899-1901 am dortigen Kunstgewerbemuseum.<br />
Anschließend war sie Schülerin<br />
an der 1901 von L. Corinth (1858-1925)<br />
gegründeten privaten Malschule. 1902 porträtierte<br />
der Maler sie zum ersten Mal. Im<br />
Sommer desselben Jahres gemeinsame Reise<br />
an die pommersche Ostseeküste, knapp<br />
zwei Jahre später Heirat.<br />
1906 erste Teilnahme an einer Ausstellung<br />
der Berliner Secession. Geburt ihrer zwei<br />
Kinder 1906 und 1909. 1912 Reise an die<br />
Riviera. 1916 erschien ihre erste Graphikfolge.<br />
1915 Reise über Paris nach Spanien.<br />
1915 Herausgabe der aus Aufzeichnungen<br />
Corinths zusammengestellten „Selbstbiographie“,<br />
Beginn der Arbeit an einem Verzeichnis<br />
der Werke ihres Mannes, das sie<br />
1958 fertigstellte.<br />
1927 Eröffnung einer eigenen Malschule.<br />
Reisen nach Italien, in die Türkei, den Libanon,<br />
nach Ägypten, Tunesien und Dänemark.<br />
1930 erste große Einzelausstellung<br />
der Künstlerin. Seit 1932 wohnhaft in Italien,<br />
seit 1937 Schweiz, 1939 Emigration in die<br />
USA, zuerst New York, seit 1940 Santa Barbara/Kalifornien,<br />
1943 auch hier Eröffnung<br />
einer Malschule, die sie nach ihrem Umzug<br />
nach New York bis 1955 weiterführte.<br />
24. Charlotte Berend-Corinth<br />
„Fritzi Massary“ (In der Garderobe) 1919.<br />
Lithographie, teils aquarelliert in Blau, Rot,<br />
Gelb und Braun, auf festem chamoisfarbenem<br />
Velin, mit Widmung „Deine entzückende<br />
Collegin / bei der Arbeit von 1/2 6 –<br />
7. / Zur Erinnerung an gemeinsame schöne<br />
Arbeit mit Dir!“ und rechts unten von fremder<br />
Hand bezeichnet „Charlotte Berend“.<br />
36:47 cm.<br />
Variante zu Blatt 4 der 6-Blatt-Folge „Fritzi<br />
Massary“, erschienen 1919 bei Gurlitt, Berlin.<br />
– Papier vergilbt und mit Druckstelle.<br />
[24]<br />
52
Literatur: Ausst. Kat.: K.-L. Hofmann: Charlotte<br />
Berend-Corinth/Lovis Corinth – Ein<br />
Künstlerpaar im Berlin der Klassischen Moderne,<br />
Reuchlinhaus Pforzheim, Künzelsau<br />
2005, Nr. 9.4, Farbabb. S. 25.<br />
Die in Wien geborene Sängerin und Schauspielerin<br />
Fritzi Massary (1882-1969) war ein<br />
Operettenstar, der in Berlin bekannt wurde.<br />
Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft emigrierte<br />
sie 1933 über Österreich, die Schweiz<br />
und England 1938 in die USA.<br />
25. Charlotte Berend-Corinth<br />
Anita Berber, stehend mit offenstehendem<br />
Mantel und nackt mit langen Strümpfen. Lithographie,<br />
1919, lediglich das Medaillon ist<br />
aquarelliert, auf festem chamoisfarbenem<br />
Velin, signiert. 62:41,4 cm.<br />
Blatt 2 aus der 8-Blatt-Folge „Anita Berger“,<br />
erschienen als „Erster Privatdruck“<br />
der Gurlitt-Presse, Berlin 1919. – Schöner<br />
Druck, am Oberrand rechts kleiner Wasserrand.<br />
Druck leicht wellig.<br />
Literatur: op. cit., Nr. 12.2, Farbabb. S. 27.<br />
Die Tänzerin und Schauspielerin Anita Berber<br />
(1899-1928) war eine der skandalumwittertsten<br />
Frauen ihrer Zeit.<br />
[25]<br />
26. Charlotte Berend-Corinth<br />
„Bauerntanz“. Lithographie, aquarelliert in<br />
Grün und Rot, auf festem chamoisfarbenem<br />
Velin. 53:37,7 cm.<br />
Blatt 2 der 8-Blatt-Folge „Valeska Gert“,<br />
erschienen bei D. & R. Bischoff, München<br />
1920. – Schöner Druck, mit minimalen Gebrauchsspuren<br />
und etwas fleckig. Im Passepartoutausschnitt<br />
unten nachgedunkelt.<br />
Literatur: op. cit., Nr. 14.2, Farbabb. S. 32.<br />
Die in Berlin geborene Tänzerin, Kabarettistin<br />
und Schauspielerin Valeska Gert (1892-<br />
1978) war in Berlin und München tätig. 1933<br />
emigrierte sie über Frankreich nach England,<br />
1938 reiste sie in die USA. 1947 kehrte<br />
sie über Paris und Zürich nach Berlin zurück.<br />
1951 zugleich wohnhaft auf Sylt.<br />
27. Charlotte Berend-Corinth<br />
„Ballett“. Lithographie, aquarelliert in Gelb,<br />
Violett und Rot, auf festem chamoisfarbenem<br />
Velin. 53,2:38,2 cm.<br />
[26]<br />
[27]<br />
53
Blatt 3 der 8-Blatt-Folge „Valeska Gert“, wie<br />
vorher. – In den Rändern etwas unfrisch.<br />
Literatur: op. cit., Nr. 14.3, Farbabb. S. 33.<br />
Zur Biographie von Valeska Gert (1892-<br />
1978) vgl. Nr. 26.<br />
28. Charlotte Berend-Corinth<br />
„Varieté“. Lithographie, aquarelliert in Rot,<br />
Grün, Orange und Gelb, auf festem chamoisfarbenem<br />
Velin. 52,7:37,9 cm.<br />
Blatt 7 der 8-Blatt-Folge „Valeska Gert“, wie<br />
vorher. – Farbfrischer Druck. – In den Rändern<br />
etwas unfrisch.<br />
Literatur: op. cit., Nr. 14.7, Farbabb. S. 37.<br />
Zur Biographie von Valeska Gert (1892-<br />
1978) vgl. Nr. 26.<br />
[28]<br />
ANNA BETZLER-HOLTSCHMIDT<br />
geb. 1889 Barmen, 1930 noch nachweisbar<br />
Über die Malerin und Graphikerin ist kaum<br />
etwas bekannt. Sie war Schülerin von L. von<br />
Kunowski (1866 – vor 1928) an der Düsseldorfer<br />
Akademie. Vermutlich lernte sie noch<br />
in Düsseldorf den Frankfurter Maler und<br />
Kunsterzieher E. Betzler (1892-1974) kennen,<br />
den sie heiratete und sicher 1916 nach<br />
Frankfurt am Main begleitete. Obwohl sie<br />
noch bei Dressler aufgeführt ist, waren keine<br />
weiteren Informationen über die Künstlerin<br />
herauszufinden.<br />
[29]<br />
29. Anna Betzler-Holtschmidt<br />
Gebirgslandschaft mit kleiner Ortschaft.<br />
Holzschnitt, auf dünnem chamoisfarbenem<br />
Velin, signiert und nummeriert. 29,7:45,7<br />
cm. – Nr. 10 von 30 Exx. – Papier durch den<br />
Druckvorgang wellig.<br />
Der Holzschnitt zeigt Einflüsse der expressionistischen<br />
Formensprache, die auch ihr<br />
Ehemann E. Betzler vertrat.<br />
TINA (REGINE LEOPOLDINE)<br />
BLAU, verh. LANG (BLAU-LANG)<br />
1845 – Wien – 1916<br />
Die gebürtige Wiener Malerin jüdischer<br />
Herkunft wurde in ihrer Geburtsstadt bereits<br />
um 1859 von dem ungarischen Maler<br />
A. Hanély (1824-1911) unterrichtet, dann<br />
1860 und 1864 von dem Landschaftsmaler<br />
A. Schaeffer von Wienwald (1833-1916).<br />
1861 Studienreise nach Mähren, 1865 in<br />
Naßwald Schülerin von J.M. Aigner (1818-<br />
1886) und 1869-1873 in München Schülerin<br />
von W. Lindenschmit d. J. (1829-1895).<br />
1872 lernte sie den Landschaftsmaler E.J.<br />
Schindler (1842-1892) kennen, mit dem sie<br />
1873 gemeinsam eine Studienreise nach<br />
Ungarn und 1875 eine nach Holland unternahm.<br />
1873 Beteiligung an der Wiener<br />
Weltausstellung. 1874 erneute Reise nach<br />
Ungarn. 1877 zog sie in ein von Schindler<br />
angemietetes Atelier im Wiener Prater, das<br />
sie nach dessen Verheiratung 1879 alleine<br />
unterhielt. 1877 und 1879 Reisen nach Italien.<br />
1883 erhielt sie einen Prämienpreis anläßlich<br />
einer Ausstellungsbeteiligung am<br />
Pariser Salon; zu diesem Zeitpunkt malte<br />
sie viel in Barbizon und dem Wald von<br />
Fontainebleau. Weitere Ausstellungen in<br />
München, Berlin, Dresden, Leipzig und<br />
Hamburg. 1883 konvertierte sie zum Protestantismus<br />
und heiratete den Pferde- und<br />
Schlachtenmaler H. Lang (1838-1891); die<br />
Hochzeitsreise führte das Paar über Griechenland<br />
und die Türkei in den Vorderen<br />
Orient.<br />
54
Gemeinsamer Umzug nach München, wo<br />
die Künstlerin ab 1889 an der Damenakademie<br />
des Künstlerinnenvereins als Lehrerin<br />
tätig war.<br />
1889 Beteiligung an der Weltausstellung in<br />
Paris, wo ihr eine Medaille verliehen wurde,<br />
wie sie auch eine Auszeichnung 1893<br />
auf der Weltausstellung in Chicago erhielt.<br />
Nachdem ihr Mann 1891 verstorben war,<br />
kehrte sie 1894 nach Wien zurück.<br />
1897 gründete sie hier gemeinsam mit<br />
der Malerin Olga Prager (1872-1930), der<br />
Schriftstellerin, Feministin und Malerin<br />
Rosa Mayreder (1858-1938) u.a. die private<br />
„Kunstschule für Frauen und Mädchen“<br />
und war dort 1898-1915 u.a. Lehrerin am<br />
„Curs für Landschaft und Stilleben“. 1904-<br />
1908 alljährliche Sommeraufenthalte in<br />
Holland.<br />
Tina Blau zählt zu den bedeutendsten<br />
österreichischen Künstlerinnen der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts und gilt<br />
als Wegbereiterin der Pleinairmalerei in<br />
Österreich. Sie schuf meist Landschaften<br />
und Stilleben unter Verwendung impressionistischer<br />
Stilmerkmale, daneben<br />
malte sie auch Porträts. Zudem war sie als<br />
Illustratorin tätig.<br />
30. Tina Blau<br />
„Schwarzenberggarten“, Wien. Bleistift, auf<br />
gelblichem strukturiertem Papier, rechts<br />
unten signiert „T. Blau“. 27,3:26,5 cm. – Insgesamt<br />
etwas stockfleckig.<br />
[30]<br />
Virtuos-atmosphärischer Ausschnitt einer<br />
Parklandschaft, der, wie von der Künstlerin<br />
bekannt, von einem mächtigen Laubbaum<br />
hinterfangen wird.<br />
ANTONIE VON BLITTERSDORF<br />
geb. um 1825, 1866 noch nachweisbar<br />
Antonie von Blittersdorf war die Tochter<br />
von Maximiliane Brentano (1802-1861), einer<br />
Tochter des Frankfurter Bankiers und<br />
Großkaufmanns Franz Brentano und Nichte<br />
von Bettina von Arnim und Clemens<br />
Brentano. 1824 heiratete sie den konservativen<br />
Politiker L. Fr. Frhr. von Blittersdorf<br />
und blieb in Frankfurt am Main ansässig.<br />
E.J. von Steinle (1810-1886) zeichnete 1857<br />
ein Bildnis der Antonie, das ein Geschenk<br />
für Antonie Brentano-Birckenstock, der<br />
Großmutter der Dargestellten war (vgl.<br />
A.M. von Steinle: Edward von Steinle. Des<br />
Meisters Gesamtwerk in Abbildungen,<br />
Kempten/München 1910, Abb. 463).<br />
[31]<br />
31. Antonie von Blittersdorf<br />
Kapelle im Wald. Radierung, 1848, auf festem<br />
Velin. 18,4:26 cm. – Breitrandig, insgesamt<br />
etwas fleckig.<br />
HANSL BOCK, geb. JOHANNA<br />
VOGEL<br />
1893 München – Freising 1973<br />
Hansl Bock war Tochter der Blumen- und<br />
Landschaftsmalerin Johanna H. Merre<br />
(1867-1940), die seit 1911 in zweiter Ehe mit<br />
dem Maler Franz Hienl-Merre (1869-1943)<br />
verheiratet war. Durch ihren Stiefvater bekam<br />
sie Zugang zum „Scholle-Kreis“.<br />
Künstlerisch war sie ausgebildet durch<br />
ihren Ehemann L. Bock (1886-1971) und<br />
Schülerin von J. Seyler (1873-1958). Studienreisen<br />
unternahm sie nach Italien und<br />
Spanien. Längere Aufenthalte führten sie<br />
nach Straßburg und Paris, wo sie ein Atelier<br />
hatte. Nach 1935 hatte sie keine Ausstellung<br />
mehr und wird heute der „Verschollenen<br />
Generation“ zugerechnet.<br />
55
Bevorzugte Themen waren Landschaften,<br />
Stilleben und figurative Darstellungen.<br />
Als Mitglied der Vereinigung der „Juryfreien“<br />
beteiligte sie sich an den Ausstellungen<br />
im Münchner Glaspalast.<br />
Papier, auf Karton<br />
aufgezogen, links<br />
unten monogrammiert<br />
und datiert<br />
„HB. 23.“. 19,5:25<br />
cm.<br />
Das Thema der arkadischen<br />
Landschaft<br />
mit Frauenakten<br />
bzw. nackten<br />
Badenden fand gerade<br />
zu Beginn des<br />
20. Jahrhunderts<br />
bei den Expressionisten<br />
große<br />
Aufmerksamkeit.<br />
Zu nennen ist hier<br />
etwa E. Heckel<br />
[33]<br />
(1883-1970), dessen typische Naturmotive badende oder ruhende Menschen am Strand<br />
wiedergeben. Auch unser Blatt zeigt ein solches Motiv und verrät damit die Orientierung an<br />
progressiven Kunstauffassungen der Zeit.<br />
[32]<br />
32. Hansl Bock<br />
Baumbestandene Landschaft am Gewässer,<br />
mit zwei nackten Frauen, eine davon im Wasser<br />
badend, die andere am Ufer auf einem<br />
Baumstamm sitzend. Aquarell und Feder<br />
in Schwarz, auf chamoisfarbenem Velin,<br />
verso unleserlich bezeichnet und datiert „...<br />
1913“. Ca. 12,6:11 cm. – Im Rand ungleich<br />
beschnitten.<br />
33. Hansl Bock<br />
Tropische Landschaft mit zwei Frauenakten.<br />
Aquarell und Feder in Schwarz, auf dünnem<br />
34. Hansl Bock<br />
Gebirgslandschaft<br />
mit See, Gipfel teils<br />
schneebedeckt.<br />
Aquarell und Feder<br />
in Schwarz,<br />
um 1926/1928, auf<br />
chamoisfarbenem<br />
Velin, auf Karton<br />
aufgezogen, rechts<br />
unten monogrammiert<br />
„HB. (ligiert)“.<br />
13,2:20 cm.<br />
[34]<br />
56
CHARLOTTE NAPOLÉONE<br />
BONAPARTE<br />
1802 Paris – Sarzana/Italien 1839<br />
Die Tochter von Joseph Bonaparte, dem ältesten<br />
Bruder Napoleons, und Julie Clary,<br />
studierte bei L.-L. Robert (1794-1835) in Paris<br />
Kupferstich und Lithographie. Nachdem<br />
ihr Vater, von seinem Bruder als König von<br />
Neapel, dann als König von Spanien eingesetzt,<br />
1813 als spanischer König gestürzt<br />
wurde, ging die Familie nach Amerika, wo<br />
sie am Fluß Delaware bei Bordentown in<br />
New Jersey lebte.<br />
Charlotte, jetzt genannt Gräfin von Survilliers,<br />
widmete sich auch hier der künstlerischen<br />
Arbeit, malte und zeichnete Porträts<br />
und Landschaften und beteiligte sich an<br />
Ausstellungen der Pennsylvania Academy<br />
of Fine Arts. 1824 kehrte sie nach Europa<br />
zurück und heiratete 1826 in Florenz ihren<br />
Cousin Napoleon Louis Bonaparte (1804-<br />
1831), einen Sohn von Louis Bonaparte, der<br />
ebenfalls ein Bruder Napoleons war, und<br />
der Hortense de Beauharnais. Diese Ehe<br />
blieb kinderlos. Sie verstarb bei der Geburt<br />
ihres einzigen Kindes im Alter von 36 Jahren<br />
– der Vater war der polnische Graf Potocki<br />
– und wurde in Saint-Leu-la-Forêt bei<br />
Paris an der Seite ihres Gemahls und ihrer<br />
Schwiegereltern bestattet.<br />
35. Charlotte Napoléone Bonaparte<br />
Felsige Küstenlandschaft. Pinsel in Braun,<br />
auf cremefarbenem Velin, rechts unten<br />
signiert „Charlotte Napoléon.“. 12:16,9 cm.<br />
EMMA BORMANN, verh. MILCH<br />
1887 Döbling/Wien – Riverside/USA 1974<br />
Studium der Germanistik und Prähistorie<br />
mit Abschluß Promotion. Ab 1913 Weiterstudium<br />
in Wien an der Graphischen<br />
Lehr- und Versuchsanstalt bei L. Michaleks<br />
(1859-1942), durch dessen und O. Laskes<br />
(1841-1911) Vorbild Hinwendung zur Graphik.<br />
1917 Umzug nach München, dort ein<br />
Semester an der Kunstgewerbeschule.<br />
Erste Holzschnitte ab 1917 und erste Ausstellungsbeteiligung<br />
1918 im Wiener<br />
Künstlerhaus. 1918-1921 Lehrtätigkeit an<br />
[35]<br />
der Schule für angewandte Kunst in München<br />
in der Graphikklasse. 1922 Hollandreise,<br />
1924 England, Dalmatien, Italien und<br />
Schweden, wo sie ihren Ehemann Dr. Eugen<br />
Milch kennenlernte. 1926-1940 Dozentin<br />
an der Universität Wien. Mitglied des<br />
Künstlerhauses Wien seit 1935. Zahlreiche<br />
Reisen, u.a. 1929 in den Fernen Osten, 1931<br />
nach Paris und 1932 nach Prag.<br />
1940-1950 Aufenthalt in China (Hongkong,<br />
Shanghai, Peking) sowie Japan (Tokyo).<br />
Von Japan aus nach Thailand, Kambodscha,<br />
Mexico und in die USA. 1957 Rückkehr<br />
nach Japan, wo sie bereits große Be-<br />
57
kanntheit erlangt hatte. Schuf überwiegend<br />
figürliche Darstellungen, Landschaften und<br />
Stadtansichten. Die Künstlerin ist in mehreren<br />
prominenten Sammlungen vertreten,<br />
so im Stadtmuseum Wien, Cleveland<br />
Museum of Art, Fine Arts Museum, San<br />
Francisco, oder im Metropolitan Museum<br />
of Art, New York.<br />
bezeichnet und datiert „Emma Bormann<br />
Hertenstein 13.7.30.“, verso nochmals signiert.<br />
36,7:25,3 cm. – Knickfalte links oben,<br />
Oberrand etwas unfrisch.<br />
Die Ortschaft Hertenstein gehört zur Gemeinde<br />
Weggis und liegt am Vierwaldstätter<br />
See im Schweizer Kanton Luzern.<br />
37. Emma Bormann<br />
Zwei Ganzfigurenskizzen: links eine sich nach<br />
vorne beugende Frau in Rückenansicht, rechts<br />
daneben ein Junge beim Angeln im Profil nach<br />
rechts. Pinsel in Schwarz und Aquarell, über<br />
Bleistift, auf festem chamoisfarbenem Velin,<br />
links und rechts unten bezeichnet und<br />
datiert „Weggis. 12.7.30 A. / Seewen 9.8.30<br />
/ Zürich 12.8.30. M.“. 17,8:25,8 cm. Verso<br />
zwei Skizzen von mit einem Besen arbeitenden<br />
Frauen in Vorder- und Rückensicht,<br />
Bleistift, datiert, bezeichnet und signiert<br />
„23.7.30 Hertenstein A. Emma Bormann.“.<br />
Aus einem Skizzenbuch und sicher während<br />
einer Reise in die Schweiz entstanden.<br />
[38]<br />
38. Emma Bormann<br />
„Landsberg“. Holzschnitt, 1920, auf festem<br />
strukturiertem Papier, signiert, datiert und<br />
betitelt. 30,6:40,6 cm. – Im breiten Rand<br />
unten links kleine Knickfalte, unterer Rand<br />
ungleich beschnitten.<br />
39. Emma Bormann<br />
„Am Bosporus“. Farblinolschnitt, auf chamoisfarbenem<br />
Japan-Bütten, signiert und<br />
betitelt. 31,9:44,2 cm.<br />
Provenienz: Sammlung Wi im Kreis, nicht<br />
bei Lugt.<br />
[36]<br />
36. Emma Bormann<br />
An einem gedeckten Tisch sitzende Frau im<br />
Profil nach rechts, im Hintergrund Vierwaldstätter<br />
See mit Hochgebirgskulisse bei Nacht.<br />
Aquarell und Pinsel in Schwarz, auf chamoisfarbenem<br />
Velin, links unten signiert,<br />
[37] [39]<br />
58
[40]<br />
40. Emma Bormann<br />
„Heidelberg a. Neckar“. Holzschnitt, auf<br />
chamoisfarbenem strukturiertem Papier,<br />
signiert, bezeichnet und betitelt. 38,9:64,5<br />
cm. – Vor allem im Rand links oben fleckig<br />
und mit starken Gebrauchsspuren.<br />
[41]<br />
41. Emma Bormann<br />
„Frankfurt a. M., beim Dom“. Altstadtviertel<br />
Roseneck. Holzschnitt, auf bräunlichem<br />
Velin, signiert, bezeichnet und betitelt.<br />
18,7:31,8 cm. – In den Ecken Nagellöchlein.<br />
Insgesamt etwas fleckig und nicht ganz<br />
frisch.<br />
42. Emma Bormann<br />
„München, Frauenkirche“. Holzschnitt, auf<br />
chamoisfarbenem strukturiertem Papier,<br />
signiert und betitelt. 45,6:28,4 cm.<br />
[42]<br />
[43]<br />
43. Emma Bormann<br />
„Rotterdam, Kalkhaven“. Holzschnitt, auf<br />
chamoisfarbenem strukturiertem Papier,<br />
signiert, bezeichnet und betitelt. 47,9:35,8<br />
cm. – Im breiten Rand etwas fleckig und<br />
oben gering knickfaltig.<br />
NORBERTINE VON BRESSLERN-<br />
ROTH / 1891 – Graz – 1978<br />
Bedeutende österreichische Malerin und<br />
Graphikerin, zählt zu den wichtigsten<br />
österreichischen Tiermalern des 20. Jahrhunderts.<br />
1901-1911 Ausbildung an der Grazer Landeskunstschule<br />
bei A. von Schrötter (1856-<br />
1935), Sommermonate 1907 und 1909 in<br />
Dachau an der Tiermalschule von H. von<br />
Hayek (1869-1940). Durch Vermittlung<br />
Schrötters 1911-1916 Schülerin an der Privatschule<br />
von F. Schmutzer (1870-1928),<br />
anschließend in dessen Atelier an der Wiener<br />
Kunstakademie. Rückkehr nach Graz.<br />
Ab 1909 Beteiligung an Ausstellungen der<br />
„Wiener Secession“. Studienreisen in Europa.<br />
1919 Heirat mit Georg Ritter von Bresslern<br />
(1892-1952). 1921, 1925, 1931 und 1936<br />
Österreichischer Staatspreis, 1922 Gold.<br />
Medaille der Stadt Graz, 1934 Ehrenpreis<br />
der Stadt Wien.<br />
1928 Nordafrika-Reise, auf der neben Gemälden,<br />
die die Sitten und Gebräuche der<br />
„Ureinwohner“ (elysisch und erotisierend)<br />
thematisieren, zahlreiche Tierdarstellungen<br />
entstanden; später auch Studien in<br />
europäischen Tierparks, zudem Porträtminiaturmalerin<br />
und Illustratorin für Kinder-<br />
59
und naturwissenschaftliche Bücher sowie<br />
Entwurf von Gobelins.<br />
1932 Verleihung des Professorentitels. Mitglied<br />
des „Woman International Art Club“.<br />
1938 Ausschluß aus der „Vereinigung der<br />
Künstlerinnen Österreichs“, aufgrund der<br />
Herkunft ihres Mannes, der eine jüdische<br />
Mutter hatte, von dem sie sich nicht trennte.<br />
Einstufung einiger ihrer Arbeiten nach<br />
1933 als regimekritisch.<br />
Durch Rezeption japanischer, expressionistischer<br />
Stilmerkmale sowie durch die<br />
Auseinandersetzung mit der Jugenstilgraphik<br />
eigene künstlerische Bearbeitung des<br />
Linolschnitts.<br />
[44]<br />
44. Norbertine von Bresslern-Roth<br />
Zwei Mandrills. Farblinolschnitt, auf dünnem<br />
Japan, signiert. 19,4:17,8 cm. – Insgesamt<br />
stockfleckig.<br />
MARIANNE BRITZE<br />
1883 – Bautzen – 1980<br />
Nach der höheren Töchterschule in Bautzen<br />
ein Jahr Privatunterricht in Kunst,<br />
Literatur, Geschichte und Sprachen, dann<br />
französisches Internat in der Schweiz.<br />
Bis 1909 vorbereitende Mal- und Zeichenstudien<br />
in Dresden und Weimar. 1909-1914<br />
Studium in Dresden an der privaten Malschule<br />
von F. Dorsch (1875-1938), wo sie<br />
L. Feininger (1871-1956) kennenlernte, der<br />
entscheidenden Einfluß auf ihre künstlerische<br />
Entwicklung hatte. 1914-1919 in Bautzen<br />
Rot-Kreuz-Schwester, 1916 Staatsexamen<br />
als Krankenpflegerin.<br />
Bekanntschaft u.a. mit O. Dix (1891-1969),<br />
den sie unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg<br />
finanziell unterstützte, und dem Bildhauer<br />
und Maler C. A. Lohse (1895-1965).<br />
Seit 1919 freiberuflich in ihrer Geburtsstadt<br />
tätig. Studienreisen u.a. 1909/1914 nach<br />
Belgien und Holland, 1924 nach Florenz,<br />
1927 nach Prag, 1934 nach Litauen und<br />
1937 nach Paris. 1919 Mitbegründerin der<br />
„Freien Künstler-Vereinigung Bautzen“.<br />
Seit 1927 Mitglied des „Deutschen Künstlerbundes“<br />
und seit 1928 Vorstandsmitglied<br />
des „Berliner Frauenkunstvereins“.<br />
Im Mittelpunkt ihres Schaffens standen<br />
Landschaften und Stilleben. Marianne<br />
Britze gilt als die bedeutendste Malerin<br />
der Oberlausitz im 20. Jahrhundert. Ein<br />
Exemplar dieser Ansicht befindet sich im<br />
Stadtmuseum Bautzen.<br />
[45]<br />
45. Marianne Britze<br />
Bautzen. Ansicht vom Protschenberg. Holzschnitt,<br />
1920, auf festem Japan, signiert und<br />
datiert. Darstellungsgröße 29,7:40,2 cm,<br />
Blattgröße 44,9:57 cm. – Im breiten Rand<br />
mit minimalen Gebrauchsspuren, oben etwas<br />
faltig.<br />
Literatur: Ausst. Kat.: Marianne Britze<br />
1883-1980. Leben und Werk. Gemälde,<br />
Zeichnungen, Druckgraphik, Stadtmuseum<br />
Bautzen – Regionalmuseum der sächsischen<br />
Oberlausitz, Bautzen 2003, Abb. S. 55.<br />
DORA BROMBERGER<br />
1881 Bremen – Konzentrationslager Minsk<br />
1942<br />
Die Landschaftsmalerin Dora Bromberger<br />
stammt aus einer bekannten Bremer Musiker-<br />
und Komponistenfamilie und studierte<br />
1912 in München an der privaten Malschule<br />
von H. Groeber (1865-1935), dann 1913-<br />
1914 in Paris bei M. Denis (1870-1943) und<br />
60
P. Sérusier (1864-1927). 1915-1923 war die<br />
