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Festspielzeit Sommer 2018

Das Magazin der Bregenzer Festspiele

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Thomas Larcher hat im<br />

Auftrag der Bregenzer<br />

Festspiele die Oper<br />

Das Jagdgewehr komponiert.<br />

Das Libretto<br />

stammt von Friederike<br />

Gösweiner.<br />

Der Komponist und die<br />

Autorin erzählen von<br />

ihrer Zusammenarbeit,<br />

vom Zusammenspiel von<br />

Text und Musik, vom<br />

dramatischen Potenzial<br />

einer lyrischen Prosavorlage<br />

und von der<br />

Bewunderung für die<br />

»tiefe Einsicht eines<br />

Dichters«.<br />

Yasushi Inoues Novelle Das<br />

Jagdgewehr handelt zunächst<br />

von einem Schriftsteller,<br />

der ein Gedicht über einen<br />

Jäger verfasst, dem er flüchtig begegnet<br />

ist. Wochen nach Erscheinen<br />

des Gedichts in einer Zeitschrift<br />

meldet sich ein Mann namens<br />

Josuke Misugi bei ihm, der sich in<br />

den Versen wiedererkannt hat. Um<br />

sich dem Autor näher mitzuteilen,<br />

schickt er ihm drei Briefe mit: von<br />

seiner Nichte, seiner Geliebten und<br />

seiner Ehefrau.<br />

Diese Briefe nehmen fast den<br />

ganzen Umfang des Buchs ein. Es<br />

sind die Abschiedsworte dreier<br />

Frauen: Shoko, die Nichte, hat vom<br />

Verhältnis ihrer Mutter mit Josuke<br />

erfahren, und sie beklagt sich nun<br />

über die Geheimnisse und Lügen der<br />

Erwachsenenwelt. Ein weiterer Brief<br />

ist von ihrer Mutter selbst, Saiko. Sie<br />

kündigt darin ihren Selbstmord an,<br />

weil ihr Liebesverhältnis zum Mann<br />

ihrer Cousine Midori aufgeflogen<br />

ist. Midori wiederum bittet um die<br />

Scheidung. Sie erzählt von ihrem<br />

Umgang mit einer Affäre, von der sie<br />

von Anfang an gewusst hat. Die Konflikte<br />

des Textes sind sehr verhalten<br />

geschildert. Es gibt wenige direkte<br />

Begegnungen zwischen den Figuren.<br />

Die ganze Tragik dreier Leben verdichtet<br />

sich erst nachträglich in den<br />

Briefzeilen.<br />

WIE EIN VIELSCHICHTIGER<br />

HIMMEL<br />

»Der gehaltene, ruhige Ton des<br />

Buches hat einen besonderen Reiz«,<br />

so Friederike Gösweiner. »Die<br />

ganze Erzählung arbeitet mit einer<br />

schlichten Sprache, zugleich mit<br />

starken Bildern, mit Vergleichen,<br />

in denen die Gemütszustände der<br />

Frauen plastisch werden und die<br />

zeigen, wie intensiv die Figuren<br />

empfinden.« »Das ist ein hochdramatischer<br />

Stoff«, ergänzt Thomas<br />

Larcher. »Bei den Figuren geht es ja<br />

wirklich um Leben und Tod.«<br />

Er habe sich für die Oper einen<br />

klaren, verständlichen Text<br />

gewünscht, dem man gut folgen<br />

könne. »In zeitgenössischen Opern<br />

passiert es oft, dass das Libretto<br />

ähnlich abstrakt ist wie die Musik.<br />

Als Zuhörer und auch als Interpret<br />

hat man dann nichts mehr, woran<br />

man sich festhalten kann. Friederike<br />

hat nah am Buch gearbeitet. Ihr<br />

Libretto verwendet seine Sprache.<br />

Es filtert aus den vielen Prosaseiten<br />

ohne Umweg das ganze dramatische<br />

und lyrische Potenzial heraus,<br />

das darin steckt.« Diese Eindeutigkeit<br />

gebe ihm beim Komponieren<br />

einen starken Halt. »Der Text ist<br />

wie ein Magnet, ein fixer Punkt, um<br />

den herum ich meine Musik baue.«<br />

Er arbeite mit wiedererkennba-<br />

DAS JAGDGEWEHR<br />

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