antriebstechnik 7/2018
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SPECIAL I ANTRIEBSTECHNIK FÜR DIE PROZESSINDUSTRIE<br />
stärkt offene Maschinenkonzepte durch.<br />
Bislang wurden nicht hygienegerechte Antriebseinheiten<br />
– um sie vor der Bildung<br />
von Keimen und Mikroorganismen nach<br />
einem Produktaustritt oder der Nassreinigung<br />
zu schützen – eingehaust oder sogar<br />
gekapselt. Heute fordern die Maschinenbauer<br />
hygienegerechte Komponenten, die<br />
sich ohne zusätzliche konstruktive Maßnahmen<br />
auf einfache Weise integrieren und<br />
warten lassen. Dies hat sowohl technische<br />
als auch wirtschaftliche Gründe. So ist das<br />
Einhausen von Antrieben als Schutz vor<br />
einer eventuellen Kontamination trügerisch.<br />
Es können sich unter einer Abdeckung unbemerkt<br />
Feuchtigkeitsnebel, Ablagerungen<br />
und Schmutznester bilden. Sie bilden einen<br />
optimalen Nährboden für die Vermehrung<br />
von Mikroorganismen und können zu Produktkontaminationen<br />
im späteren Produktionsprozess<br />
führen. Zudem besteht das<br />
Risiko, dass Reinigungsdämpfe in das Schutzgehäuse<br />
eindringen und zu Korrosionsbildung<br />
an den Antriebskomponenten führen.<br />
Die im Betrieb zusätzlich entstehende Stauwärme<br />
unter der Einhausung birgt langfristig<br />
die Gefahr von Lagerschäden und<br />
Leckagen. Dies kann zu einer verkürzten<br />
Lebensdauer der Antriebe und somit einer<br />
geringeren Anlagenverfügbarkeit führen –<br />
und die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigen.<br />
Darüber hinaus stellen die Fertigung einer<br />
Einhausung sowie ihr Montageaufwand für<br />
den Maschinenbauer einen vermeidbaren<br />
Kostenfaktor dar. Schließlich kommt bei der<br />
Abnahme der Maschine erschwerend hinzu,<br />
dass eine solche Schutzlösung, die unter<br />
Hygienegesichtspunkten nicht zertifizierbar<br />
ist, einen erheblichen Mehraufwand generiert,<br />
wenn sie in eine durchgängig im<br />
Hygiene Design ausgeführte Anlage integriert<br />
werden soll. Nicht ganz unwichtig ist<br />
zu guter Letzt der Design-Faktor: Durch die<br />
Materialauswahl und die konstruktiven<br />
Vorgaben geben die fast „zwangsläufig“<br />
formschönen Hygiene-Design-Antriebslösungen<br />
in offenen Maschinenstrukturen<br />
fast immer ein besseres Bild ab als kantige<br />
Schutzgehäuse oder Kapselungen.<br />
Hygiene Design folgt Normen,<br />
Richtlinien und Empfehlungen<br />
Die gerätetechnischen Anforderungen an<br />
ein hygienegerechtes Design sind vielschichtig<br />
und folgen einer Reihe von Normen,<br />
Richtlinien und gesetzlichen Vorgaben.<br />
So legt zum einen die Maschinenrichtlinie<br />
2006/42/EG wichtige Grundlagen<br />
01 Bereits 2013 hat Wittenstein die ersten,<br />
von der EHEDG zertifizierten Planetengetriebe<br />
im Hygiene Design präsentiert<br />
hinsichtlich der Notwendigkeit und der<br />
Ausgestaltung des hygienischen Designs<br />
von Maschinen- und Automatisierungskomponenten.<br />
Unbedingt zu beachten sind<br />
zudem die Empfehlungen<br />
bzw. Vorgaben der EHEDG.<br />
Diese ist eine Expertengemeinschaft<br />
von Maschinen-<br />
und Komponentenherstellern,<br />
Fachleuten aus<br />
der Nahrungsmittelindustrie<br />
sowie von Forschungsinstituten<br />
und Gesundheitsbehörden.<br />
Ihr Ziel ist<br />
es, das Bewusstsein für Hygiene<br />
bei der Verarbeitung<br />
und Verpackung von Nahrungsmitteln<br />
zu stärken. Schließlich geben<br />
eine Reihe relevanter Normen, Richtlinien<br />
und gesetzliche Vorgaben den rechtlichen<br />
Rahmen für die Entwicklung und Inverkehrbringung<br />
hygienegerechter Produkte<br />
vor. Bereits bei der Entwicklung von Hygiene-Design-Produkten<br />
greifen bspw. die<br />
Gestaltungsanforderungen, wie sie in der<br />
B-Norm DIN EN ISO 14159:2008-07 für<br />
Maschinen mit Hygienerisiken generell und<br />
in der C-Norm DIN EN 1672-2: 2005+A1<br />
speziell für Nahrungsmittelmaschinen festgelegt<br />
sind. Die gesetzlichen, hygienerechtlichen<br />
Vorgaben, die neben der Maschinenrichtlinie<br />
und den EHEDG-Empfehlungen<br />
bei der Markteinführung und Inverkehrbringung<br />
von Produkten maßgeblich sind,<br />
sind die VO 1935/2004/EG über Materialien<br />
und Gegenstände, die bestimmungsgemäß<br />
mit Lebensmitteln in Berührung kommen.<br />
Die Wittenstein-Gruppe hat in den vergangenen<br />
Jahren eine besondere Hygiene-<br />
02 Das HDP + mit Abtriebsflansch setzt<br />
Maßstäbe im Hinblick auf Positioniergenauigkeit<br />
und Leistungsdichte<br />
Verantwortlich für die<br />
verstärkte Nachfrage<br />
nach hygienegerechter<br />
Servo<strong>antriebstechnik</strong> sind<br />
die sich wandelnden<br />
Verbrauchergewohnheiten.<br />
Carolin Ank<br />
Design-Kompetenz aufgebaut und weiß –<br />
zumal als Mitglied der EHEDG – worauf<br />
es bei der hygienegerechten Entwicklung<br />
und Auslegung von Getrieben, Servomotoren<br />
und Kleinantriebssystemen ankommt<br />
und hat dieses Know-how in<br />
vollem Umfang berücksichtigt und industriegerecht<br />
umgesetzt.<br />
Was bedeutet Hygiene Design<br />
im Antrieb?<br />
Hygiene-Design-Komponenten werden vor<br />
allem in Steril- und Nassbereichen eingesetzt.<br />
Das bedeutet, dass sie dort zum einen<br />
dem Austritt eines Prozessmediums ausgesetzt<br />
sein können, z. B. bei einer Leckage in<br />
der Rohrleitung oder Überfüllung eines<br />
Pufferbehälters. Darüber hinaus<br />
unterliegen sie regelmäßigen Reinigungsund<br />
Desinfektionsprozessen, bei denen<br />
z. B. chlorhaltige Schaumreiniger und Desinfektionsmittel<br />
zum Einsatz kommen. Daher<br />
ist die Auswahl medienbeständiger Materialien<br />
und bei Bedarf deren zusätz liche<br />
Bearbeitung erforderlich. Aus diesen Grün-<br />
<strong>antriebstechnik</strong> 7/<strong>2018</strong> 43