03/02 - Fakultät 6 - TU Bergakademie Freiberg
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5<br />
geprägt. Die Hauptcharakteristika dieses Übergangs waren Massenproduktion 11 und kontinuierlicher<br />
Betrieb. 12<br />
Bis zur Jahrhundertwende hatte das Konzept der „chemischen Technologie“ 13 noch für die<br />
chemische Produktion ausgereicht, doch danach bildete sich als einigendes Band das Konzept<br />
der „Grundoperationen“ der Verfahrenstechnik heraus. Während in der „chemischen Technologie“<br />
des 19. Jahrhunderts in der Regel die „stofforientierten Gesamtverfahren“ den Hauptgegenstand<br />
bilden, zeichnet sich die (moderne) Verfahrenstechnik dadurch aus, dass die jeweiligen<br />
Gesamtverfahren in einzelne, stets wiederkehrende Grundoperationen wie „Destillation“,<br />
„Schmelzen“, „Lösen“, „Kristallisation“ etc. zerlegt werden. 14 Diese können dann getrennt,<br />
quasi als Grundelemente der Verfahrenstechnik behandelt werden.<br />
Der Übergang von der chemischen Technologie zur Verfahrenstechnik fand in den USA geprägt<br />
durch die Anforderungen der destillativen Erdölverarbeitung schon zu Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts statt. Die Verbindung von Chemie und Ingenieurwesen wurde zwar auch vom<br />
Maschinenbau geprägt, aber zwei Drittel aller unter dem Titel „Chemical Engineering“ etablierten<br />
Professuren hatten ihren Ursprung in den „Chemistry Departments“. Allein in der ersten<br />
Hälfte der 1920er Jahre entstanden an 14 Hochschulen der USA Lehrstühle für „Chemical<br />
Engineering“ als neue Disziplin (Ludewig 1967: 371). Bis 1937 stieg ihre Zahl auf 24 an (Erk<br />
1937: 56). Inhaltlich bestimmt wurde das Fach durch eine Definition von Arthur D. Little, der<br />
vorgeschlagen hatte: „Ein Chemmical Engineer übertrage einen chemischen Verwandlungsprozeß<br />
in den Großbetrieb durch Anwendung einer erforderlichen Anzahl von einzelnen<br />
Operationen (unit operations)“. 15 Auch aus dem Studienplan erkennt man die Dominanz der<br />
Chemie, einem chemischen Grundstudium schließen sich erst im dritten und vierten Studienjahr<br />
technische Fächer an, unter den die „chemische Technologie“ dominiert (Koch 1932:<br />
108). Etwas allgemeiner schrieb Little bereits 1915:<br />
„Das Chemie-Ingenieurwesen ist nicht eine Vereinigung von Chemie und Maschinenbau,<br />
sondern ein selbständiger Zweig der Technik, dessen Grundlage die<br />
Grundverfahren bilden, aus deren gleichzeitiger und aufeinanderfolgender Anwendung<br />
ein chemischer Vorgang im Fabrikationsmaßstab sich zusammensetzt.“<br />
16<br />
In Deutschland begann sich das Chemie-Ingenieurwesen unter dem Titel Verfahrenstechnik<br />
mit einer stärkeren Ausrichtung auf den Maschinenbau erst in den 1930er Jahren institutionell<br />
durchzusetzen, wurde aber durch den Zweiten Weltkrieg an der völligen Verbreitung gehindert<br />
(Krug 1987). Diese „Verspätung“ in Deutschland kann unter anderem damit erklärt werden,<br />
11<br />
Unter Massenproduktion wurde um 1900 in der Teerfarbenindustrie ca. 1000 Tonnen pro Produkt<br />
und Jahr verstanden; in der Anorganika-Produktion wurde bei viel geringerer Produktvielfalt ca. 1.<br />
Million Tonnen pro Produkt und Jahr produziert.<br />
12<br />
Paradigmatisch war hier die technische Durchbildung der Ammoniaksynthese zu einem kontinuierlichen<br />
Hochdruckverfahren.<br />
13<br />
Stofforientierte Gesamtverfahren der chemischen Produktion sind der Gegenstand der „chemischen<br />
Technologie“, die Verfahrensschritte werden nicht einzeln, sondern im Gesamtverfahren beschrieben.<br />
14<br />
Anfangs wurden programmatisch nur 21 physikalische Grundoperationen („unit operations“) be-<br />
trachtet. Siehe dazu Krug 1987: 261-263 und Kiesskalt 1939: 5.<br />
15 Zitiert nach Koch 1932: 107.<br />
16 Zitiert nach Erk 1937: 56.