jüdischstämmige Künstlerin in München<br />
ansässig, wo sie für kurze Zeit die Malschule<br />
von H. Hofmann (1880-1966) besuchte.<br />
Möglicherweise führten finanzielle Schwierigkeiten<br />
zu ihrer Rückkehr 1924 nach Bremen,<br />
wo sie bis zu ihrer Deportation 1941<br />
gemeinsam mit ihrer Schwester, der Pianistin<br />
Henriette Bromberger, im Haus ihres<br />
Vaters lebte und arbeitete.<br />
Reisen führten sie in die nähere Umgebung<br />
Bremens und nach Spanien. Ausstellungsbeteiligungen<br />
auch in Berlin, Nürnberg,<br />
München, u.a. an der „Münchner Secession“<br />
und auch der daraus hervorgegangenen<br />
„Neuen Münchner Secession (Neue<br />
Künstlervereinigung München)“. 1933 hatte<br />
sie ihre letzte Ausstellung, dann erhielt<br />
sie durch die Nationalsozialisten Ausstellungs-<br />
und Verkaufsverbot.<br />
Drei Jahre später unternahm sie noch eine<br />
Reise nach St. Gallen – warum sie jedoch<br />
nicht in der Schweiz blieb, hat vermutlich<br />
mit familiären Gründen zu tun. 1939 erhielt<br />
sie eine Arbeit als Porzellanmalerin<br />
und damit die Möglichkeit, ihre schlechte<br />
finanzielle Lage etwas aufzubessern. Später<br />
wurde sie in das Konzentrationslager<br />
Minsk deportiert, wo sie umgebracht wurde.<br />
Das Spencer Museum of Art/Kansas besitzt<br />
von den wenigen überlieferten Arbeiten der<br />
Künstlerin ein Landschaftsaquarell, das aus<br />
dem Besitz der Ehefrau des amerikanischen<br />
Malers Albert Bloch (1882-1961) stammt,<br />
der 1908-1921 in München lebte und sich<br />
dem Künstlerkreis des „Blauen Reiter“ angeschlossen<br />
hatte. Stilistisch in der Kombination<br />
aus teils kubischen Elementen<br />
mit zarten schwunghaften Verdichtungen<br />
ist unser Bild mit Landschaftsaquarellen<br />
Blochs um 1913/1916 vergleichbar, so daß<br />
zu vermuten ist, daß hier zumindest eine<br />
nähere Bekanntschaft, wenn nicht Schülerschaft<br />
bestand.<br />
[46]<br />
46. Dora Bromberger<br />
„Landschaft am Mittelländischen Meer.“<br />
Aquarell, über Bleistift, auf festem chamoisfarbenem<br />
Velin, links unten signiert<br />
„Brom“, auf Untersatz montiert, dort nochmals<br />
signiert „Bromberger“ sowie bezeichnet<br />
„Landschaft a Mittelländischen Meer“.<br />
24:29,9 cm.<br />
61
MARCELLE DELPHINE CAHN<br />
1895 Straßburg – Neuilly-sur-Seine 1981<br />
Die Künstlerin entstammte einer wohlhabenden<br />
jüdischen Familie. Erste Mal- und<br />
Zeichenstudien unternahm sie bereits als<br />
Kind. 1915-1918 absolvierte sie eine Ausbildung<br />
in Berlin-Charlottenburg an den<br />
„Studienateliers für Malerei und Plastik“<br />
(sog. „Lewin-Funcke-Schule“) unter E. Spiro<br />
(1874-1972) und L. Corinth (1858-1925),<br />
daneben hatte sie Kontakt mit der populären<br />
künstlerischen Bewegung „Der Sturm“<br />
(Zeitschrift und Galerie). Anschließend<br />
kehrte sie in ihre Geburtsstadt zurück. 1920<br />
war ihr erster Aufenthalt in Paris. 1923 begann<br />
sie ein Philosophie-Studium in Zürich<br />
und machte die Bekanntschaft von E.<br />
Munch (1863-1944).<br />
1923 siedelte sie nach Paris über. Dort besuchte<br />
sie die Académie Ranson unter E.<br />
Vuillard (1868-1940), danach die Académie<br />
Moderne bei O. Friesz (1879-1949). Dann<br />
Fortsetzung des Studiums bei F. Léger<br />
(1881-1955) und A. Ozenfant (1886-1966).<br />
1929 Anschluß an die Künstlergruppe<br />
„Cercle Carré“ um M. Seuphor (1901-1999)<br />
und Freundschaft mit W. Baumeister (1889-<br />
1955), H. Arp (1886-1966) und S. Taeuber-<br />
Arp (1889-1943).<br />
1930 Rückkehr nach Straßburg, in den<br />
nächsten Jahren unternahm sie immer wieder<br />
Reisen nach Paris. Ab 1939 Flucht vor<br />
der deutschen Besatzung. 1947 Rückkehr<br />
nach Paris. Neben ihrer zeichnerischen und<br />
malerischen Tätigkeit schuf sie (Foto-)Collagen,<br />
ab 1953 Relief-Bilder, seit den 60er<br />
Jahren zudem Skulpturen. Arbeiten der<br />
Künstlerin sind nur selten auf dem Markt<br />
zu finden. Ein großer Teil ihres Werkes<br />
befindet sich in Museen – insbesondere in<br />
Straßburg und Grenoble –, weite Teile sind<br />
jedoch auf der Flucht vor den Deutschen<br />
verloren gegangen.<br />
47. Marcelle Delphine Cahn<br />
Liegender Frauenakt (Nue allongée). Bleistift,<br />
teils gewischt, auf dünnem chamoisfarbenem<br />
Velin, signiert und datiert „Marcelle<br />
Cahn 1923“. 20:27,8 cm.<br />
[47]<br />
ÉLISABETH SOPHIE CHÉRON, verh.<br />
LE HAY / 1648 – Paris – 1711<br />
Die Malerin, Dichterin und Musikerin,<br />
Tochter des Miniaturmalers H. Chéron (zuerst<br />
erwähnt 1636, gest. 1677 od. 1697) wurde<br />
von ihrem Vater ausgebildet. 1672 wurde<br />
sie Mitglied der Pariser Académie Royale.<br />
Besondere Anerkennung fand sie durch<br />
Ludwig XIV., der ihr eine Pension von 500<br />
Livres bewilligte. 1692 heiratete sie den in<br />
königlichen Diensten stehenden Ingenieur<br />
J. Le Hay. Aufgrund ihrer herausragenden<br />
62
dichterischen Fähigkeiten wurde sie 1699<br />
in die Accademia dei Ricoverati zu Padua<br />
aufgenommen.<br />
1706 gab sie eine vielbeachtete, von ihr mit<br />
Stichen illustrierte Abhandlung über die<br />
Kunst des Zeichnens heraus. Chéron muß<br />
als eine der vielseitigsten Künstlerinnen ihrer<br />
Zeit angesehen werden.<br />
MARIANNE CHODOWIECKA, verh.<br />
GRETSCHEL<br />
1794 Halle od. Leipzig – Leipzig 1870<br />
Die Malerin und Zeichnerin Marianne<br />
Chodowiecka war eine Nichte des bekannten<br />
Künstlers D.N. Chodowiecki (1726-<br />
1801), dessen Töchter Susanne (1763-1819),<br />
Jeanette (1761-1835) und Henriette (1770-<br />
1880) ebenfalls künstlerisch tätig waren.<br />
Jeanette, die seit 1783 mit Jacques Papin<br />
verheiratet war und mit diesem seit 1793/94<br />
in Potsdam lebte, war ihre Mutter.<br />
Marianne schuf Porträts, Genredarstellungen<br />
und Interieurs und war 1815-1829<br />
in Potsdam und Leipzig tätig. Bekannt ist<br />
von ihrer Hand beispielsweise ein Porträt<br />
des bekannten, in Berlin tätigen Musikers,<br />
Komponisten und Dirigenten Carl Friedrich<br />
Zelter (1758-1832). Zudem fertigte sie<br />
Kopien nach ihrem Großvater, dessen Stücke<br />
aus dem Nachlaß sie der Berliner Akademie<br />
vermachte.<br />
49. Marianne Chodowiecka<br />
Ein auf einem Stamm sitzender Russe. Feder<br />
in Grau und Schwarz, grau laviert, teils weiß<br />
gehöht, auf braunem Velin, links unten mit<br />
unleserlicher mehrzeiliger Anmerkung,<br />
rechts unten datiert „26 Nov. 36.“ Ca. 13:9,8<br />
cm. Auf alten Untersatz montiert, beigefügt<br />
ausgeschnittene Signatur „Marianne Chodowiecka<br />
fec.“. – In den Rändern ungleich<br />
beschnitten.<br />
[48]<br />
48. Élisabeth Sophie Chéron, nach<br />
Antoinette de la Garde (Antoinette de Ligier<br />
de la Garde, verehel. Deshoulières, Dichterin,<br />
1638-1694). Halbfigur, nahezu en face im<br />
Hochoval mit gestochener Umrahmung und<br />
Wappenkartusche. Kupferstich von Gg.Fr.<br />
Schmidt (1712-1775), auf Bütten. 14,5:10,7<br />
cm. – Literatur: Wessely.<br />
[49]<br />
[50]<br />
50. Marianne Chodowiecka<br />
Denkmal des Johannes Gutenberg (um 1400 –<br />
Mainz – 1468) von Bertel Thorvaldsen (1770-<br />
1844). Feder in Grau, grau laviert, mit Deckweiß<br />
gehöht, mit Bleistiftlinie umrandet,<br />
auf bräunlichem Velin, rechts unten datiert<br />
„10. März 37.“ Ca. 17:12,6 cm. Auf Untersatz<br />
montiert, dort von alter Hand bezeichnet. –<br />
In den Rändern ungleich beschnitten, etwas<br />
fleckig.<br />
63
ANNA COSTENOBLE<br />
1863/1866 Danzig – Berlin 1930<br />
Die Malerin, Graphikerin und Illustratorin<br />
studierte wohl ab 1883 in Berlin bei K. Gussow<br />
(1843-1907) und nach eigenen Angaben<br />
auch bei F. Skarbina (1849-1910).<br />
Sie wechselte 1888 nach München über, dort<br />
erhielt sie Anregungen von F. von Lenbach<br />
(1836-1904) und Unterricht in Aktzeichnen<br />
bei Chr. Roth (1840-1907).<br />
Rückkehr nach Berlin. Ausstellungsbeteiligung<br />
bei der Wiener Secession 1899 und bei<br />
der Berliner Secession 1901/1902 und 1908.<br />
Mitglied des Friedrichshagener Dichterkreises<br />
sowie des von dem Schriftsteller<br />
und Publizisten Ludwig Jacobowski gegründeten<br />
Lesezirkels „Die Kommenden“,<br />
der sich wöchentlich zu Lesungen und Vorträgen<br />
im Nollendorf-Kasino traf.<br />
Ihre Hauptthemen waren Landschaften,<br />
Porträts, figürliche Darstellungen, auch<br />
literarische Themen sowie Märchen und<br />
Sage.<br />
1894 hatte sie mit der Radierungsfolge „Tragödie<br />
des Weibes“ großen Erfolg, hingegen<br />
schlechte offizielle Kunstkritiken.<br />
1907 Veröffentlichung des Buches „Penthesilea.<br />
Ein Frauenbrevier für männerfeindliche<br />
Stunden“, in dem sie in einer Rotkäppchen-Parodie<br />
die lächerlichen Sitten der<br />
deutschen Oberschicht thematisiert.<br />
[51]<br />
51. Anna Costenoble<br />
„Sturm“. Radierung und Aquatinta, 1905,<br />
mit Randeinfall rechts unten (liegender<br />
weiblicher Akt in Rückenansicht), in<br />
Schwarzgrün, auf Kupferdruckpapier.<br />
18:23,8 cm. – Rundum auf den Rand geschnitten.<br />
– Erschienen in „Zeitschrift für<br />
Bildende Kunst“, N.F. XVI, 1905.<br />
ELISE CROLA, geb. ELISABETH<br />
CONCORDIA FRÄNKEL<br />
1809 Berlin – Ilsenburg/Harz 1878<br />
Elise Crola, Tochter eines Bankiers, wuchs<br />
in einem künstlerisch-musisch orientierten<br />
Elternhaus auf. Hier verkehrten neben<br />
Wissenschaftlern auch Maler und Bildhauer<br />
wie W. von Schadow (1788-1862), Chr.D.<br />
Rauch (1777-1857), C.J. Begas (1794-1854),<br />
C.W. Wach (1787-1845) und ihr Vetter E.J.F.<br />
Bendemann (1811-1889), der spätere Direktor<br />
der Dresdner Gemälde<strong>galerie</strong>.<br />
Ihre Eltern förderten die künstlerische Begabung<br />
ihrer Tochter – auch Schadow, der<br />
sie in jungen Jahre porträtiert hatte („Die<br />
Poesie“), empfahl ihren Eltern, das Talent<br />
ihrer Tochter zu fördern. So erhielt sie früh<br />
Zeichenunterricht durch den Porträt- und<br />
Miniaturmaler J.F. Zimmermann (tätig<br />
1796-1838).<br />
Im Alter von 18 Jahren heiratete sie den<br />
vierzehn Jahre älteren Baron K.H.L. von<br />
Weiher; die kinderlose Ehe wurde 1836 auf<br />
Drängen ihrer Familie und gegen ihren<br />
Willen geschieden. Kurz darauf lernte sie<br />
in Berlin den Maler Georg Heinrich Crola<br />
(1804-1879) kennen. Sie trafen sich wieder<br />
in Ilsenburg, wo sie sich bevorzugt aufhielt,<br />
und heirateten 1840. Gemeinsam entschied<br />
man, in Ilsenburg seßhaft zu werden und<br />
erwarb schließlich 1847 ein großes Haus.<br />
Obwohl sie fünf Kinder gebar, unternahm<br />
sie gemeinsam mit ihrem Mann nicht nur<br />
zahlreiche Fahrten nach Berlin, Dresden<br />
und auf die Insel Rügen, sondern auch nach<br />
Dänemark, Schweden und in die Alpen.<br />
Zudem führten sie in Ilsenburg ein reges<br />
gesellschaftliches Leben.<br />
Zu ihren Künstlerfreunden zählten u.a.<br />
P. von Cornelius (1783-1867), L. Richter<br />
(1803-1884) und W. von Kügelgen (1802-<br />
1867). Elise zeigte zudem ein ausgeprägtes<br />
soziales Engagement und wurde zur Wohltäterin<br />
der Alten und Armen. Nicht näher<br />
zu spezifizierende Beschwerden zwangen<br />
sie jedoch zu Reisen, z.B. eine vermutlich<br />
anderthalbjährige Reise gemeinsam mit ihrem<br />
Mann 1854 in die Schweiz. Auch zwei<br />
längere Aufenthalte in Italien zwecks Erholung<br />
sind zu belegen.<br />
64
Ihr künstlerisches Schaffen, sie arbeitete<br />
meist mit dem Bleistift, selten in Aquarell,<br />
wird von figürlichen Themen, Porträts,<br />
Tierdarstellungen, Veduten und Landschaften<br />
bestimmt. Daneben betätigte sie<br />
sich bildhauerisch (Porträts). Später bemalte<br />
sie auch Porzellane und Gebrauchsgegenstände.<br />
Im Hüttenmuseum Ilsenburg wurde Ende<br />
der 1990er Jahre eine Crola-Stube eingerichtet.<br />
52. Elise Crola<br />
Georg Heinrich Crola mit schwarzem Hut im<br />
Profil nach links. Bleistift, auf chamoisfarbenem<br />
Velin, links unten bezeichnet „Crola<br />
vor 22 Jahren 1841“. Ca. 17,3:7,7 cm. – In<br />
den Rändern ungleich beschnitten. Etwas<br />
fleckig.<br />
Literatur: Ausst. Kat.: Elise Crola – Romantische<br />
Zeichnungen, bearb. von Gerd Ilte,<br />
Galerie 1530, Kulturstiftung Wernigerode,<br />
Wernigerode 2008, vgl. S. 4.<br />
[54]<br />
54. Elise Crola<br />
Figurenstudie einer Händlerin mit Kind. Bleistift,<br />
auf cremefarbenem Velin, links unten<br />
monogrammiert „E. C.“, rechts unten bezeichnet<br />
„... Händlerin“. 17,3:14,7 cm, auf<br />
Untersatz montiert. – In den Ecken oben<br />
schräg geschnitten.<br />
[52]<br />
[53]<br />
53. Elise Crola<br />
Brustbild einer sitzenden Frau mit hochgestecktem<br />
Haar nach links. Bleistift, auf<br />
bräunlichem Velin, rechts unten signiert,<br />
bezeichnet und datiert „E. Crola Ilsenburg<br />
1846.“. 17,3:7,7 cm, auf Untersatz montiert. –<br />
Mit Lichtrand rundum.<br />
55. Elise Crola<br />
Küstenlandschaft bei Menton an der Côte<br />
d’Azur. Bleistift, weiß gehöht und wenig blau<br />
laviert, auf bräunlichem Velin, links unten<br />
bezeichnet „Hafen von Mentone“. 11:18,4<br />
cm, auf Untersatz montiert. – Mit leichtem<br />
Lichtrand links und rechts.<br />
65
56. Elise Crola<br />
Marktszene. Bleistift, auf gelblichem Velin,<br />
rechts unten monogrammiert „E. C.“. 8:13<br />
cm, auf Untersatz montiert. – Links unten<br />
Fehlstellen. Mit leichten Gebrauchsspuren.<br />
[55]<br />
57. Elise Crola<br />
Schweizer Hochgebirgslandschaft mit einer<br />
Brücke und Häusern rechts. Bleistift, etwas<br />
weiß gehöht, auf bräunlichem Papier, links<br />
unten bezeichnet „Pont St. Louis“. 22,5:18,4<br />
cm. – Beide oberen Ecken angesetzt.<br />
[56] [57]<br />
66
[58] [59]<br />
58. Elise Crola<br />
Hochgebirgslandschaft mit Gehöft in Tirol.<br />
Bleistift, auf chamoisfarbenem Velin, rechts<br />
unten bezeichnet und datiert „Gehöft im<br />
Tirol 1858“. 19,7:20,5 cm, an den Ecken auf<br />
Untersatz montiert. – Vertikale Knickfalte<br />
links geglättet, leichter Lichtrand oben.<br />
59. Elise Crola<br />
Blick auf den Watzmann am Königssee mit<br />
einer großen Eiche rechts, im Vordergrund<br />
rechts ein lagerndes Bauernpaar. Bleistift<br />
und weiße Kreide, auf grauem Papier, rechts<br />
unten bezeichnet „am Königsee b. Berchtesgaden“.<br />
26,3:26,3 cm.<br />
60. Elise Crola<br />
Landschaft am Königssee mit Blick auf den<br />
Watzmann, im Vordergrund Bauern bei der<br />
Rast. Bleistift und weiße Kreide, auf grauem<br />
Papier, rechts unten bezeichnet „am Königsee<br />
bei Berchtesgaden“. 26,5:22,6 cm.<br />
[60]<br />
67
61. Nina Czernichew, tätig um 1810<br />
Arkadische Landschaft mit dorischem Tempel.<br />
Graphit und Sepiakreide, auf Karton<br />
mit Kreidegrundierung, im Unterrand mit<br />
Widmung „Offert par Mlle Czernichew a<br />
son ancien ami et a son chèr maitre Monsieur<br />
Fuguer“.<br />
Verso von der Künstlerin bezeichnet „Accepte<br />
le avec indulgeance mon cher maitre<br />
personne rien à plus besoin que la C. Nina<br />
Czernichew.“. 13,3:17,4 cm.<br />
[61]<br />
Mit „M. de Fuguer“ ist wohl der Wiener<br />
Akademieprofessor Heinrich Füger (1751-<br />
1818) gemeint, was vermuten läßt, daß<br />
Nina Czernichew zumindest Privatunterricht<br />
– Frauen war zu diesem Zeitpunkt<br />
das Studium an der Wiener Kunstakademie<br />
noch nicht erlaubt – bei diesem berühmten<br />
Künstler hatte.<br />
HERTA CZOERNIG-GOBANZ<br />
1886 Klagenfurt – Wien 1970<br />
Die Malerin und Graphikerin bevorzugte<br />
Landschaften und Veduten. Sie studierte<br />
an der „Kunstschule für Frauen und Mädchen“<br />
in Wien, wo sie den Radierkurs von<br />
L. Michalek (1859-1942) besuchte. Zum<br />
Weiterstudium ging sie an die Weimarer<br />
Malerschule.<br />
Herta Czoernig-Gobanz wird als „Die<br />
letzte Topographin Wiens“ bezeichnet.<br />
[62]<br />
62. Herta Czoernig-Gobanz<br />
Ansicht von Canale. Radierung und Aquatinta<br />
in Grünschwarz, auf chamoisfarbenem<br />
Kupferdruckpapier. 39,2;17,5 cm. Erschienen<br />
im „Radierverein zu Weimar“ 1911, Nr.<br />
10. – Im Rand minimale Gebrauchsspuren,<br />
sonst tadellos.<br />
Canale ist südwestlich von Asti und nördlich<br />
von San Remo gelegen.<br />
GERTRUDE DEGENHARDT<br />
geb. 1940 New York<br />
1942 Rückkehr der Eltern aus den USA<br />
nach Berlin, 1956 Umzug der Familie nach<br />
Mainz. 1956-1959 Besuch der Werkkunstschule<br />
für Gebrauchsgraphik in Mainz.<br />
Seit 1960 Tätigkeiten für Werbeagenturen<br />
und erste Buchillustrationen. 1964 Heirat<br />
mit dem Maler und ihrem späteren Verleger<br />
M. Degenhardt (1938-2002).<br />
Ab 1966 als freischaffende Malerin und<br />
Graphikerin in Mainz tätig. Illustrationen<br />
von Liedern und Chansons (z.B. Plattencover<br />
und Bücher von Franz-Josef Degenhardt)<br />
sowie zeichnerische und graphische<br />
Mappenwerke.<br />
1968 Graphik-Biennale-Preis in Krakow/<br />
Polen, 1976 Graphik-Biennale-Preis in<br />
Fredrikstad/Norwegen. Ab 1974 regelmäßige<br />
Reisen nach Irland, später dort Kauf eines<br />
Landhauses in Spiddal/County Galway.<br />
68
Nr. 237 von 300 Exx. – Breitrandiger<br />
Abdruck mit leichtem<br />
Wischton.<br />
Eine Figur beim Musizieren,<br />
meist mit der Geige, ist eines der<br />
zentralen Themen im Werk der<br />
Künstlerin.<br />
65. Gertrude Degenhardt<br />
„Inishmore“. Radierung und<br />
Aquatinta in Schwarz und Braun,<br />
auf chamoisfarbenem Kupferdruckpapier,<br />
signiert, nummeriert<br />
und betitelt. 16,8:24,4 cm.<br />
Nr. <strong>102</strong> von 200 Exx. – Vollrandiger<br />
Abdruck.<br />
Inishmore ist eine Insel vor der<br />
Westküste Irlands. Sie gehört<br />
zu den Aran Islands und ist die<br />
größte der Inselgruppe in der<br />
Galway Bay.<br />
[64]<br />
[63]<br />
63. Gertrude Degenhardt<br />
„Grande Dame“ oder Alte Hexe mit zwei<br />
Phantasietieren auf Schulter bzw. Rücken.<br />
Feder und Pinsel in Schwarz, grau, braun<br />
und ein wenig rot laviert, auf Zeichenkarton.<br />
49,9:34,9 cm.<br />
64. Gertrude Degenhardt<br />
„Hörst Du´s ?“. Junge Frau beim Geigenspiel.<br />
Radierung, auf chamoisfarbenem Kupferdruckpapier,<br />
signiert, nummeriert und betitelt.<br />
22,2:17,3 cm.<br />
[65]<br />
69
DOROTHEA DEMUS-<br />
SCHNEIDER<br />
geb. 1956 in Purgstall/Niederösterreich<br />
1975-1978 absolvierte die Bildhauerin<br />
und Graphikerin eine Ausbildung<br />
als Restauratorin in München<br />
und war in diesem Bereich tätig.<br />
Daneben erhielt sie Privatunterricht<br />
im Modellieren und Zeichnen von E.<br />
Zawory.<br />
1978-1983 schloß sich ein Studium<br />
an der Wiener Kunstakademie bei<br />
dem bedeutenden Bildhauer J. Avramidis<br />
(geb. 1922) an, wo sie wohl<br />
ihren zukünftigen Ehemann, den<br />
Maler, Zeichner und Bildhauer J.<br />
Demus (geb. 1959) kennenlernte; die<br />
Ehe wurde nach wenigen Jahren geschieden.<br />
Die Künstlerin begann 1983 mit der<br />
Radiertechnik, die sie sich autodidaktisch<br />
aneignete. Ihr Themenkreis<br />
umfaßt Landschaften, Stilleben und<br />
figürliche Darstellungen.<br />
Seit Mitte der 80er Jahre beschäftigt<br />
sie sich intensiv und mit großer Experimentierfreudigkeit<br />
auch mit der<br />
Technik des Holzschnitts: Hier liegt<br />
ihr Themenschwerpunkt auf Landschaftsdarstellungen.<br />
1987 erhielt sie den Theodor-Körner-Preis.<br />
Heute ist sie in Wien tätig.<br />
[66]<br />
66. Dorothea Demus-Schneider<br />
Zwei Landschaftsstudien auf einem Blatt: Wolkenhimmel und Regen über dem Meer (oben), Bergige<br />
Küstenlandschaft (unten). Bleistift, auf festem Papier, rechts oben datiert „24.VII. 89“, rechts unten<br />
datiert und bezeichnet „24.VII.89 Mosken v. Sorvaeroy“ sowie am Unterrand rechts signiert<br />
„Dorothea Demus-Schneider“. 28,5:38,5 cm.<br />
Bei Mosken handelt es sich um eine unbewohnte Insel der Lofoten vor der Küste Norwegens.<br />
67. Dorothea Demus-Schneider<br />
Waldstück. Holzschnitt in Schwarzbraun, 1988, auf Japan, signiert, datiert und bezeichnet. Ca.<br />
31,4:22,8 cm. Als „Probedruck op. 16“ bezeichnet. – Etwas knitterfaltig.<br />
70
68. Dorothea Demus-Schneider<br />
Landschaftsausschnitt mit Stadt im Hintergrund.<br />
Holzschnitt, 1988, auf cremefarbenem<br />
Japan, signiert, datiert und bezeichnet.<br />
Ca. 24,1:15 cm. Als „Probedruck op. 22“ bezeichnet.<br />
– Im Rand ungleich beschnitten.<br />
Möglicherweise handelt es sich hier um<br />
eine der 22 Ansichten von Purgstall, die die<br />
Künstlerin 1984 in einer Mappe zusammengefaßt<br />
hatte und ihrem Vater widmete (dazu<br />
vgl. Ausst. Kat.: Dorothea Demus-Schneider.<br />
Zeichnungen und Radierungen, Kunsthistorisches<br />
Museum Admont, Waidhofen<br />
an der Ybbs 1987, Œuvreverzeichnis opus<br />
17-38).<br />
69. Dorothea Demus-Schneider<br />
Hagenbachklamm. Radierung, 1984, auf<br />
Kupferdruckpapier, signiert, datiert und<br />
nummeriert. 14,9:9,7 cm.<br />
Opus 40. – Nr. 17 von 20 Exx. – Mit handschriftlicher<br />
Widmung.<br />
[67]<br />
[68]<br />
[69]<br />
[70]<br />
70. Dorothea Demus-Schneider<br />
Phantasievolle Darstellung mit einem nackten<br />
Knaben. Holzschnitt, 1990, auf chamoisfarbenem<br />
Japan, datiert. Ca. 32:23,1 cm. Opus<br />
82. – Nr. 5 von 25 Exx. – Mit handschriftlicher<br />
Widmung, datiert „Wien 17.XII.“.<br />
Eine Holzscheibe diente hier (und bei Nr.<br />
75) als Druckstock. Die durch die Farbaufnahme<br />
deutlich zu unterscheidenden<br />
Jahresringe sind wichtiger Bestandteil der<br />
Darstellung.<br />
71
[71]<br />
71. Dorothea Demus-Schneider<br />
Mutter und Kind. Radierung, 1985, auf Kupferdruckpapier<br />
signiert, datiert und nummeriert.<br />
9,2:14,3 cm.<br />
Wohl Opus 64. – Nr. 19 von 20 Exx.<br />
[74]<br />
72. Dorothea Demus-Schneider<br />
Erste Schritte. Radierung, 1986, auf Kupferdruckpapier,<br />
signiert, datiert und nummeriert.<br />
7,8:6,4 cm.<br />
Opus 87. – Nr. 9 von 12 Exx. – Schöner Abdruck<br />
mit breitem Rand, mit handschriftlicher<br />
Widmung.<br />
73. Dorothea Demus-Schneider<br />
Schnecken I. Radierung, 1986, auf Kupferdruckpapier,<br />
signiert, datiert, nummeriert<br />
und mit Widmung versehen. 7:9,6 cm.<br />
Opus 93. – Nr. 5 von 12 Exx. – Mit handschriftlicher<br />
Widmung.<br />
Literatur: op. cit., Abb. 21.<br />
74. Dorothea Demus-Schneider<br />
