03/02 - Fakultät 6 - TU Bergakademie Freiberg
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a) Universität Karlsruhe (TH) - Emil Kirschbaum<br />
9<br />
Für den Vorgang der Institutionalisierung eines verfahrenstechnischen Hochschulinstituts im<br />
nationalen Innovationssystem der BRD ist die Frage nach der Kooperation mit der chemischen<br />
und apparatebauenden Industrie relevant. Dies soll im folgenden am Beispiel von Emil<br />
Kirschbaum verdeutlicht werden.<br />
Ohne die Finanzierung und das Engagement des „Vereins Deutscher Maschinenbauanstalten“<br />
(VDMA) und des „Verbandes Deutscher Apparatebauanstalten“ (VDA) wäre die Errichtung<br />
des ersten deutschen Lehrstuhls für Apparatebau an der TH Karlsruhe im Jahre 1934 nicht<br />
möglich gewesen. Der VDA beklagte bereits 1927, daß die deutschen Ingenieure auf dem<br />
Gebiet des chemischen Apparatebaus nur mangelhaft ausgebildet seien und verfolgte daher<br />
das Ziel, eine universitäre Ausbildung zum Diplom-Ingenieur für Apparatebau erstmalig an<br />
der Technischen Hochschule Karlsruhe zu konstituieren. 27<br />
Dass die Wahl des Dozenten für die Ausbildung von Chemieingenieuren auf den 28jährigen<br />
Emil Kirschbaum fiel, lag an seinem biographischen Werdegang und an seinem frühen Interesse,<br />
bereits im Studium sich mit dem chemischen Apparatewesen und der Chemie besonders<br />
zu beschäftigen.<br />
Kirschbaum studierte das Fach Maschinenbau an der Technischen Hochschule in Wien (1919-<br />
1920) und an der Technischen Hochschule Carolo-Wilhelmina in Braunschweig (1920-1923)<br />
und wurde danach mit einer Dissertation aus der Regeltechnik am 17. Oktober 1925 an der<br />
TH Braunschweig zum Dr.-Ing. promoviert. 28 Berufserfahrung sammelte er in der Maschinenfabrik<br />
Augsburg-Nürnberg (MAN) im Werk Nürnberg (1925-1927) und beim Krupp-Gruson-<br />
Werk in Magdeburg (1927/1928), bevor er zum 1. Juni 1928 den Ruf als hauptamtlicher<br />
Lehrbeauftragter an die Technische Hochschule Karlsruhe annahm. Bis zu seiner Ernennung<br />
zum Assistenten des Institutsdirektors für Kältetechnik, Professor Dr.-Ing. Rudolf Plank, am<br />
1. April 1929 arbeitete Kirschbaum zunächst im Chemisch-Technischen Institut der Karlsruher<br />
Hochschule. Mit Unterstützung von Plank, der räumliche Kapazitäten zur Verfügung stellte,<br />
realisierte Kirschbaum den Aufbau eines Apparatebau-Laboratoriums, das er bis zum<br />
Zweiten Weltkrieg mit finanziellen Mitteln der Industrie (über 100.000 Reichsmark) zu einem<br />
Forschungslaboratorium für die apparatebauende Industrie ausbaute. 29<br />
Dass zahlreiche Apparatebaufirmen der Technischen Hochschule kostenlos Versuchsapparate<br />
überließen, erleichterte den Ausbau des Laboratoriums, das einerseits sowohl die Grundlagenforschung<br />
als auch die angewandte Forschung des Apparatebaues förderte und andererseits<br />
den Studenten ermöglichte, hier ihre Forschungsarbeiten und Dissertationen durchzuführen<br />
(Kirschbaum 1934: 465). Der von Kirschbaum realisierte Aufbau eines Forschungslaboratoriums<br />
ist ein konkretes Beispiel für die Funktionsweise wissenschaftsgestützter Industrien<br />
(„science-based industries“) und liefert Hinweise für die Beantwortung der Frage, welche<br />
Organisation vom gegenseitigen Austausch mehr Vorteile hatte: die Wissenschaft oder die<br />
27<br />
Bericht des Vorsitzenden des VDA, Immo Glenck, vom 6.4.1927, in: Universitätsarchiv Karlsruhe,<br />
9/30/4, Korrespondenz betr. die Schaffung eines Fachs Apparatebau an der TH Karlsruhe 1926-<br />
1929, o. B.<br />
28<br />
Universitätsarchiv Karlsruhe, 9/30/2, Dissertation „Zur Theorie der Achsenregler“, TH Braunschweig<br />
(Prof. Dr.-Ing. C. Pfleiderer) 1925.<br />
29<br />
Schreiben von Emil Kirschbaum an den Reichserziehungsminister in Berlin vom 1.8.1941, in: Uni-<br />
versitätsarchiv Karlsruhe, Personalakte Emil Kirschbaum, o. B.