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DIE BÜHNE IM AUGE<br />
Herr Forster, Sie fotografieren<br />
bereits seit 35 Jahren für<br />
die Bregenzer Festspiele.<br />
Beschreiben Sie bitte Ihren Blick auf<br />
das <strong>Sommer</strong>festival!<br />
Karl Forster: Im <strong>Sommer</strong> ist es mein<br />
schönster Arbeitsplatz. Mit den<br />
Menschen hier ist es unglaublich<br />
angenehm zu arbeiten, eine homogene<br />
Atmosphäre. Dadurch dass<br />
ich schon so lange hier arbeite, sind<br />
Freundschaften erwachsen. Wobei<br />
die Seebühne nicht mein einfachster<br />
Arbeitsplatz ist.<br />
Darauf kommen wir noch zurück.<br />
Wann haben Sie die Bregenzer Festspiele<br />
das erste Mal wahrgenommen?<br />
Privat war ich vorher nicht bei den<br />
Festspielen. Ganz am Anfang hatte<br />
ich als Fotograf nichts mit Bühnenfotografie<br />
am Hut. Bis meine Frau,<br />
die Theater leidenschaftlich liebt,<br />
mich mit weiblicher List und Tücke<br />
über die Fotografie ins Schwäbische<br />
Landestheater gebracht hatte.<br />
»Bühne fotografieren«, sagte sie,<br />
»hast du noch nie gemacht, das<br />
wäre doch mal was anderes.« Und<br />
es hat mir Freude bereitet, weil es<br />
eine ganz neue Herausforderung<br />
war. Den Schauspielern haben die<br />
Fotos gefallen. Nachdem ich später<br />
dreimal den internationalen Wettbewerb<br />
»Theater in der Fotokunst«<br />
gewonnen hatte, traute ich mich,<br />
mich bei den Bregenzer und den<br />
Salzburger Festspielen zu akkreditieren.<br />
Das war erstmals 1983 beim<br />
Vogelhändler am See. Seitdem hat<br />
sich das zur dauerhaften Zusammenarbeit<br />
entwickelt.<br />
Was ist das Wichtigste bei einer<br />
solchen Zusammenarbeit?<br />
Vor allem Vertrauen. Ich mache<br />
auch Fotoworkshops für Bühnenfotografie<br />
und sage den Teilnehmern:<br />
Das wichtigste Foto an der Bühne,<br />
das ich mache, ist das Foto, das<br />
ich nicht mache. Wenn ich spüre,<br />
dass der Darsteller, das Regieteam,<br />
die Technik ... wenn die in einer<br />
kritischen Phase sind, wenn es<br />
knistert – da muss ich sehr dezent<br />
im Hintergrund bleiben. Dann muss<br />
ich auf das Foto verzichten.<br />
Ab welchem Zeitpunkt sind Sie<br />
involviert?<br />
Ich komme in einer Phase der Endprobenzeit,<br />
wenn die Nerven blank<br />
liegen. Ich habe selten erlebt, dass bei<br />
einer Klavierhauptprobe schon alles<br />
stimmt. Ich bin erst einmal unwichtig<br />
für die Menschen an der Bühne.<br />
Ich bin ein Störfaktor. Ich bin lästig,<br />
laufe in der Gegend rum, obwohl ich,<br />
wie meine Frau sagt (sie fotografiert<br />
mit mir im Team), die unerklärliche<br />
Fähigkeit habe unsichtbar zu sein.<br />
Wahrscheinlich hat es mit dem Atmen<br />
zu tun. Ich kann mich, übertrieben<br />
gesagt, wegatmen.<br />
Ich gehe in der Regel eine Stunde<br />
vor der Probe in den Zuschauerraum.<br />
An der Seebühne habe ich mir<br />
die Plätze vorher schon ausgesucht<br />
und eventuell Stative aufgestellt.<br />
Eine Probe fotografiere ich zentral<br />
aus der Perspektive des Regisseurs.<br />
Der Regisseur inszeniert ja<br />
von seinem Platz aus. Wenn alle<br />
auftragsgemäßen Bilder fertig sind,<br />
ich quasi die Freiheit habe, die Kür<br />
zu machen, dann suche ich mir auch<br />
sehr extreme Standpunkte.<br />
Sprechen Sie vorher mit dem Regisseur<br />
oder dem Dramaturgen oder<br />
beginnen Sie möglichst unbefangen<br />
zu fotografieren?<br />
Das ist abhängig von der terminlichen<br />
Organisation. Wenn die<br />
Möglichkeit besteht, besuche ich<br />
eine Beleuchtungsprobe, um einen<br />
Eindruck der Lichtsituation zu<br />
bekommen. Oft ergeben sich auch<br />
Gespräche in der Kantine, die mehr<br />
über die Art der Inszenierung vermitteln.<br />
Besonders auf der Seebüh-<br />
Zur richtigen Zeit mit der richtigen Kameraeinstellung am richtigen Standort sein und dabei selbst unsichtbar bleiben –<br />
wie das geht und dabei gute Bilder entstehen, weiß Karl Forster aus jahrelanger Erfahrung als Theaterfotograf.<br />
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