Zapfen. Radierung, 1986, auf Kupferdruckpapier,<br />
signiert, datiert und nummeriert.<br />
8,7:10,9 cm.<br />
Opus 97. – Nr. 4 von 12 Exx.<br />
[72]<br />
[73]<br />
75. Dorothea Demus-Schneider<br />
Küstenlandschaft. Holzschnitt, auf chamoisfarbenem<br />
Japan, bezeichnet. Ca. 32:23,1 cm.<br />
Opus 98; vergl. Kat.-Nr. 70. – Rand links<br />
etwas ungleich. Mit Resten der Druckfarbe<br />
und minimalen Gebrauchsspuren.<br />
[75]<br />
Das Blatt dürfte nach der von der Künstlerin<br />
selbst vorgenommen Nummerierung nach<br />
1990 entstanden sein.<br />
72
FÉLICE DESCLABISSAC, geb.<br />
KURZBAUER<br />
1876 Wien – München (?) um 1938<br />
Die Künstlerin war als Zeichnerin, Aquarellistin<br />
und als Illustratorin tätig. Sie studierte<br />
an der Kunstschule für Damen in<br />
Krakau, an der Damenakademie des Künstlerinnenvereins<br />
in München und bei ihrem<br />
späteren Mann, dem Münchner Maler und<br />
Zeichner A. Desclabissac (1868-1938).<br />
– etwa die kissenförmige Fläche hinter dem<br />
Kopf der Dargestellten mit dem frech-erotischen<br />
weiblichen Akt oder der Überwurf,<br />
der eher auf ein Bett hindeutet als auf einen<br />
Sessel.<br />
1908, 1909 und 1912 stellte sie im Münchner<br />
Glaspalast sowie 1911 und 1912 auf den<br />
Dresdener Aquarellausstellungen aus, darüber<br />
hinaus 1912 auf der Jahresausstellung<br />
in Leipzig, 1913 im Wiener Künstlerhaus<br />
und bei der Société des Artistes Indépendants<br />
in Paris.<br />
Ihre Hauptthemen waren Genreszenen und<br />
Blumenbilder.<br />
76. Félice Desclabissac<br />
Interieur mit einer in einem Sessel sitzenden<br />
jungen Frau mit einem Journal oder Buch in<br />
der Hand, vor sich auf einem Überwurf eine<br />
liegende Katze. Aquarell, über Bleistift, auf<br />
Pauspapier, rechts unten signiert „Felice<br />
Desclabissac“. Ca. 26,2:23,8 cm. Verso ist die<br />
Darstellung aquarelliert.<br />
Diese Ansicht einer mondänen jungen Frau<br />
in elegant-erotischer Bekleidung besticht<br />
sowohl durch ungewöhnliche technische als<br />
auch perspektivische Elemente: Die Künstlerin<br />
aquarellierte die Rückseite des Pauspapiers.<br />
Damit erhält die Vorderseite eine<br />
[76]<br />
hell-pastellige Farbigkeit, die durch Hinzufügung<br />
einzelner kräftiger Pinselzüge recto,<br />
besonders zu erkennen an Kleid, Haar und<br />
den Trauben links, akzentuiert wird. Die<br />
gekonnte, gewollt verschachtelte räumliche<br />
Situation verweist auf die bewußte Verarbeitung<br />
avantgardistischer Raumprinzipien<br />
[77]<br />
77. Félice Desclabissac<br />
Zwei Damen in pelzbesetzter Winterbekleidung<br />
und Muff vor schneebedeckter gebirgiger<br />
Landschaft mit Häusern. Deckfarben, über<br />
Kohle, auf chamoisfarbenem Velin, rechts<br />
unten monogrammiert „FD“. 33,8:22,1 cm.<br />
In den Ecken winzige Nagellöchlein.<br />
73
MARIA VON DIETRICH<br />
tätig zwischen 1917 und 1923<br />
Über die wohl in Österreich tätige Künstlerin<br />
Maria von Dietrich ist kaum etwas<br />
bekannt. Nachzuweisen ist sie 1923 in New<br />
York sowie ist in diesem Jahr die Teilnahme<br />
an einer Ausstellung im Salon des Indépendants<br />
in Paris dokumentiert.<br />
Um 1918 ist sie Mitglied der Künstlergruppe<br />
„Bewegung“ (ab 1919 „Freie Bewegung“),<br />
einer 1918 gegründeten und etwa bis 1921<br />
existierenden österreichischen Vereinigung,<br />
der so bekannte Künstler wie J. Itten<br />
(1888-1967) und A. Kubin (1877-1957) angehörten.<br />
[78]<br />
78. Félice Desclabissac<br />
Erotische Darstellung einer jungen Frau mit entblößter Brust in einem Bett liegend, rechts vorne<br />
schläft auf der Bettdecke eine Katze. Aquarell, über Bleistift, um 1910, auf festem strukturiertem<br />
Papier, links unten signiert „Felice Desclabissac“. Ca. 23,9:31,8 cm. Verso: Nächtliche venezianische<br />
Szene mit Liebespaar in einer Gondel. Aquarell, über Bleistift. – Rand ungleich<br />
beschnitten. In den Ecken Nagellöchlein.<br />
79. Maria von Dietrich<br />
Dekorative Darstellung einer (Südsee-)Insel mit Ornamentfeld, zu beiden Seiten Springböcke<br />
und Vögel. Monotypie, 1917, auf bräunlichem Velin, signiert und datiert. 28,9:22,9<br />
cm. Insgesamt nicht ganz frisch.<br />
[79]<br />
74
BARBARA REGINA DIETZSCH<br />
1706 – Nürnberg – 1783<br />
Die aus einer Künstlerfamilie stammende,<br />
international bekannte Malerin und Zeichnerin<br />
Barbara Regina Dietzsch war die<br />
älteste Tochter des Malers, Zeichners und<br />
Radierers J.I. Dietzsch (1681-1754).<br />
Ihre Ausbildung erhielt sie wie ihre Schwester<br />
Margarete Barbara (1726-1795) sowie<br />
ihre fünf jüngeren Brüder in der Werkstatt<br />
des Vaters.<br />
Mehrmals wurde ihr die Position einer<br />
Hofmalerin an europäischen Fürstenhöfen<br />
angeboten, die sie jedoch immer ablehnte.<br />
1775 hatte sie einen Schlaganfall, der sie jedoch<br />
nicht davon abhielt bis 1781 weiterzuarbeiten.<br />
Ihr Hauptbeschäftigungsfeld waren die im<br />
18. Jahrhundert beliebten Darstellungen<br />
von Vögeln, Insekten, Blumen und Landschaften<br />
sowie Jagdszenen und Porträts,<br />
die sich durch Detailgenauigkeit und -freude<br />
auszeichnen.<br />
In Nürnberg, zu dieser Zeit „Hochburg<br />
des naturwissenschaftlichen Verlags- und<br />
Illustrationswesens“ fanden ihre Arbeiten<br />
großen Absatz und hatten vorbildhaften<br />
Charakter für die naturgeschichtliche Kabinettmalerei.<br />
[80]<br />
80. Barbara Regina Dietzsch<br />
Gefüllter roter Mohn. Gouache, auf schwarz<br />
grundiertem festem Papier, auf alten Untersatz<br />
montiert, dort mehr<strong>fach</strong> umrandet<br />
und mit handschriftlichem Namensetikett.<br />
27,9:15,9 cm.<br />
Literatur: H. Ludwig: Nürnberger naturgeschichtliche<br />
Malerei im 17. und 18. Jahrhundert,<br />
Marburg 1998, vgl. Abb. 71.<br />
Im Germanischen Nationalmuseum in<br />
Nürnberg befindet sich eine motivisch verwandte<br />
Gouache der Künstlerin.<br />
[81]<br />
81. Barbara Regina Dietzsch<br />
Hahnenkamm. Celosia cristata. Gouache,<br />
über Bleistiftskizze, auf Bütten. 32,4 x 24,9<br />
cm. – Zu den Rändern hin etwas gebräunt.<br />
Verso bezeichnet „Kopetzky“, vielleicht als<br />
alter Besitzvermerk zu verstehen. Der bedeutende<br />
Porträtmaler Johann Kopetzky<br />
(1667-1740) war seit 1723 in Nürnberg ansässig<br />
und dürfte die „Dietzschin“ persönlich<br />
gekannt haben.<br />
Der Hahnenkamm ist im tropischen Asien<br />
heimisch und wurde um 1570 in Europa<br />
eingeführt. Er ist auch heute noch als Zierpflanze<br />
verbreitet.<br />
75
HEDWIG DÜLBERG-ARNHEIM<br />
1894 Hamburg – Auschwitz 1944<br />
Die Künstlerin studierte an der Kunstgewerbeschule<br />
Hamburg in der Klasse<br />
„Akt- und Porträtzeichnen“ von E. Dülberg<br />
(1888-1933), den sie 1915 heiratete. 1919 zog<br />
das Künstlerpaar nach Ober-Hambach bei<br />
Heppenheim/Bergstraße. Dort unterrichtete<br />
sie wie ihr Mann an der Odenwaldschule.<br />
Seit 1920 war sie Mitglied der „Darmstädter<br />
Sezession“ und beteiligte sich an den<br />
Ausstellungen der Gruppe. In dieser Zeit<br />
entstanden erste Bildstickereien und Webereien.<br />
1922 Scheidung. Anschließend war<br />
sie Schülerin am Bauhaus in Weimar bei J.<br />
Itten (1888-1967), P. Klee (1879-1940) und<br />
W. Kandinsky (1866-1944).<br />
1924 heiratete sie den am Bauhaus tätigen<br />
Goldschmied N. Slutzky (1894-1965) und<br />
im gleichen Jahr zog sie nach Wien. Auch<br />
diese Ehe wurde 1927 geschieden und sie<br />
kehrte nach Hamburg zurück. 1936 emigrierte<br />
sie nach Nizza, wurde dann über<br />
das Sammel- und Durchgangslager Drancy<br />
in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert,<br />
wo sie ermordet wurde.<br />
[82]<br />
82. Barbara Regina Dietzsch<br />
Auf einem Ast sitzender Eisvogel. Gouache,<br />
auf Pergament. 28,1:20,5 cm.<br />
Literatur: H. Ludwig: Nürnberger naturgeschichtliche<br />
Malerei im 17. und 18. Jahrhundert,<br />
Marburg 1998, vgl. Abb. 59.<br />
1771-1775 wurde in Nürnberg eine „Sammlung<br />
meist inländisch gefangener Vögel“<br />
nach Aquarellen der Künstlerin veröffentlicht.<br />
Möglicherweise entstand in diesem<br />
Zusammenhang unser Blatt.<br />
83. Hedwig Dülberg-Arnheim<br />
Auf dem Boden sitzender männlicher Akt im<br />
Profil nach links mit einem ausgestreckten<br />
und einem angewinkelten Bein. Weicher Bleistift,<br />
teils gewischt, auf bräunlichem Velin,<br />
rechts unten monogrammiert und datiert<br />
„HD.A. 13.3.15.“. 33,1:43,5 cm.<br />
76
[83]<br />
84. Hedwig Dülberg-Arnheim<br />
Blumenstilleben. Lithographie, 1912, auf festem<br />
chamoisfarbenem Velin, signiert und<br />
datiert. 45,4:31,9 cm.<br />
Die Darstellung besticht durch die feine<br />
zeichnerische Durchbildung der Blumen,<br />
ausgewogene Lichtinszenierung und kontrastierende<br />
Ornamentierung des Tischüberwurfes.<br />
Von der für die Künstlerin charakteristischen<br />
kubistischen Formensprache, bekannt<br />
durch ihre Stick- und Webarbeiten,<br />
ist hier nichts spürbar.<br />
Im Rand nicht ganz<br />
frisch, kleine Fehlstelle<br />
im rechten<br />
Rand.<br />
Die frühe Arbeit der<br />
Künstlerin, die voraussichtlich<br />
während<br />
ihrer Hamburger<br />
Ausbildungszeit<br />
in der Klasse ihres<br />
Ehemanns entstand,<br />
zeigt eine eigenwillige<br />
Umsetzung moderner<br />
expressionistischer<br />
Tendenzen.<br />
[84]<br />
JULIE GRÄFIN VON EGLOFFSTEIN<br />
1792 Erlangen – Marienrode/Hildesheim<br />
1869<br />
In Weimar aufgewachsen, wurde Julie zunächst<br />
Hofdame von Luise von Sachsen-<br />
Weimar-Eisenach; ihre Schwester Caroline<br />
war Hofdame der Erbherzogin Anna Amalia,<br />
eine bedeutende Mäzenatin der Weimarer<br />
Kunst- und Literaturszene.<br />
Julie von Egloffstein pflegte Kontakt mit<br />
Goethe, der ihr besonders zugetan war.<br />
Sie bildete sich unter dessen Anleitung zur<br />
Zeichnerin und Malerin aus. Auch war sie<br />
Schülerin von G.F. Kersting (1785-1847)<br />
in Meißen. Die Künstlerin unternahm<br />
zahlreiche Reisen im In- und Ausland und<br />
erlangte nicht nur wegen ihres künstlerischen<br />
Talents, sondern auch wegen ihrer<br />
Schönheit große Bekanntheit.<br />
1826 porträtierte sie Goethe, weitere Porträts<br />
von Mitgliedern der Herzogsfamilie<br />
in Weimar sowie dem bayerischen König<br />
Ludwig I. und Königin Therese folgten. Daneben<br />
schuf sie auch Genrestücke.<br />
Durch eine mehrjährige Studienreise ab<br />
1829 nach Italien, fand sie Anschluß an<br />
die deutsche Künstlerkolonie in Rom und<br />
wurde Ehrenmitglied der römischen Accademia<br />
di S. Luca. Hier kamen architektonische<br />
Ansichten von Italien hinzu. 1832<br />
Rückkehr nach Weimar. Eine zweite Italienreise<br />
folgte 1838-1840. Ihre letzten Lebensjahre<br />
waren von einem schweren körperlichen<br />
Leiden geprägt.<br />
77
[85] [86]<br />
85. Julie Gräfin von Egloffstein<br />
Staffelbildnis mit vier Kindern. Bleistift, teils gewischt, auf Velin,<br />
auf Karton montiert und mit mehr<strong>fach</strong>en Tuschlinien umrandet,<br />
verso datiert „1852“. 7,9:9,7 cm.<br />
86. Julie Gräfin von Egloffstein<br />
Landschaft bei Sorrent. Bleistift, auf chamoisfarbenem Velin, rechts<br />
unten bezeichnet und datiert „Sorrento am 25. Juli 1830“ und von<br />
einer anderen Hand „im Hause der Gr(äfin) v(on) E(gloffstein).<br />
18,3:24,1 cm. - Verso: Porträt der Karoline Lauska. Bleistift, rechts<br />
unten bezeichnet „Frau Lauska“. – Minimal fleckig.<br />
Im Juli 1830 reiste Julie von Egloffstein in Begleitung des Malers<br />
Fr. Preller d.Ä. (1804-1878) von Rom über Neapel nach Sorrent,<br />
wo sie einige Gemälde und Zeichnungen schuf. Unsere Ansicht<br />
ist von dem Haus aus gemalt, in dem die Künstlerin sich während<br />
ihres Sorrenter Aufenhaltes aufhielt.<br />
Das rückwärtige Bild zeigt ein Porträt der 1794 in Berlin geborenen<br />
Malerin Karoline Ermeler, die den Musiker F.I. Lauska (1764-<br />
1825) geheiratet hatte. Sie<br />
war eine Schülerin von<br />
J.C.H. Kretschmar (1769-<br />
1847) und von W. von Schadow<br />
(1788-1862).<br />
Lauska bereiste Italien<br />
drei Mal, sicher 1829-<br />
1830. Möglich ist, daß sich<br />
Lauska ebenfalls 1830 in<br />
Sorrent aufhielt, wo dann<br />
Egloffstein das Porträt gezeichnet<br />
haben könnte.<br />
Ungewöhnlich ist bei diesem<br />
Porträt nicht nur die<br />
[86 - verso]<br />
Wahl der Porträtansicht, sondern auch, daß es sich um eines jener<br />
seltenen Porträts einer Künstlerin handelt, das von einer Künstlerin<br />
gezeichnet wurde.<br />
78
HERMINE EHMSEN, geb. SCHNEID<br />
1881 Wien – Göteborg 1949<br />
Die Künstlerin arbeitete als Landschaftsmalerin,<br />
Graphikerin und Illustratorin.<br />
1911 beteiligte sie sich mit einer Radierung<br />
an der „Neunten Jahresgabe Radierclub<br />
Wiener Künstlerinnen“.<br />
[87]<br />
87. Hermine Ehmsen<br />
„Äußerer Ringplatz – Wien“. Radierung<br />
und Aquatinta in Grünschwarz, auf chamoisfarbenem<br />
Japan, in der Platte monogrammiert<br />
„H.SCH.“, betitelt und signiert<br />
„Hermine Ehmsen.“. 19,4:25 cm. – Knickfalte<br />
im breiten Rand rechts unten.<br />
Wie die Signatur in der Platte nahelegt, entstand<br />
die Radierung noch vor ihrer Heirat<br />
mit dem Maler H. Ehmsen (1886-1964) und<br />
wurde nachträglich handsigniert. Ob diese<br />
Ehe nicht glücklich verlief und die Ehe<br />
geschieden wurde, oder Ehmsen erst nach<br />
ihrem Tod die Malerin Lis Bertram (1897-<br />
1986) ehelichte, war nicht zu ermitteln.<br />
ELISABETH, PRINZESSIN<br />
VON ENGLAND UND IR-<br />
LAND, LANDGRÄFIN VON<br />
HESSEN-HOMBURG<br />
1770 London – Frankfurt am<br />
Main 1840<br />
Elisabeth hatte, wie ihre fünf<br />
Schwestern, eine sehr fundierte<br />
Ausbildung im Zeichnen, Malen<br />
und Kupferstechen erhalten. In<br />
England waren ihre Lehrer u.a.<br />
J.A. Greese (um 1740-1794), Dr.<br />
J. Fisher, der spätere Bischof von<br />
Salisbury, P.W. Tomkins (1760-<br />
1840), B. Rebecca (um 1735-<br />
1808), S.W. Reynolds (1773-1835),<br />
M. Wyatt (1799-1859), H. Angelo<br />
(1760-1839) und R. Cooper (um<br />
1740 - um 1814) sowie insbesondere<br />
die Miniaturistin Anne Mee<br />
(um 1760-1851) und die berühmte<br />
Blumenmalerin Mary Moser<br />
(1744-1819).<br />
Vor allem vor ihrer Heirat betätigte<br />
sich die Prinzessin als Zeichnerin<br />
und Malerin, porträtierte,<br />
kopierte und kolorierte Stiche,<br />
schnitt Silhouetten, schuf Lackund<br />
Wandmalereien und katalogisierte<br />
die königliche Gemälde<strong>galerie</strong>.<br />
Nach ihrer Verheiratung<br />
und dem Umzug in die Residenz<br />
Homburg nahm sie Mal- und Zeichenunterricht<br />
bei dem Hofmaler<br />
J.F. Voigt (1792-1871) und setzte<br />
ihre vielfältige künstlerische Arbeit<br />
fort.<br />
[88]<br />
88. Elisabeth, Prinzessin von England und Irland<br />
Gebäude auf Sockel mit pyramidenartigem Abschluß,<br />
vorne tiefe und leere, oben gerundete Nische, mit angedeutetem<br />
Pflanzenwuchs. Kreidelithographie, 1815,<br />
auf Bütten mit Wasserzeichen „GM“, im Stein signiert<br />
und bezeichnet „lith: von Elise von H.“. 34,1:27,7 cm.<br />
Provenienz: Doublette der Hamburger Kunsthalle,<br />
Lugt 1233. – Etwas unfrisch.<br />
Literatur: Winkler 548.33 (dieses Exemplar).<br />
79
MARIE ELLENRIEDER<br />
1791 – Konstanz – 1863<br />
Marie Ellenrieder wurde von dem Konstanzer<br />
Miniaturmaler J. Einsle (1794 – nach<br />
1850) unterrichtet. Danach erhielt sie als<br />
erste Frau die Zulassung zum Kunststudium<br />
an der Akademie in München. Anschließend<br />
wurde sie Porträtmalerin an<br />
südwestdeutschen Fürstenhöfen (Hohenzollerischer<br />
Hof in Sigmaringen, Fürstenbergischer<br />
Hof in Donaueschingen), ebenso<br />
malte sie religiöse Themen.<br />
1822-1824 hielt sie sich in Rom auf, dort<br />
machte sie die Bekanntschaft von Louise<br />
Seidler (1786-1866) sowie von F. Overbeck<br />
(1789-1869) und weiteren Nazarenern; häufig<br />
ausbleibende Anerkennung durch ihre<br />
männlichen deutsch-römischen Kollegen<br />
führte jedoch zur Ausbildung einzelgängerischen<br />
Verhaltens. Ein einjähriger Aufenthalt<br />
in Florenz folgte.<br />
Nach ihrer Rückkehr nach Baden ist die<br />
nahezu ausschließliche Fokussierung auf<br />
religiöse Kunst zu beobachten. Seit 1829<br />
lebte sie in Karlsruhe und wurde zur großherzoglich-badischen<br />
Hofmalerin ernannt.<br />
Reisen nach Zürich, Dresden und München<br />
folgten.<br />
Ab den 1830er Jahren folgte durch eine<br />
schon seit dem ersten Italienaufenthalt in<br />
selbstzerstörerische Selbstanklagen und<br />
Depressionen fallende Gemütslage sowie<br />
durch Ablehnung und Verleugnung der<br />
eigenen Sinnlichkeit und Körperlichkeit<br />
und Zweifel an den eigenen künstlerischen<br />
Leistungen die zunehmende Abkehr vom<br />
gesellschaftlich-öffentlichen Leben.<br />
1834/35 kehrte sie nach Konstanz zurück.<br />
1838-1840 unternahm sie die zweite Italienreise.<br />
In den 40er und 50er Jahren gelang<br />
es ihr, nach Jahren der Krankheit und Depressionen,<br />
erneut zu ihrer schöpferischen<br />
Kraft zurückzufinden.<br />
[89]<br />
89. Marie Ellenrieder<br />
Studie eines Lesenden. Feder in Schwarz, auf<br />
chamoisfarbenem Velin, Mitte und rechts<br />
unten datiert und signiert „am 4.ten Juni. /<br />
Marie Ellenrieder 1816.“. 12,3:12,9 cm. Auf<br />
Albumblatt montiert.<br />
80
[91]<br />
[90]<br />
90. Marie Ellenrieder<br />
Anna Selbdritt vor einem skizzenhaft angedeuteten architektonischen<br />
Hintergrund. Bleistift, auf Velin. 33,2:24,7 cm. – Insgesamt etwas<br />
fleckig, kleine Quetschfalte im oberen Rand.<br />
Provenienz: Sammlung Ignaz Dornach, Weiler bei Lindau, nicht bei<br />
Lugt.<br />
91. Marie Ellenrieder<br />
Herrenbildnis. Kniestück eines in einem Sessel<br />
sitzenden Herrn im Profil nach links, ein<br />
Buch in der rechten Hand haltend. Bleistift,<br />
teils gewischt, aquarelliert, mit Deckweiß<br />
gehöht, auf Kreidegrundpapier, verso bezeichnet<br />
„Herr Lotter, Rorschach“. 12,5:10,2<br />
cm. – Verso Reste alter Verklebung.<br />
Provenienz: Sammlung Otto Wessner, St.<br />
Gallen, Lugt Suppl. 2562a.<br />
81
[92]<br />
92. Marie Ellenrieder<br />
Maria mit dem Kind, die Stufen des Himmels<br />
herabschreitend. Radierung, 1826, auf festem<br />
Velin. 18:11,8 cm.<br />
Provenienz: Sammlung Pachen, nicht bei<br />
Lugt.<br />
Literatur: Andresen/Heller 1; Fischer/v.<br />
Blankenhagen WV 329 A; Fecker 29.<br />
Nach Marie Ellenrieders Italienaufenthalt,<br />
wo sie sich eng dem Kreis um F. Overbeck<br />
angeschlossen hatte – eine geistige Verwandtschaft<br />
ist schon vor der Begegnung<br />
durch ihre Tagebücher zu belegen –, pflegte<br />
die Künstlerin zumeist religiöse Motive,<br />
[93]<br />
die der Rezeption der Nazarener gemäß eine<br />
vergleichbare romantische Verklärtheit zeigen.<br />
Die Vorlage zu unserem Blatt, ein Gemälde<br />
von 1824, besitzt die Staatliche Kunsthalle<br />
Karlsruhe.<br />
93. Marie Ellenrieder<br />
Hl. Cäcilia, in einem Buch lesend. Radierung,<br />
1817, auf festem Velin, mit Blindstempel<br />
„MAE (ligiert)“ rechts unten. 16,4:14,8<br />
cm. – Im breiten Rand stockfleckig.<br />
Literatur: Andresen/Heller 5; Fischer/v.<br />
Blankenhagen WV 339 A; Fecker 17.<br />
Komposition und Inhalt sind noch ganz<br />
dem Barock verpflichtet. Die Vorlage, ein<br />
Ölbild, entstand in München im Jahr 1816.<br />
Eine Kreideskizze zu diesem Gemälde sowie<br />
die Vorzeichnung zu dieser Radierung besitzt<br />
das Kunsthaus Zürich.<br />
[94]<br />
94. Marie Ellenrieder<br />
Hl. Nikolaus mit zwei Engeln. Radierung,<br />
1822, auf festem Velin. 16,4:14,8 cm.<br />
Im breiten Rand etwas fleckig.<br />
Provenienz: Sammlung Pachen, nicht bei<br />
Lugt.<br />
Literatur: Andresen/Heller 8; Fischer/v.<br />
Blankenhagen WV 362 A; Fecker 26.<br />
Radierung nach einem 1822 entstandenen<br />
Altarbild in der katholischen Pfarrkirche<br />
in Ichenheim (vgl. Fischer/v. Blankenhagen<br />
WV 362).<br />
82
[95]<br />
95. Marie Ellenrieder<br />
Vater der Künstlerin. Joseph Konrad<br />
Ellenrieder (1744-1834). Radierung,<br />
1817, auf Velin. 11,6:10 cm.<br />
– Verso Reste alter Verklebung.<br />
Provenienz: Sammlung Carl Meister,<br />
2848, Lugt 1808; Sammlung<br />
Jos. V. Coniezing, 1825, nicht bei<br />
Lugt.<br />
Literatur: Andresen/Heller 9;<br />
Fischer/v. Blankenhagen WV 47;<br />
Fecker 16.<br />
Die Vorzeichnung zu der Radierung<br />
besitzt das Kunsthaus Zürich.<br />
DORIS AM ENDE<br />
1857 – Dresden – 1944<br />
Doris am Ende erhielt ihre Ausbildung in<br />
Dresden und München. Zum Weiterstudium<br />
ging sie nach Worpswede; sie war eine<br />
Cousine des erfolgreichen Worpsweder<br />
Künstlers Hans am Ende (1864-1918). Anschließend<br />
war sie in Dresden tätig. In der<br />
Künstlerkolonie Ahrenshoop verbrachte sie<br />
einen Sommer. Bekannt war sie wegen ihrer<br />
Landschaftsradierungen. Ausstellungsbeteiligungen<br />
im Münchner Glaspalast<br />
und an den großen Kunstausstellungen in<br />
Dresden und Berlin sind verzeichnet. 1900<br />
erhielt sie eine Medaille in London.<br />
[96]<br />
96. Marie Ellenrieder<br />
Mutter der Künstlerin. Anna Maria<br />
Ellenrieder (1747-1820). Radierung,<br />
1820, auf festem Velin.<br />
11,4:9,9 cm.<br />
Provenienz: Sammlung Pachen,<br />
nicht bei Lugt.<br />
Literatur: Andresen/Heller 10;<br />
Fischer/v. Blankenhagen WV 118;<br />
Fecker 22.<br />
Die Vorzeichnung zu der Radierung<br />
bewahrt das Kunsthaus Zürich.<br />
[97]<br />
97. Doris am Ende<br />
Landstraße (Worpswede?) mit zwei Häusern<br />
bei stürmischem Wetter. Radierung und<br />
Aquatinta, auf festem chamoisfarbenem Velin,<br />
signiert, bezeichnet und datiert „1904“<br />
sowie mit handschriftlicher Widmung.<br />
19,8:27,6 cm. – Mit Signatur des Druckers<br />
O. Felsing, Berlin.<br />
83
[98] [99]<br />
SUZANNE-ELISABETH EYNARD-<br />
CHÂTELAIN<br />
1775 Amsterdam – Genf 1844<br />
Die Tochter eines aus Rotterdam stammenden<br />
Pfarrers studierte seit 1793 in Genf bei<br />
P.-L. De La Rive (1753-1817) und G. Vanière<br />
(1740-1834). Um weiterhin am Zeichenunterricht<br />
von de La Rive teilnehmen zu<br />
können, folgte sie diesem nach Bex/Waadtland,<br />
wo später wohl das vorliegende, koloristisch<br />
