antriebstechnik 1-2/2024
antriebstechnik 1-2/2024
antriebstechnik 1-2/2024
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19174<br />
01-02<br />
Jan./Feb. <strong>2024</strong><br />
€ 16,50<br />
Organ der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V.<br />
AUF DEN SPUREN<br />
DER ZUKUNFT<br />
Predictive Maintenance<br />
und Condition Monitoring<br />
<strong>antriebstechnik</strong>.de
MULTIMEDIAL VERNETZT<br />
KUNDEN GEWINNEN!<br />
FÖRDERTECHNIK<br />
MATERIALFLUSS<br />
LOGISTIK<br />
FLUIDTECHNIK<br />
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einmaligen Mediennetzwerk!<br />
Bitte kontaktieren Sie mich, ich berate Sie gerne!<br />
Carmen Nawrath<br />
Head of Sales<br />
Telefon: 0049/6131/992-245<br />
c.nawrath@vfmz.de
EDITORIAL<br />
DAS LEUCHTEN IN DEN AUGEN<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
in jedem Beruf, ja bei jeder Tätigkeit gibt es diesen Moment, wo es einfach<br />
Spaß macht. Wenn ein Rädchen ins andere greift, wenn alle Problemfälle<br />
sich wegkürzen, wenn einfach in letzter Sekunde der geniale Einfall kommt.<br />
Mir als Journalist macht es immer wieder Freude, wenn mir Menschen von<br />
solchen Momenten erzählen. Und häufig beginnen deren Augen dann vor<br />
Freude und Stolz zu leuchten.<br />
Das wäre eigentlich ein bärenstarkes Argument für junge Leute, einen<br />
Ingenieursberuf zu ergreifen – echte Erfolgserlebnisse, Dinge, die wirklich<br />
andere Dinge bewegen und antreiben. Junge Menschen für technische<br />
Aufgaben zu gewinnen wird immer wichtiger. Immerhin sank die Zahl der<br />
Studierenden im Fach Maschinenbau vom Wintersemester 2020/21 zum<br />
Wintersemester 2022/23 um über 10 % auf 153.414 – laut Zahlen des<br />
Statistischen Bundesamtes.<br />
Aber wie attraktiv sind die Zukunftsaussichten noch für Ingenieure?<br />
Nicht besonders gut, glaubt man Christopher Pissarides, Träger des<br />
Wirtschaftsnobelpreises 2010. Er meint, dass Berufe und Tätigkeiten im<br />
MINT-Bereich in naher Zukunft stark durch KI-Leistungen ersetzt werden<br />
können. Berufe, in denen direkter Kontakt zwischen Menschen aufgebaut<br />
wird, seien diejenigen, in denen Menschen zukünftig noch den Arbeitsmarkt<br />
dominieren würden. Ich denke, gerade im Maschinenbau<br />
unterschätzt Pissarides da die Ingenieure. Kommunikation mit Menschen<br />
macht keinen kleinen Anteil der Fähigkeiten bei Ingenieuren aus.<br />
Anwendungsspezifische Lösungen erfordern nicht nur viel technisches<br />
Verständnis, sondern auch gute Kommunikation zwischen den beteiligten<br />
Personen. Vielleicht könnte man diesen Aspekt des Ingenieurberufs etwas<br />
stärker betonen, um ihn noch attraktiver zu machen. Ich bin jedenfalls<br />
sicher, dass ich noch oft das Leuchten in den Augen<br />
von Ingenieuren und Konstrukteuren sehen werde.<br />
In dieser Ausgabe der <strong>antriebstechnik</strong> technik stellen wir<br />
eine Reihe spannender Innovationen vor. Vor allem<br />
die Bereiche Condition Monitoring, Frequenzumrichter<br />
und Lagertechnologie sind dabei<br />
zu nennen.<br />
Viel Spaß beim Lesen,<br />
Ihr Miles Meier<br />
m.meier@vfmz.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 3
26<br />
EDITORIAL<br />
03 Das Leuchten in den Augen<br />
SOFTSTARTER<br />
06 STANDPUNKT Dichtungen sind häufig<br />
funktionsrelevant<br />
07 Menschen, Märkte, Unternehmen<br />
10 Herausforderungen in Chancen wandeln<br />
12 Detoxing und Simplexity in der Automatisierung<br />
ELEKTRISCHE ANTRIEBSTECHNIK<br />
UMRICHTERTECHNIK<br />
16 Frequenzumrichter helfen sparen<br />
20 Ein Frequenzumrichter entsteht<br />
TITELBILD<br />
basketman23 –<br />
stock.adobe.com<br />
MECHANISCHE ANTRIEBSTECHNIK<br />
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
24 INTERVIEW „Das ist gewaltig und<br />
wirklich beeindruckend!“<br />
32 Präzision im Blick<br />
32<br />
24<br />
4 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
WÄLZ- UND GLEITLAGER<br />
26 Fortschritt in der Wälzlagertechnik<br />
30 Vorstoß in unerreichte Regionen<br />
SPECIAL: PREDICTIVE MAINTENANCE<br />
UND CONDITION MONITORING<br />
36 Auf den Spuren der Zukunft<br />
40 KI im Sensor erkennt Anomalien<br />
SERVICE<br />
31 Impressum<br />
MEIN TIPP<br />
„Was wir heute tun, entscheidet darüber, wie die<br />
Welt morgen aussieht.“ Dieser Aphorismus von<br />
Marie von Ebner-Eschenbach passt zu dem<br />
Artikel über Zukunftstrends. Ein führender<br />
Hersteller elektrischer Kleinantriebe setzt sich<br />
damit auseinander, was Detoxing und Simplexity<br />
in der Antriebstechnik bewegen können und<br />
möchte Impulse für weitere Innovationen<br />
geben – an Beispielen aus Precision Farming,<br />
Medizintechnik, Robotik und Maschinenbau.<br />
Inspiration mit Drive erwartet Sie ab Seite 12.<br />
Felix Berthold, Redakteur, F.Berthold@vfmz.de<br />
EL_Halt_Antriebstechnik_<strong>2024</strong>-1-2 17.01.<strong>2024</strong> 11:39 Uhr Seite 1<br />
starker Halt &<br />
einfache Bedienung<br />
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www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 5
STANDPUNKT<br />
ENTWICKLUNG UND KONSTRUKTION<br />
DICHTUNGEN SIND HÄUFIG<br />
FUNKTIONSRELEVANT<br />
Oft wird der Dichtung eine untergeordnete Bedeutung<br />
zugemessen und deswegen dieses Thema erst sehr spät in der<br />
Entwicklung betrachtet. Meist ist es dann nicht mehr möglich,<br />
eine gute Lösung für die Dichtheitsanforderungen zu finden,<br />
da weder ausreichend Bauraum vorgesehen noch auf<br />
andere Anforderungen geachtet wurde, wie etwa für die<br />
Dichtungsmontage. Seminare des VDI-Wissensforum können hier<br />
nötige Kompetenzen vermitteln und Lösungswege aufzeigen.<br />
Dichtungen haben nicht nur im<br />
Getriebebau oder der Hydraulik<br />
und Pneumatik wichtige<br />
Funktionen, sie übernehmen<br />
auch funktionsrelevante Aufgaben in fast<br />
allen Sondermaschinen, an diversen<br />
Stellen in Fahrzeugen, in der Windkraft<br />
und Photovoltaik, in der Lebensmitteltechnik<br />
und der Medizintechnik, um nur<br />
einige Branchen zu nennen, mit denen<br />
ich schon spezifische Dichtungslösungen<br />
erar beitet habe.<br />
Damit eine Dichtung dicht ist, muss<br />
natürlich die Dichtfunktion realisiert<br />
werden. Drei Punkte sind dabei von<br />
besonderer Bedeutung: 1. die Permeation<br />
durch den Dichtungswerkstoff,<br />
insbesondere von Gasen, 2. die Verpressung<br />
