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»FAST WIE EIN ROCKSTAR«<br />
Im Jahr 2016 waren Sie erstmals<br />
in Bregenz im Opernstudio. Was<br />
haben Sie daraus mitgenommen?<br />
Wolfgang Stefan Schwaiger: Mit<br />
Frau Kammersängerin Brigitte<br />
Fassbaender haben wir vor allem musikalisch<br />
und stimmlich an den Arien<br />
und Ensembles aus Don Giovanni<br />
gearbeitet; die wichtigste Aussage<br />
war für mich: In jedem Forte muss<br />
auch ein Piano sein.<br />
Wie erleben Sie als Sänger die Bregenzer<br />
Festspiele? Im Unterschied zu<br />
Köln, wo Sie Ensemblemitglied sind?<br />
Diesen <strong>Sommer</strong> bin ich ja bereits<br />
zum dritten Mal dabei und freue<br />
mich jedes Jahr aufs Neue. Die<br />
Stimmung in Bregenz ist herrlich, es<br />
wird für die Zeit, die wir dort sind,<br />
ein Stück Zuhause und alle Beteiligten<br />
wachsen ein bisschen zusammen<br />
wie eine große Familie.<br />
Da das Opernhaus in Köln saniert<br />
wird, spielen wir auch dort<br />
»stagione«, also Produktion nach<br />
Produktion. Weil man sich auf<br />
ein Stück konzentrieren und mit<br />
Kollegen kontinuierlich gemeinsam<br />
daran arbeiten kann, erreicht man<br />
musikalisch und szenisch ein höheres<br />
Niveau als im eher stressigen<br />
Repertoire-Betrieb.<br />
Wie war das für Sie, als Sie letztes<br />
Jahr als Moralès in Carmen erstmals<br />
auf der Seebühne standen?<br />
Es war einfach toll! Ich habe mich<br />
schon bei den Proben gefreut, im<br />
Freien zu arbeiten, doch bei den<br />
Vorstellungen wird es erst richtig<br />
spannend, wenn 7.000 Zuschauer<br />
die Augen auf einen richten. Da<br />
kommt man sich schon fast wie<br />
ein Rockstar vor (lacht). Dass der<br />
Kontakt zum Dirigenten und Orchester<br />
im Festspielhaus nur über<br />
die Monitorbildschirme und -boxen<br />
stattfindet, ist schon eine besondere<br />
Herausforderung.<br />
Sie waren von Kind an musikalisch interessiert,<br />
haben Klavier und Trompete<br />
gelernt; gibt es familiäre Vorbilder?<br />
Als ich klein war, habe ich gerne mit<br />
meinem Großvater gesungen; er war<br />
Bäcker und leidenschaftlicher Musikant,<br />
der nicht nur sehr gut Gitarre<br />
spielte und sang, sondern auch viele<br />
andere Instrumente beherrschte –<br />
darunter auch die »singende Säge«.<br />
Als Kind mochte ich vor allem<br />
Volksmusik, da ich das gemeinsame<br />
Musizieren ja auch aus meiner<br />
Familie kannte. Mein Vater spielte<br />
in einer Blasmusikkapelle, wir waren<br />
oft bei Konzerten, und ich liebte es,<br />
bei allen Märschen mitzudirigieren.<br />
Bis heute bin ich ein Liebhaber<br />
traditioneller österreichischer<br />
Volksmusik.<br />
Ihre sängerische Ausbildung begann<br />
mit sieben Jahren bei den Wiltener<br />
Sängerknaben. Wann wussten Sie,<br />
dass Sie Sänger werden wollten? Und<br />
was lockte Sie?<br />
Dass man Gesang studiert und<br />
Sänger wird, ist nicht selbstverständlich;<br />
viele denken immer noch,<br />
dass »Sänger« kein richtiger Beruf<br />
ist. Doch viele, die mit mir im Chor<br />
gesungen haben, sind heute professionelle<br />
Konzert- und Opernsänger.<br />
Irgendwann stellt sich einfach die<br />
Frage, ob man den Schritt in die<br />
Profi-Welt wagen will. Als ich mich<br />
zwischen einem Jus- oder Gesangsstudium<br />
entscheiden sollte, habe<br />
ich es dem Schicksal überlassen:<br />
»Wenn ich die Aufnahmeprüfung<br />
für Gesang in Wien bestehe, werde<br />
ich Gesang studieren – wenn nicht,<br />
hat es halt nicht sein sollen.« Gott<br />
sei Dank gelang es beim ersten Anlauf,<br />
sonst würde ich heute im Büro<br />
sitzen (lacht) ...<br />
Wolfgang Stefan Schwaiger (ganz links) als Soldat Moralès in Carmen auf der Seebühne.<br />
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