eigenwillige, großformatige Aquarell<br />
entstand. Auf Reisen in Italien bildete<br />
sie sich weiter. 1802 heiratete sie den Physiker<br />
und Astronom Jacques Eynard (1772-<br />
1847). Befreundet war sie mit dem bekannten<br />
Schweizer Schriftsteller Karl Viktor<br />
von Bonstetten (1745-1832). Die Künstlerin<br />
bevorzugte das Landschaftsbild, malte aber<br />
auch hervorragende Porträts und Historienbilder.<br />
1835 beteiligte sie sich mit einem<br />
Landschaftsbild an einer Ausstellung im<br />
Genfer Musée Rath, das dieses anschließend<br />
erwarb.<br />
98. Suzanne-Elisabeth Eynard-Châtelain<br />
Landschaft mit großen Bäumen und einem<br />
links angeschnittenen Gutshaus im Waadtland<br />
in der Schweiz, mit Reiter und vierspänniger<br />
Kutsche. Aquarell, über Bleistift, um<br />
1810, auf Bütten mit Fragment des Wasserzeichens:<br />
C & I Honig. 56,5:68,5 cm.<br />
Links ein ca. 1,8 cm breiter Papierstreifen<br />
zur Vergrößerung der Darstellung angesetzt.<br />
Mit kleineren Restaurierungen.<br />
Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />
Literatur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: P.-A. Guerretta:<br />
Pierre-Louis De la Rive ou la belle nature.<br />
Vie et oeuvre peint (1753-1817), Genf 2002,<br />
Farbabb. 289, S. 267; Karl Viktor von Bonstetten.<br />
Bonstettiana XI 1811-1817. Historisch-kritische<br />
Ausgabe der Briefkorrespondenzen<br />
Karl Viktor von Bonstettens und<br />
seines Kreises (1753-1832), hrsg. von Doris<br />
und Peter Walser-Wilhelm, Heinz Graber,<br />
Göttingen 2007, S. 505.<br />
99. Suzanne-Elisabeth Eynard-Châtelain<br />
Große Baumlandschaft, in deren Mitte ein<br />
Weg verläuft, unter dem Baum links zwei Hütebuben,<br />
vier Schafe und eine Ziege. Aquarell,<br />
über Bleistift, um 1810, auf Papier mit Wasserzeichen:<br />
Whatman Turkey Mill. 58:74,5<br />
cm. – Mit kleineren Restaurierungen.<br />
Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />
Literatur: Guerretta 2002, Farbabb. 290, S.<br />
267; Walser-Wilhelm 2007, S. 505.<br />
84
ILSE FEHLING, verh. WITTING<br />
1896 Danzig-Langfuhr – München 1982<br />
Ausbildung 1919 in Berlin an der Modeschule<br />
von A. Reimann (1874-1976) u.a. in<br />
den Fächern Kostüm, Bühnenbild, Bildhauerei<br />
und Graphik, 1919-1920 an der<br />
Kunstgewerbeschule Bildhauerei bei Prof.<br />
Schmarje, 1920-1923 am Bauhaus in Weimar<br />
im Vorkurs von J. Itten (1888-1967)<br />
sowie bei O. Schlemmer (1888-1943), L.<br />
Schreyer (1886-1966), P. Klee (1879-1940)<br />
und G. Muche (1895-1987). 1923 heiratete<br />
sie Klaus Henry S. Witting, die Ehe wurde<br />
bereits 1929 geschieden.<br />
Seit 1923 war sie in Berlin als freischaffende<br />
Bildhauerin sowie Kostüm- und Bühnenbildnerin<br />
tätig und seit 1927 Kostümberaterin<br />
für deutsche Filmproduktionen.<br />
1927/1931 Ausstellungen bei Gurlitt. 1931-<br />
1932 durch die Verleihung des Rom-Preises<br />
einjähriger Aufenthalt in Rom. 1933 wurde<br />
die Künstlerin als „entartet“ diffamiert,<br />
das hatte fast ausschließliches Arbeiten<br />
für Film und Theater zur Folge. Seit 1940<br />
hatte sie neben Berlin ihren Wohnsitz in<br />
Rottach-Egern am Tegernsee. 1940-1943<br />
war sie Bühnenbildnerin und Leiterin des<br />
Kostümwesens an den Münchner Kammerspielen.<br />
Durch Bombardierung ihres<br />
Ateliers wurde ein Großteil ihrer Bildhauerarbeiten<br />
zerstört, Beschlagnahmung der<br />
Wohnung und Verlust des Ateliers. Gastvertrag<br />
am Thaliatheater Hamburg. 1944<br />
Rückkehr nach Berlin. Nach dem Krieg<br />
hatte sie einen körperlichen und seelischen<br />
Zusammenbruch.<br />
Seit 1946 war sie in Zürich Pressezeichnerin<br />
für verschiedene Zeitungen, 1947-1948<br />
in Genf Korrespondentin für die „Neue<br />
Welt“ München. Anschließend zweijähriger<br />
Aufenthalt in Rottach-Egern. Seit 1952<br />
lebte sie erneut in München, wo sie als Pressezeichnerin<br />
und Porträtistin tätig war.<br />
[100]<br />
100. Ilse Fehling<br />
Drei stehende weibliche Akte. Feder und Pinsel<br />
in Schwarz, grau laviert, auf Velin, links<br />
unten signiert und datiert „Fe 31“, verso<br />
Nachlaßstempel. 32,8:25,1 cm. – Insgesamt<br />
nicht ganz frisch. – Aus einem Skizzenbuch.<br />
Literatur: Ausst. Kat.: ilse fehling – bauhaus<br />
bühne akt skulptur, Galerie Bernd Dürr,<br />
München 1990, Nr. 86 mit Abb. (dort irrtümlich<br />
mit 29 x 17,5 cm angegeben).<br />
LÚCIA DE FIGUEIREDO-HUTH<br />
geb. 1956 in Blumenau/Brasilien<br />
Nachdem die Künstlerin ihre Kindheit und<br />
Jugend in Deutschland, Österreich und<br />
Brasilien verbracht hatte, absolvierte sie<br />
1976-1979 ein Studium der Visuellen Kommunikation<br />
an der FAAP, Sao Paulo/Brasilien.<br />
1980-1984 ging sie zum Weiterstudium<br />
an die Städelschule in Frankfurt am Main,<br />
wo sie Schülerin von Chr. Kruck (1925-<br />
1985) war. 1987 erhielt sie den Zweiten<br />
Druckgrafik-Kunstpreis der Landesbank<br />
Stuttgart. Ab 1988 folgten verschiedene Gemeinschafts-<br />
und Einzelausstellungen, so<br />
u.a. im Kleinen Haus in Bad Kissingen oder<br />
im Kunstverein Bamberg. Heute ist sie in<br />
Bamberg und Breitengüßbach tätig.<br />
[101]<br />
101. Lúcia de Figueiredo-Huth<br />
Abstrakte Komposition. Farblithographie,<br />
auf gelblichem Japanbütten, signiert, datiert<br />
und als „Probedruck“ bezeichnet. Ca.<br />
44,3:32,6 cm. – Farbfrischer Abdruck mit<br />
breitem Rand.<br />
85
ERNA FRANK<br />
vor 1910 Köln – vor 1955<br />
Erna Frank war als Graphikerin und Pastellzeichnerin<br />
in Berlin tätig. Ihre Ausbildung<br />
erhielt sie in Dresden durch P. Baum<br />
(1859-1932). Studienreisen führten sie nach<br />
Paris, in die Bretagne und nach Italien.<br />
1914 erhielt sie die Bronze Medaille auf der<br />
Bugra Leipzig, der ersten Internationalen<br />
Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik.<br />
1921 schuf sie Graphiken für Mappenwerke<br />
des Kunstsalons Hermann Abell; verlegt<br />
hat sie meist P. Cassirer und J.B. Neumann.<br />
Werke der Künstlerin besitzen u.a. die Kupferstichkabinette<br />
in Berlin, Dresden und<br />
Stuttgart sowie die Uffizien in Florenz, das<br />
British Museum in London, die Pinakothek<br />
in München und das Städelsche Kunstinstitut<br />
in Frankfurt am Main.<br />
[103]<br />
103. Erna Frank<br />
Pariser Palais mit Spaziergängern. Radierung,<br />
auf chamoisfarbenem Bütten. 12,8:17,7<br />
cm. – Probedruck. – Etwas fleckig und angeschmutzt,<br />
links oben dünne Stelle.<br />
[105]<br />
105. Erna Frank<br />
Segelschiffe am Strand. Radierung, auf chamoisfarbenem<br />
Bütten, signiert. 13:17,1 cm.<br />
Probedruck.<br />
[<strong>102</strong>]<br />
<strong>102</strong>. Erna Frank<br />
Kurhaus Wiesbaden. Kaltnadel und Ätzung,<br />
auf chamoisfarbenem Bütten, signiert.<br />
17,2:23,2 cm. – Probedruck.<br />
[104]<br />
104. Erna Frank<br />
Pariser Boulevard. Radierung, auf chamoisfarbenem<br />
Bütten, signiert. 13,1:17,6 cm. –<br />
Probedruck.<br />
[106]<br />
106. Erna Frank<br />
Sitzende junge Bäuerin mit Kind. Kaltnadel,<br />
auf chamoisfarbenem Bütten, signiert und<br />
nummeriert. 15,9:12,1 cm.<br />
Nr. 34 von 100 Exx.<br />
86
[107]<br />
107. Erna Frank<br />
Venezianische Impression mit Blick nach Santa<br />
Maria della Salute. Lithographie, auf JW-<br />
Zanders-Bütten, signiert und nummeriert.<br />
17:23 cm. – Nr. 32 von 100 Exx. – Im breiten<br />
Rand etwas unfrisch und mit diagonaler<br />
Knickfalte.<br />
MARIA ELECTRINE FREIIN VON<br />
FREYBERG, geb. STUNTZ<br />
1797 Straßburg – München 1848<br />
Die Künstlerin war die Tochter des Landschaftsmalers,<br />
Kunsthändlers und Musikers<br />
J.B. Stuntz (1753-1836), der zusammen<br />
mit J.N. Strixner (1782-1855) und F. Piloty<br />
(1786-1844) in München eine Steindruckerei<br />
gegründet hatte. Ausgebildet bei ihrem<br />
Vater und seinen beiden Kompagnons, arbeitete<br />
sie erst in der lithographischen Anstalt.<br />
Hier hatte sie mit eigenen Folgen großen,<br />
auch finanziellen Erfolg, weshalb sie für die<br />
Familie einen Sommersitz in Thalkirchen<br />
bei München erwerben konnte. 1813 ging<br />
sie zum Studium der Historienmalerei an<br />
die Münchner Akademie und war Schülerin<br />
von J.P. von Langer (1756-1824) und<br />
dessen Sohn R. von Langer (1783-1846).<br />
Bereits 1815 sollte sie mit ihren ersten ausgestellten<br />
Ölgemälden große Anerkennung<br />
finden. 1818 folgte eine Reise nach Paris, wo<br />
sie die Werke der Alten Meister studierte<br />
und vor allem nach Raffael kopierte.<br />
Ein dreijähriges Reisestipendium ermöglichte<br />
ihr anschließend einen Aufenthalt<br />
in Italien. Hier begegnete sie Louise Seidler<br />
(1786-1866) und entdeckte, auch durch F.<br />
Overbeck (1789-1869) angeregt, die religiöse<br />
Malerei. 1821 wurde sie Ehrenmitglied<br />
der Accademia di San Luca.<br />
108. M.E. Freiin von<br />
Freyberg<br />
Nach München 1822 zurückgekehrt, heiratete<br />
sie 1823 den ihr seit 1818 bekannten<br />
Kgl. Bayer. Vize-Oberstallmeister Wilhelm<br />
Frh. von Freyberg. Danach wechselnde<br />
Aufenthalte in München und Thalkirchen<br />
sowie Fortsetzung ihrer künstlerischen Tätigkeit.<br />
Sie schuf ein großes Œuvre an Landschaften,<br />
Porträts, Historien- und Genrebildern<br />
sowie religiösen Motiven. Von der in ihrer<br />
Zeit als eine der besten Zeichnerinnen und<br />
Malerinnen gerühmten Künstlerin besitzen<br />
zahlreiche Museen und Graphische<br />
Sammlungen Werke, so in München, Berlin<br />
und Wien.<br />
Bad Heilbrunn. Oberbayerischer<br />
Bauernhof<br />
mit einer Wäscherin<br />
am Brunnen,<br />
spielendem Kind und<br />
einem Holzträger.<br />
Feder und Pinsel in<br />
Grau und Bleistift,<br />
grau laviert, auf chamoisfarbenem<br />
Velin,<br />
rechts oben bezeichnet<br />
und datiert „Heilbrunn<br />
27. Sept. 1839.“.<br />
26,3:34,1 cm. – In den<br />
[108]<br />
Rändern ungleich.<br />
In der Graphischen Sammlung München befindet sich eine ebenfalls auf 1838 datierte, grau<br />
lavierte Bleistiftzeichnung, betitelt „Oberbayerischer Bergbauernhof“.<br />
87
[109]<br />
109. M.E. Freiin von Freyberg<br />
Die Gipsmühle in Thalkirchen („Mon Jardin<br />
ou Vue du Moulin à plâtre près de Thalkirchen<br />
Environ de Munich“). Kreidelithographie,<br />
um 1814/15, auf Velin. 30,5:42 cm.<br />
Inkunabel der Lithographie!<br />
Knickfalten entlang den beiden seitlichen<br />
Rändern geglättet, im ganzen nicht frisch.<br />
Literatur: Maillinger II, 2184; Boetticher<br />
2 (Orig.-Lithographien u. Radierungen);<br />
Dussler II, 1; Winkler 833.6; P. von Freyberg<br />
L5 und Abb.<br />
[110]<br />
111. M.E. Freiin von Freyberg<br />
Zwei kleine nackte Engel von vorn, eine<br />
Schriftrolle studierend. Lithographie, 1817,<br />
auf chamoisfarbenem Velin, nach Raffael.<br />
26,5:20,9 cm.<br />
Inkunabel der Lithographie. – Stockfleckig.<br />
Literatur: Nicht bei Dussler; Winkler<br />
(Stuntz) 833.9.<br />
[111]<br />
110. M.E. Freiin von Freyberg<br />
„Sic Tu, Germane, Triumphas!“, vermutlich<br />
nach einer unbekannten Vorlage von Friedrich<br />
Wilhelm von Thiersch. Kreidelithographie<br />
in Sämisch mit Lichtern, 1814, auf festem<br />
Velin. 32,9:33 cm.<br />
Inkunabel der Lithographie. – Bugfalte geglättet,<br />
Einriß am Unterrand.<br />
Literatur: Nagler 6; Thieme-Becker S. 444;<br />
Dussler 6; Winkler (Stuntz) 833.5 und Abb.<br />
39; Freyberg L 4.<br />
112. M.E. Freiin von Freyberg<br />
Drei musizierende Mädchen unter einer Laube<br />
vor einem Haus. Radierung, 1828, auf festem<br />
Velin. 23,5:28,7 cm. – Insgesamt stockfleckig,<br />
rechte obere Ecke fehlt.<br />
Literatur: Nagler 4; Andresen/Heller 1; Boetticher<br />
5 (Orig.-Lithographien u. Radierungen).<br />
[112]<br />
88
CAROLINE FRIEDERIKE<br />
FRIEDRICH<br />
1749 Friedrichstadt/Dresden – Dresden<br />
1815<br />
Die Tochter des Tapetenmalers und Radierers<br />
David Friedrich (1719-1766) war<br />
Schülerin ihres Vaters und ihres Bruders,<br />
des Historienmalers Alexander Friedrich<br />
(1744-1793). Bei Ersterem erlernte sie das<br />
Zeichnen und die Anwendung der Wasserfarben,<br />
bei ihrem Bruder die Ölmalerei.<br />
Darüber hinaus bildete sie sich durch Beobachtung<br />
der Natur autodidaktisch weiter.<br />
Beachtung fand sie schon früh durch Chr.<br />
L. von Hagedorn (1712-1780), Kunstkritiker<br />
und Direktor der Dresdener Akademie.<br />
Vom Kurfürsten Friedrich August III. wurde<br />
sie 1770/71 zur Pensionärin (Stipendiatin)<br />
der Dresdener Akademie mit einer<br />
jährlichen Gratifikation von 25 Talern ernannt,<br />
1774 wurde sie Ehrenmitglied der<br />
Akademie.<br />
Schon zu Lebzeiten fand sie viel Anerkennung<br />
und war seit 1776 auf nahezu jeder<br />
Akademie-Ausstellung in Dresden mit<br />
ihren Werken vertreten. 1783 wurde ihre<br />
Stipendium-Gratifikation erhöht, zugleich<br />
erfolgte die Ernennung zur Unterlehrerin<br />
für Stilleben an der Akademie.<br />
Die Künstlerin lebte jahrelang in einer<br />
Hausgemeinschaft mit ihrem Kollegen Johann<br />
Eleazar Zeissig, gen. Schenau (1737-<br />
1805) und unterrichtete bis 1812 zahlreiche<br />
Schüler und Schülerinnen.<br />
Ihre Zeichnungen, Aquarelle und<br />
Gouachen sind u.a. im Kupferstichkabinett<br />
in Dresden und der<br />
Graphiksammlung der Kunstsammlungen<br />
Weimar zu finden.<br />
Auch in der Sammlung von König<br />
Friedrich August II. von Sachsen<br />
war sie mit Arbeiten vertreten.<br />
[113]<br />
113. Caroline F. Friedrich<br />
Zwei Tulpen. Gouache, auf Bütten,<br />
verso signiert und datiert „Carolina<br />
Friederica Friedrich à l´an<br />
1800“. 29:20,3 cm.<br />
114. Caroline F. Friedrich<br />
Zweig eines blühenden Apfelbaumes.<br />
Gouache auf graubraun grundiertem<br />
Grund, auf Bütten, auf grauen<br />
dünnen Karton aufgezogen, verso<br />
[114]<br />
bezeichnet und nummeriert „Nr. 101“. 26,3:36,5 cm.<br />
– Die rechte untere Ecke war ursprünglich schräg<br />
geschnitten und wurde ergänzt sowie mit sauberen<br />
Restaurierungen in allen vier Ecken.<br />
[115]<br />
115. Caroline Friederike Friedrich<br />
Mispelzweig. Aquarell und Pinsel in Grau, auf Velin.<br />
15,8:20,2 cm. – Provenienz: Sammlung St. K. im<br />
Kreis, nicht bei Lugt.<br />
89
ANNA FÜSSLI<br />
1749 – Zürich – 1772<br />
Anna war die Tochter von J.C. Füßli d.Ä.<br />
(1706-1782) und Schwester von J.H. Füßli<br />
(1741-1825). Wie ihre ältere Schwester Elisabeth<br />
(1744-1780) war sie vor allem als<br />
Blumen- und Insektenmalerin sowie auf<br />
diesem Gebiet als Illustratorin tätig.<br />
Auch ist bekannt, daß beide Schwestern im<br />
elterlichen Betrieb arbeiteten und sowohl<br />
ihren Vater als auch den anderen Bruder,<br />
H.C. Füßli (1743-1786), der naturwissenschaftliche<br />
Bücher und ein „Verzeichnis der<br />
bekanntesten schweizerischen Insekten“<br />
sowie weitere entomologische Werke verfaßte,<br />
unterstützten.<br />
Im Handel sind nur sehr selten Arbeiten<br />
der frühverstorbenen Künstlerin zu finden.<br />
Das Schweiz. Landesmuseum Zürich und<br />
das Kupferstichkabinett in Basel besitzen<br />
einige ihrer Werke.<br />
[116]<br />
116. Anna Füßli<br />
Waldlandschaft mit einer Frau beim Bad an<br />
einem Bach und einem jungen Mann, der sie<br />
tiefer in den Wald locken möchte. Feder und<br />
Pinsel in Grau, grau laviert und mit reicher<br />
Deckweißhöhung, auf bräunlichem Bütten<br />
mit Wasserzeichen: G, rechts unten monogrammiert<br />
„A F“. 39,2:49,5 cm. Ecken<br />
schräg geschnitten. – Mehrere kleine Papierschäden<br />
sorgfältig restauriert, zwei Flecken<br />
in der linken unteren Ecke.<br />
Provenienz: Galerie Kurt Meissner, Zürich.<br />
MARGARETHE GEIBEL<br />
1876 – Weimar – 1956<br />
Die in Weimar als Graphikerin und Illustratorin<br />
tätige Künstlerin, Tochter des Malers<br />
Casimir Geibel (1839-1896), war dort seit<br />
1896 Schülerin von O. Rasch (1862-1952)<br />
und in Stuttgart an der privaten Malschule<br />
für Damen von A. Schmidt (1867-1956). Bekanntheit<br />
erlangte sie durch Darstellungen<br />
Weimarer Schauplätze von Goethes Leben<br />
(seit 1908). Daneben schuf sie Ansichten<br />
etwa von der Ostsee. 1918 stand sie in<br />
freundschaftlichem Kontakt mit der<br />
Schriftstellerin Erika von Watzdorf-Bachoff<br />
(1878-1963). Ihre Radierungen erschienen<br />
u.a. in den Jahresmappen des<br />
„Weimarer Radiervereins“ 1905-1910.<br />
117. Margarethe Geibel<br />
Dorfstraße in Mittenwald. Holzschnitt in<br />
Braun, Grau, Grün, Blau, Schwarz und<br />
Rot, um 1921, auf dünnem Japan-Bütten,<br />
signiert sowie bezeichnet, nummeriert und<br />
90
als „Orig-Farbholzschnitt“ bezeichnet. Darstellungsgröße<br />
ca. 24:28,1 cm, Blattgröße<br />
32,9:36,1 cm.<br />
Literatur: Söhn HDO 51903-3. – Erschienen<br />
im Jahrbuch der Originalgraphik, 3. Jg.<br />
(1921). – Nr. 26 von 150 Exx.<br />
[117]<br />
SENTA GEISSLER-ROHRBACH<br />
1902 Heidelberg – Ludwigshafen 2000<br />
Die Malerin und Graphikerin studierte ab<br />
1919 an der Karlsruher Kunstakademie.<br />
1932 heiratete sie den Arzt und Avantgarde-Sammler<br />
Albert Rohrbach, dem sie nach<br />
Ludwigshafen folgte. Hier trat sie in Kontakt<br />
mit K. Schwitters (1887-1948) und H.<br />
Arp (1886-1966).<br />
Während der nationalsozialistischen Zeit<br />
versteckte und rettete sie gemeinsam mit<br />
ihrem Mann zahlreiche Werke der als „entartet“<br />
diffamierten Avantgardekünstler.<br />
Nach dem Tod ihres Mannes 1956 siedelte<br />
sie nach Italien um, ab 1960 lebte sie auf<br />
Sizilien, 1970 kehrte sie nach Ludwigshafen<br />
zurück. 1958 schuf sie einen Zyklus<br />
von großformatigen Gemälden zum Wiederaufbau<br />
der Stadt Ludwigshafen. Ihre<br />
Hauptthemen waren Landschaften, Bildnisse<br />
und Stilleben.<br />
118. Senta Geißler-Rohrbach<br />
Arkadische Szene mit zwei Frauenakten auf<br />
einem Hang, die eine liegend, die andere sitzend,<br />
umgeben von drei Schafen. Pinsel in<br />
[118]<br />
Schwarz, Bleistift, Kohle, teils gewischt,<br />
aquarelliert, auf festem chamoisfarbenem<br />
Papier, rechts unten signiert „Senta G.“, verso<br />
betitelt „Frauen in Landschaft mit Tieren“<br />
sowie monogrammiert und mit Werknummer<br />
„S.G. 694“. 28,2:34,2 cm. – In den<br />
Rändern ungleich beschnitten, verso an den<br />
Ecken Reste alter Verklebung.<br />
Literatur: Karoline Hille: Senta Geißler. Ein<br />
Künstlerinnenleben, Berlin 2008.<br />
91
MARLENE VON GEM-<br />
MINGEN-HORNBERG,<br />
geb. STEUP<br />
1910 Remscheid – nach 1990<br />
Die Künstlerin absolvierte 1931-<br />
1934 ihre Ausbildung an der<br />
Kunstgewerbeschule in Wuppertal.<br />
Sie erhielt ein zweijähriges<br />
Staatsstipendium und weitere<br />
Förderung durch die Stadt<br />
Remscheid. In München und<br />
Neuhütten/Öhringen war sie<br />
vor allem als Aquarellistin tätig.<br />
insbesondere rezipierte sie die Malerei von<br />
Gerard ter Borch (1617-1681). Regelmäßige<br />
Teilnahmen im Salon folgten, nachdem<br />
dieser in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts<br />
auch für Frauen geöffnet worden war.<br />
Die Künstlerin wurde nach kurzer Zeit berühmt<br />
und gilt als die erste französische<br />
Genremalerin von Bedeutung.<br />
Sie beteiligte sich u.a. an Ausstellungen<br />
in Heilbronn, New<br />
York, Brüssel, Nizza, München<br />
und Berlin. Studienreisen<br />
unternahm sie nach Spanien,<br />
Frankreich, Italien, Jugoslawien,<br />
Portugal, in die Türkei und<br />
nach Griechenland.<br />
Geehrt wurde sie 1969 in Brüssel<br />
mit einer Bronze- und im<br />
selben Jahr mit einer Goldmedaille<br />
in New York. Aus der Ehe<br />
mit Weiprecht Viktor von Gemmingen-Hornberg<br />
(geb. 1916)<br />
gingen zwei Kinder hervor.<br />
119. Marlene von Gemmingen-Hornberg<br />
Bildnis einer Heiligen. Farbige und weiße<br />
Kreiden, über Bleistift, auf festem chamoisfarbenem<br />
Velin, rechts unten signiert<br />
und datiert „M G. v. Gemmingen 1941.“.<br />
37,2:29,8 cm. – Insgesamt stockfleckig.<br />
[119]<br />
MARGUERITE GÉRARD<br />
1761 Grasse – Paris 1837<br />
Marguerite Gérards ältere Schwester Anne-<br />
Marie (1745-1823), eine Miniaturmalerin,<br />
die nach ihrer Verehelichung ihre malerische<br />
Tätigkeit aufgab, war mit J.H. Fragonard<br />
(1732-1806) verheiratet und nahm<br />
1775 die 14jährige Marguérite mit nach Paris.<br />
Hier wurde sie sowohl von Anne-Marie<br />
als auch von ihrem Schwager (und späteren<br />
Geliebten?) unterrichtet.<br />
Darüber hinaus studierte sie die niederländische<br />
Genremalerei des 17. Jahrhunderts;<br />
[120]<br />
120. Marguerite Gérard, nach<br />
„Le Présent“. Kupferstich und Aquatinta,<br />
von Gérard Vidal (1742-1801), auf Bütten.<br />
51:47,5 cm. Mit Widmung und der Adresse<br />
von G. Vidal, Paris. – Mit ca. 1 cm breitem<br />
Rand rundum, insgesamt etwas vergilbt und<br />
im Rand leicht knitterig.<br />
Literatur: Nagler (Vidal) 18.<br />
92
[121] [122]<br />
L.E. MARGARETE GERHARDT<br />
1873 Frankfurt/Oder – vor 1955<br />
Die Berliner Malerin, Lithographin, Holzund<br />
Linolschneiderin Margarete Gerhardt<br />
erhielt eine Ausbildung an der Zeichenund<br />
Malschule des Vereins der Künstlerinnen<br />
Berlin bei E.W. Müller-Schönfeld<br />
(1867-1944) und Dora Hitz (1856-1924).<br />
Studienreisen führten sie nach Italien und<br />
Paris, ebenso reiste sie in die Schweizer Alpen.<br />
Im Zentrum ihres Schaffens standen<br />
Landschaften und Bildnisse.<br />
121. L.E. Margarete Gerhardt<br />
„Engelberg. Juchli Pass“, Schweiz. Linolschnitt<br />
in Violett, Grün, Braun, Blau und<br />
Gelb, auf dünnem Japan, signiert, betitelt<br />
und als „selbstgedruckt“ bezeichnet. Ca.<br />
20,1:31,5 cm. – Im Rand Farbreste vom<br />
Druckvorgang.<br />
122. L.E. Margarete Gerhardt<br />
„Wannsee“. Linolschnitt in Grün, auf chamoisfarbenem<br />
Velin, signiert, betitelt und<br />
als „Orig. Schnitt. Handdr.“ bezeichnet.<br />
20,6:26,2 cm. – Die Ränder links, rechts und<br />
unten ungleich. Im Rand Mitte rechts kleines<br />
Nagellöchlein.<br />
123. L.E. Margarete Gerhardt<br />
„Ponte S. Sebastiano“, Venedig. Linolschnitt<br />
in Rotbraun, Gelb, Grün, Blau und Violett,<br />
auf dünnem Japan, signiert, betitelt und als<br />
„Selbstgedruckt“ bezeichnet. 30,3:21,6 cm.<br />