zwischen Dichtung und Gegenbauteil,<br />
vor allem bei statischen Dichtkontakten<br />
sowie 3. der Druckabbau im<br />
Dichtkontakt. Um den Verschleiß zu<br />
minimieren, ist dabei ein dünner<br />
Schmierfilm im Gleitkontakt gewünscht<br />
und trotzdem soll und kann die Dichtstelle<br />
dichten.<br />
In den letzten Jahren ist das Verständnis<br />
für die Zusammenhänge im<br />
Dichtkontakt sehr gestiegen. Dadurch<br />
gelingt es, Dichtungen besser auf<br />
anwendungs spezifische Anforderungen<br />
abzustimmen. Weiterhin ist es<br />
gelungen, immer besser auf die<br />
Anforderungen angepasste Dichtungswerkstoffe<br />
zu entwickeln.<br />
Aktuell bewegt die Dichtungstechnik die<br />
anstehende Beschränkung der Verwendung<br />
von polyfluorierten Kohlenwasserstoffen<br />
(PFAS), die sowohl als Dichtungswerkstoff,<br />
zum Beispiel FKM,<br />
PTFE, als auch als Additiv in vielen Ölen<br />
verwendet werden. Hier sind teils<br />
kurzfristig, teils langfristig alternative<br />
Lösungen zu finden.<br />
Für den Anwender ist es daher schwierig,<br />
die richtige Dichtung oder das<br />
richtige Dichtsystem und einen geeigneten<br />
Werkstoff für eine spezifische<br />
Anwendung auszuwählen. In dem<br />
Weiterbildungs seminar „Grundlagen<br />
Dichtungstechnik“ des VDI-Wissensforum,<br />
das Dipl. Ing. (FH) Gonzalo<br />
Barillas und ich dieses Jahr an drei<br />
Terminen geben, gehen wir daher<br />
ausführlich auf die Anforderungen und<br />
die Funktion von Dichtsystemen ein und<br />
behandeln die Auswahl der Dichtwerkstoffe<br />
und der Oberflächen der Gegenlauffläche.<br />
Anschließend wird speziell<br />
eingegangen auf statische Dichtungen,<br />
wie Flachdichtungen und O-Ringe,<br />
rotatorische Dichtungen, wie Radialwellendichtringe<br />
(RWDR) und V-Ringe,<br />
und translatorische Dichtungen, wie<br />
Nutringe und Kompaktdichtungen. Viele<br />
Schäden an Dichtungen lassen sich auf<br />
Montagefehler sowie konstruktive Fehler<br />
bezüglich der Montagemöglichkeiten<br />
zurückführen. Ein Fokus des Seminars<br />
liegt deshalb auf den konstruktiven<br />
DIE ANFORDE<br />
RUNGEN IN DER<br />
DICHTUNGS<br />
TECHNIK SIND<br />
VIELFÄLTIG UND<br />
ES GIBT IMMER<br />
NEUE HERAUS<br />
FORDERUNGEN<br />
ZU MEISTERN<br />
Prof. Dr.-Ing.<br />
Matthias Kröger, Professur<br />
für Maschinenelemente,<br />
TU Bergakademie Freiberg<br />
Anforderungen für eine sichere Montage<br />
und Übungen zur Montage von Dichtungen.<br />
Auch Schäden an Dichtungen<br />
werden angesprochen, die etwa durch<br />
chemische Unverträglichkeiten, mechanische<br />
Schädigung bei der Montage oder<br />
durch Alterung und Verschleiß entstehen<br />
können. Weitere Informationen zu dem<br />
Seminar finden sich unter der Veranstaltungsnummer<br />
auf der Website: 02SE020.<br />
www.vdi-wissensforum.de<br />
6 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SOFTSTARTER<br />
14. IFK: FLUID POWER – SUSTAINABLE PRODUCTIVITY<br />
Das 14. Internationales Fluidtechnisches Kolloquium<br />
(14. IFK <strong>2024</strong>) findet vom 19. bis 21. März <strong>2024</strong> in Dresden<br />
statt und ist eine der weltweit bedeutendsten Tagungen im<br />
Bereich der fluid-mechatronischen Antriebs-, Steuerungsund<br />
Regelungstechnik. Das 14. IFK wird vom Institut für<br />
Mechatronischen Maschinenbau, Professur für Fluid-<br />
Mechatronische Systemtechnik der TU Dresden, unter<br />
Leitung von Prof. Jürgen Weber, veranstaltet. Das Motto des 14. IFK lautet „Fluid Power: Sustainable Productivity“. Aufgegriffen<br />
werden u. a. die Themen fluidtechnische Komponenten und Systeme, Design und Control, Mobile Anwendungen, Stationäre<br />
Anwendungen, Pneumatik & Robotik, Fluide und Tribologie, Energiemanagement und neue und spezielle Anwendungen. Eine<br />
begleitende Fachausstellung bietet die Möglichkeit, sich direkt über Produkte zu informieren und mit Herstellern, Forschern<br />
und Anwendern von morgen zu vernetzen.<br />
www.ifk-dresden.de<br />
VDW ERWARTET<br />
RÜCKGANG DER<br />
PRODUKTION<br />
Driving the world<br />
Standard neu definiert<br />
Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie<br />
erwartet<br />
<strong>2024</strong> einen Rückgang in der<br />
Produk tion von knapp 3 Prozent<br />
auf nominal 14,8 Mrd. Euro.<br />
„Das bisherige Rekordvolumen<br />
2018/2019 von 17,0 Mrd. Euro<br />
kann auch nach fünf Jahren<br />
nominal noch nicht ausgeglichen<br />
werden“, bedauert<br />
Franz-Xaver Bernhard,<br />
Vorsitzender des VDW (Verein<br />
Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken).<br />
Die Inlandsnachfrage<br />
ist mit einem Minus von<br />
14 Prozent fast doppelt so stark<br />
gesunken wie die Auslandsnachfrage.<br />
Im Jahr 2023 ist die<br />
Produktion geschätzt nominal<br />
um knapp 8 Prozent gestiegen,<br />
auf 15,2 Mrd. Euro. Real sind das<br />
aufgrund der im Jahresmittel<br />
nach wie vor hohen Inflation<br />
2 Prozent Plus. Der Export ist<br />
um 9 Prozent gewachsen. Die<br />
Exportquote erreichte knapp<br />
70 Prozent. Der Inlandsabsatz<br />
konnte mit 5 Prozent nicht ganz<br />
so stark zunehmen.<br />
www.vdw.de<br />
Standardumrichter MOVITRAC ® advanced<br />
Der kompakte Allrounder passt sich mit seinem skalierbaren Funktionspaket<br />
ideal an Ihre Ansprüche an und eröffnet so viele Einsatzmöglichkeiten.<br />
Ihre Vorteile auf einen Blick:<br />
• Sie sparen Zeit: Auto-Inbetriebnahme in wenigen Sekunden<br />
• Sie vermeiden Fehler: durchgängig steckbare Einkabeltechnik<br />
• Sie sind flexibel: Regelung von Asynchron- und Synchronmotoren<br />
ohne/mit Geber<br />
• Sie bleiben offen: Kommunikation mit gängigen Steuerungssystemen<br />
www.sew-eurodrive.de/movitrac-advanced
SOFTSTARTER<br />
DEUTSCHER NACHHALTIGKEITSPREIS<br />
GEHT AN FLENDER<br />
Antriebsspezialist Flender ist mit dem Deutschen<br />
Nachhaltigkeitspreis <strong>2024</strong> in der Kategorie Maschinenbau<br />
ausgezeichnet worden. Flender-CEO Andreas Evertz<br />
nahm die Auszeichnung bei der Preisverleihung im<br />
Maritim Hotel Düsseldorf aus den Händen von Nachhaltigkeitsforscher<br />
Prof. Kai Niebert entgegen. Flender<br />
sei Qualitätsführer für Wind- und Industrieantriebe und<br />
trage damit in herausragender Weise zur Energiewende<br />
bei. Zudem habe das Unternehmen besonders wirksame,<br />
beispielhafte Beiträge zur Transformation<br />
geleistet, damit Vorbildcharakter erworben und richtige<br />
