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daß diese Künstlerehe sicher von gegenseitiger<br />
Wertschätzung geprägt war.<br />
FRAUENKUNST IM 19. JAHRHUN-<br />
DERT – EIN ZEITVERTREIB FÜR<br />
ADELIGE KÜNSTLERINNEN<br />
Neben den genannten Künstlerinnen<br />
sind auch solche aus königlich-fürstlichen,<br />
adeligen oder großbürgerlichen Kreisen zu<br />
erwähnen, deren musisch-künstlerische Interessen<br />
ihrer Standeszugehörigkeit entsprechend<br />
mehr dem Zeitvertreib entsprangen,<br />
aber die nicht selten mit großer Begabung<br />
und auf außerordentlich hohem Niveau gemalt<br />
oder gezeichnet haben. Hierzu zählt<br />
Amelie von Liebenstein (geb. 1813), deren<br />
Talent durch den sehr schönen Kopf einer<br />
Jungfrau anschaulich dokumentiert wird.<br />
Auch Charlotte von Raßler (Rassler) (tätig<br />
um 1812) ist hier zu nennen oder Elise von<br />
(zur) Lippe (tätig um 1846) mit ihrer reizenden<br />
Darstellung eines seit Beginn des 19.<br />
Jahrhunderts gerade bei Italienreisenden<br />
überaus populären Motivs einer Italienerin<br />
am Brunnen. Die sichere Bildkomposition<br />
als auch die gekonnte Zeichenführung unterstreichen<br />
die Begabung der Künstlerin,<br />
die offenkundig aus einem adeligen Hause<br />
stammend nicht für die Öffentlichkeit malte.<br />
Auch Ernestine von Lipowsky (2. Hälfte<br />
19. Jh.) gehört sicher in diese Gruppe oder<br />
Mathilde Karoline, Großherzogin von Hessen<br />
(1813-1862). Als Elevin von D. Quaglio<br />
d. J. (1786/1787-1837) erhielt die Großherzogin<br />
ihrer Herkunft gemäß eine fundierte<br />
künstlerische Ausbildung durch einen der<br />
erfolgreichsten Maler der Zeit. Auch Elisabeth,<br />
Prinzessin von England, Landgräfin<br />
von Hessen-Homburg (1770-1840) ist in diesem<br />
Kontext zu nennen, die sich nicht nur in<br />
England, sondern auch nach ihrer Vermählung<br />
in Frankfurt am Main und insbesondere<br />
Bad Homburg vielfältig künstlerisch<br />
betätigte.<br />
Ein weiteres Beispiel liegt uns mit Asta<br />
Thusnelda Gräfin von Münster-Meinhövel<br />
(1788-1842) vor, die mit dem dänischen Diplomaten<br />
Carl Emil Moltke verheiratet, sicherlich<br />
die künstlerische Tätigkeit in rein<br />
privatem Bereich ausübte, wenn auch mit<br />
Talent. Erhebliches Können dokumentiert<br />
zudem das Frauenbildnis der unbekannten<br />
Monogrammistin B.G. vom Ende des 19.<br />
Jahrhunderts, das durch die Lebendigkeit<br />
der Gesichtszüge als auch durch die Zartheit<br />
und Virtuosität der Ausführung besticht.<br />
Künstlerinnen dieser Gruppe haben häufig<br />
ihre Arbeiten nicht signiert, da ihre exponierte<br />
gesellschaftliche Stellung dies nicht<br />
erlaubte. Aus diesem Grund können ihnen<br />
meist nur wenige Werke sicher zugeschrieben<br />
werden.<br />
KÜNSTLERINNEN IN FRANKREICH<br />
IM 19. JAHRHUNDERT<br />
Von unseren nicht deutschstämmigen<br />
Künstlerinnen des gleichen Zeitraums ist<br />
Marguerite Gérard (1761-1837) anzuführen.<br />
Sie war eine der ersten bedeutenden Künstlerinnen<br />
auf dem Gebiet der Genremalerei<br />
in Frankreich und zählte zu Lebzeiten zu<br />
den bekanntesten Malerinnen ihrer Zeit.<br />
Auch in ihr finden wir ein Beispiel dafür,<br />
daß Künstlerinnen sich unter ihren männlichen<br />
Kollegen behaupten konnten.<br />
Ihre ältere Schwester Anne-Marie (1745-<br />
1823), eine anerkannte Miniaturmalerin,<br />
die mit Jean-Honoré Fragonard (1732-1806)<br />
verheiratet war, nahm die 14jährige Marguerite<br />
1775 nach Paris mit. Hier wurde sie von<br />
ihrem Schwager (und späteren Geliebten?)<br />
unterrichtet und gefördert.<br />
Darüber hinaus studierte sie intensiv die<br />
niederländische Genremalerei des 17. Jahrhunderts.<br />
Regelmäßige erfolgreiche Teilnahmen<br />
am Pariser Salon folgten, nachdem<br />
dieser schließlich in den 90er Jahren des 18.<br />
Jahrhunderts auch für Frauen geöffnet worden<br />
war.<br />
Ihre rund 80 Jahre später geborene<br />
Landsmännin Berthe Morisot (1841-1895)<br />
wurde gleichfalls eine anerkannte Malerin<br />
– und gerade ihr Werk wurde in den letzten<br />
Jahren wiederentdeckt. Aus einem wohlhabenden<br />
und kunstinteressierten Elternhaus<br />
stammend, erhielt sie gemeinsam mit ihrer<br />
Schwester Edma schon früh privaten Zeichenunterricht,<br />
dann war sie Schülerin von<br />
Camille Corot (1796-1875) sowie von Achille<br />
François Oudinot (1820-1891), Honoré<br />
Daumier (1808-1879) und des Bildhauers<br />
Aimé Millet (1819-1891).<br />
Enge Kontakte knüpfte sie zu Felix Bracquemont<br />
(1833-1914) und einigen Barbizon-<br />
Malern sowie zu Eduard Manet (1832-1883)<br />
– mit diesem schloß sie ab 1869 eine enge<br />
Freundschaft. Auch Edgar Degas (1834-<br />
1917) und Henri Fantin-Latour (1836-1904)<br />
zählten zu ihrem illustren Freundeskreis.<br />
Nach Beteiligungen an Ausstellungen des<br />
etablierten Pariser Salons nahm sie ab 1874<br />
als erste Frau an fast allen Impressionisten-<br />
Ausstellungen teil. Trotz der Heirat im Jahr<br />
1874 mit Eugène Manet und nachfolgen-<br />
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