Im Rand oben und unten kleines Nagellöchlein.<br />
[123]<br />
93
124. L.E. Margarete Gerhardt<br />
„Wolkenstein Erzgeb(irge)“. Linolschnitt in Braun, Beige, Grün und<br />
Blau, auf chamoisfarbenem Japanbütten, signiert, betitelt und als „Orig.<br />
Schnitt“ bezeichnet. Ca. 24,6:35,4 cm. – Im Rand Mitte rechts Fehlstelle.<br />
125. L.E. Margarete Gerhardt<br />
Segelboote und Kähne unter Segeln. Linolschnitt in Grün, Blau, Braun<br />
und Rot, auf dünnem Japan, signiert. Ca. 24,1:19,7 cm. – In den Rändern<br />
ungleich.<br />
126. L.E. Margarete Gerhardt<br />
Zwei Boote unter Segeln bei Nacht. Linolschnitt in Braun und Schwarz<br />
und wenig rosa Farbstift, auf dünnem chamoisfarbenem Japan, signiert<br />
und als „Orig. Schnitt Handdruck“ bezeichnet. 23,6:19,7 cm.<br />
[124]<br />
127. L.E. Margarete Gerhardt<br />
Teich mit Schwänen. Linolschnitt in Grün, Blaugrau und Braun, auf dünnem<br />
Japan-Bütten, signiert. Ca. 26,8:23,5 cm. – Rand links und rechts<br />
ungleich. Etwas fleckig.<br />
[125] [126] [127]<br />
94
128. Else Gericke-Heintze<br />
gest. nach 1919/vor 1930<br />
[128]<br />
Zwei Frauen mit Kind in einer Landschaft.<br />
Aquarell und Bleistift, auf chamoisfarbenem<br />
Velin. Ca. 22,6:21,5 cm. Verso: Fragment<br />
einer Skizze. Bleistift. – Im Rand ungleich<br />
beschnitten.<br />
MARIANNE GEY-<br />
ER, verh. PANKOK<br />
1891 – 1941<br />
Über Marianne Geyer<br />
ist kaum etwas bekannt.<br />
1924 heiratete sie den<br />
Stuttgarter Maler, Architekten,<br />
Bildhauer,<br />
Graphiker und Designer<br />
B. Pankok (1872-<br />
1943), der seit 1913<br />
Direktor der Kunstgewerbeschule<br />
war.<br />
Es mag sein, daß sie<br />
diese Kunstgewerbeschule<br />
besucht und<br />
dort ihren zukünftigen<br />
Ehemann kennengelernt<br />
hatte.<br />
Es ist auch zu vermuten,<br />
daß sie wenige<br />
Jahre nach ihrer Verheiratung<br />
ihre künstlerische<br />
Tätigkeit beendete.<br />
[129]<br />
Über die Künstlerin ist lediglich bekannt,<br />
daß sie als Buchillustratorin tätig war. Reminiszenzen<br />
an Stilelemente des Jugendstils<br />
sind hier unübersehbar.<br />
129. Marianne Geyer<br />
Weberei-Entwurf. Aquarell und Deckfarben, ein wenig Goldbronze, über Bleistift,<br />
mit roter Deckfarbe gerahmt, auf dünnem chamoisfarbenem Velin, unten<br />
signiert und datiert „Marianne Geyer 1926“ und mit Maßangaben für das<br />
Webstück versehen. 16,1:9,4 cm. – In den Rändern ungleich beschnitten, in der<br />
Ecke rechts unten kleiner Einriß, Ecke links unten Knickfalte.<br />
95
JOHANNA LUISE GROPPE<br />
1863 Berlin – vermutlich vor<br />
1922<br />
Auch über die Malerin, Graphikerin<br />
und Gebrauchskünstlerin<br />
Johanna Luise Groppe ist nur<br />
wenig bekannt. Ihr Studium<br />
absolvierte sie seit 1896 in ihrer<br />
Geburtsstadt bei J. Alberts<br />
(1860-1941), dann in München<br />
bei G. Schuster-Woldan (1864-<br />
1933).<br />
Sie beteiligte sich an Ausstellungen<br />
im Münchner Glaspalast<br />
1904, 1907, 1919 und 1921 sowie<br />
1908 an der Großen Ausstellung<br />
in Berlin. Vermutlich unternahm<br />
sie eine Reise nach Rom,<br />
wo u.a. Kopien nach Raffael,<br />
Landschaftsbilder und Genrestücke<br />
entstanden.<br />
Ihre Hauptthemen waren darüber<br />
hinaus Figurenbilder, Akt,<br />
Porträt und Stilleben. Sie war<br />
Mitglied in verschiedenen Vereinigungen<br />
wie Künstlerinnen-<br />
Verein München und Reichsverband<br />
bildender Künstler<br />
Deutschlands, Berlin.<br />
130. Johanna Luise Groppe<br />
Büste einer Frau mit dunklem hochgestecktem<br />
Haar im Profil nach links. Kohle und<br />
Farbstifte, teils gewischt, Pinsel in Grau, auf<br />
braunem Velin, rechts unten signiert „J. L.<br />
Groppe.“. 48,1:48,2 cm. – In der Ecke rechts<br />
unten Knickfalte, im Rand rechts kleiner<br />
Einriß, verso in den Rändern alte Verklebung,<br />
mit Bereibungen im oberen Drittel<br />
des Blattes.<br />
[130]<br />
Das Bildnis führt uns vor Augen, daß die<br />
Künstlerin neben der korrekten Erfassung<br />
anatomischer Gegebenheiten auch virtuos<br />
den Charakter der Dargestellten einzufangen<br />
wußte.<br />
96
LEA GRUNDIG, geb. LANGER<br />
1906 Dresden – während einer Mittelmeerreise<br />
an Bord eines Schiffes bei Constanta<br />
1977<br />
1922-1924 Studium in Dresden an der<br />
Kunstgewerbeschule und 1924/1925 an<br />
der Kunstakademie. Seit 1926 Mitglied der<br />
KPD. 1928 Heirat mit dem Malerkollegen<br />
Hans Grundig (1901-1958). 1929 gemeinsam<br />
mit ihrem Mann Mitbegründerin der<br />
Künstlergruppe „ASSO“. Schwerpunkt auf<br />
politisch-gesellschaftlichen Themen.<br />
1933 erhielt sie durch die Nationalsozialisten<br />
Ausstellungsverbot. Es entstanden die<br />
Radierfolgen „Unterm Hakenkreuz“ und<br />
„Krieg droht“. 1936 erste Verhaftung wegen<br />
illegaler politischer Arbeit, Mai 1938 bis<br />
Dezember 1939 Gefängnis, anschließend<br />
Deportation und Internierung in verschiedenen<br />
Lagern.<br />
Nach Genehmigung emigrierte sie 1941<br />
nach Palästina, zunächst lebte sie im<br />
Flüchtlingslager Athlit bis 1942, dann in<br />
Haifa und Tel Aviv. Hier arbeitete sie als<br />
Illustratorin und als Zeichnerin für eine<br />
kommunistische Zeitung. In Palästina<br />
schuf sie vermehrt Landschaften.<br />
Nach der Befreiung ihres Mannes aus<br />
dem Konzentrationslager Sachsenhausen<br />
Wunsch der Rückkehr nach Deutschland,<br />
was ihr erst 1949 über einen<br />
mehrmonatigen Aufenthalt<br />
in Prag gelang, dann Ankunft<br />
in Dresden. Im gleichen<br />
Jahr erhielt sie eine<br />
Professur an der Kunstakademie<br />
in Dresden. 1958 verstarb<br />
ihr Mann; im selben<br />
Jahr erhielt das Künstlerpaar<br />
gemeinsam den Nationalpreis<br />
2. Klasse der DDR.<br />
[131] [132]<br />
131. Lea Grundig<br />
Blick auf die Dächer einer Stadt. Linolschnitt,<br />
1930, auf Bütten, signiert und datiert. Darstellungsgröße<br />
35:24,9 cm, Blattgröße<br />
53,2:40,8 cm. – Rand links etwas ungleich<br />
beschnitten.<br />
132. Lea Grundig<br />
„Mondlandschaft“. Linolschnitt, 1930, auf Bütten, signiert,<br />
datiert und betitelt. Darstellungsgröße 31,4:33,4 cm,<br />
Blattgröße 63,7:49,3 cm. – Im breiten Rand rechts kleiner<br />
Einriß und unten etwas knitterfaltig.<br />
Reisen unternahm sie 1960<br />
nach China, 1961 nach<br />
Kuba, 1963 nach Kambodscha<br />
und 1964 nach Ceylon.<br />
Seit 1961 war sie Ordentliches<br />
Mitglied der Akademie<br />
der Künste der DDR,<br />
1964-1970 Präsidentin<br />
des Verbandes Bildender<br />
Künstler der DDR und seit<br />
1964 Mitglied des ZK der<br />
SED. 1967 Nationalpreis 1.<br />
Klasse, 1972 Ehrendoktor<br />
der Universität Greifswald.<br />
97
HERTA GÜNTHER, geb.<br />
BAUER<br />
geb. 1934 in Dresden<br />
Ihr Studium absolvierte Herta Günther<br />
1951-1956 an der Hochschule<br />
für Bildende Künste in ihrer Geburtsstadt<br />
Dresden bei H.Th. Richter<br />
(1902-1969) und M. Schwimmer<br />
(1895-1960). Anschließend blieb sie<br />
in Dresden als freischaffende Künstlerin<br />
tätig.<br />
Seit 1966 stellt sie aus, 1976 ist eine<br />
erste Übersichtsausstellung ihres<br />
grafischen Werkes von der Staatlichen<br />
Galerie Moritzburg, Halle,<br />
ausgerichtet worden. Weitere Ausstellungen<br />
fanden u.a. 1985 im Staatlichen<br />
Museum Schwerin statt oder<br />
1999 eine Retrospektive aus Anlaß<br />
ihres 65. Geburtstages in der Galerie<br />
Schmidt-Rottluff, Chemnitz, 2004<br />
zum 70. Geburtstag in Dresden.<br />
Zahlreiche Werke Herta Günthers<br />
befinden sich im öffentlichen Besitz,<br />
so u.a. im Lindenau-Museum Altenburg,<br />
in den Kunstsammlungen von<br />
Dresden oder Weimar, im Schlossmuseum,<br />
Galerie für Moderne<br />
Kunst in Gotha oder im Germanischen<br />
Nationalmuseum Nürnberg.<br />
[133]<br />
133. Herta Günther<br />
Dame in einem Café an einem Tisch sitzend. Rötel,<br />
Kohle, teils gewischt, Spritztechnik, auf gelblichem<br />
strukturiertem Papier, rechts oben signiert<br />
und mit Neujahrsgruß 1997, verso bezeichnet und<br />
datiert „Dresden, am 26. XII.96“. 24,4:17 cm.<br />
CORNELIA GURLITT<br />
1890 Dresden – Berlin durch Selbstmord<br />
1919<br />
Über die aus Dresden stammende Malerin,<br />
Zeichnerin und Graphikerin Cornelia Gurlitt,<br />
Tochter des Architekten und Kunsthistorikers<br />
Cornelius Gurlitt (1850-1938), ist<br />
kaum etwas bekannt.<br />
Sie war in Dresden Schülerin von H. Nadler<br />
(1879-1958). Während des Ersten Weltkrieges<br />
war sie als Sanitätsschwester in den<br />
Kriegslazaretten Metsch/Johannesburg<br />
und Wilna-Antokol tätig, wo sie Bekanntschaft<br />
mit dem Redakteur und Schriftsteller<br />
Paul Fechter schloß, der ihr ein Kapitel<br />
in seinem Buch „An der Wende der Zeit.<br />
Menschen und Begegnungen“, herausgegeben<br />
1949, widmete und sie dort „vielleicht<br />
als genialste Begabung der jüngeren expressionistischen<br />
Generation“ bezeichnete.<br />
Freundschaftlich verbunden war sie der<br />
Gräfin B. von Kalckreuth (1864-1928), Ehefrau<br />
des Malers L. von Kalckreuth (1855-<br />
1928). Anregungen erhielt sie durch M.<br />
Chagall (1887-1985).<br />
Später siedelte sie von Wilna nach Berlin<br />
über. Nach dem Ersten Weltkrieg führten<br />
Depressionen und möglicherweise auch<br />
ausbleibende künstlerische Anerkennung<br />
und damit Verkäufe zu ihrem Selbstmord.<br />
Im Mittelpunkt ihres von der Neuen Sachlichkeit inspirierten Schaffens stellt Herta Günther<br />
Szenen des städtischen Lebens, den Menschen, besonders die Frau als Porträt, in Kneipen,<br />
Bistros und Bars – kosmopolitischen Charme oder Sehnsucht, Hoffnung, Zorn, Kummer,<br />
Enttäuschung und Verzweiflung in Blick, Geste und Haltung ausdrückend.<br />
Cornelia Gurlitt schuf Landschaften und<br />
zeichnete die Bettlergestalten Wilnas, malte<br />
auch Stilleben. Nach ihrem Tod kümmerte<br />
sich ihr jüngerer Bruder Hildebrand (1895-<br />
98
[135]<br />
[136]<br />
[134]<br />
1956), dem sie eng verbunden war, um den<br />
künstlerischen Nachlaß. Andere Arbeiten<br />
wurden nach dem Tod des Vaters von ihrer<br />
Mutter vernichtet.<br />
134. Cornelia Gurlitt<br />
In einer Landschaft sitzende Frau mit erhobenen<br />
Händen. Bleistift, auf bräunlichem<br />
Velin, links unten signiert und datiert „Cornelia<br />
Mai 17“, rechts unten mit Widmung<br />
„Für Dr. Fechter.“. 33,7:25,4 cm. – Zu den<br />
Rändern hin nicht ganz frisch.<br />
[137]<br />
135. Cornelia Gurlitt<br />
Ortschaft am Hang. Feder in Schwarz, auf<br />
bräunlichem dünnem Velin. 25:40,7 cm.<br />
Skizzenbuchblatt. – Insgesamt nicht ganz<br />
frisch.<br />
Mit spitzem Strich hielt Cornelia Gurlitt einen<br />
Landschaftsausschnitt fest, eine für die<br />
Künstlerin charakteristische Bearbeitung.<br />
136. Cornelia Gurlitt<br />
Studienblatt mit verschiedenen Szenen und<br />
Einzelfiguren. Feder in Schwarz, auf gelblichem<br />
Velin, Mitte unten bezeichnet „Racbmonis.“.<br />
Ca. 33,7:25,3 cm. – Knickfalte,<br />
Rand links ungleich.<br />
137. Cornelia Gurlitt<br />
Interieur mit einem im Bett liegenden Mann,<br />
der, auf den Ellbogen aufgestützt, seinen Kopf<br />
hält (Alptraum, Verzweiflung?). Lithographie,<br />
1917, auf Velin, signiert, datiert sowie<br />
mit Widmung „Für Paul Fechter Cornelia.<br />
17.“. 23,9:34,3 cm. – Insgesamt nicht ganz<br />
frisch.<br />
99
[138] [139] [140]<br />
138. Cornelia Gurlitt<br />
Zwei Frauen mit Kindern, eine davon ihre<br />
Hände zur Sonne erhebend, in einer hügeligen,<br />
rechts bewaldeten Landschaft. Lithographie,<br />
1917, auf chamoisfarbenem Velin, signiert,<br />
datiert sowie mit Widmung „Für Fechter<br />
von Cornelia August 17“. Darstellungsgröße<br />
ca. 25,9:21,2 cm, Blattgröße 47,7:37,4 cm.<br />
– Im breiten Rand oben etwas knitterfaltig<br />
und wellig.<br />
139. Cornelia Gurlitt<br />
Auf einer Anhöhe vor jüdischem Friedhof sitzende,<br />
trauernde Frau, im Hintergrund hügelige<br />
Landschaft mit Ortschaft. Lithographie,<br />
1917, auf gräulichem Bütten, signiert, datiert<br />
„v. Cornelia Gurlitt August 17.“ sowie mit<br />
Widmung „Für Emma Fechter-Vockeradt“.<br />
Darstellungsgröße ca. 26,5:21,4 cm, Blattgröße<br />
47,9:31,5 cm.<br />
Emma Fechter, geb. Vockeradt war die Ehefrau<br />
Paul Fechters und ebenso schriftstellerisch<br />
tätig.<br />
140. Cornelia Gurlitt<br />
Bei Nacht in den Straßen laufendes Paar, im<br />
Hintergrund hügelige Landschaft. Lithographie,<br />
18. 19. Okt. 1917, auf bräunlichem China-Papier,<br />
monogrammiert „C.“, datiert und<br />
bezeichnet „Ihr, die Ihr geht, nachts auf den<br />
Straßen“. Darstellungsgröße ca. 24,9:20,5<br />
cm, Blattgröße 47,2:37,4 cm.<br />
141. Cornelia Gurlitt<br />
An einem Tisch sitzende lesende Frau. Lithographie,<br />
1917, auf bräunlichem China-Papier,<br />
monogrammiert „C.“ und datiert. Darstellungsgröße<br />
ca. 25,5:21,1 cm, Blattgröße<br />
47,3:37,7 cm. – Im breiten Rand oben und<br />
links kleinere Retuschen.<br />
[141]<br />
100
[142]<br />
[143]<br />
142. Cornelia Gurlitt<br />
Laufende Frau, umgeben von kleineren Randszenen<br />
in den Ecken. Lithographie, 1918, auf<br />
bräunlichem China-Papier, datiert „Ende<br />
April 18“. Darstellungsgröße ca. 23,4:20,7<br />
cm, Blattgröße 47,7:38 cm. – Im Rand rechts<br />
oben Knitterfalten und etwas nachgedunkelt,<br />
Ecke rechts unten etwas knitterfaltig.<br />
143. Cornelia Gurlitt<br />
An einem Tisch sitzende junge Frau. Lithographie,<br />
auf bräunlichem China-Papier, monogrammiert<br />
„C.“ und datiert „gezeichnet<br />
/ am 29. Okt.“, im Stein datiert „21. Okt.“.<br />
Darstellungsgröße ca. 19,1:14 cm, Blattgröße<br />
47,3:38 cm. – Im breiten Rand rechts Gebrauchsspuren<br />
und zwei kleinere Einrisse.<br />
144. Cornelia Gurlitt<br />
Sich umfassendes Paar in einer hügeligen<br />
Landschaft mit Häusern. Lithographie, auf<br />
bräunlichem China-Papier. Darstellungsgröße<br />
20:23,8 cm, Blattgröße 47,1:38,1 cm. –<br />
Rechte obere Ecke ergänzt, im breiten Rand<br />
rechts etwas knitterfaltig.<br />
145. Cornelia Gurlitt<br />
In einer Balkonecke sitzende Frau und stehendes<br />
Mädchen links, im Hintergrund hügelige<br />
Landschaft mit Reitern und Spaziergängern,<br />
rechts zwei Frauen im angrenzenden Garten.<br />
Kreidelithographie, über Quadrierung in<br />
Bleistift, auf gelblichem Velin. Darstellungsgröße<br />
26,5:21,5 cm, Blattgröße ca. 34,8:26,2<br />
cm. Verso rechts: Häusliche Szene mit Frauen<br />
und Kindern vor einem Gebäude. Lithographie.<br />
Probedruck. – Insgesamt mit Gebrauchsspuren.<br />
[144]<br />
[145]<br />
101
[146]<br />
146. Emma Gräfin von Hagen<br />
1. Hälfte 19. Jh.<br />
Kleine Ortschaft am Gewässer mit Booten.<br />
Pinsel in Braun, braun laviert, über Bleistift,<br />
mit mehreren Umfassungslinien, auf chamoisfarbenem<br />
Velin, links unten signiert<br />
„Emma Gräfin von Hagen“. 16,7:21,5 cm.<br />
Minimal fleckig, verso Reste alter Verklebung.<br />
Trotz gewisser perspektivischer Unstimmigkeiten<br />
(Häuser) stimmungshafte, ganz<br />
im Stil der romantischen Landschaftsmalerei<br />
gehaltene Zeichnung.<br />
Über die Zeichnerin waren keine Daten zu<br />
ermitteln.<br />
SELLA HASSE (Pseud. ESSA<br />
HALLES)<br />
1878 Bitterfeld – Berlin 1963<br />
Die als Malerin sowie Lithographin, Holzund<br />
Linolschneiderin wirkende Künstlerin<br />
absolvierte ihre Ausbildung an der Kunstakademie<br />
in Berlin bei F. Skarbina (1849-<br />
1910), W. Leistikow (1865-1908) und L. Corinth<br />
(1858-1925). 1902 begann<br />
die Freundschaft mit K. Kollwitz<br />
(1867-1945), die sie entscheidend<br />
beeinflussen sollte.<br />
1904 Umzug nach Hamburg.<br />
Bekanntschaft mit E. Barlach<br />
(1878-1938), O. Pankok (1893-<br />
1966), Charlotte Pauly (1886-<br />
1981) und W. Wauer (1866-<br />
1962). 1912 reiste sie nach Paris.<br />
1910-1930 war sie ansässig in<br />
Wismar. 1928 Teilnahme an<br />
der Ausstellung „Kunst und<br />
Technik“ im Folkwang-Museum<br />
Essen, zusammen mit<br />
Lili Réthi (geb. 1894), Luise<br />
Blumenthal (Geb. und Todesdat.<br />
unbek.) und H. Baluschek<br />
(1870-1935). 1930-1933 lebte sie<br />
in Berlin. Nach 1933 Umzug ins<br />
Elsaß. 1937 wurden im Zuge<br />
der „Säuberungsaktionen“ der<br />
Nationalsozialisten ihre Werke<br />
als „entartet“ aus den Museen<br />
entfernt. 1943 Rückkehr nach<br />
Hamburg.<br />
Durch den Krieg ging ein<br />
Großteil ihres Werkes verloren.<br />
1951 Lähmung. 1955 Ehrenmitglied<br />
des Verbandes<br />
Bildender Künstler der DDR<br />
und Mitglied der Akademie<br />
der Künste Berlin. 1962 Käthe<br />
Kollwitz-Preis. Bekanntheit<br />
erlangte die Künstlerin durch<br />
ihre dynamisch-expressive<br />
Druckgraphik.<br />
Größere Bestände sowie einen Teil des schriftlichen<br />
Nachlasses besitzen die Berliner Akademie der Bildenden<br />
Künste und das Stadtgeschichtliche Museum<br />
in Wismar.<br />
[147]<br />
147. Sella Hasse<br />
Christus mit den Wundmalen. Farblithographie, auf<br />
festem bräunlichem Velin, signiert. 49:35,8 cm.<br />
<strong>102</strong>
MARGARETE HAVEMANN, geb.<br />
BRAUNMÜLLER<br />
1877 Grabow/Mecklenburg – um 1955<br />
Die Malerin, Graphikerin und Holzschneiderin<br />
war Schülerin von E. Neumann (1871-<br />
1954) in München, der sie zum Holzschnitt<br />
anregte. Danach war sie in Berlin und anschließend<br />
in Hamburg, wo sie als Lehrerin<br />
an der Gewerbeschule für Mädchen wirkte.<br />
Ausstellungsbeteiligungen seit 1904 u.a. im<br />
Glaspalast München, an der Großen Berliner<br />
Kunstausstellung, der Internationalen<br />
Kunstausstellung Bremen 1906 oder der<br />
Ausstellung für Buchgewerbe in Leipzig.<br />
1910/1911 Mitarbeit an der von Hanns von<br />
Gumppenberg herausgegebenen Zeitschrift<br />
„Licht und Schatten. Wochenschrift für<br />
Schwarzweisskunst und Dichtung“.<br />
Bekanntschaft mit Ida Demel (1870-1942),<br />
der Mitbegründerin des „Bund Hamburger<br />
Künstlerinnen und Kunstfreundinnen“,<br />
aus der später die GEDOK (Gemeinschaft<br />
deutscher und österreichischer Künstlerinnen<br />
und Kunstfreunde) hervorging, und<br />
der Schriftstellerin Hetta Mayr.<br />
Ihre Themen waren meist Landschaften,<br />
Stilleben und Genreszenen, auch das großstädtische<br />
Treiben. Zudem war sie als Bildhauerin<br />
tätig.<br />
Vertreten ist sie u.a. in der Graphischen<br />
Sammlung des Folkwang-Museum, Essen.<br />
[148]<br />
148. Margarete Havemann<br />
„Müde“. Halbfigurenbildnis einer älteren schlafenden Frau in Dreiviertelprofil nach<br />
rechts, den Kopf auf die rechte Hand gestützt. Linolschnitt in Grün, auf dünnem chamoisfarbenem<br />
Japan-Bütten, signiert und betitelt. Ca. 22,3:20,1 cm.<br />
103
JACOBA VAN HEEMSKERCK<br />
1876 Den Haag – Domburg/Veere 1923<br />
Jacoba van Heemskerck war als Graphikerin<br />
und Holzschneiderin, auch als Glasmalerin<br />
tätig. Erste Unterweisung erhielt sie<br />
durch ihren Vater, den Marinemaler J. E.<br />
van Heemskerck van Beest (1828-1894). Es<br />
folgte ein Studium 1897-1901 in Den Haag<br />
an der Königlichen Kunstakademie.<br />
1901-1903 lebte sie in Hilversum, wo sie die<br />
Maler der Larener Schule kennenlernte und<br />
in die graphischen Techniken von F. Hart<br />
Nibbrig (1866-1915) eingeführt wurde.<br />
Dann reiste sie nach Paris, wo sie sechs Monate<br />
im Atelier von E. Carrière (1849-1906)<br />
und 1901-1904 u.a. an der Académie Julian<br />
studierte.<br />
Anschließend zog sie nach Den Haag. Seit<br />
1914 verbrachte sie den Sommer im niederländischen<br />
Seebad Domburg.<br />
Über die Stilrichtungen der klassischen<br />
Moderne, Anregungen durch persönlichen<br />
Kontakt mit P. Mondrian (1872-1944) und<br />
J. Toorop (1858-1928), später auch durch W.<br />
Kandinsky (1866-1944) wandte sie sich abstrakten<br />
Kompositionen zu.<br />
Auch die anthroposophische Lehre von R.<br />
Steiner spielte eine wichtige Rolle für die<br />
Entwicklung ihrer Kunst. 1911-1913 Teilnahme<br />
an den Ausstellungen des Pariser<br />
„Salon des Indépendants“.<br />
Zunächst schuf sie Genreszenen mit Fischern,<br />
alten Frauen und Männern, dann<br />
Landschaften, Stilleben<br />
und Häfen sowie Segelschiffe.<br />
Seit 1913 war sie<br />
mit H. Walden befreundet,<br />
dem Gründer der<br />
Künstler- und Literatenbewegung<br />
„Der Sturm“,<br />
und hatte erste Ausstellungen<br />
in Deutschland<br />
(Erster Deutscher<br />
Herbstsalon Berlin, Ausstellungen<br />
der Gruppe<br />
„Sturm“).<br />
Seit 1918 zunehmende,<br />
teils selbstgewählte Isolation,<br />
möglicherweise<br />
auch wegen ausbleibender<br />
Anerkennung nicht<br />
nur seitens des holländischen<br />
Publikums,<br />
sondern auch durch ihre<br />
Künstlerkollegen.<br />
Jacoba van Heemskerck<br />
spielte eine wichtige Rolle<br />
in der Entwicklung<br />
der abstrakten Malerei<br />
in den Niederlanden.<br />
149. Jacoba van Heemskerck<br />
Mühle. Holzschnitt, auf bräunlichem Velin,<br />
um 1915, signiert. 25,3:33,7 cm. Erschienen<br />
in „Der Sturm“, 6. Jahrgang, 1915, Nr. 13/14,<br />
S. 73. – Im breiten Rand etwas vergilbt.<br />
Literatur: Ausst. Kat.: Jacoba van Heemskerck<br />
1876-1923. Eine expressionistische<br />
[149]<br />
[150]<br />
Künstlerin, Haags Geementemuseum, Den<br />
Haag 1983, S. 73, Nr. 75 mit Abb.<br />
150. Jacoba van Heemskerck<br />
Ohne Titel. Linolschnitt, auf Japan, signiert.<br />
Darstellungsgröße 20,2:27,9 cm, Blattgröße<br />
34,9:44,4 cm. – Im breiten Rand rechts oben<br />
ungleich beschnitten, oben etwas fleckig.<br />
104
MAJ (MARTA ESTER LAURENTIA)<br />
HEMBERG<br />
1906 Stockholm – Malmö 1992<br />
Die Künstlerin studierte in den Zwanziger<br />
Jahren in Dresden und war mit den Malern<br />
P. Berger-Bergner (1904-1978) und H. Jüchser<br />
(1894-1977) befreundet und wie diese<br />
Mitglied der „Neue Dresdner Sezession<br />
1932“ (vgl. Wilhelmi, 1996, 52). Seit 1932<br />
war sie in Malmö/Schweden tätig.<br />
[151]<br />
151. Maj Hemberg<br />
„an sikte“ (Ein Gesicht). Farbholzschnitt in<br />
Schwarz, Rot, Braun und Violett, auf China,<br />
betitelt und signiert. 33:22,8 cm.<br />
HANNAH HÖCH<br />
1889 Gotha – Berlin 1978<br />
Hannah Höch zählt zu den bekanntesten<br />
deutschen Künstlerinnen<br />
der ersten Hälfte des<br />
20. Jahrhunderts.<br />
1912-1914 studierte sie an der<br />
Kunstgewerbeschule Berlin.<br />