Signale in seine Branche und darüber hinaus gesendet,<br />
begründete die Jury ihre Entscheidung. Damit stehe der<br />
Getriebehersteller aus Bocholt an der Spitze der nachhaltigen<br />
Vorreiter im Maschinenbau. „Ich bin stolz, dass<br />
Flender zusammen mit vielen anderen Unternehmen im<br />
Zentrum der Energiewende und der industriellen<br />
Transformation agiert. Wir freuen uns sehr über diese<br />
Auszeichnung. Vielen Dank an die Jury und die Stiftung<br />
Deutscher Nachhaltigkeitspreis. Vor allem aber ein<br />
großes Dankeschön an das Flender-Team und an unsere<br />
Partner“, sagte Flender-CEO Andreas Evertz.<br />
www.flender.com<br />
VERNETZEN SIE SICH MIT<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de<br />
digital.<strong>antriebstechnik</strong>.de<br />
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www.<strong>antriebstechnik</strong>.de/xing<br />
REKORDWERT BEI FORSCHUNGSAUSGABEN<br />
Der Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland hat im Jahr 2022<br />
knapp 8,7 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben,<br />
wie der VDMA meldet. Das war eine Steigerung von knapp<br />
6 Prozent zum Vorjahr und zugleich ein Rekordwert. „Unsere Antwort<br />
auf Megatrends wie Dekarbonisierung, Automatisierung und<br />
Digitalisierung heißt Forschung und Innovation“, sagte<br />
Hartmut Rauen, stellvertretender VDMA-Hauptgeschäftsführer,<br />
anlässlich der Veröffentlichung der neuen Stifterverbandszahlen.<br />
„In fast allen Branchen basieren Produktion, Skalierung und Wettbewerbsfähigkeit<br />
auf innovativen Lösungen des Maschinenbaus.“ Auch<br />
die Zahl der Beschäftigten in Forschung und Entwicklung im Maschinen-<br />
und Anlagenbau hat laut Stifterverband im Jahr 2022 mit knapp<br />
54.000 Menschen (Vollzeitäquivalente) einen neuen Rekord erreicht.<br />
Dies entspricht einem Plus von gut 5 Prozent im Vergleich zum<br />
Vorjahr. „Unsere Branche ist der wichtigste Arbeitgeber für Ingenieurinnen<br />
und Ingenieure sowie generell für MINT-Berufe“, betont<br />
Rauen. Auch für das Jahr 2023 deutet sich an, dass der Stellenwert<br />
von Forschung und Entwicklung hoch bleibt und sogar noch weiter<br />
steigt. Laut Stifterverband rechnen die Unternehmen im Maschinenund<br />
Anlagenbau für das Jahr 2023 bei den FuE-Aufwendungen mit<br />
einem Plus von rund 5 Prozent. „Als zentraler Enabler der Industrie<br />
werden wir das FuE-Tempo weiter beschleunigen“, zeigt sich Rauen<br />
optimistisch. „Die Forschungszulage gibt uns im Maschinenbau<br />
dabei zusätzlichen Schub, weil sie themenoffen und auch für kleine<br />
und mittlere Unternehmen schnell erhältlich ist.“ Das Wachstumschancengesetz<br />
sieht eine deutliche Ausweitung insbesondere der<br />
förderfähigen Bemessungsgrundlage bei der Forschungszulage vor.<br />
„Endlich schließt sich damit auch bei Midrange Companies mit bis zu<br />
3.000 Beschäftigen die Lücke in der Innovationsförderung“, so Rauen.<br />
www.vdma.org<br />
NEUGART MIT NEUER FÜHRUNGSSTRUKTUR<br />
Der Getriebespezialist<br />
Neugart mit<br />
Hauptsitz im<br />
badischen Kippenheim<br />
bekommt mit<br />
Swen Herrmann (r.)<br />
und Holger<br />
Obergföll (l.)<br />
erstmals in der fast<br />
hundertjährigen<br />
Firmengeschichte<br />
zwei Geschäftsführer, die nicht zum Kreis der Inhaberfamilien<br />
gehören. Die Neuaufstellung der Unternehmensleitung bei der<br />
Neugart GmbH greift seit Jahresbeginn <strong>2024</strong>. Die neuen Geschäftsführer<br />
stammen dabei aus den eigenen Reihen: Swen Herrmann (44)<br />
ist bereits seit 2013 bei Neugart in verschiedenen Positionen tätig,<br />
zuletzt als Geschäftsleiter Business Development. Holger Obergföll<br />
(50) kam 2019 als Geschäftsleiter Supply Chain Management zum<br />
Unternehmen. Die bisherigen Geschäftsführer Bernd Neugart (2. v. l.)<br />
und Matthias Herr (2. v. r.)werden im Zuge der Strukturanpassung<br />
künftig in ihrer Hauptfunktion als Inhaber und Geschäftsführende<br />
Gesellschafter der Neugart Holding tätig sein. Die Rolle der Neugart<br />
Holding wird damit gestärkt: Sie bildete bisher schon das strategische<br />
Dach für die Neugart Gruppe. Jetzt wird die Neugart Holding<br />
verstärkt auf internationaler Ebene die Voraussetzungen dafür<br />
schaffen, dass sich die Unternehmen der Neugart Gruppe auch in<br />
Zukunft auf den Weltmärkten erfolgreich behaupten können.<br />
www.neugart.com<br />
8 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SOFTSTARTER<br />
MAINTENANCE <strong>2024</strong> WIEDER IM DOPPELPACK MIT<br />
PUMPS & VALVES<br />
Am 21. und 22. Februar <strong>2024</strong> trifft sich die Branche der industriellen<br />
Instandhaltung wieder in Dortmund – auf ihrer Leitmesse, der<br />
maintenance. Die Veranstaltung findet wieder gemeinsam mit der<br />
Pumps & Valves statt. Spannende Themen für den Austausch gibt es<br />
genug. Gezeigt werden technische Lösungen und Dienstleistungen im<br />
Bereich Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Industrielle Software<br />
und IT, Anlagenverwaltung, Effizienzberatung, Arbeitsschutz und<br />
Produktionssicherheit, Technische Planung, Mess-, Steuer-, Regeltechnik<br />
sowie Hydraulik, Pneumatik und Antriebstechnik. Parallel zur<br />
maintenance findet <strong>2024</strong> nach drei Jahren wieder die Pumps&Valves<br />
statt. Das Rahmenprogramm für beide Messen wird als Wissenszentrum<br />
der Branche wie gewohnt breit gefächert sein und spannende<br />
Themen bieten, unter anderem das Thema Nachhaltigkeit.<br />
www.maintenance-dortmund.de<br />
WOLFGANG MAYER WIRD VORSTAND<br />
TECHNIK BEI ZIEHL-ABEGG<br />
Der Aufsichtsrat der<br />
Ziehl-Abegg SE hat<br />
Wolfgang Mayer ab<br />
Februar <strong>2024</strong> zum neuen<br />
Vorstand Technik<br />
berufen. Der 50-Jährige<br />
hat in seinen vorigen<br />
Positionen Entwicklungstätigkeiten<br />
internationalisiert.<br />
So hat er etwa in<br />
China, Ungarn, Finnland<br />
und den USA die R&D-<br />
Bereiche auf- und<br />
ausgebaut „Diese<br />
Erfahrung wird mir bei Ziehl-Abegg zugutekommen“,<br />
bekräftigt Mayer. Ein Faible hat der Maschinenbauer<br />
auch für „smarte Produktarchitektur“. Der Diplom-<br />
Ingenieur war seit 1996 für Kuka tätig. Anfangs war<br />
er für verschiedene Funktionen in der Applikationsund<br />
Softwareentwicklung verantwortlich, später<br />
leitete der Maschinenbauingenieur für Kuka Robotics<br />
