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03/02 - Fakultät 6 - TU Bergakademie Freiberg

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1. Die Rolle der Hochschulen im Innovationssystem der BRD und DDR seit 1950<br />

2<br />

Bereits vor der Staatsgründung der beiden deutschen Staaten öffneten in den verschiedenen<br />

Besatzungszonen einige Hochschulen wieder ihre Tore.<br />

In der späteren BRD war die Entwicklung durch den „Mythos Humboldt“ geprägt, der dazu<br />

führte, dass sich die Hochschulen und Universitäten an einer Ideologie der Grundlagenforschung<br />

und Anwendungsferne orientierten. 3 Der Anteil der Studierenden der Ingenieurwissenschaften<br />

an der Gesamtstudierendenzahl ging zurück, aber die Verantwortlichen in Politik<br />

und den wissenschaftlich-technischen Vereinen sahen besonderen Handlungsbedarf lediglich<br />

in der mittleren technischen Ausbildung der Ingenieurschulen. So kam es in der Bundesrepublik<br />

in den frühen 1950er Jahren lediglich zu einem moderaten quantitativen Ausbau der<br />

Hochschulen bei Kontinuität in den Strukturen des Kaiserreichs beziehungsweise der Weimarer<br />

Zeit. Die Hochschulen positionierten sich grundlagenorientiert und anwendungsfern, sie<br />

boten eine wissenschaftliche Bildung für wenige und waren nur selten an einer fachlichen<br />

Berufsausbildung interessiert. Charakteristisch dafür äußerte sich der damalige Rektor der<br />

Technischen Hochschule in Aachen, Prof. Dr.-Ing. Paul Röntgen, im Jahre 1948:<br />

„Das höchste Ziel des akademischen Studiums ist es, den ganzen Menschen zu erfassen,<br />

nicht nur einen tüchtigen Fachmann, sondern einen wahren homo humanus<br />

zu bilden, mit einem tiefen, unausrottbaren Gefühl für Menschenwert und Menschenwürde.“<br />

4<br />

Der Aufbau des Hochschulwesens in der späteren DDR fügte sich ein in die Bewältigung der<br />

Folgen von nationalsozialistischer Diktatur, Krieg und Teilung. Die frühe Hochschulpolitik<br />

der DDR-Staatsführung zielte mit der sogenannten ersten Hochschulreform sowohl auf eine<br />

gesellschaftliche Umgestaltung als auch auf die Herrschaftssicherung des neuen Regimes.<br />

Eine neue Zulassungspolitik öffnete die Universitäten mit der Gründung der Arbeiter und<br />

Bauern <strong>Fakultät</strong>en für bislang völlig unterrepräsentierte gesellschaftliche Gruppen. Darüber<br />

hinaus beschritt die SED mit dem Aufbau von industrieorientierten Spezialhochschulen neue<br />

Wege in der Hochschulpolitik, die explizit die Abkehr von den alten Bildungsidealen zum<br />

Ziel hatte. Mit der Neugründung der technischen Hochschulen für Chemie (Leuna-<br />

Merseburg), für Maschinenbau (Karl-Marx-Stadt), Schwermaschinenbau (Magdeburg), Elektrotechnik<br />

(Ilmenau) und Bauwesen (Leipzig/Cottbus) brach sie mit der Tradition Technischer<br />

Hochschulen in Deutschland, die über ein breites, technisches Bildungsangebot verfügten.<br />

Statt dessen waren die neuen Hochschulen auf ein enges Bildungsprofil zugeschnitten. 5<br />

Die DDR setzte damit im Unterschied zur Bundesrepublik frühzeitig auf eine starke Expansion<br />

des Hochschulwesens durch Neugründungen. Die politische Führung nutze dies ab 1952<br />

nicht nur zur Verwirklichung ihrer sozialen und politischen Zielvorstellungen, sondern auch<br />

zur Einführung neuer Formen akademischer Bildung und Forschung: die neuen Hochschulen<br />

erhielten ein reformiertes, das hieß in den 1950er Jahren ein industrienahes und fachlich spezialisiertes<br />

Profil.<br />

3<br />

Zum „Mythos Humboldt“ vgl. Jarausch 1997: 33-49; vom Bruch 1997: 3-27.<br />

4<br />

Ansprache des Rektors anlässlich der Rektoratsübergabe am 30. Januar 1948 (Paul Röntgen), S. 16,<br />

in: Hochschularchiv der RWTH Aachen, AZ 12119.<br />

5<br />

Siehe dazu ausführlicher beispielsweise Connelly 1997: 55-83; Jessen 1999: 147 -153 und Zach-<br />

mann 2000: 211-252.

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