1912 besuchte sie zudem Köln.<br />
Ab 1915 setzte sie ihr Studium<br />
an der Unterrichtsanstalt<br />
des Kunstgewerbemuseums<br />
in Berlin als Schülerin von E.<br />
Orlik (1870-1932) fort. Dort<br />
machte sie die Bekanntschaft<br />
von R. Hausmann (1886-1971).<br />
1920 folgte eine gemeinsame<br />
Reise nach Prag und die Teilnahme<br />
an der Ersten Internationalen<br />
Dada-Messe sowie ab<br />
diesem Jahr die regelmäßige<br />
Teilnahme an den Ausstellungen<br />
der „Novembergruppe“.<br />
1921 trennte sich das Künstlerpaar<br />
Höch-Hausmann.<br />
1924 unternahme sie eine<br />
Reise nach Paris und besuchte<br />
P. Mondrian (1872-1944)<br />
und die „Stijl-Gruppe“. Ab<br />
1926 Freundschaft mit der<br />
Schriftstellerin T. Brugmann,<br />
gemeinsame Wohnung 1929<br />
in Den Haag und bis 1936 in<br />
Berlin.<br />
1933 wurde die Künstlerin von den Nationalsozialisten<br />
als „entartet“ eingestuft und erhielt Berufsverbot.<br />
Um 1935/1936 Trennung von T. Brugmann<br />
(1888-1958).<br />
1938 heiratete sie den Pianisten K. Matthies, die Ehe<br />
wurde bereits 1944 geschieden. Seit 1965 Lehrtätigkeit<br />
an der Akademie der Künste in Berlin.<br />
[152]<br />
152. Hannah Höch<br />
Kopf einer Perserkatze (Katze Ninn). Feder in<br />
Schwarz, um 1925, auf Velin, auf Karton aufgezogen,<br />
rechts unten monogrammiert „H.H.“, verso mit<br />
dem Stempel „Nachlaß Sammlung Hannah Höch –<br />
Rössner-Höch“. 20:16,4 cm.<br />
105
THERESE HOLBEIN VON<br />
HOLBEINSBERG<br />
1785 Graz – Wien 1859<br />
Therese Holbein von Holbeinsberg war seit<br />
1814 als Malerin und Radiererin in Wien<br />
tätig. Ihr Vater soll der letzte männliche<br />
Nachkomme der Malerfamilie Holbein gewesen<br />
sein.<br />
[153]<br />
153. Therese Holbein von Holbeinsberg<br />
Waldlandschaft mit Grubeneingang, aus dem<br />
ein Bergmann mit Schubkarre heraustritt.<br />
Radierung, 1814, auf Velin. 17,1:23,9 cm.<br />
Mit mehreren handschriftlichen Nummern<br />
im Unterrand, etwas fleckig.<br />
Literatur: Boetticher Bd. I, Teil II, S. 593, aus<br />
4, Zwei Radierungen „Waldpartien“: Österr.<br />
Kunstverein 1855.<br />
DAGMAR HOOGE<br />
1870 Hamburg – nach 1930<br />
Dagmar Hooge absolvierte ihre Ausbildung<br />
an der Schule des Künstlerinnen-Vereins<br />
München. 1906 beteiligte sie sich u.a. an<br />
der „Internationalen Kunstausstellung Bremen“<br />
und an der „Deutschen Kunstausstellung“<br />
sowie 1908 in Verbindung mit einer<br />
Sonderausstellung der Vereinigung nordwestdeutscher<br />
Künstler an der „36. Großen<br />
Ausstellung des Kunstvereins Bremen“.<br />
Sie war die Schwester der Künstlerin Helene<br />
Hooge (geb. 1873), mit der sie einen<br />
gemeinsamen Wohnsitz in München hatte,<br />
und eine Freundin der Graphikerin Kathleen<br />
Bagot (1890-1925), erster Ehefrau<br />
des Malers Georg Tappert (1880-1957). Sie<br />
war Mitglied im Künstlerinnen-Verein<br />
München und im Reichsverband Bildender<br />
Künstler Deutschland, Berlin. Dagmar<br />
Hooge schuf Landschaften und Stilleben.<br />
154. Dagmar Hooge<br />
„Anemonen“. Farbholzschnitt, auf dünnem<br />
Japan, signiert, betitelt und als „Orig. Holzschnitt<br />
N 14 Handdruck.“ bezeichnet. Ca.<br />
25,1:22,7 cm. Darstellung im Achteck. – Im<br />
schmalen Rand Farbreste vom Druckvorgang.<br />
155. Dagmar Hooge<br />
„Schmelzender Schnee“. Holzschnitt in<br />
Braun, Grün, Blau, Khaki, Rot und Grau,<br />
auf dünnem grauem Japan, signiert, betitelt<br />
sowie nummeriert und bezeichnet als<br />
„Original Holzschnitt N. 48 Handdruck.“.<br />
Ca. 18,8:25 cm. – Etwas fleckig und in den<br />
Rändern ungleich beschnitten sowie links<br />
und unten quetschfaltig.<br />
Stilelemente des Jugendstils und japanischer<br />
Holzschnitte sind nicht zu übersehen.<br />
[154]<br />
[155]<br />
106
ROSA HUTH<br />
1815 – Frankfurt am Main – 1843<br />
Rosa Huth, Schwester des Malers Theodor<br />
Huth (1821-1896), war in ihrer Heimatstadt<br />
als Bildnismalerin und Lithographin tätig.<br />
Als Schülerin von C. L’Allemand (1809-<br />
1880) ging sie von der Blumenmalerei zum<br />
Porträt<strong>fach</strong> über und schuf ca. 1500 Bildnisse,<br />
die sie teils in Kreide zeichnete und<br />
teils als Aquarell und Miniatur malte.<br />
In den angesehensten Frankfurter Familien<br />
erteilte sie Unterricht. Kurz nachdem die<br />
Künstlerin begonnen hatte auch in Öl zu<br />
malen, verstarb sie.<br />
156. Rosa Huth<br />
Bildnis einer jungen Frau. Halbfigur, leicht<br />
nach rechts gewendet, den Beschauer anblickend.<br />
Aquarell und schwarze Kreide,<br />
rechts unten signiert „Huth“, auf chamoisfarbenem<br />
Velin. 12,2:9,7 cm. Darstellung im<br />
Hochoval. – Insgesamt etwas vergilbt.<br />
Nach Aussage des Vorbesitzers soll es sich<br />
bei der Dargestellten um ein Mitglied der<br />
Frankfurter Familie Brentano handeln.<br />
MARIE MADELEINE IGONNET<br />
Mitte 18. Jahrhundert<br />
Von der Künstlerin, die in Paris als Reproduktionskupferstecherin<br />
tätig war, sind<br />
mehrere Stiche nach Gemälden meist französischer<br />
Künstler bekannt.<br />
157. Marie Madeleine Igonnet<br />
Mitte 18. Jh.<br />
„La Pourvoyeuse Flamande“. Kupferstich,<br />
nach Fr. van Mieris (1635-1681), auf festem<br />
Bütten. 31,5:21,4 cm. Mit der Adresse von<br />
Basan, Paris. – Im ganzen nicht ganz frisch.<br />
Literatur: Nagler aus 8; Thieme/Becker, Bd.<br />
18, S. 552.<br />
ELISABETH MARIA ANNA<br />
JERICHAU-BAUMANN, geb. BAU-<br />
MANN<br />
1819 Zoliborz/Warschau – Kopenhagen 1881<br />
Die in Kopenhagen wirkende Künstlerin<br />
Anna Jerichau-Baumann erhielt ihre künstlerische<br />
Ausbildung um 1838/1840 in Berlin<br />
bei R.B.J. Hübner d.Ä. (1806-1882), ab 1838<br />
in Düsseldorf bei W. Schadow (1788-1862),<br />
K.F. Sohn (1805-1867), C.F. Lessing (1808-<br />
1880) und H.A. (1803-1860) bzw. Hermine<br />
Stilke (1804-1869).<br />
[156] [157]<br />
1845 ging die als eigenwillig und temperamentvoll-exaltiert<br />
beschriebene junge<br />
Künstlerin nach Rom, wo sie den dänischen<br />
Bildhauer und Thorvaldsen-Schüler<br />
J.A. Jerichau (1816-1883) kennenlernte und<br />
ein Jahr später heiratete. 1849 folgte sie<br />
ihrem Mann nach Kopenhagen, wo er als<br />
Professor an die Akademie berufen worden<br />
war. Hier knüpfte das Paar freundschaftliche<br />
Bande zu Prinzessin Alexandra von<br />
Dänemark und dem Dichter Hans Christian<br />
Andersen, der eine Biographie über<br />
die Jerichaus verfaßte. Entfremdung vom<br />
Ehemann und möglicherweise daraus resultierend<br />
ein ruhelos-rastloses Temperament<br />
führten zu zahlreichen Reisen, so u.a.<br />
107
auch im Hinblick<br />
darauf zu bewerten,<br />
daß sie neun Kinder<br />
zur Welt brachte, von<br />
denen zwei ebenso<br />
Maler wurden, und<br />
nach Angaben von A.<br />
Lichtwark beträchtlich<br />
zum Familienunterhalt<br />
beitrug.<br />
Neben ihrer malerischen<br />
Arbeit war<br />
sie auch musikalisch<br />
und schriftstellerisch<br />
tätig.<br />
hatte sie mit ihren Arbeiten nicht nur bei<br />
ihren Landsleuten in China großen Erfolg.<br />
Während des Zweiten Weltkrieges war sie<br />
mit ihren beiden Söhnen in einem Internierungslager<br />
inhaftiert – 1936 war ihr Mann<br />
bereits verstorben. Nach Kriegsende kehrte<br />
sie nach England zurück und zog nach<br />
Okehampton.<br />
[158]<br />
1852 nach England – in London hatte sie in<br />
diesem Jahr eine Ausstellungsbeteiligung<br />
–, wiederholt nach Italien, nach Griechenland,<br />
Kleinasien und Ägypten. 1867 und<br />
1878 Teilnahme an den Weltausstellungen<br />
in Paris, weitere Ausstellungen in Berlin,<br />
Kassel und Bremen.<br />
Zunächst schuf sie Szenen aus dem Volksleben<br />
ihrer Heimat, es folgten solche aus<br />
dem römischen und dänischen Volksleben,<br />
zudem Porträts dänischer Bekanntheiten<br />
und des Adels. Eine Besonderheit ist, daß<br />
die Künstlerin Zutritt in orientalische Harems<br />
bekam, so zu dem türkischen Harem<br />
von Mustafa Fazil Paşa, weshalb sie in der<br />
Lage war, dieses im 19. Jahrhundert äußerst<br />
beliebte exotisch-erotische Thema<br />
nach eigener Anschauung zu malen. Ihr<br />
großes künstlerisches Schaffen sowie ihre<br />
außerordentlichen Reiseaktivitäten sind<br />
158. Elisabeth M.A. Jerichau-Baumann<br />
Segler in einem holländischen Hafen. Aquarell,<br />
mit Deckweiß gehöht, über Bleistift, auf<br />
Velin, rechts unten signiert und datiert „A.<br />
Baumann 1845“. 12,2:16,6 cm. Auf Untersatz<br />
montiert. – Kleiner Einriß am Unterrand.<br />
KATHERINE JOWETT,<br />
geb. WHEATLEY<br />
um 1890 Devon – Okehampton 1972<br />
Über die Holz- und Linolschneiderin,<br />
Tochter eines methodistischen Pfarrers,<br />
ist bekannt, daß sie in den 1910er Jahren<br />
einem methodistischen Missionar nach<br />
China folgte. Dort ehelichte sie dann Hardy<br />
Jowett, einen prominenten, in Peking lebenden<br />
Briten. Frei von finanziellen Sorgen<br />
widmete sie sich ganz ihren künstlerischen<br />
Studien und bildete sich autodidaktisch<br />
weiter. Gerade in den 20er und 30er Jahren<br />
[159]<br />
159. Katherine Jowett<br />
Peking, Tempel des Himmels (Himmelstempel),<br />
Motiv aus der Verbotenen Stadt. Farblinolschnitt,<br />
auf chamoisfarbenem Japan,<br />
signiert und nummeriert. 30,5:20 cm.<br />
Nr. 64 von 100 Exx.<br />
108
ANGELIKA KAUFFMANN<br />
1741 Chur – Rom 1807<br />
Angelika Kauffmann war eine der berühmtesten<br />
Malerinnen ihrer Zeit. Bereits<br />
als 11jährige galt sie als Wunderkind. Als<br />
Tochter des Porträt- und Freskenmalers<br />
J.J. Kauffmann (1702-1782), der ihr erster<br />
Lehrer war, wurde Kauffmanns zeichnerisches<br />
und musikalisches Talent schon im<br />
Kindesalter erkannt und gefördert. Die<br />
beiden ersten Italienaufenthalte in den Jahren<br />
1754-1757 und 1758-1766 brachten entscheidende<br />
künstlerische Impulse.<br />
1766 ließ sie sich in England nieder, wo<br />
sie Porträtaufträge von Hof und Adel erhielt.<br />
Neben ihrer Porträttätigkeit betrieb<br />
Kauffmann ebenso erfolgreich die Historienmalerei.<br />
Nach der Heirat mit dem Maler<br />
A. Zucchi (1726-1795) siedelte sie 1782<br />
nach Rom über, wo sie gleichfalls zu einer<br />
der gefeiertsten Künstlerinnen ihrer Zeit<br />
avancierte. Auch für die deutschen Romreisenden<br />
war ihr Atelier ein wichtiger<br />
Treffpunkt, insbesondere für den Weimarer<br />
Kreis um Goethe, Herder, die sie beide<br />
porträtierte, und Herzogin Anna Amalia<br />
von Sachsen-Weimar.<br />
Bereits 1762 wurde sie Ehrenmitglied der<br />
Accademia Bologna und 1765 ordentliches<br />
Mitglied der Accademia di San Luca zu<br />
Rom. Zudem beteiligte sie sich 1768 aktiv<br />
an der Gründung der Royal Academy; gemeinsam<br />
mit Mary Moser (1744-1819), eine<br />
der berühmtesten Malerinnen Englands,<br />
gehörte sie zu deren einzigen weiblichen<br />
Mitgliedern.<br />
160. Angelika Kauffmann<br />
Lukrezia. Bleistift, mit mehr<strong>fach</strong>er Bleistiftlinie<br />
umrandet, auf Bütten mit Fragment eines<br />
Wasserzeichens: Krone, unten signiert,<br />
bezeichnet und datiert „Angelica Kaufman<br />
fec a Naply 1763 AK.“. 17,6:21 cm. – Minimal<br />
fleckig und mit leichten Gebrauchsspuren.<br />
Literatur: Ausst. <strong>Katalog</strong>: B. Baumgärtel:<br />
Angelika Kauffmann, Düsseldorf 1998, Nr.<br />
40, mit Abb. Hier noch als „Der Selbstmord<br />
der Dido“ betitelt.<br />
[160]<br />
Unsere Zeichnung ist nach einem Gemälde<br />
von Guido Cagnacci (1601-1665) entstanden,<br />
das sich im 18. Jahrhundert in der Galerie<br />
des Kardinals Tommaso Ruffo in Ferrara<br />
befand, wo die Malerin ihre Zeichnung<br />
nach dem Original angefertigt haben muß,<br />
sie möglicherweise aber erst in Neapel vollendete.<br />
Das Gemälde von G. Cagnacci wurde am<br />
24.04.2007 im Dorotheum in Wien versteigert<br />
(vgl. <strong>Katalog</strong> zur Jubiläumsauktion<br />
109
1707-2007 Dorotheum, Wien, Nr. 401 mit<br />
Farbtafel). Auch unsere Zeichnung ist hier<br />
abgebildet.<br />
1758-1766 unternahm Angelika Kauffmann<br />
ihre zweite Reise nach Italien, die ganz dem<br />
Studium gewidmet war. Diese Reise führte<br />
sie über Mailand, Parma, Modena, Bologna,<br />
Florenz und Rom nach Neapel. Es ist<br />
davon auszugehen, daß sie vermutlich von<br />
Modena aus einen Abstecher nach Ferrara<br />
unternahm. Empfehlungsschreiben des<br />
Grafen Firmian an die Höfe von Parma und<br />
Florenz, an Winckelmann und Kardinal<br />
Albani öffneten ihr die dortigen bedeutenden<br />
Sammlungen. In Italien kopierte sie u.a.<br />
Werke von Carracci, Coreggio, Domenichino,<br />
Guercino und Raffael.<br />
161. Angelika Kauffmann<br />
Hebe als Jupiters Mundschenkin, der Gott<br />
durch den Adler charakterisiert. Radierung,<br />
in Rotbraun, 1770, auf Bütten. 21:16,3 cm. –<br />
Prachtvoller Abdruck mit Rändchen um die<br />
Plattenkante<br />
Literatur: Andresen 11, III (von III) mit dem<br />
Aquatintaton und der Publikationszeile<br />
rechts: „Published Oct. 1.st 1780.“; Nagler<br />
4; Manners/Williamson (7); Boerner 1979,<br />
29; Baumgärtel Diss. 1990, Nr. 126, Abb.<br />
115; Ausst. <strong>Katalog</strong>: Retrospektive Angelika<br />
Kauffmann. Hrsg. u. bearb. von B. Baumgärtel.<br />
Düsseldorf, Kunstmuseum, 1999, Nr.<br />
46 mit Abb.<br />
162. Angelika Kauffmann<br />
Die trauernde Freundschaft – Erinnerungen<br />
an den Tod der Tochter des Generals Stanwick.<br />
Radierung, 1767, auf Bütten. 22,2:16<br />
cm. – Sehr guter Druck mit Rändchen, alt<br />
montiert und minimal gebräunt.<br />
Literatur: Andresen 20, II, mit dem Verlegernamen<br />
und Datum: John Boydell, excudit<br />
1781; Nagler 2; Manners/Williamson<br />
(21); Boerner 1979, 19 (hier: I v. II); Baumgärtel<br />
Diss. 1990, S. 243 f., Abb. 46, Nr. 297<br />
(hier: I-II); Ausst. <strong>Katalog</strong>: Retrospektive<br />
Angelika Kauffmann. Hrsg. u. bearb. von<br />
B. Baumgärtel. Düsseldorf, Kunstmuseum,<br />
1999, Nr. 254 mit Abb. (II v. II).<br />
[161]<br />
„Die Frau an der Urne gehört zu den beliebtesten<br />
Topoi des empfindsamen Klassizismus.<br />
Am Thema der Frau mit Gefäß wurde<br />
die Frage der Tugend oder Untugend abgehandelt,<br />
letzteres exemplarisch an Greuzes<br />
(1725-1805), „Der zerbrochene Krug“, erste-<br />
[162]<br />
res viel<strong>fach</strong> in der Darstellung der trauernden<br />
Agrippa mit der Urne des Germanicus,<br />
der Andromache am Grab des Hektor oder<br />
der Kleopatra am Grab des Marcus Antonius...<br />
Mit dem allegorisierenden Memorialbild<br />
auf den Tod der Tochter Stanwicks<br />
schuf Kauffmann eine ganz eigenständige<br />
Ikonographie, indem sie das Symbol des<br />
Todes, die Urne, mit der Muse der Freundschaft<br />
zu einem natürlichen Sinnbild der<br />
trauernden Freundschaft verdichtet.“ (zit.<br />
aus: Ausst. <strong>Katalog</strong> Düsseldorf, 1999, S. 415).<br />
Die Tochter des Generals Stanwick war bei<br />
einem Schiffsunglück ums Leben gekommen.<br />
110
163. Angelika Kauffmann<br />
Der bärtige Greis mit einem Stab in der Rechten.<br />
Radierung und Aquatinta, 1762, auf<br />
Bütten. 12,5:8,9 cm. – Auf die Plattenkante<br />
geschnitten.<br />
Literatur: Andresen 22, II (von II) mit der<br />
Adresse: J. B. excud; Nagler 27; Manners/<br />
Williamson (15); Boerner 1979, aus 7; <strong>Katalog</strong>:<br />
Retrospektive Angelika Kauffmann.<br />
Hrsg. u. bearb. von B. Baumgärtel. Düsseldorf,<br />
Kunstmuseum, 1999, Nr. 8 mit Abb.<br />
Es handelt sich hier um die früheste datierte<br />
Arbeit, die bereits in Florenz (vielleicht unter<br />
Anleitung J.F. Reiffensteins, 1719-1793)<br />
entstanden sein dürfte.<br />
164. Angelika Kauffmann, nach<br />
Amor als Lehrer. (Pittoresque Amusements;<br />
Practical Exercise). 2 Blatt Kupferstiche, in<br />
Braundruck, von P. Bettelini (1763-1828),<br />
auf Bütten. 29,2:32,7 cm, 28,9:33 cm. Published<br />
London 1787.<br />
Abdrucke vor den Titeln. – Tadellos erhalten,<br />
selten!<br />
Literatur: Huber 2 und 3; Manners/Williamson<br />
S. 227; Boerner 1979, 38.<br />
165. Angelika Kauffmann, nach<br />
Antiope. Kupferstich in Punktiermanier, in<br />
Rotdruck, von F. Bartolozzi (1727-1815), auf<br />
Bütten. Darstellung im Hochoval. 23:17,4<br />
cm. Walker excud. Published London<br />
1781. – Sehr guter Abdruck, leicht vergilbt.<br />
Literatur: Boerner 1979, 43.<br />
[165]<br />
[163]<br />
[164] [166]<br />
111
166. Angelika Kauffmann, nach<br />
Antiope. Kupferstich in Punktiermanier, in<br />
mehreren Farben, von F. Bartolozzi (1727-<br />
1815), auf Bütten. Darstellung im Hochoval.<br />
23:17,4 cm. Walker excud. Published London<br />
1781. – Sehr guter Abdruck, sicher selten.<br />
Literatur: Boerner 1979, vgl. 43.<br />
[167] [169]<br />
festem Velin. 38,3:42,2 cm. – Guter Abdruck,<br />
auf die Plattenkante geschnitten, gering<br />
fleckig.<br />
Literatur: Huber 20 ; Nagler I, S. 427; Le<br />
Blanc 26; Boerner 1979, 73.<br />
Illustration zu Titus Livius: A urbe condita.<br />
167. Angelika Kauffmann, nach<br />
Cleopatra und Meleager. Cleopatra persuading<br />
Meleager to take his Arms in defence of<br />
his country. Kupferstich in Punktiermanier,<br />
in mehreren Farben, von Ruhot, auf Bütten.<br />
32:37,4 cm. – Auf die Plattenkante geschnitten,<br />
im Schriftrand unten dünne Papierstelle,<br />
verso Reste alter Leimspuren.<br />
Literatur: Gerard vgl. 48; Boerner 1979, vgl.<br />
aus 72; Manners/Williamson vgl. S. 223.<br />
Illustration zu Plutarch: Leben des Aemilius,<br />
sowie Homer: Ilias.<br />
[168]<br />
168. Angelika Kauffmann, nach<br />
„Servius Tullius“. Kupferstich in Punktiermanier,<br />
1788, von D. Berger (1744-1824), auf<br />
169. Angelika Kauffmann, nach<br />
Achills Trauer über den Tod des Patroklos.<br />
(„Achilles sese ob mortem Patrocli afflictat.“).<br />
Kupferstich in Punktiermanier, in Rotdruck,<br />
von W.W. Ryland (1729 oder 1732 –<br />
1783), auf Bütten. 30,3:39,3 cm. Published<br />
London 1777. – In jeder Hinsicht tadellos<br />
erhaltenes Exemplar!<br />
Literatur: Nagler 37; Le Blanc 42; Andresen-<br />
Wessely 8; Boerner 1979, aus 94.<br />
Illustration zu Homer: Ilias und Odyssee.<br />
112
[170]<br />
170. Angelika Kauffmann, nach<br />
Venus stellt Paris nach dem Kampf mit<br />
Menelaos der Helena vor. Kupferstich in<br />
Punktiermanier, in Rotdruck, von W.W.<br />
Ryland (1729 oder 1732 – 1783), auf Bütten.<br />
Darstellung im Rund. 36,8:31,3 cm. Published<br />
London 1781. – Tadellos erhalten!<br />
Literatur: Nagler 41; Le Blanc 19; Andresen-<br />
Wessely 6; Boerner 1979, 112.<br />
Illustration zu Homer: Ilias.<br />
171. Angelika Kauffmann, nach<br />
Die Flucht des Paris und der Helena vom Hofe<br />
des Menelaos. Kupferstich in Punktiermanier,<br />
in Rotdruck, von W.W. Ryland (1729<br />
oder 1732 – 1783), auf Bütten. Darstellung<br />
im Rund. 37,2:31,3 cm. Published London<br />
1781. – Tadellos erhalten!<br />
Literatur: Nagler 40; Le Blanc 18; Andresen-<br />
Wessely 5; nicht bei Boerner.<br />
Illustration zu Homer: Ilias.<br />
[171]<br />
172. Angelika Kauffmann, nach<br />
Emilia. Weibliche Halbfigur im Dreiviertelprofil<br />
nach rechts. Kupferstich in Punktiermanier,<br />
in mehreren Farben, wenig mit Gelb<br />
koloriert, von H. Sintzenich (1752-1830), auf<br />
festem Bütten. Darstellung im Hochoval.<br />
30,8:22,8 cm. Herausgegeben Mannheim<br />
1781. – Insgesamt nicht ganz frisch.<br />
Literatur: Nagler 50; Le Blanc 38; Boerner<br />
1979, 140 (Rotdruck); Ausst. <strong>Katalog</strong>: Heinrich<br />
Sintzenich. Druckgraphische Werke,<br />
Mannheim 1983, Nr. 20 mit Abb.<br />
173. Angelika Kauffmann, nach<br />
Die Geduld. („Patience“). Kupferstich in<br />
Punktiermanier, in mehreren Farben, von<br />
W.W. Ryland (1729 oder 1732 – 1783), auf<br />
Bütten. Darstellung im Hochoval. 37,7:29<br />
cm. Published London 1777.<br />
Literatur: Nagler 19; Le Blanc 25; Boerner<br />
1979, vgl. 185; vgl. Ausst. <strong>Katalog</strong>: Angeli-<br />
[172]<br />
[173]<br />
ka Kauffmann. Ein Weib von ungeheurem<br />
Talent. Hrsg. von T.G. Natter. Bregenz 2007,<br />
Nr. 150 (Rotdruck).<br />
Illustration zu William Mason: Caractacus.<br />
113
1908 Studium in Berlin an der Zeichenund<br />
Malschule von A. Mayer und Übersiedelung<br />
nach Stuttgart, wo Hölzel seit 1906<br />
an der Kunstakademie lehrte.<br />
Nachfolgend wurde sie seine Meisterschülerin<br />
und 1911-1914 seine Assistentin mit<br />
eigenem Meisteratelier.<br />
1915-1917 unterrichtete sie Hanna Bekker<br />
vom Rath (1893-1983), ihre spätere<br />
freundschaftlich verbundene Förderin und<br />
Sammlerin.<br />
[174] [175]<br />
1920-1923 Studium am Bauhaus in Weimar,<br />
wo sie bei den für ihr weiteres Schaffen<br />
bestimmenden Künstlern J. Itten (1888-<br />
1967), P. Klee (1879-1940) und W. Kandinsky<br />
(1866-1944) studierte und u.a. die Weberei<br />
erlernte.<br />
174. Angelika Kauffmann, nach<br />
Ehelicher Friede. („Conjugal Peace.“). Kupferstich<br />
in Punktiermanier, in Rotdruck,<br />
von Th. Burke (1749-1815), auf Bütten. Darstellung<br />
im Hochoval. 37,1:31,3 cm. Published<br />
London 1779. – Vorzügliches Exemplar!<br />
Literatur: Boerner 1979, 182.<br />
175. Angelika Kauffmann, nach<br />
Die Religion. Kupferstich in Punktiermanier,<br />
von F. Bartolozzi (1727-1815), auf Bütten.<br />
Darstellung im Hochoval. 34,8:26,3 cm.<br />
Published London 1783. Vor der Überarbeitung<br />
und vor A. Moltenos Adresse. – Sehr<br />
guter Abdruck, leicht vergilbt.<br />
Literatur: A. Calabi: Francesco Bartolozzi:<br />
Catalogue des Estampes d’après manuscripts<br />
de A. de Vesme. Mailand 1928,<br />
701; Manners/Williamson, S. 227; Boerner<br />
1979, 193 (Rotdruck).<br />
IDA KERKOVIUS<br />
1879 Riga/Lettland – Stuttgart 1970<br />
Ida Kerkovius zählt sicher zu den renommiertesten<br />
deutschen Künstlerinnen des<br />
20. Jahrhunderts. 1899 begann sie ihre<br />
künstlerische Ausbildung an einer privaten<br />
Malschule in ihrer Geburtsstadt.<br />
1902 Umzug nach Dachau, um an der privaten<br />
Malschule von A. Hölzel (1853-1934)<br />
zu studieren.<br />
Ab 1925 Reisen nach Paris, Norditalien und<br />
in die Schweiz.<br />
Nach 1933 wurde sie von den Nationalsozialisten<br />
als „entartet“ diffamiert und erhielt<br />