Forschung und Entwicklung im Bereich Mechatronik.<br />
Seit 2020 hatte er die Funktion des CTO bei Kuka<br />
Robotics inne.<br />
www.ziehl-abegg.de<br />
Zahnriemen!<br />
Wir lieben alle
SOFTSTARTER<br />
FVA GEMEINSCHAFTSFORSCHUNG<br />
HERAUSFORDERUNGEN IN CHANCEN<br />
WANDELN<br />
Antriebe sind unverzichtbar in zahlreichen Produkten, sie sind allgegenwärtig und<br />
bilden einen wesentlichen Bestandteil globaler Märkte. Das stellt<br />
Unternehmen vor die Herausforderung, ihre Antriebssysteme international<br />
wettbewerbsfähig zu machen und dabei möglichst umweltfreundliche Lösungen<br />
zu finden. Die von der Forschungsvereinigung Antriebstechnik organisierte<br />
Gemeinschaftsforschung bietet hier eine Reihe von Chancen.<br />
Die FVA GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen der<br />
Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) und<br />
der VDMA Services GmbH im VDMA, liefert mit ihrer<br />
fortschrittlichen Getriebesoftware, der FVA-Workbench,<br />
Lösungen für globale wettbewerbliche Herausforderungen. Dies<br />
erfolgt im Rahmen vorwettbewerblicher Gemeinschaftsforschung,<br />
wodurch nicht nur die Effizienz, sondern auch die<br />
Qualität der Getriebeentwicklung gesteigert werden.<br />
ANTRIEBE IM GLOBALEN WETTBEWERB<br />
Frühe Investitionen in aufstrebenden Märkten wie China und Indien,<br />
haben es deutschen Unternehmen ermöglicht, ihr Knowhow<br />
zu exportieren und lokale Präsenzen aufzubauen. Dadurch<br />
konnten originäre chinesische und indische Unternehmen international<br />
konkurrenzfähige Produkte entwickeln und vertreiben.<br />
In einem globalisierten Markt konkurrieren sie nun mit etablierten<br />
deutschen Anbietern.<br />
Der US-Markt ist geprägt durch Großunternehmen, wie Ford<br />
oder General Motors, sowie kleineren Auftragsfertigern. Antriebstechnische<br />
Entwicklungen werden dort häufig in den großen<br />
Norbert Haefke, Geschäftsführer der FVA GmbH<br />
OEMs durchgeführt. Seit 2008 zeigt Tesla, dass auch in den USA<br />
Antriebstechnik entwickelt werden kann. Laut Eurostat, dem Statistischen<br />
Bundesamt und dem VDMA betrug der Umsatz deutscher<br />
Maschinenexporte nach China im Jahr 2022 18,9 Milliarden<br />
Euro. Dadurch etablierte sich China neben den USA, die einen<br />
Umsatz von 24,9 Milliarden Euro aufwiesen, als einer der wichtigsten<br />
Handelspartner Deutschlands. Diese Länder bleiben weiterhin<br />
Schlüsselmärkte für deutsche Anbieter in der Antriebstechnik.<br />
EFFIZIENZ UND UMWELTFREUNDLICHKEIT<br />
In der Vergangenheit war das Getriebe ein Identitätsmerkmal für<br />
Marken, wie etwa bei Citroën, wo die Pfeile im Logo das leise,<br />
doppelschrägverzahnte Getriebe abbildeten. Heutzutage wird<br />
das Getriebe jedoch oft als austauschbare Massenware betrachtet,<br />
bei der der Preis häufig den Ausschlag gibt.<br />
Neben kommerziellen und technischen Gesichtspunkten gewinnen<br />
ökologische Faktoren an Bedeutung. Der Einfluss unseres<br />
Handelns auf das Klima rückt vermehrt in den Fokus vieler<br />
Unternehmen. Bei der Entwicklung CO 2<br />
-neutraler Produkte<br />
wird die Qualität zunehmend zu einem entscheidenden Aspekt.<br />
Die Herausforderung liegt folglich darin, wettbewerbsfähige<br />
Produkte zu entwickeln, die nicht nur effizient sind, sondern<br />
auch den Qualitätsanforderungen für umweltfreundliche Produkte<br />
gerecht werden. Hierbei spielen zwei Faktoren eine ent-<br />
10 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SOFTSTARTER<br />
scheidende Rolle: Erstens, vorwettbewerbliche Gemeinschaftsforschung<br />
und zweitens, ein flexibles Produktportfolio mit maßgeschneiderten<br />
Getriebelösungen.<br />
Betrachtet man die gegenwärtige Situation, befindet sich Europa<br />
in einer unangenehmen „Sandwichposition“ zwischen Asien<br />
und Amerika. Einerseits bieten asiatische Staaten zunehmend<br />
kostengünstige Produkte im Commodity-Bereich an, wobei staatliche<br />
Unterstützung und ein umfangreiches Arbeitskräftereservoir<br />
europäischen Anbietern die wirtschaftliche Bedienung<br />
dieses Marktsegments erschweren.<br />
Andererseits fördert die USA die heimische Produktion und bevorzugt<br />
Hersteller, die in den USA produzieren. Es ist nicht zu erwarten,<br />
dass der global zunehmende Protektionismus in den<br />
nächsten Jahren abnehmen wird.<br />
Hieraus ergibt sich für deutsche Anbieter die Notwendigkeit,<br />
sich im globalen Wettbewerb zu behaupten – insbesondere im<br />
Mittelstand. Möglicherweise bleibt uns in Europa kaum eine andere<br />
Chance als die Flucht nach vorne, indem wir uns auf technologisch<br />
anspruchsvolle Produkte im Hochpreissegment konzentrieren.<br />
Dies bedeutet aber auch, dass die bestehenden Produktportfolios<br />
überarbeitet und optimiert werden müssten, um<br />
die vorhandenen Reserven aus den Konstruktionen herauszuholen.<br />
Bei Neuentwicklungen muss von Anfang an auf maximale<br />
Leistungsdichte geachtet werden. Hierzu reichen die herkömmlichen<br />
normativen Ansätze mit ihren konservativen Annahmen<br />
nicht mehr aus.<br />
GEMEINSCHAFTSFORSCHUNG IN DER FVA<br />
Die vorwettbewerbliche Forschung, wie sie von der Forschungsvereinigung<br />
Antriebstechnik e.V. betrieben wird, ermöglicht wegweisende<br />
Erkenntnisse, ohne die eigenen Forschungs- und Entwicklungsbudgets<br />
zu belasten. Seit über fünfzig Jahren arbeiten<br />
Industrieentwickler und wissenschaftliche Forscher gemeinsam<br />
in der FVA an grundlegenden Fragen der Antriebs technik. Diese<br />
Form der industriellen Gemeinschaftsforschung bildet die Basis<br />
für Innovationen.<br />
Aktuelle Analysen aus dem FVA-TechRadar zeigen, dass die<br />
deutsche Antriebstechnik gut für zukünftige Entwicklungen gerüstet<br />
ist. Technologien wie Höchstdrehzahlen für die Wasserstoffverdichtung<br />
und langjährige Reibungsoptimierungen sind<br />
bereits fest im Repertoire verankert. Im Hinblick auf die zuvor<br />
genannten Herausforderungen ist der zweite Faktor komplexer.<br />
Es geht nicht nur um bewährte, geprüfte und erfolgreiche Produktlinien,<br />
sondern auch um die grundlegenden Unternehmensphilosophien.<br />
Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich durch<br />
ihr Verständnis für die Kundenwünsche aus und bieten maßgeschneiderte<br />
Produkte an, die exakt auf diese Bedürfnisse zugeschnitten<br />
sind.<br />
02 Enge Kooperation zwischen<br />
Forschungseinrichtungen und<br />
