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03/02 - Fakultät 6 - TU Bergakademie Freiberg

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6<br />

- dass die deutschen Chemiekonzerne die Hochschulabsolventen der Chemie in die techni-<br />

schen Belange sehr gut einarbeitete.<br />

- dass die Erfolge der arbeitsteiligen Zusammenarbeit von Chemikern und Ingenieuren bisher<br />

gut funktioniert hatte (Haber-Bosch-Verfahren etc.).<br />

- dass in den chemischen Großbetrieben ein eigener Apparatebau entstanden war, der zudem<br />

die verfahrenstechnischen Erkenntnisse oftmals als Betriebsgeheimnis hütete und so<br />

einer wissenschaftlichen Institutionalisierung unzugänglich machte.<br />

- dass die Ideologie der zweckfreien Wissenschaft Humboldtscher Prägung den Zugang der<br />

technischen Disziplinen zu den Universitäten erschwerte und dadurch den „Chemie-<br />

Ingenieur“ als „unrein“ erscheinen ließ (Krug 1987).<br />

Intensive Diskussionen zum Themenkreis „Verfahrenstechnik“ setzten in den 1930er Jahren<br />

in Deutschland ein. Hauptthema war die trennende oder orientierende Diskussion über die<br />

Eigenständigkeit der und den „richtigen“ Weg zur Verfahrenstechnik. Dieses kam hauptsächlich<br />

im Zusammenhang mit der Debatte um die „richtige“ Ausbildung zum Ausdruck. Die<br />

DECHEMA 17 zeigte sich kooperativ und deren stellvertretender Vorsitzender Keßler äußerte<br />

sich 1936:<br />

„Es ist gleichgültig, ob der Chemieingenieur zu 30% Chemiker und zu 70% Ingenieur<br />

oder zu 70% Chemiker und zu 30% Ingenieur ist, die Hauptsache bleibt, daß<br />

beide sich zu 100% verstehen.“ 18<br />

Die im VDI organisierten Ingenieure hatten es allerdings mehr auf die Etablierung einer Verfahrenstechnik<br />

als ingenieurwissenschaftliche Disziplin abgesehen und argumentierten mehrheitlich<br />

in diese Richtung. Unter anderem meldeten sich der Maschinenbau-Ingenieur Rudolf<br />

Plank, der physikalische Chemiker Arnold Eucken und der Lehrstuhlinhaber für „Apparatebau<br />

und Verfahrenstechnik“ Emil Kirschbaum zu Wort. Sie waren sich im wesentlich darüber<br />

einig, dass die Grundausbildung für die Verfahrenstechnik der Maschinenbau darstellen müsse.<br />

Diese Ausbildung sollte durch die Spezialfächer der Verfahrenstechnik ergänzt werden.<br />

Neben diesen Fragen der „richtigen“ Lehre erlangte in den 1930er Jahren auch das Thema<br />

„Verbrauchsgütertechnik“ größere Bedeutung. So wurde in mehreren Veröffentlichungen<br />

herausgestellt, dass die Zahl der Erwerbstätigen in der Verbrauchsgüterindustrie die Zahl derjenigen<br />

in der Metallindustrie und im Bergbau bei weitem übersteige, die Ingenieure in dieser<br />

Branche aber unterrepräsentiert seien (Kiesskalt 1934; Stäbel 1935).<br />

Siegfried Kiesskalt beschrieb in seinem Vortrag „Verfahrenstechnik als Ingenieuraufgabe“<br />

1939 ausführlich die wirtschaftliche Bedeutung der Verbrauchsgüterindustrie und rief die<br />

jungen Ingenieure auf, sich diesen Industriezweigen zuzuwenden. Nach seiner Analyse waren<br />

in der Verbrauchsgüterindustrie zu wenig Ingenieure tätig, obwohl im „Volkshaushalt“ das<br />

Übergewicht dieses Wirtschaftszweiges nicht zu verkennen sei (Kiesskalt 1939). Doch weder<br />

als „angewandte Chemie“ noch als „chemischer Maschinenbau“ etablierte sich die Verfahrenstechnik<br />

vor oder während des Zweiten Weltkrieges in Deutschland. Die Orientierung des<br />

17 Die „Deutsche Gesellschaft für chemisches Apparatewesen“ (DECHEMA ) war bereits 1926 als<br />

selbständige Gesellschaft aus dem „Verein Deutscher Chemiker“ gegründet worden. Gemäß ihres<br />

Titels orientierte sich die DECHEMA auf die chemische Verfahrenstechnik und den chemischen<br />

Apparatebau von Seiten der Chemiker. Zur Dechema vgl. Buchner 1926/27: 46-53; Duden 1936:<br />

361-365; Bretschneider 1951: 201-2<strong>03</strong>; Kreysa/Hirche 1997: 127-143.<br />

18 Keßler auf dem Internationalen Chemie-Ingenieur-Kongress in London 1936; zitiert nach Duden<br />

1936: 364.

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