Ausstellungsverbot.<br />
1935-1939 Reisen durch Mittel- und Osteuropa,<br />
anschließend Rückkehr nach Stuttgart,<br />
wo sie sich zurückgezogen weiterhin<br />
der Malerei und Bildweberei widmete.<br />
Bomben zerstörten ihr Atelier und damit<br />
einen Großteil ihrer Arbeiten.<br />
Nach 1945 unternahm sie weitere Reisen<br />
nach Südfrankreich, an den Gardasee und<br />
nach Ischia.<br />
114
1954 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz<br />
Erster Klasse verliehen, 1958 folgte die Ernennung<br />
zur Professorin.<br />
Sie wurde Ehrenmitglied der Staatlichen<br />
Akademie der bildenden Künste in Stuttgart<br />
sowie Ehrenvorstandsmitglied des<br />
Deutschen Künstlerbundes.<br />
Obwohl ihre letzten Jahre von schwerer<br />
Krankheit gezeichnet waren, war sie weiterhin<br />
künstlerisch tätig.<br />
176. Ida Kerkovius<br />
Fensterbank mit zwei Blumentöpfen und<br />
Flasche, links Ausblick auf eine Landschaft.<br />
Bleistift, mit Bleistiftlinie umrandet, auf<br />
chamoisfarbenem Pauspapier, rechts unten<br />
monogrammiert „IK.“. 22,8:17,8 cm.<br />
Aufgrund des ausdrucksstark-dynamischen<br />
Zeichenstrichs handelt es sich hier möglicherweise<br />
um eine frühe Arbeit der Künstlerin.<br />
Da Ida Kerkovius nur wenig mit dem<br />
Bleistift arbeitete – die Pastelltechnik war<br />
ihr Gebiet –, hat das Blatt darüber hinaus<br />
Seltenheitswert.<br />
177. Ida Kerkovius<br />
Weinrankenzweig mit Schmetterling. Schwarzer<br />
Karton mit farbigem Papier hinterlegt,<br />
rechts unten monogrammiert „IK.“,<br />
auf gelbliches Velin montiert, dort mit der<br />
Nummer „59“ versehen. Ca. 16,3:14 cm.<br />
[176]<br />
[178]<br />
178. Ida Kerkovius<br />
„Architektonisches“. Ölkreide, auf cremefarbenem<br />
Papier, rechts unten monogrammiert<br />
„IK“, verso Nachlaßstempel. 23:16 cm. Gerahmt.<br />
Werknummer 1265. Ausgestellt: Württemberg.<br />
Kunstverein 1969/70.<br />
Provenienz: Frankfurter Kunstkabinett<br />
Hannah Bekker vom Rath, Frankfurt a.M.,<br />
1985, Liste Nr. 43; Galerie Vömel, Düsseldorf.<br />
[177]<br />
115
MATHILDE KLEEMANN<br />
geb. 1888 in Frankfurt am Main<br />
Die Malerin und Gebrauchskünstlerin<br />
Mathilde Kleemann absolvierte ihre Ausbildung<br />
1909-1910 in München, wohl an<br />
der dortigen Kunstgewerbeschule, und<br />
1911-1912 an den Technischen Staatslehranstalten<br />
in Offenbach.<br />
Dann war sie an verschiedenen Berufsschulen<br />
als Zeichenlehrerin tätig und lebte in<br />
Frankfurt am Main.<br />
179. Mathilde Kleemann<br />
Vier Musterentwürfe für Vorsatzpapiere mit<br />
figürlichen Darstellungen. Deckfarben, auf<br />
festem Velin, auf Untersatz montiert, dort<br />
recto bzw. verso teils datiert, signiert und<br />
bezeichnet. Je 16:11,3 bzw. 19,8:15,4 und<br />
25:21,1 cm. – In den Rändern teils ungleich<br />
beschnitten und eines mit Bereibungen in<br />
der Oberfläche.<br />
[179]<br />
Die vier vorliegenden Musterentwürfe für<br />
ein Vorsatzpapier von Mathilde Kleemann<br />
dokumentieren, daß sich die Künstlerin auf<br />
dem Gebiet des Buchschmucks betätigte.<br />
Ihnen gemeinsam ist die liebevolle, leicht<br />
verständliche Bildsprache, die immer figürliche<br />
mit graphischen Elementen dekorativ<br />
verbindet.<br />
116
KÄTHE KOLLWITZ<br />
1867 Königsberg/Preußen – Schloß Moritzburg/Dresden<br />
1945<br />
Käthe Kollwitz studierte 1886-1887 in Berlin<br />
bei K. Stauffer-Bern (1857-1891), 1887 in<br />
Königsberg bei E. Neide (1843-1908) und<br />
1888-1890 in München bei L. von Herterich<br />
(1856-1932). 1891 angeregt durch M. Klinger<br />
(1857-1920) wandte sie sich der Graphik<br />
zu. Seit 1898 war sie Mitglied der „Berliner<br />
Sezession“, ab 1913 der „Freien Secession“<br />
und Mitbegründerin des ersten „Frauenkunstverbandes“.<br />
1898-1903 war sie an der<br />
Künstlerinnenschule Berlin tätig. 1899 erhielt<br />
sie in Dresden die Kl. Goldmedaille<br />
für den Zyklus „Weberaufstand“.<br />
1904 ging sie nach Paris, um an der Académie<br />
Julian zu studieren. 1907 reiste sie nach<br />
Florenz. 1909 begann sie bildhauerisch zu<br />
arbeiten. 1919 wurde sie als erste Frau in<br />
die Preußische Akademie der Künste aufgenommen<br />
und erhielt eine Professur, ab<br />
1928 war sie Leiterin des Meisterateliers<br />
für Graphik. 1929 wurde ihr der Orden<br />
„Pour le Mérite“ in der Klasse Wissenschaften<br />
und Künste verliehen. 1933 wurde sie<br />
durch die Nationalsozialisten zur Aufgabe<br />
ihrer Lehrtätigkeit gezwungen, ihre Arbeiten<br />
aus dem öffentlichen Raum entfernt,<br />
zudem erhielt sie Ausstellungsverbot. 1942<br />
Aufenthalt in Nordburg, 1943 Zerstörung<br />
ihrer Berliner Wohnung, womit zahlreiche<br />
ihrer Arbeiten vernichtet wurden, 1944<br />
Reise nach Moritzburg bei Dresden. Im<br />
Mittelpunkt ihres Schaffens standen sozialkritische<br />
und gegen den Krieg gerichtete<br />
Themen.<br />
[180]<br />
181. Käthe Kollwitz<br />
Ende. Blatt 6 aus dem Zyklus<br />
„Ein Weberaufstand“, 1897.<br />
Radierung und Aquatinta,<br />
auf festem strukturiertem<br />
Papier. 24,6:30,6 cm.<br />
Gedruckt bei O. Felsing,<br />
Berlin. – Im breiten Rand<br />
mit leichten Gebrauchsspuren,<br />
Ecke rechts oben mit<br />
kleiner Fehlstelle.<br />
Literatur: Klipstein 37 III<br />
(von 5).<br />
180. Käthe Kollwitz<br />
Not. Blatt 1 aus dem Zyklus „Ein<br />
Weberaufstand“, 1897. Photo-<br />
Lithographie in Braunschwarz<br />
gedruckt, 1931, auf gelblichem<br />
Bütten, in der Größe des Originals:<br />
15,4:15,3 cm. – Im breiten<br />
Rand fleckig und mit Gebrauchsspuren.<br />
Literatur: Klipstein 25.<br />
1895-1898 arbeitete Kollwitz an dem von G. Hauptmanns Werk „Die Weber“ inspirierten<br />
Zyklus „Weberaufstand“ und wurde damit 1898 auf der „Großen Berliner Kunstausstellung“<br />
bekannt.<br />
[181]<br />
117
[182]<br />
182. Käthe Kollwitz<br />
Frau an der Wiege. Radierung, 1897, auf festem chamoisfarbenem<br />
Velin. 27,6:14,5 cm.<br />
Im Unterrand die eingestochene Schrift „Original-Radierung von<br />
Käthe Kollwitz“. – Ausgabe der „Gesellschaft für vervielfältigende<br />
Kunst, Wien“, als Originalbeilage in „Die graphischen Künste“<br />
1903 erschienen.<br />
Literatur: Klipstein 38 III c (von d).<br />
[183]<br />
183. Käthe Kollwitz<br />
Mutter mit Kind auf dem Arm (II. Fassung). Radierung in Schwarzbraun,<br />
1910, auf gelblichem Kupferdruckpapier, signiert. 19,5:13,1<br />
cm.<br />
Literatur: Klipstein 110, III b (von VI).<br />
Früher Druck von der unverstählten Platte!<br />
118
BARBARA KRAFFT, geb.<br />
STEINER<br />
1764 Iglau – Bamberg 1825<br />
Barbara Krafft wurde gemeinsam<br />
mit ihren beiden Brüdern von<br />
ihrem Vater J.N. Steiner (1725-<br />
1793), einem Schüler von A.R.<br />
Mengs (1728-1779) und ab 1760<br />
k.k. Kammermaler in Wien, unterrichtet<br />
und früh in die Bildnismalerei<br />
eingeführt.<br />
Im Alter von erst 22 Jahren beteiligte<br />
sie sich zum ersten Mal<br />
an einer Ausstellung der Wiener<br />
Akademie. Diese verlief wohl<br />
so erfolgreich, daß sie im selben<br />
Jahr die Mitgliedschaft der Wiener<br />
Akademie und erste Aufträge<br />
erhielt. 1789 heiratete sie den<br />
Wiener Apotheker J.H. Krafft.<br />
1794 und 1797-1804 sind längere<br />
Aufenthalte für Salzburg,<br />
Mähren und Prag belegt, wo sie<br />
Porträts, Kirchenbilder und Genrestücke<br />
schuf und steigenden<br />
Erfolg hatte.<br />
1804-1821 lebte sie in Salzburg,<br />
getrennt von ihrem Mann, und<br />
avancierte zu einer gefragten<br />
Porträtistin sowohl für das Bürgertum<br />
als auch den Adel. 1821<br />
siedelte sie nach Bamberg über<br />
und malte noch in den letzten<br />
vier Lebensjahren zahlreiche<br />
Bildnisse des städtischen Bürgertums.<br />
[184]<br />
184. Barbara Krafft<br />
Ganzfigur einer jungen Dame mit Blumenkorb, an<br />
einem Felsvorsprung in bewaldeter Landschaft lehnend,<br />
im Vordergrund links Ausblick auf ein Gewässer<br />
mit kleinem Wasserfall. Aquarell, Pinsel in Schwarz,<br />
mit Deckweiß gehöht, über Bleistift, mit schwarzer<br />
Tuschlinie umrandet, auf Velin, auf dünnen Karton<br />
aufgezogen. 46:36 cm. – Mit leichten Gebrauchsspuren<br />
zu den Rändern hin.<br />
Provenienz: Bamberger Privatbesitz.<br />
MARIA ANNA WALPURGA KRAUS,<br />
gen. MARIANNE, verh. LÄMMER-<br />
HIRT<br />
1765 Buchen/Odenwald – Erbach/Odenwald<br />
1838<br />
Marianne Kraus erhielt als Tochter des kurmainzischen<br />
Verwalters Joseph Bernhard<br />
Kraus eine umfassende Ausbildung, auch<br />
in Musik und Zeichnen.<br />
Ausgehend von privatem Unterricht bei<br />
F. Kobell (1740-1799) in Mannheim und<br />
1781-1784 bei J.C. Schneider (1753-1839) in<br />
Mainz wurde sie 1785-1786 in Frankfurt<br />
am Main Schülerin ihres Onkels Chr. G.<br />
Schütz (1718-1791) und J.G. Pforrs (1745-<br />
1798). 1789-1790 folgte ein Aufenthalt in<br />
Amorbach und Würzburg.<br />
Anschließend wurde sie in Erbach Hofdame<br />
von Charlotte Gräfin zu Erbach-Erbach<br />
(1755-1844). Mit Genehmigung der Gräfin,<br />
die sich selbst nebenher als Malerin und<br />
Zeichnerin betätigte, konnte sie ihre Studien<br />
bei J.W. Wendt (1747-1815) fortsetzen.<br />
Der Ehemann der Gräfin, Franz von Erbach-Erbach,<br />
unternahm als bedeutender<br />
Kunstsammler zusammen mit seiner Frau,<br />
begleitet von Marianne Kraus, 1791 eine<br />
Reise nach Italien.<br />
Hier lernte Marianne Künstler wie etwa die<br />
von ihr bewunderte Angelika Kauffmann<br />
(1741-1807), die sie förderte, und J.H.W.<br />
Tischbein (1751-1829) kennen. In Neapel<br />
hatte sie Unterricht bei J.P. Hackert (1737-<br />
1807) und in Rom Zeichenunterricht bei<br />
W.F. Gmelin (1760-1820). Während dieser<br />
119
Italienreise führte sie ein Reisetagebuch, „Sammlung von<br />
allerlei für mich gemerkt auf meiner Reise nach Italien zu<br />
Anfang des 1791 Jahres“, das 1931 zum ersten Mal veröffentlicht<br />
wurde.<br />
Von der Öffentlichkeit wenig beachtet, gibt es in spöttischgeistreichem<br />
Ton die Begegnung ihrer Herrschaften mit<br />
Adeligen, Diplomaten und Künstlern wider, zudem liefert<br />
es einen Überblick über die wichtigsten bekannten Romreisenden<br />
dieser Zeit und ist zugleich Dokument ihres Bemühens<br />
um künstlerische Weiterentwicklung.<br />
Nach ihrer Rückkehr nach Erbach heiratete sie im Alter von<br />
33 Jahren den gräflich-erbachschen Hofrat G. Lämmerhirt<br />
(1763-1813). Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, weshalb<br />
sie sich vermutlich von ihrer künstlerischen Betätigung<br />
abwandte. Auch nach dem Freitod ihres Mannes widmete<br />
sie sich nicht mehr der Malerei.<br />
[185]<br />
185. Maria Anna Walpurga Kraus<br />
Bewaldete Landschaft mit Haus und Spaziergänger. Pinsel<br />
in Grau und Schwarz, grau laviert, über Bleistift, mehr<strong>fach</strong><br />
umrandet, auf Bütten, auf Untersatz montiert, dort signiert<br />
„Kraus. fec.“. 19,1:31,8 cm.<br />
LINDE KRUCK-<br />
KÖRNER<br />
geb. 1925 in Nürnberg<br />
Linde Kruck-Körner studierte<br />
1942-1944 Wandmalerei<br />
in Nürnberg, wo<br />
sie ihren späteren Ehemann,<br />
den Maler und Lithographen<br />
Chr. Kruck<br />
(1925-1985) kennenlernte.<br />
1946-1949 folgte ein Studium<br />
der Malerei in Freiburg/Breisgau.<br />
1950 ging sie nach Hamburg<br />
und heiratete; das<br />
Künstlerpaar machte anschließend<br />
eine erste längere<br />
Reise nach Italien.<br />
1954 erfolgte der Umzug<br />
nach Frankfurt am Main –<br />
Christian Kruck war zum<br />
Leiter der Druckwerkstätten<br />
an die Frankfurter Städelschule<br />
berufen worden.<br />
In den 1960er Jahren unternahm<br />
sie gemeinsam<br />
mit ihrem Mann zahlreiche<br />
Studienreisen, so 1954<br />
nach Spanien, 1966 nach<br />
New York, dann wiederholt<br />
nach Italien, auch<br />
nach Griechenland und<br />
den Kanarischen Inseln.<br />
[186]<br />
186. Linde Kruck-Körner<br />
Ansicht von New York – Manhattan. Farbstifte<br />
und Bleistift, auf festem Velin, links unten<br />
signiert und datiert „Linde Kruck Körner<br />
1966“. 35,2:53,6 cm. – Minimal fleckig. Verso<br />
am Oberrand Reste alter Verklebung.<br />
[187]<br />
187. Linde Kruck-Körner<br />
Ortschaft mit Windmühlen, vermutlich in<br />
Spanien. Farbstifte und Kohle, auf Velin,<br />
rechts unten signiert „L. K. Körner“. 32:39,6<br />
cm. – Verso am Oberrand Reste alter Verklebung.<br />
120
KÄTHE KUNTZE<br />
1878 Dresden – nach 1930<br />
Über die taubstumme Porträtmalerin und Graphikerin Käthe<br />
Kuntze ist wenig bekannt. Sie war in Dresden Schülerin von W.<br />
Claudius (1854-1942), dem gebürtigen Wiener Maler A.J. Pepino<br />
(1863-1921) und der Malschule für Damen von R. Sterl (1867-1932).<br />
Anschließend setzte sie ihre Studien in München bei A. Weisgerber<br />
(1878-1915) und A. Höfer (1869-1927) fort. In Kötzschenbroda<br />
und Niederlößnitz bei Dresden war sie tätig. Sie war Mitglied im<br />
Deutschen Künstlerbund Weimar, im Verein gehörloser bildender<br />
Künstler Berlin und im Reichsverband bildender Künstler<br />
Deutschlands. Neben Landschaften schuf sie Genredarstellungen.<br />
JOSEPHA VON LANGER, geb. KLEYEN<br />
1760 – München – 1843<br />
Die als Landschaftszeichnerin und Radiererin tätige Künstlerin<br />
heiratete 1781 in Düsseldorf den bekannten Maler J.P. von Langer<br />
(1756-1824), dessen Schülerin sie auch war, und übersiedelte 1806<br />
mit diesem nach München. Ihr Porträt radierte 1816 M. Ellenrieder<br />
(1791-1863) nach einem Gemälde von J.P. von Langer.<br />
[188]<br />
188. Käthe Kuntze<br />
„Sonnenflecken“. Haus in sommerlicher Landschaft. Holzschnitt in<br />
Grün, Gelb, Braun, Rot und Blau, 1910, auf dünnem chamoisfarbenem<br />
Velin, signiert, datiert, betitelt und als „Handdruck“ bezeichnet.<br />
Ca. 23:22,5 cm. – Im breiten Rand wenige Quetschfalten und<br />
Reste von Druckerfarbe.<br />
Unschwer ist hier die Ausrichtung an ihren mehrheitlich impressionistisch<br />
orientierten Lehrern zu beobachten.<br />
[189]<br />
189. Josepha von Langer<br />
Landschaft am See mit Bäumen und einem Reiter im Vordergrund.<br />
Radierung, auf Velin. 17:22,8 cm. – Unfertiger Druck mit zahlreichen<br />
eigenhändigen Bleistiftkorrekturen, mit ca. 2-3 cm breitem<br />
Rand, etwas stockfleckig, Löchlein innerhalb der Darstellung.<br />
Provenienz: Sammlung Friedrich August von Sachsen, Lugt 971.<br />
Literatur: Weigel III, 17356.<br />
121
EVA LANGKAMMER<br />
1888 Leipzig – Berlin 1956<br />
Eva Langkammer war als Malerin und Graphikerin in Berlin<br />
tätig. Ihr Studium absolvierte sie in Dresden bei J. Walter-<br />
Kurau (1869-1932), in München an der privaten Kunstschule<br />
von H. Knirr (1862-1944) und bei H. Groeber (1865-1935) sowie<br />
in Berlin bei L. Corinth (1858-1925). Sie war Mitglied im<br />
Reichsverband bildender Künstler, Berlin, und in der Allgemeinen<br />
Deutschen Kunstgenossenschaft.<br />
190. Eva Langkammer<br />
Kinder auf einem Steg am Wasser sitzend. Aquarell und Kohle, Buntstifte,<br />
über Bleistift, auf festem chamoisfarbenem Velin, rechts unten<br />
monogrammiert „E. L.“. 21,8:18,3 cm.<br />
Nach dieser Zeichnung entstand ein uns ebenfalls vorliegender Farbholzschnitt<br />
(siehe die folgende Nr. 191), der bis auf das Format, dort<br />
Querformat, und der kleinen Ortschaft am Fuße der Berge im Hintergrund<br />
links sowie eines näheren Ausschnittes, motivisch weitgehend<br />
übereinstimmt.<br />
191. Eva Langkammer<br />
Kinder auf einem Steg an einem See sitzend, im Hintergrund Gebirge.<br />
Holzschnitt in Grün, Schwarz, Grau und Violett, auf festem Japanbütten,<br />
signiert. 18,4:22,3 cm. – Rechts oben minimale Quetschfalte.<br />
[190] [191]<br />
122
192. Eva Langkammer<br />
Mittelgebirgslandschaft.<br />
Radierung und Aquatinta,<br />
auf chamoisfarbenem<br />
Bütten, signiert<br />
und nummeriert.<br />
25,9:18,5 cm. – Im breiten<br />
Rand stockfleckig<br />
und vergilbt.<br />
Nr. 1 von 50 Exx.<br />
[192]<br />
193. Eva Langkammer<br />
Hügelige Landschaft<br />
mit frisch gepflanzter<br />
Allee. Kaltnadel und<br />
Aquatinta, auf chamoisfarbenem<br />
Bütten, signiert<br />
und nummeriert.<br />
19,3:24,4 cm. Verso<br />
nochmals signiert sowie<br />
bezeichnet.<br />
Nr. 1 von 100 Exx.<br />
[194]<br />
[193]<br />
194. Eva Langkammer<br />
Landschaft mit Haus bei<br />
Nacht. Radierung und<br />
Aquatinta, auf festem<br />
chamoisfarbenem Velin,<br />
signiert und nummeriert,<br />
mit Monogramm<br />
des Druckers O. Felsing.<br />
19,3:24,4 cm.<br />
Nr. 9 von 100 Exx.<br />
[195]<br />
195. Eva Langkammer<br />
Landschaft mit Senke. Kaltnadel, auf chamoisfarbenem<br />
VGZ-Bütten, mit Fragment eines Wasserzeichens:<br />
Lilie, signiert, nummeriert und bezeichnet.<br />
18,3:23,3 cm. – Im breiten Rand nicht ganz frisch.<br />
Nr. 9 von 100 Exx.<br />
123
MARIA LA ROCHE<br />
1870 Zieffen/Baselland – Riehen/Basel 1952<br />
Die in München und Basel tätige Maria<br />
La Roche war die Tochter des Pfarrers J.E.<br />
La Roche-Stockmeyer (1832-1887) und die<br />
Schwester von R.E. La Roche (1863-1922),<br />
Kunstgelehrter und Konservator der Basler<br />
Kunstsammlungen sowie der Pianistin Elisabeth<br />
La Roche (1876-1965), in die sich der<br />
junge Hermann Hesse verliebt hatte.<br />
Nach einem Besuch der Gewerbeschule<br />
Basel und Unterricht bei F. Schider (1846-<br />
1907) war sie 1893-1895 Privatschülerin<br />
von J.E. Sattler (1840-1923) und C. Bantzer<br />
(1857-1941) in Dresden, dann 1895-1897<br />
bei H. Thoma (1839-1924) in Frankfurt am<br />
Main, mit dem sie 1897 eine Reise an den<br />
Gardasee unternahm. 1901-1903 verbrachte<br />
sie in Paris.<br />
1905 besuchte sie in Karlsruhe die Radierklasse<br />
von W. Conz (1872-1947), 1906-1907<br />
war sie Schülerin von H.K. E. von Berlepsch<br />
(1849-1921) in München.<br />
Reisen führten sie durch Deutschland, nach<br />
Italien, Spanien, Frankreich und England.<br />
Ab 1914 war sie in Basel ansässig, unterbrochen<br />
von längeren Aufenthalten 1924-1925<br />
in Paris und 1927-1930 in Zürich. Sie schuf<br />
meist Landschaften und figürliche Darstellungen,<br />
arbeitete daneben auch als Buchillustratorin.<br />
Werke von ihr besitzen die Kupferstichkabinette<br />
Dresden, Berlin, München und Basel.<br />
[196]<br />
196. Maria La Roche<br />
Villa bei Castagnola am Luganer See. Aquarell,<br />
Feder in Schwarz, ein wenig weiß gehöht,<br />
auf Bütten, auf Untersatz montiert<br />
und mit schwarzer Tuschlinie umrandet,<br />
dort links unten signiert „Marie La Roche“<br />
sowie rechts unten bezeichnet und datiert<br />
„Loggia einer Villa bei Castagnola am Luganer<br />
See. 25 April 1893.“. 19,8:15,4 cm.<br />
Das in der frühen Ausbildungszeit entstandene<br />
Blatt verweist bereits auf das Talent der<br />
Künstlerin.<br />
PAULA LAUENSTEIN<br />
1898 Dresden – Crostau 1980<br />
Seit Winter 1913 erhielt Paula Lauenstein<br />
privaten Mal- und Zeichenunterricht bei<br />
M. Starke, ab Frühjahr 1914 au ch bei R.<br />
Burckhardt-Untermhaus (1883-1963). Seit<br />
Winter 1914 war sie Hospitantin im Aktsaal<br />
bei Gg. Lührig (1868-1957) an der Kunstgewerbeschule<br />
in Dresden.<br />
Von September 1916-Juli 1917 und von September<br />
1918-1920 studierte sie hier unter<br />
M. Feldbauer (1869-1948) und P. Rößler<br />
(1873-1957). Von September 1920 bis September<br />
1923 studierte sie an der Akademie<br />
der bildenden Künste Dresden und erhielt<br />
1923 den Staatspreis der Akademie für das<br />
Gemälde „Opuntia“.<br />
1928 hatte sie im Stadtmuseum Bautzen<br />
eine Ausstellung mit einer kleinen Kollektion<br />
ihrer Zeichnungen. 1930 entstanden<br />
zahlreiche Berglandschaften (Gemälde und<br />
Zeichnungen) im Allgäu. Sie lebte bis 1933<br />
bei den Eltern in Dresden, von 1934-1936<br />
folgten Aufenthalte in München, Berlin,<br />
Salzburg und Wetro.<br />
Ein eigenes Atelier hatte sie von 1938-1941<br />
in München-Pasing, das durch Bomben<br />
zerstört wurde.<br />
Danach zog sie nach Wetro/Kreis Bautzen<br />
und lebte mit ihren Eltern in deren Landhaus.<br />
Gelegentlich schuf sie Porträts, war<br />
mit ihrem Leben ständig unzufrieden, hielt<br />
aber brieflichen Kontakt zu Mitstudenten<br />
aus der Akademiezeit.<br />
124
1985 und 1987 wurden<br />
ihr Ausstellungen in Karl-<br />
Marx-Stadt und Dresden<br />
ausgerichtet, später<br />
1996/97 in der Städtischen<br />
Galerie in Albstadt zusammen<br />
mit Arbeiten der<br />
Dresdner Malerinnen Elfriede<br />
Lohse-Wächtler und<br />
Alice Sommer.<br />
197. Paula Lauenstein<br />
„Großer Garten, 1914“. Graphit,<br />
auf Transparentpapier,<br />
verso signiert, datiert und<br />
bezeichnet „Großer Garten‘<br />
P. Lauenstein 7.8.1914, 20-9-<br />
Mark“. 12,6:20,2 cm.<br />
Literatur: Ausst. <strong>Katalog</strong>:<br />
Paula Lauenstein (1898-<br />
1980). Werke der Dresdner<br />
und der Münchner Zeit. Galerie<br />
Döbele, 2007, Nr. 30.<br />
[197]<br />
198. Paula Lauenstein<br />
„Selbst, 1918.“ Schwarze<br />
Fettkreide, auf Transparentpapier,<br />
auf dem Passepartout<br />
signiert und datiert.<br />
31:25 cm.<br />
Literatur: Op. cit. Nr. 44.<br />
199. Paula Lauenstein<br />
„Mädchen mit gestreifter Bluse,<br />
1924.“ Graphit, rechts unten<br />
datiert und signiert „13.<br />
März 24 Lauenstein“. 59:44,1<br />
cm.<br />
Literatur: Op. cit. Nr. 67,<br />
Abb. Seite 37.<br />
[198] [199]<br />
125
EDITH VAN LECKWYCK, verh. CAMPENDONK<br />
1899 Antwerpen – Amsterdam 1987<br />
1914 emigrierte die aus einer vermögenden Familie stammende<br />
Künstlerin mit ihren Eltern von Antwerpen nach Den Haag. Zwei<br />
Jahre später begegneten ihr hier erstmals Bilder von H. Campendonk<br />
(1889-1957) auf einer Ausstellung der „Sturm-Gruppe“. In Den Haag<br />
begann sie mit ihrer künstlerischen Ausbildung und nahm Unterricht<br />
bei J. Schmalzigaug (1882-1917).<br />
1918 kehrte sie nach Antwerpen zurück, wo sie durch ihren Vater,<br />
der inzwischen zum Konsul von Brasilien ernannt worden war, Prinz<br />
Mirra Mahmoud Khan des Beny Saghaph kennenlernte, den sie kurz<br />
darauf heiratete. 1923 wurde die Ehe bereits geschieden und sie kehrte<br />
erneut nach Antwerpen zurück, wo sie Schülerin von W. Paerels<br />
(1878-1962) und F. Jespers (1889-1965) wurde.<br />
1928 hatte sie ihre ersten deutschen Ausstellungen in Essen und<br />