FVA-Mitgliedern wird zu einem Treiber<br />
für Innovationen<br />
01 Norbert Haefke,<br />
Geschäftsführer der FVA GmbH<br />
Die FVA-Workbench ist mehr als nur eine Software für Getriebedesign<br />
– sie fungiert als Brücke zwischen Gemeinschaftsforschung<br />
und effizienter Anwendung. Die Plattform übersetzt<br />
Forschungsergebnisse der Antriebstechnik in praxisrelevante<br />
Formate und bleibt stets auf dem neuesten Stand. Dies beschleunigt<br />
maßgeblich die Entwicklung und Innovation in der Antriebstechnik.<br />
Mit ihrer Zuverlässigkeit und benutzerfreundlichen Ausrichtung<br />
agiert die FVA-Workbench als verlässlicher Berater in<br />
dynamischen und volatilen Zeiten.<br />
Komplexe Zusammenhänge lassen sich in ihr einfach darstellen,<br />
was die Simulation und Bewertung von Einflüssen erleichtert.<br />
Der hohe Grad an Automatisierung ermöglicht Ingenieuren,<br />
sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, anstatt sich mit dem<br />
Abschreiben von Tabellen und Datenblättern aufzuhalten.<br />
Die holistischen Betrachtungsmöglichkeiten erlauben eine<br />
umfassende Herangehensweise an Getriebeentwicklungen – von<br />
der Konzeption bis zur Optimierung in allen Phasen. Sowohl die<br />
Wahl der Getriebebauform als auch die Feinheiten der Gehäusesteifigkeit<br />
können einfach berücksichtigt werden.<br />
Die in der Software verwendeten Berechnungsmethoden basieren<br />
auf Ergebnissen deutscher Spitzenforschung. Mitglieder<br />
der FVA begleiten die Projekte und bringen ihre Expertise ein,<br />
was ihnen eine bedarfsgerechte Gestaltung und einen tieferen<br />
Einblick in die Hintergründe der Verfahren ermöglicht. Diese<br />
weltweit einzigartige Verbindung zwischen Forschung und Praxis<br />
erlaubt den FVA-Mitgliedern, sowohl von den Erkenntnissen<br />
zu profitieren als auch aktiv an der Weiterentwicklung der Antriebstechnik<br />
teilzuhaben. Die enge Kooperation zwischen Forschungseinrichtungen<br />
und FVA-Mitgliedern wird so zu einem<br />
zentralen Treiber für Innovationen in der Branche und bietet die<br />
Möglichkeit, abseits des allgemeinen Wissens leistungsfähige<br />
und technisch anspruchsvolle Produkte effizient zu entwickeln.<br />
Die Experten der FVA sind auch in anderen zukunftsweisenden<br />
Themen des deutschen Maschinenbaus versiert. Dank des REXS-<br />
Modells (Reusable Engineering Exchange Standard) können Daten<br />
nahtlos zwischen verschiedenen Programmen ausgetauscht<br />
werden, wodurch Abschreibfehler und Übertragungsprobleme<br />
eliminiert werden. Durch die Standardisierung der REXS-Schnittstelle<br />
in der Asset Administration Shell ist das Getriebe vollständig<br />
in die vernetzte Industrie 4.0 integriert und beschreitet somit<br />
einen wegweisenden Pfad in Richtung digitaler Innovation.<br />
Denn nur durch den Vorsprung im Know-how und die konsequente<br />
Anwendung desselben wird es möglich sein, sich im internationalen<br />
Vergleich behaupten zu können.<br />
Bilder: FVA GmbH<br />
www.fva-service.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 11
SOFTSTARTER<br />
TRENDS FÜR KLEINE ANTRIEBE<br />
DETOXING UND SIMPLEXITY IN DER<br />
AUTOMATISIERUNG<br />
Zukunftstrends beschreiben Veränderungen und Strömungen in allen<br />
Bereichen der Gesellschaft, Wirtschaft oder Technologie, die eine neue<br />
Bewegung beziehungsweise Marschrichtung auslösen. Zu den aktuellen<br />
Megatrends zählen beispielsweise Globalisierung, Dekarbonisierung,<br />
Digitalisierung, Individualisierung, aber auch Detoxing, also das Entfernen von<br />
Giften, sowie Simplexity, was die Vereinfachung komplexer Strukturen<br />
bezeichnet. Auch in der Antriebstechnik werden diese Trends Wirkung zeigen.<br />
Ellen-Christine Reiff, M.A., Alex Homburg, Dipl.-Wirt. Ing., Redaktionsbüro Stutensee<br />
12 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SOFTSTARTER<br />
Immer wieder stellen Zukunftsforscher ihre Erkenntnisse über<br />
aktuelle Zukunftstrends vor. Diese Trends werden sämtliche<br />
Bereiche des menschlichen Lebens beeinflussen. Faulhaber<br />
hat diesen Gedanken zu Ende gedacht und überlegt, wie etwa<br />
der Trend „Detoxing“ sich auf die Antriebstechnik auswirken<br />
wird. Das Wort Detoxing stammt aus dem Griechischen und bedeutet<br />
„weg vom Gift“. Das hat Faulhaber nicht mehr nur auf<br />
Nachhaltigkeits- und Umweltaspekte in der eigenen Produktion<br />
bezogen. Stattdessen gingen die Antriebsspezialisten der Frage<br />
auf den Grund, wie Antriebssysteme zu innovativen Entgiftungsmethoden<br />
beitragen können. Die Antriebe selbst können zwar<br />
nichts entgiften, aber zum Beispiel dabei helfen, dass in der<br />
Landwirtschaft umweltschonender gearbeitet wird, beispielsweise<br />
durch punktgenaue Düngerdosierung oder Unkrautbekämpfung<br />
ohne Chemie.<br />
SMART FARMING SCHONT DIE UMWELT<br />
Solche Smart-Farming-Konzepte setzen sich immer mehr durch.<br />
Anders als die traditionellen landwirtschaftlichen Großgeräte<br />
sind die Maschinen und Komponenten des Smart Farming in der<br />
Regel kompakter und leichter. Das heißt, dass für die Motoren oft<br />
nur wenig Einbauplatz vorgesehen ist. Trotzdem müssen sie als<br />
Antriebe genug Kraft liefern, um die jeweilige Aufgabe in zahllosen<br />
Zyklen zuverlässig zu bewältigen.<br />
Eine typische Anwendung ist das gezielte Ausbringen von<br />
Dünger. Das Düngergranulat gelangt im Optimalfall zielgenau<br />
dosiert auf das Feld. Hinter der individuellen Zuführung steckt<br />
eine ausgeklügelte Technik: Das Düngemittel wird durch mehrere<br />
Trichter zu sechs Dosierwellen mit je fünf Segmenten geführt.<br />
Die Steuerung kommuniziert über CAN-Bus mit den Dosierwellen.<br />
Deren Nockenräder unterteilen dann das Granulat in kleine<br />
Portionen. Danach wird das Granulat per Gebläse mit einem<br />
Luftstrom beschleunigt und zum Auslass befördert. Treibende<br />
Kraft der einzelnen Nockenrad-Segmente sind bürstenlose<br />
Flachmotoren der Reihe 4221…BXT. Bei nur 42 mm Durchmesser<br />
liefern sie dank innovativer Wickeltechnik und optimierter Auslegung<br />
ein Drehmoment von 134 mNm. Sie wurden außerdem<br />
mit einem applikationsspezifischen Getriebe ausgestattet. Die<br />
Drehzahl des Motors regelt dann die Menge des ausgebrachten<br />
Düngers.<br />
Der Trend zum Detoxing lässt sich aber auch bei der Unkrautbekämpfung<br />
verfolgen: Werden hier weniger oder keine Herbizide<br />
