Finanzierung 2001/2002 Jahresbericht (pdf, 180 KB)
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chen. Eine Gemeinschaft von Mönchen<br />
strebt nach dieser Vollkommenheit, damit<br />
durch sie erkennbar wird: Gott suchen, das<br />
heißt das Leben gewinnen und den Menschen<br />
aus der Perspektive Gottes zu begegnen.<br />
Vervollkommnung ist damit nie Ergebnis<br />
eigener Leistung, sondern das Geschenk<br />
eines erweiterten Horizontes, eben der Gewissheit,<br />
dass ich selbst nicht alles alleine<br />
schaffen muss.<br />
Vervollkommnung, so verstanden, ist dann<br />
auch ein Terminus, der im Wirtschaftsleben<br />
von Bedeutung ist. Vervollkommnung<br />
ist übersetzbar mit Qualitätssicherung und<br />
-steigerung. Jeder weiß: Stillstand bedeutet<br />
Rückschritt. Qualitätssicherung ist also immer<br />
nur möglich durch Qualitätssteigerung,<br />
d.h. durch neue kundenorientierte Produkte<br />
und Dienstleistungen. Vervollkommnung und<br />
Qualitätssteigerung sind die täglichen Anforderungen<br />
an Führungskräfte in der heutigen<br />
Wirtschaft. Woher die Kraft nehmen zu ständiger<br />
Innovation? Eine Antwortmöglichkeit<br />
ist, sich das Streben der Benediktiner nach<br />
Innovation auf ihrem spirituellen und säkularen<br />
Weg vor Augen zu führen. Innovation ist<br />
hier sowohl die Frucht der Vernunft, der weisen<br />
Ordnung aber auch Frucht der Intuition,<br />
der Eingebung des unverplanten Augenblicks<br />
und der Kreativität der Muße. Unternehmen<br />
nach der Benediktsregel zu führen,<br />
heißt also nicht, auf Qualität, Fortschritt und<br />
Innovation zu verzichten, sondern – im Gegenteil<br />
– die Quellen der Innovation auszuschöpfen.<br />
Mäßigung –Menschenkenntnis<br />
E ine der grundlegenden Prinzipien der Benediktsregel<br />
ist die »Mäßigung« (lateinisch<br />
»discretio«). Von diesem Wort ist wiederum<br />
die deutsche »Diskretion« abgeleitet. Dis-<br />
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cretio kommt von »discernere« und bedeutet<br />
»unterscheiden«. Vom Abt eines Klosters ist<br />
eben diese weise Unterscheidungsgabe<br />
gefordert. Bei Ignatius von Loyola, dem<br />
Gründer des Jesuitenordens, wird discretio<br />
mit »Unterscheidung der Geister« oder<br />
»Herzensschau« wiedergegeben. Für unsere<br />
Ohren kommt der Begriff »Menschenkenntnis«<br />
dem Gemeinten recht nahe. Diese<br />
weise Unterscheidung ist die Mutter aller<br />
Tugenden. Der Abt muss den Bedürfnissen,<br />
den Wünschen und den Anregungen aller<br />
seiner Mönche gerecht werden. Gerecht<br />
nicht im Sinne, alle gleich zu behandeln und<br />
damit über einen Kamm zu scheren, sondern<br />
gerecht im Sinne, in jedem Mönch die ureigenen<br />
Anlagen und Fähigkeiten zu erkennen,<br />
zu wecken und zu entwickeln. Dazu ist<br />
eine klare und offene Kommunikation notwendig.<br />
Wünsche und Bedürfnisse müssen<br />
alle Seiten eindeutig formulieren.<br />
Ein konkretes Beispiel für diese weise<br />
Maßhaltung ist das 40. Kapitel der Benediktsregel<br />
über das Maß des Getränkes,<br />
das den Mönchen zusteht:<br />
»Jeder hat seine Gnadengabe von Gott.<br />
Der eine so, der andere so. Deshalb bestimmen<br />
wir nur mit einigem Bedenken<br />
das Maß der Nahrung für andere. Doch<br />
mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der<br />
Schwachen meinen wir, dass für jeden<br />
täglich eine Hemina Wein genüge. Wem<br />
aber Gott die Kraft zur Enthaltsamkeit gibt,<br />
der wisse, dass er einen besonderen Lohn<br />
empfangen wird. Ob ungünstige Ortsverhältnisse,<br />
Arbeit oder Sommerhitze mehr<br />
erfordern, steht im Ermessen des Oberen.