Mühlheim/Ruhr, 1929 im Neuen Museum in Wiesbaden und in der<br />
Galerie Abels in Köln. 1930 Teilnahme an der Ausstellung „Moderne<br />
Malerei aus den Niederlanden“ in Krefeld u.a. 1929 lernte sie W.<br />
Kandinsky (1866-1944) und Campendonk kennen. Mit Campendonk<br />
unternahm sie 1930 und 1932 Reisen in die Bretagne.<br />
Ab 1931 unterrichtete sie an der Schule für Kunsthandwerk in Antwerpen.<br />
1935 heiratete sie Campendonk, der 1933 von den Nationalsozialisten<br />
aus dem Lehramt in Düsseldorf entlassen, als Professor an<br />
die Amsterdamer Kunstakademie berufen worden war.<br />
Nach der Eheschließung gab sie bis zum Tod ihres Mannes 1957 die<br />
künstlerische Tätigkeit nahezu auf. Anschließend entstanden bei<br />
jährlichen Sommeraufenthalten in Ostende Gemälde, Pastelle und<br />
Zeichnungen. Daneben verwaltete sie das Werk ihres Mannes.<br />
Von ihr besitzen u.a. das Museum der Bildenden Künste in Antwerpen,<br />
die Königliche Bibliothek in Brüssel, das Städtische Museum in<br />
Mülheim/Ruhr, das Kaiser Wilhelm Museum Krefeld, und die Yale<br />
University, New Haven/USA Werke.<br />
[200]<br />
200. Edith van Leckwyck<br />
Am Strand von Ostende. Kreide, Pastell und Bleistift, auf beigefarbenem<br />
Bütten, links unten monogrammiert „E.v.L.“. 26,8:25,6<br />
cm. – In den Rändern ungleich beschnitten.<br />
Die in der Komposition interessante Zeichnung – ein an zwei<br />
Seiten angeschnittenes Fenster gibt einen Landschaftsausblick<br />
frei – dürfte nach 1962 während ihrer Aufenthalte in Ostende<br />
entstanden sein.<br />
126
EMILY LENGNICK<br />
1856 Dresden – letzte Erwähnung 1929<br />
Emily Lengnick war als Blumen- und Landschaftsmalerin<br />
sowie als Zeichnerin tätig.<br />
Sie ging nach Antwerpen, wo sie Schülerin<br />
von E. Yoors (1879-1977) und J.-H. Luyten<br />
(1859-1945) war, sowie nach Paris, wo sie<br />
bei M.J.L. Clavel, gen. Iwill (1850-1923),<br />
studierte.<br />
[201]<br />
201. Emily Lengnick<br />
Dicht von Bäumen umstandenes Haus mit einer<br />
Bank, in der offen stehenden Haustür eine<br />
Katze sitzend. Bleistift, auf chamoisfarbenem<br />
Velin, links unten betitelt und signiert<br />
„Worpswede E. Lengnick“. 11,5:17,2 cm.<br />
Verso von fremder Hand bezeichnet „Geschenkt<br />
erhalten von E. Lengnick 24.V.09.“.<br />
Skizzenbuchblatt, entstanden vor 1909.<br />
Ausgesprochen zarte und luftige Darstellung<br />
mit einer gekonnten Licht- und Schatteninszenierung.<br />
GERTRUD LERBS, verh.<br />
BERNECKER<br />
1902 Rogehnen – Lüneburg<br />
1968<br />
Gertrud Lerbs studierte an der<br />
Kunst- und Gewerbeschule Königsberg<br />
bei O. Ewel (1871-1954),<br />
Feist und Weber, ab 1918 an der<br />
Kunstakademie Königsberg in<br />
der Graphikklasse von G.H.<br />
Wolff (1875-1945), wo sie die erste<br />
Frau mit Meisteratelier war.<br />
An der Königsberger Kunstakademie<br />
lernte sie 1923 ihren Ehemann,<br />
den Maler K. Bernecker<br />
(1896-1974) kennen.<br />
1924 erhielt sie die Goldene Medaille<br />
der Künste sowie 1928 die<br />
Medaille der Berliner Akademie<br />
für hervorragende Leistungen<br />
Preußischer Kunsthochschüler.<br />
Studienreisen unternahm sie<br />
nach Holland und Paris. 1930<br />
hatte sie eine Ausstellung in Berlin<br />
bei Gurlitt. Durch Kriegseinwirkung<br />
wurde 1944/1945<br />
ihr Atelier zerstört. Nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg siedelte sie<br />
nach Lüneburg über, wo sie gemeinsam<br />
mit ihrem Mann eine<br />
Malschule betrieb.<br />
Ihre Haupttechnik war die Radierung,<br />
zudem schuf sie Illustrationen.<br />
Graphikmappen<br />
(z.B. Griffelkunst Vereinigung<br />
Hamburg) mit Künstlern wie H. Orlowski (1894-<br />
1967), E. Ende (1901-1965) und E. Bargheer (1901-<br />
1979). Die Motive reichen vom Märchenhaften zu<br />
ostpreußischen Landschaften und sozialkritischen<br />
Darstellungen.<br />
[202]<br />
202. Gertrud Lerbs<br />
„Onn Ock Toh Ommer Mott !!!“. Radierung, 1926, auf<br />
festem chamoisfarbenem Velin, signiert und datiert.<br />
23,6:17,4 cm.<br />
Unser Blatt erinnert in Ausführung und Ausdruck an<br />
Radierungen von K. Kollwitz (1867-1945).<br />
127
203. Amelie von Liebenstein<br />
geb. 1813<br />
„La Vierge“, Büste der Jungfrau Maria nahezu<br />
en face mit leicht gesenktem Kopf. Bleistift,<br />
auf festem chamoisfarbenem Velin, Mitte<br />
unten betitelt sowie rechts unten signiert,<br />
bezeichnet und datiert „Amelie de Liebenstein<br />
/ geb. 11 may 1813“. 38:28,5 cm.<br />
Insgesamt nicht ganz frisch.<br />
Fein gezeichnetes, lebendiges Bildnis, möglicherweise<br />
nach einer Vorlage entstanden.<br />
Die Zeichnerin war vermutlich Mitglied des<br />
alten schwäbischen Adelsgeschlechts von<br />
Liebenstein.<br />
ERNESTINE VON<br />
LIPOWSKY, geb. EDER<br />
1828 – wohl München – 1910<br />
Die Tochter des Münchner<br />
Landrichters Eder heiratete<br />
nach 1854 Felix Friedrich<br />
Freiherr von Lipowsky (1824-<br />
1900), Jurist, Ministerialrat<br />
und Regierungspräsident<br />
von Niederbayern. Gemäß<br />
der Vita ihres Mannes zog<br />
sie anschließend nach Moosburg.<br />
1862 wurde ihr Mann nach<br />
München berufen, 1871 nach<br />
Landshut. Von hier sind<br />
jährliche Sommeraufenthalte<br />
meist in München und Tirol<br />
zu belegen. Nach 1895 kehrte<br />
die Familie nach München<br />
zurück.<br />
[204]<br />
[205]<br />
204. Ernestine von Lipowsky<br />
Untersberg in den Berchtesgadener Alpen, im Vordergrund Figurenstaffage auf einer Landstraße.<br />
Öl, auf Papier, links unten ritzsigniert „Ernestine von Lipowsky, geborene von Eder“,<br />
rechts unten bezeichnet „Untersberg“. 13,7:19,6 cm. – Nagellöchlein in den unteren Ecken.<br />
Minimaler Einriß links unten.<br />
Frische und dynamische, sicher vor Ort entstandene Landschaftsstudie, die eine intensive<br />
Beschäftigung mit der Münchner Freilichtmalerei erkennen läßt.<br />
[203]<br />
205. Ernestine von Lipowsky<br />
Landschaft mit Häusern in Gmund am Tergernsee. Bleistift, auf gelblichem Velin, mit Bleistift<br />
umrandet, rechts unten bezeichnet „Beim Fischer / in Gmund.“. 17,6:23,6 cm.<br />
Liebevoll-detaillierter und frischer Landschaftsausschnitt, der das zeichnerische Talent der<br />
sicher allein im Familienkreis tätigen Künstlerin deutlich belegt.<br />
128
206. Elise von (zur) Lippe<br />
tätig um 1846<br />
In Gedanken versunkene junge Italienerin<br />
am Brunnen, den rechten Ellbogen auf einen<br />
Wasserkrug stützend. Aquarell, Bleistift, mit<br />
Deckweiß gehöht, auf festem gelblichem Velin,<br />
links unten signiert und datiert „Elise<br />
De la Lippe pinx.: 46.“. 28,6:20,4 cm. – Verso<br />
Reste alter Verklebung, Deckweiß oxidiert.<br />
[206]<br />
Sehr frische und reizvolle Darstellung eines<br />
seit Beginn des 19. Jahrhunderts gerade bei<br />
Italienreisenden überaus populären Motivs.<br />
Sowohl die sichere Bildkomposition als auch<br />
die gekonnte Zeichenführung verweisen auf<br />
die Begabung der Künstlerin, die aus einem<br />
adeligen Hause stammend, sicher nicht für<br />
die Öffentlichkeit malte.<br />
ELFRIEDE LOHSE-WÄCHTLER<br />
1899 Dresden – Pirna-Sonnenstein 1940<br />
Trotz großer Widerstände ihres Elternhauses,<br />
das sie schon im Alter von 16 Jahren<br />
verließ, absolvierte die Künstlerin<br />
1915-1918 ein Studium an der Dresdener<br />
Kunstgewerbeschule, parallel ab 1916-1919<br />
Mal- und Zeichenkurse an der Dresdener<br />
Kunstakademie. Ihr Interesse galt schon zu<br />
Beginn den avantgardistischen Kunstströmungen,<br />
besonders Dadaismus und Expressionismus.<br />
Nach der schwierigen Ehe mit dem Maler<br />
und Opernsänger Kurt Lohse, der ein liederlich<br />
ausschweifendes Leben führte, so<br />
daß sie in permanenter Armut lebte, und<br />
mehr<strong>fach</strong>er Trennungen wurde sie zeitweise<br />
obdachlos. Ein dadurch bewirkter seelischer<br />
und körperlicher Zusammenbruch<br />
führte 1929 zu einem mehrwöchigen Aufenthalt<br />
in einer Nervenheilanstalt.<br />
Hier entstanden die berühmten „Friedrichsberger<br />
Köpfe“, Porträts ihrer Mitpatientinnen,<br />
die ihr große Anerkennung<br />
in der Kunstwelt, aber kaum Verkäufe<br />
einbrachten. Anschließend schaffte sie<br />
die endgültige Trennung von ihrem Ehemann.<br />
Es entstanden nachfolgend Bilder<br />
des Hamburger Hafens, des Arbeiter- und<br />
Prostituiertenmilieus sowie Selbstbildnisse.<br />
Finanzieller Erfolg stellte sich allerdings<br />
noch immer nicht ein, so daß sie weiterhin<br />
in großer wirtschaftlicher Not lebte.<br />
Nach der Rückkehr in ihr Elternhaus nach<br />
Dresden und zunehmender seelischer und<br />
körperlicher Zerrüttung ließ ihr Vater sie<br />
1932 aus Unverständnis und Hilflosigkeit<br />
in die Landes-Heil- und Pfleganstalt Arnsdorf<br />
bei Dresden einweisen. „Schizophrenie“<br />
wurde kurzerhand diagnostisiert. 1935<br />
wurde sie in der Frauenklinik Dresden im<br />
Rahmen der nationalsozialistischen Eugenik,<br />
des „Erbgesundheitsgesetzes“, zwangssterilisiert.<br />
Völlig gebrochen erlischt nahezu vollständig<br />
ihre Schaffenskraft. 1940 wurde sie<br />
im Zuge des nationalsozialistischen Programms<br />
„lebensunwertes Leben“ in die<br />
Landes-Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein<br />
deportiert und ermordet.<br />
[207]<br />
129
[208] [209]<br />
207. Elfriede Lohse-Wächtler<br />
Salomé. Aquarellierte und mit Goldbronze<br />
gehöhte Lithographie, 1918, auf feinem Japan,<br />
monogrammiert. 20,2:14,5 cm.<br />
Eins von 5 – 6 Exemplaren, die unterschiedlich<br />
aquarelliert sind.<br />
208. Elfriede Lohse-Wächtler<br />
Tod und Sünderin. Aquarellierte und mit<br />
Goldbronze gehöhte Lithographie, 1918, auf<br />
aufgewalztem China, signiert. Darstellungsgröße<br />
18,8:13,5 cm, Blattgröße 33,5:25,8 cm.<br />
209. Elfriede Lohse-Wächtler<br />
„Könige“. Aquarellierte Lithographie, auf<br />
feinem Japan, auf Untersatz montiert, dort<br />
signiert, betitelt und als „Orig. Litho. Handkoloriert“<br />
bezeichnet. 29,3:20,7 cm.<br />
Etwas verbräunt und im unteren Bereich<br />
minimal knitterig. – Sehr selten!<br />
Die Signatur „N. Wächtler“ bezieht sich auf<br />
das frühe Pseudonym der Künstlerin.<br />
130
MILA VON LUTTICH<br />
1872 – Wien –1929<br />
Über die Ausbildung der österreichischen Künstlerin ist kaum etwas bekannt.<br />
Sie arbeitete vor allem als Illustratorin insbesondere für Märchen-,<br />
Kinder- und Jugendbücher sowie fast 30 Jahre lang für die „Meggendorfer<br />
Blätter“, einer 1888-1944 herausgegebenen Münchner Zeitschrift für Humor<br />
und Kunst mit Witzen, Erzählungen, Gedichten, Karikaturen und<br />
Bildergeschichten.<br />
Darüber hinaus war sie als Designerin (zweidimensionale Muster für<br />
Glasarbeiten) tätig und Mitglied des 1908 gegründeten Künstlerbund<br />
Klosterneuburg.<br />
[210]<br />
210. Mila von Luttich<br />
Unter einer Weide, auf der ein Vogel hockt, liegende, junge erstochene Frau, links im<br />
Hintergrund der davonpreschende Meuchelmörder. Kohle, Bleistift und Farbstifte,<br />
mit Kohle umrandet, auf bräunlichem Velin, links oben monogrammiert „MvL“.<br />
18,5:21,3 cm. Auf Untersatz montiert, verso mit dem Stempel der „Meggendorfer-<br />
Blätter“.<br />
211. Mila von Luttich<br />
Ein sich küssendes Paar am Fuße eines Baumes, der die Gestalt einer Frau hat, die<br />
ihr erhobenes Gesicht mit der rechten Hand bedeckt. Feder in Schwarz, mit Deckweißhöhungen,<br />
mit schwarzer Feder umrandet, auf bräunlichem Velin, rechts unten<br />
monogrammiert „MvL“. 31,1:23,4 cm. Auf Untersatz montiert, verso mit dem<br />
Stempel der „Meggendorfer-Blätter“. Mit freiem Feld für einen Text.<br />
Sehr schönes Blatt mit reicher floraler Ornamentierung im Sinne des Jugendstils.<br />
[211]<br />
131
212. Mila von Luttich<br />
„Die bösen Mäuler“. Feder in Schwarz und<br />
Aquarell, über Bleistift, teils mit schwarzer<br />
Feder umrandet, auf chamoisfarbenem<br />
Velin, rechts oben monogrammiert „MvL“.<br />
21,8:33,2 cm. – Auf Untersatz montiert,<br />
verso mit dem Stempel der „Meggendorfer-<br />
Blätter“. Im Rand Reste alter Verklebung.<br />
[212] [213]<br />
[214]<br />
213. Mila von Luttich<br />
„Rote Blüten“. Aquarell und Deckfarben, über Bleistift, auf Velin, links monogrammiert<br />
„MvL“ und betitelt „Rote Blüten“. 29,8:27,7 cm. Auf Karton aufgezogen, verso mit dem Stempel<br />
der „Meggendorfer-Blätter“. – Insgesamt nicht ganz frisch.<br />
Typisches Beispiel des Jugendstil.<br />
214. Mila von Luttich<br />
Eine nach rechts schreitende Dame mit langem<br />
Schleier, Rosen verteilend, die von einigen ihr<br />
folgenden Herren aufgehoben werden, links<br />
in der Darstellung eine große blühende Rose.<br />
Mischtechnik, Aquarell, Feder und Pinsel in<br />
Schwarz, mit breiter rosafarbener Umrandung<br />
in Spritztechnik, auf Zeichenkarton.<br />
Darstellungsgröße 14,1:44,8 cm, Blattgröße<br />
45,7:28,5 cm. Verso mit dem Stempel der<br />
„Meggendorfer-Blätter“. – In dem zum Teil<br />
breiten Rand Reste alter Verklebung.<br />
132
MARIETTE LYDIS (COMTESSE GOVONE), geb.<br />
MARIETTA RONSPERGER<br />
1887 Baden/Wien – Buenos Aires 1970<br />
Malerin, Zeichnerin und Buchillustratorin. Erhielt eine umfassende<br />
Erziehung in Literatur, Musik und Sprachen, als Malerin<br />
war sie jedoch Autodidaktin. Verheiratet mit Jean Lydis,<br />
einem vermögenden Griechen, zog sie 1920 nach Castella bei<br />
Athen. Von hier aus unternahm sie gemeinsam mit ihrem<br />
Mann zahlreiche Reisen, so nach Rußland, in die Türkei, nach<br />
Marokko und in die Schweiz.<br />
1924 entschied sie sich, ihr Leben ganz der Kunst zu widmen,<br />
trennte sich von ihrem Mann und zog in die Nähe von Florenz.<br />
1925 lernte sie den italienischen Schriftsteller Massimo<br />
Bontempelli kennen und siedelte 1926 nach Paris über. Hier<br />
wandte sie sich der Illustration von Büchern zu, vor allem für<br />
bekannte französische Autoren, hatte Erfolg und wurde Mitglied<br />
des Salon d´Automne.<br />
Ab 1928 – nach einer kurzen Affäre mit dem Schriftsteller<br />
J. Delteil – lebte sie mit dem Kunstverleger Graf Giuseppe<br />
Govone, den sie 1934 heiratete. 1939 floh sie gemeinsam mit<br />
ihrer Liebhaberin Erika Marx vor der Invasion der Nationalsozialisten<br />
nach England, nach Winchcombe in der Nähe von<br />
London, und emigrierte 1940 schließlich nach Buenos Aires.<br />
Nach dem Krieg folgte ihr ihr Ehemann, mit dem sie 1948<br />
nach Frankreich zurückkehrte. Nach dessen plötzlichem Tod<br />
im selben Jahr lebte sie für wenige Jahre in Paris, entschloß<br />
sich jedoch Anfang der 50er Jahre nach Argentinien zurückzukehren.<br />
1969 vermachte sie einen Teil ihres Werkes dem<br />
Kunstmuseum Buenos Aires.<br />
Beeinflußt wurde die Künstlerin u.a. von dem japanischen<br />
Künstler T. Foujita (1886-1968), den sie anscheinend persönlich<br />
kannte, und der Künstlerin Marie Laurencin (1883-1956).<br />
Erotische Darstellungen bildeten einen Schwerpunkt ihres<br />
Schaffens. Die Arbeiten der Künstlerin sind in vielen internationalen<br />
Museen zu finden.<br />
[215]<br />
215. Mariette Lydis<br />
Auf einer Decke sitzender weiblicher Akt mit rot gemustertem Kopftuch.<br />
Bleistift und wenig Aquarell, auf grau-braunem Pauspapier, rechts<br />
unten monogrammiert und datiert „ML 1934“, links unten von fremder<br />
Hand bezeichnet „Mariette Lydis – Paris“. 32,5:24,9 cm.<br />
Provenienz: Sammlung Helmut Goedeckemeyer, nicht bei Lugt,<br />
Stempel recto durchscheinend.<br />
133
DOROTHEA MAETZEL-JOHANNSEN<br />
1886 Lehnsahn/Holstein – Hamburg 1930<br />
Die früh verstorbene Malerin und Graphikerin<br />
Dorothea Maetzel-Johannsen erlitt durch<br />
eine Gelenkrheumatismus-Erkrankung als<br />
Kind ein Herzleiden. 1903-1907 bildete sie sich<br />
an der Gewerbeschule Hamburg mit dem Abschluß<br />
als Zeichenlehrerin aus. Anschließend<br />
war sie an der Städtischen Mädchenschule in<br />
Schleswig tätig. 1910 heiratete sie den Architekten,<br />
Maler und Graphiker E. Maetzel (1877-<br />
1955). In den folgenden Jahren hielt sie sich<br />
wiederholt in Berlin auf.<br />
Dort 1918 kurze Ausbildung bei L. Corinth<br />
(1858-1924) und Umzug nach Hamburg, wo sie<br />
sich gemeinsam mit ihrem Mann an der Gründung<br />
der Hamburgischen Sezession beteiligte.<br />
1923 erhielt sie durch Gustav Pauli, dem Direktor<br />
der Hamburger Kunsthalle, den Auftrag,<br />
vier große Wandbilder für den Vorraum zum<br />
großen Vortragssaal der Kunsthalle zu gestalten.<br />
1925 fast halbjährige Reise nach Paris und<br />
Chartres sowie 1929 nach Kassel, wo sie sich<br />
durch die Behandlung bei einem Arzt eine<br />
Besserung ihres Herzleidens versprach, und<br />
September 1929 Visby auf Gotland. Jedoch<br />
verstarb sie nur wenige Monate später im Alter<br />
von erst 44 Jahren an Herzschwäche.<br />
Ihre Hauptthemen waren Landschaften, Akte,<br />
figürliche Darstellungen und Stilleben. Stilistisch<br />
war sie dem Expressionismus verpflichtet,<br />
darüber hinaus hatten P. Cézanne (1839-1906),<br />
die Fauvisten und Kubisten, auch O. Redon<br />
(1840-1916) Vorbildcharakter.<br />
[216]<br />
216. Dorothea Maetzel-<br />
Johannsen<br />
Nahezu in Frontalansicht ein<br />
mit gespreizten Beinen auf dem<br />
Boden sitzender Frauenakt,<br />
der linke Arm ist zum Kopf erhoben.<br />
Pinsel in Schwarz und<br />
Aquarell, über Bleistift, auf<br />
bräunlichem Velin, rechts<br />
oben signiert und datiert „Do.<br />
Jo. 19.“. 18,8:12 cm. – Im Rand<br />
links unten kleine Fehlstelle.<br />
Aus einem Skizzenbuch.<br />
Der Frauenakt erinnert in<br />
Komposition und Beinhaltung<br />
an eine Bleistiftzeichnung<br />
der Künstlerin von 1921<br />
(vgl. M.F. Hans: Dorothea<br />
Maetzel-Johannsen 1886-<br />
1930, Hamburg 1986, Abb. S.<br />
85). Er steht in der Tradition<br />
der expressionistischen Aktdarstellungen,<br />
zu nennen sind<br />
hier beispielsweise Vertreter<br />
der Künstlervereinigung<br />
„Brücke“ wie etwa E. Heckel<br />
(1883-1970), O. Mueller<br />
(1874-1930) oder M. Pechstein<br />
(1881-1955).<br />
217. Dorothea Maetzel-Johannsen<br />
Weiblicher Akt im Profil nach links beim Bade. Aquarell, über Bleistift, auf chamoisfarbenem<br />
Velin, rechts unten monogrammiert „DMJ“. 20,6:18 cm. – Aus einem Skizzenbuch.<br />
Während ihres Aufenthalts in Frankreich entwickelte die Künstlerin eine lichte, helle,<br />
ganz auf Pastelltönen aufgebaute Farbpalette. Auch unser Blatt ist in diesem Sinne aufgefaßt<br />
und könnte somit während oder kurz nach dieser Reise um 1925 entstanden sein.<br />
134
[217] [218] [219]<br />
218. Dorothea Maetzel-Johannsen<br />
Zwei weibliche Akte. Feder in Blaugrau, grün und gelb aquarelliert,<br />
auf chamoisfarbenem Velin, links unten monogrammiert „DMJ“.<br />
15,3:12,6 cm.<br />
219. Dorothea Maetzel-Johannsen<br />
Ansicht von Notre-Dame de Paris mit Seine. Aquarell, Feder und Pinsel<br />
in Schwarz, auf chamoisfarbenem Velin, links unten signiert und<br />
datiert „D. Matzel-Joh. 25.“. Ca. 28,6:20,9 cm. – Knickfalte Ecke<br />
rechts oben geglättet.<br />
220. Dorothea Maetzel-Johannsen<br />
Stilleben mit Obst und Weinflasche. Aquarell, Kohle und farbige<br />
Kreide, auf chamoisfarbenem Velin, rechts unten monogrammiert<br />
„DMJ“. 16,9:19,9 cm.<br />
[220]<br />
135
JEANNE MAMMEN<br />
1890 – Berlin – 1976<br />
Jeanne Mammen zählt sicher zu den schillerndsten<br />
Künstlerpersönlichkeiten unserer<br />
Zeit. Als Tochter eines wohlhabenden<br />
Kaufmannes wuchs sie frei von finanziellen<br />
Sorgen ab etwa 1895 in Paris auf. Wohl<br />
gefördert von ihrem Elternhaus begann sie<br />
dort das Studium der Malerei 1906 an der<br />
Académie Julien.<br />
Zur Weiterbildung ging sie 1908 nach Brüssel<br />
an die Académie Royale des Beaux-Arts<br />
und 1909 an die Scuola Libera Villa Medici<br />
in Rom. 1911 kehrte sie schließlich nach<br />
Paris zurück und veranstaltete schon im<br />
darauffolgenden Jahr eine erste Ausstellung<br />
ihrer Werke in ihrem Atelier. Darüber hinaus<br />
nahm sie an den Ausstellungen der „Indépendants“<br />
in Paris teil.<br />
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges mußte<br />
sie mit der durch Beschlagnahmung aller<br />
Besitztümer durch die Franzosen mittellos<br />
gewordenen Familie das Land verlassen,<br />
kam erst nach Holland, 1916 nach Berlin.<br />
Hier suchte sie mit steigendem Erfolg durch<br />
Illustrationen, Modezeichnungen oder<br />
etwa Kinoplakate für die Ufa ihren Lebensunterhalt<br />
zu bestreiten.<br />
Schließlich wurde sie Mitarbeiterin der<br />
Zeitschrift „Simplicissimus“ und anderer<br />
satirischer Blätter wie die „Lustigen Blätter“,<br />
„Uhu“ und „Ulk“. Diese gesellschaftskritischen<br />
und satirischen Zeichnungen<br />
und Aquarelle, Milieustudien, Szenen aus<br />
Bars und von Kleinkunstbühnen, Bordellen<br />
und der Straße brachten ihr in der zweiten<br />
Hälfte der 20er Jahre wachsendes Ansehen<br />
und ein ausreichendes Einkommen. Schon<br />
zu Beginn ihres Schaffens ist die Fokussierung<br />
auf Frauendarstellungen festzustellen,<br />
ebenso wie die Beziehungen zwischen<br />
Mann und Frau, aber auch die zwischen<br />
Frau und Frau. Eine Ausstellung im Oktober/<br />
November 1930 in der Galerie Gurlitt<br />
folgte. Ein Jahr zuvor hatten ihr sicher ausreichende<br />
Verkäufe eine Reise in die Sowjetunion<br />
ermöglicht.<br />
1933 wurde diese vielversprechende Entwicklung<br />
durch die Nationalsozialisten<br />
abrupt unterbrochen. Die Folge war die totale<br />
Abkehr von der vorherigen Malweise,<br />
von einer an die Figur gebundenen, zarten,<br />
gestisch freien und Tendenzen der Neuen<br />
Sachlichkeit verarbeitenden, hin zu einer<br />
von Picasso beeinflußten kubo-expressiven<br />
Kunstauffassung – das war ihre Art des<br />
Widerstands gegen die Nationalsozialisten<br />
und deren offizielle Kunstpolitik. Zugleich<br />
begann sie als Plastikerin zu arbeiten.<br />
Die Zeit nach 1933 brachte bald den Verlust<br />
ihrer Verdienstmöglichkeiten durch Verbot<br />
oder „Gleichschaltung“ der Zeitschriften;<br />
für die „angepaßten“ hätte sie ohnehin<br />
nicht arbeiten wollen. So suchte sie sich<br />
etwa mit Bücherverkauf – umherziehend<br />
mit einem Karren – über Wasser zu halten.<br />
Nach dem Krieg