eingesetzt, besteht weniger Bedarf, den Körper zu entgiften.<br />
Wenn auf dem Feld zum Beispiel Roboter eingesetzt werden, die<br />
mittels gezielter Laserbestrahlung unerwünschte Unkräuter verbrennen,<br />
kann auf Chemie verzichtet werden. Treibende Kraft<br />
für die präzise Positionierung des Laserstrahls sind kompakte<br />
Antriebssysteme von Faulhaber, die ihre Aufgabe in zahl losen<br />
Zyklen zuverlässig erledigen, dabei hocheffizient arbeiten und<br />
robust genug sind, um auch unter rauen Umgebungsbedingungen<br />
auf dem Feld dauerhaft zu funktionieren.<br />
01<br />
01 Weniger Belastung für den Körper: In der Insulinpumpe sorgen<br />
Kleinstantriebe für eine präzise und kontinuierliche Arzneimitteldosierung<br />
02 Detoxing beginnt bereits in der Landwirtschaft<br />
02<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 13
SOFTSTARTER<br />
Der zweite Zukunftstrend, den die Antriebsspezialisten von<br />
Faulhaber in der eigenen Entwicklung umsetzen, ist „Simplexity“.<br />
Damit bezeichnet die Zukunftsforschung die einfache, möglichst<br />
intuitive Bedienbarkeit von komplexen Systemen, also auch die<br />
Anwenderfreundlichkeit technischer Geräte, zu denen auch Antriebe<br />
zählen.<br />
Die analogen Zeiten sind in der Antriebstechnik weitgehend<br />
Geschichte. In der modernen Automatisierungstechnik sind vernetzte<br />
Lösungen Stand der Technik. Anlagenbauer stehen dabei<br />
vor der Herausforderung, Antriebe in heterogene Systeme zu integrieren,<br />
in denen 50-W-Servos gleichberechtigt neben Antrieben<br />
mit mehreren KW Leistung betrieben werden. Wo früher<br />
Kleinstservos durchaus auch über analoge Sollwerte oder einfache<br />
RS232-Schnittstellen eingebunden wurden, sind zum Beispiel<br />
in Robotik und Maschinenbau die durchgängige Verfügbarkeit<br />
von Standardkommunikationsschnittstellen wie EtherCAT<br />
bis hin zu kleinen Baugrößen eher die Regel als die Ausnahme.<br />
Die Antriebskonfiguration ist dadurch heute deutlich komplexer<br />
als noch vor einigen Jahren. Allerdings sollte sie im Sinne von<br />
Simplexity für den Anwender nicht komplizierter sein.<br />
Im Kern begegnet Faulhaber den Anforderungen aus den heterogenen<br />
Anlagen mit einem deutlich erweiterten Produktsupport.<br />
Anwender aus Robotik und Maschinenbau sind Experten für ihre<br />
Prozesse, die Details der Antriebskonfiguration sind eher eine<br />
Hürde. Großen Wert legt Faulhaber daher auf eine möglichst einfache<br />
Inbetriebnahme unterschiedlichster Antriebskonfigurationen<br />
mit dem kostenlos verfügbaren Faulhaber Motion Manager.<br />
03 Der bürstenlose<br />
Flachläufer der Serie BXT<br />
regelt die Düngermenge<br />
über die Motordrehzahl<br />
PATIENTENGERECHTE MEDIZINTECHNIK<br />
Ein weiterer Bereich, in dem innovative Antriebssysteme zu einem<br />
Detoxing beitragen können, ist die Medizintechnik, zum<br />
Beispiel bei der Insulinversorgung von Diabetespatienten. Hier<br />
gibt es seit einiger Zeit Insulinpumpen, die der Patient am Körper<br />
trägt. Sie geben kontinuierlich eine kleine Menge Insulin ab. Das<br />
nach den Mahlzeiten zusätzlich benötigte Insulin lässt sich per<br />
Knopfdruck steuern. Für die meisten Anwender ist das eine große<br />
Erleichterung und bedeutet weniger Stress für deren Körper.<br />
Zentraler Bestandteil der Insulinpumpen ist eine Ampulle mit<br />
dem Insulin, das bei Bedarf mit der batteriebetriebenen Pumpe<br />
über einen Katheter und eine Kanüle in den Körper gelangt. Ein<br />
kleiner Motor drückt über die Gewindestange den Stopfen der<br />
Insulinampulle so nach vorne, dass Insulin abgegeben wird. Die<br />
Anforderungen an den Motor sind dabei äußerst hoch: Um das<br />
tragbare Gerät leicht halten zu können, muss der Motor kompakt<br />
sein, in der Regel darf der Durchmesser nicht mehr als etwa<br />
10 mm betragen. Dabei muss er eine zuverlässige und präzise<br />
Leistung erbringen, denn sowohl zu wenig als auch zu viel Insulin<br />
sind für den Patienten schädlich. Zudem muss er wegen des<br />
Batteriebetriebs sehr effizient arbeiten. Faulhaber stellt dafür<br />
verschiedene Motorentechnologien zur Verfügung: Motoren mit<br />
Edelmetallbürsten, bürstenlose Motoren mit 2-Pol-Technologie<br />
sowie Schrittmotoren.<br />
Mittlerweile zeichnen sich weitere Anwendungsgebiete für<br />
diese Technologie ab. Auch bei chronischen Krankheiten wie etwa<br />
Parkinson oder bei Immundefekten sind Patienten auf regelmäßige<br />
Injektionen angewiesen.<br />
ANTRIEBSSYSTEME SCHNELL INS FELD BRINGEN<br />
SOFTWARE FÜR SPEED- UND<br />
MOTION-CONTROLLER<br />
Die Software bietet dem Anwender eine umfangreiche Unterstützung<br />
bei Inbetriebnahme und Konfiguration. Die grafische<br />
Benutzeroberfläche ermöglicht eine einheitliche und intuitive<br />
Vorgehensweise unabhängig von der Gerätefamilie und der verwendeten<br />
Schnittstelle. Neben einem neu gestalteten Bereich zur<br />
einfachen Inbetriebnahme und Konfiguration der Antriebssysteme<br />
enthält der neue Motion Manager verschiedene Tools<br />
zum Bedienen und Beobachten des Antriebsverhaltens, eine Entwicklungsumgebung<br />
für Ablaufprogramme und einen Wartungsbereich<br />
für Diagnosen und Firmware-Update. Bei der Konfiguration<br />
werden die Gegebenheiten der Anwendung berücksichtigt,<br />
der Austausch von Antrieben wird unterstützt und der direkte<br />
Zugriff aufs Handbuch ist ebenfalls möglich.<br />
Die nächste Hürde für die Anwender stellt dann die Integration<br />
der lauffähigen Achsen in die verschiedensten SPS-Umgebungen<br />
dar. Hilfe lässt sich im Supportbereich der Homepage<br />
finden. Hier erleichtern vorbereitete Anwendungsbeispiele und<br />
Application-Notes die Arbeit. Wo nötig schalten sich die Antriebsexperten<br />
über Teamviewer auf die Kundenanlage auf.<br />
Bilder: Faulhaber, click_and_photo – stock.adobe.com, Rauch<br />
www.faulhaber.com<br />
DIE IDEE<br />
„Mit der Verbindung der Megatrends<br />
mit Anwendungen aus der Antriebstechnik<br />
im Rahmen unserer Kundenveranstaltung<br />
‚Innovation & Trends‘<br />
wollten wir unseren Kunden zeigen,<br />
wie eng technische Entwicklungen<br />
und gesellschaftliche Trends<br />
verbunden sind. Unter Umständen<br />
kann dieser Gedanke weitere<br />
Innovationen anstoßen.“<br />
Dipl.-Ing. (BA) Andreas Seegen,<br />
Leiter Marketing, Dr. Fritz Faulhaber<br />
GmbH & Co. KG, Schönaich<br />
14 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
MARKTPLATZ<br />
MODULARE SERVOMOTOREN<br />
Beckhoff erweitert<br />
sein Portfolio um eine<br />
modulare Servomotor-<br />
Baureihe mit integrierter<br />
Wasserkühlung.<br />
Die AM8300-Servomotoren<br />
erreichen<br />
eine äußerst hohe<br />
Leistungsdichte durch<br />
die effziente Kühlung. Auf kleinstem Bauraum kann je nach<br />
Baugröße eine Nennleistung von bis zu 40 kW abgegeben<br />
werden. Gegenüber vergleichbaren konvektionsgekühlten<br />
Motoren steigt das Stillstandsdrehmoment um das Dreifache.<br />
Technologisch basiert die AM8300-Serie auf der bewährten<br />
Baureihe AM8000 und deren Baukastensystem mit seiner<br />
großen Vielfalt an Optionen. Mit der Wasserkühlung steigt<br />
zwar das Drehmoment, das Rotorträgheitsmoment bleibt aber<br />
konstant. Dies zeigt sich in der hohen Dynamik der Servomotoren.<br />
Besonders geeignet sind sie in Anwendungen mit<br />
höheren Drehzahl- und Drehmomentanforderungen. Durch die<br />
Wasserkühlung und die Schutzart IP65 ist der AM8300 auch für<br />
anspruchsvolle Umgebungsbedingungen und hohe Umgebungstemperaturen<br />
geeignet.<br />
www.beckhoff.com<br />
LASTSPITZEN KAPPEN MIT EMS<br />
Moog stellt ein neues<br />
Energiemanagement-<br />
System (EMS) für<br />
Maschinen mit<br />
Elektrohydrostatischen<br />
Antriebssystemen<br />
vor. Im Maschinenbau<br />
werden immer<br />
mehr Antriebssysteme<br />
vom servohydraulischen Drosselprinzip auf Elektrohydrostatische<br />
Antriebssysteme (EAS) umgestellt. Die 4-Quadrantenfähigkeit<br />
der bei dieser Technologie eingesetzten elektrohydrostatischen<br />
Pumpeneinheit und Servoregler erlaubt es in<br />
Kombination mit dem neuen Energiemanagement-System,<br />
regenerative Leistungsflüsse, die beim Bremsen oder durch<br />
Druckentlastung entstehen, zu speichern und wieder zu<br />
nutzen. Das EMS besteht aus Ein- und Ausspeisung sowie<br />
Energiespeicher. Es eignet sich besonders für oszillierende<br />
Anwendungen bei denen sehr hohe positive und negative<br />
Leistungsspitzen auftreten und eher geringe Prozessenergien<br />
benötigt werden. Beispiele sind elastische Materialprüfungen<br />
oder Gaskompressoren und Druckübersetzer. Auch bei Umformpressen,<br />
Spritzgießmaschinen und Hexapoden sind diese<br />
Peak-Shaving-Ansätze sinnvoll.<br />
www.moog.com<br />
NACH GRÖSSERER ENERGIEEFFIZIENZ STREBEN<br />
Um die Produktivität zu erhöhen und gleichzeitig Umweltbelastungen zu reduzieren,<br />
entwickelt ABB ressourceneffiziente Produkte. Lösungen wie Synchron-Reluktanzmotoren<br />
senken laut Unternehmen den Energieverbrauch im Prozess um bis zu 25 %. Auch<br />
für das intelligente Management aller Energieströme hat ABB passende Lösungen. Der<br />
„ABB Ability Energy and Asset Manager“ unterstützt Anwender beim Erkennen und<br />
Verstehen von Schwachstellen und Zusammenhängen, indem er die Erfassung und die<br />
Analyse des Energieflusses von Anlagen und ganze Standorten ermöglicht.<br />
www.abb.com<br />
Das Multitalent<br />
SD4S - High-Speed-Frequenzumrichter<br />
oder hochdynamischer Servoverstärker<br />
Jetzt Produktvideo<br />
ansehen:<br />
UMFANGREICHE ANTRIEBSFUNKTIONEN<br />
KOMPAKT<br />
Kundenspezifische<br />
Lösungen möglich<br />
www.sieb-meyer.de<br />
FLEXIBEL<br />
LEISTUNGSFÄHIG<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 15
UMRICHTERTECHNIK<br />
HOCHGESCHWINDIGKEITSANWENDUNGEN<br />
FREQUENZUMRICHTER<br />
HELFEN SPAREN<br />
Mit verbesserter Prozessorleistung und<br />
erweiterten Regelfunktionen trägt die neue<br />
SD4x-Frequenzumrichter-Familie von Sieb & Meyer<br />
dazu bei, Energieverbrauch und CO 2<br />
-Emissionen zu<br />
reduzieren. Dies gilt zum einen für die Anwendung<br />
selbst, deren Wirkungsgrad durch den Einsatz der<br />
innovativen Gerätetechnologie steigt. Zum anderen<br />
schaffen die Antriebs- und Steuerungslösungen der<br />
Lüneburger Hochgeschwindigkeits-Spezialisten zum<br />
Teil erst die Voraussetzung für bestimmte<br />
klimafreundliche Applikationen, die wiederum die<br />
Energiewende befördern.<br />
Markus Finselberger, Vertriebsleiter Antriebselektronik, Sieb & Meyer AG, Lüneburg<br />
„Im internationalen Vergleich nimmt Deutschland heute<br />
bei den Energiepreisen eine Spitzenstellung ein“, erklärt<br />
Torsten Blankenburg, CTO der Sieb & Meyer AG. „Das ist eine<br />
starke Motivation, die Effizienz von Industrieprozessen<br />
zu verbessern und dabei gleichzeitig Kosten und CO 2<br />
einzusparen.<br />
Hinzu kommt der CO 2<br />
-Preis, der in Zukunft immer<br />
weiter steigen wird. Das heißt, letztendlich sind die<br />
beiden Treiber für eine CO 2<br />
-Reduzierung wirtschaftliche<br />
und natürlich umwelttechnische Betrachtungen.“<br />
HOHE PWM-FREQUENZEN<br />
Mit seiner SD4x-Frequenzumrichter-Familie für Hochgeschwindigkeitsanwendungen<br />
leistet Sieb & Meyer einen<br />
direkten Beitrag, den Wirkungsgrad verschiedener Applikationen<br />
deutlich zu verbessern und dadurch am Ende bares<br />
Geld zu sparen.<br />
„Unsere Frequenzumrichter reduzieren die Motorerwärmung<br />
und erhöhen gleichzeitig den System-Wirkungsgrad<br />
um mehrere Prozentpunkte“, bilanziert Torsten Blankenburg.<br />
„Zum Beispiel im Fall einer 200-kW-Applikation konnte eine<br />
Wirkungsgradsteigerung von ca. 2 % erreicht werden. Dies<br />
16 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
UMRICHTERTECHNIK<br />
bedeutet im 24/7-Betrieb 39 MWh pro Jahr und entsprechend<br />
10.000 € bei einem Strompreis von 0,26 € pro kWh. Gleichzeitig<br />
emittiere ich 15 Tonnen weniger CO 2<br />
. Das bedeutet bei einer CO 2<br />
-<br />
Abgabe von aktuell 30 €/t eine weitere Ersparnis von 450 €.“ Die<br />
zweiprozentige Steigerung des Wirkungsgrads, so Blankenburg,<br />
haben Messreihen unterschiedlicher Kunden bestätigt.<br />
Das Alleinstellungsmerkmal der Frequenzumrichtertechnologie<br />
von Sieb & Meyer sind zum einen die hohen Schaltfrequenzen<br />
der Pulsweitenmodulation (PWM), die die Frequenzumrichter<br />
der SD4x-Generation bereitstellen können. „Unser Standard<br />
bei der Nennfrequenz ist das Maximum vieler Marktbegleiter. Das<br />
heißt, unsere Geräte sind auf PWM-Frequenzen ausgelegt und dadurch<br />
für Hochgeschwindigkeits-Anwendungen geeignet. Der<br />
Anwender muss also keine Abstriche bei der Leistungsfähigkeit<br />
der Geräte machen. Darüber hinaus sind unsere maximalen Frequenzen<br />
beispielsweise bei der SD4S-Serie noch einmal doppelt<br />
so hoch, wie bei vergleichbaren Wettbewerbsgeräten“, erläutert<br />
Torsten Blankenburg.<br />
Durch die hohe Schaltfrequenz der Frequenzumrichter von<br />
Sieb & Meyer lässt sich gerade bei niederinduktiven Motoren der<br />
für die Motorerwärmung relevante Rippelstrom signifikant senken.<br />
Denn während beispielsweise bei einer Frequenz von 8 kHz<br />
das Ausgangssignal stark von der gewünschten Sinusform abweicht,<br />
erzeugen 32 kHz eine fast perfekte Sinuskurve. Und je<br />
perfekter die Sinuswelle, desto geringer ist wiederum die Erwärmung,<br />
die im Rotor stattfindet.<br />
DAS M STEHT FÜR MULTILEVEL<br />
Neben den hohen PWM-Frequenzen stellt die SD4x-Familie auch<br />
entsprechend hohe Ausgangsfrequenzen zur Verfügung. Diese<br />
erlauben nicht nur hohe Motor-Drehzahlen, sondern darüber<br />
hinaus auch den Einsatz 4-poliger statt 2-poliger Motor-Designs.<br />
„Für ein 4-poliges Design benötigt der Motorenhersteller für die<br />
gleiche Drehzahl die doppelte Ausgangsfrequenz, er kann den<br />
Motor aber insgesamt viel kürzer und kompakter bauen und auf<br />
diese Weise mechanische Schwingungen im Hochgeschwindigkeitsantrieb<br />
minimieren“, beschreibt Torsten Blankenburg den<br />
Zusammenhang. „Durch die hohen Ausgangsfrequenzen schaffen<br />
wir also Freiheitsgrade für den Motorhersteller, kompakte Motoren<br />
mit hoher Leistungsdichte zu bauen. Diese wiederum sind<br />
die Voraussetzung für effiziente Highspeed-Applikationen mit<br />
hohem Wirkungsgrad, wie beispielsweise Turbokompressoren,<br />
die sich mit einem 2-poligen Motor gar nicht realisieren lassen.“<br />
Ein weiterer technologischer Kniff zur Steigerung des Wirkungsgrads<br />
einer Anwendung ist der Einsatz der PWM-Modulation<br />
mit einer Multilevel-Endstufe. Diese reduziert die Wirbelstromverluste<br />
im Rotor und dadurch die Motorerwärmung.<br />
Darüber hinaus wird nur mit der halben Spannung geschaltet<br />
und dadurch die Beanspruchung der Isolation verringert.<br />
Sieb & Meyer stellt die Multilevel-Technologie in seiner SD4M-<br />
Serie zur Verfügung – das M in der Typenbezeichnung steht dabei<br />
für Multilevel.<br />
OPTIMIERTE REGELUNG VON IPM-MOTOREN<br />
01 Die PWM-Modulation mit einer<br />
Multilevel-Endstufe reduziert die Wirbelstromverluste<br />
im Rotor und dadurch die<br />
Motorerwärmung<br />
Zu den Talenten der SD4x-Familie gehört auch die optimierte Regelung<br />
von IPM-Motoren. IPM-Motoren stellen deutlich höhere<br />
Anforderungen an den Frequenzumrichter. So muss der Stromwinkel<br />
in Abhängigkeit des Betriebspunktes optimal in die Maschine<br />
eingeprägt werden, um in jedem Betriebspunkt das maximal<br />
mögliche Drehmoment herauszuholen. Für einen optimalen<br />
Wirkungsgrad ist darüber hinaus die Abhängigkeit der Motorinduktivität<br />
von Strom und Frequenz zu berücksichtigen. Die<br />
SD4x-Frequenzumrichter können die beschriebenen Abhängigkeiten<br />
durch spezielle Regelstrukturen genau erfassen und im<br />
jeweiligen Arbeitspunkt optimal regeln, sodass sich immer das<br />
optimale Moment bei gleichzeitig geringstem Motorstrom ergibt.<br />
Das minimiert die Verluste in Motor und Umrichter, verbessert<br />
die Energiebilanz und reduziert die CO 2<br />
-Emissionen.<br />
Wie sich der Einsatz der Frequenzumrichter von Sieb & Meyer<br />
in der Praxis auswirkt, zeigt das Beispiel einer Abwasseraufbereitungsanlage,<br />
die mit Turboverdichtern oder Turbokompressoren<br />
belüftet wird. Die Hauptcharakteristik dieser Anwendung ist der<br />
Rund-um-die Uhr-Betrieb der Verdichter bzw. Kompressoren an<br />
365 Tagen im Jahr. Entsprechend ist die Anlageneffizienz ein<br />
wichtiges Thema, eine möglichst geringe Motorerwärmung die<br />
große Herausforderung. Sieb & Meyer löst diese Anforderungen<br />
mit seinem SD4M mit Multilevel-Endstufe. Auf diese Weise kann<br />
der Wirkungsgrad der Turboverdichter bzw. –kompressoren um<br />
mehrere Prozentpunkte erhöht werden.<br />
Ein weiteres Anwendungsbeispiel sind Schnellladelösungen<br />
für Regionen mit schwacher Netzstruktur. Die Schnellladestation<br />
arbeitet in Verbindung mit einem Schwungmassenspeicher, auch<br />
Flywheel genannt, der die zum Laden des Elektro-Fahrzeugs benötigte<br />
Energie bereitstellt und zwischen den Ladevorgängen erneut<br />
Energie speichern kann. Die große Herausforderung dieser<br />
Anwendung ist das Hochvakuum, unter dem der Rotor des Flywheels<br />
arbeitet. Durch dessen hohe Isolationswirkung kann die<br />
Wärmeabfuhr ausschließlich über Strahlungswärme erfolgen.<br />
Darüber hinaus handelt es sich um ein magnetgelagertes, sprich<br />
kontaktloses System, so dass die Rotorwärme nicht über die<br />
Lagerung ausgeschleust werden kann. „Das heißt, dieses System<br />
benötigt die geringstmögliche Erwärmung, damit es überhaupt<br />
vernünftig arbeiten kann“, fasst Torsten Blankenburg zusammen.<br />
„Unsere Frequenzumrichter produzieren ein Minimum an Wärme,<br />
so dass sie solche Anwendungen optimal unterstützen beziehungsweise<br />
zum Teil überhaupt erst möglich machen.“<br />
ABWÄRMEKRITISCHE ANWENDUNGEN<br />
Unter anderem haben heute Rechenzentren extrem hohe Aufwendungen<br />
für das Kühlen ihrer Systeme. Gefragt sind deshalb<br />
hocheffiziente Klimageräte, die sich optimalerweise mit risikoarmen<br />
Kältemitteln betreiben lassen. Der Einsatz von Turbo-<br />
Technologie in Kombination mit Wasser als Kältemittel bietet<br />
hier eine nachhaltige Lösung. Eine besondere Herausforderung<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 17
UMRICHTERTECHNIK<br />
02 Mit der SD4x-<br />
Produkt familie existiert ein<br />
Baukasten an unterschiedlichen<br />
Antriebsfunktionen,<br />
der für jedes Highspeed-<br />
Applikationsfeld eine<br />
Option bietet<br />
ist dabei der verwendete Hochgeschwindigkeits-Synchronmotor mit<br />
hoher Leistungsdichte, der nur eine geringe Rotorerwärmung erlaubt<br />
und hocheffizient angetrieben werden muss. Dabei reduziert die<br />
Folien lagerung die mögliche Abfuhr der Rotorwärme zusätzlich auf<br />
ein Minium.<br />
„Wir sind in diesem Anwendungsfall praktisch der Enabler“, kommentiert<br />
Torsten Blankenburg. „Denn für diese Anwendung ist ein Kompressor<br />
mit hoher Leistungsdichte notwendig, und der Motor muss entsprechend<br />
hocheffizient angetrieben werden bei gleich zeitig geringer<br />
Erwärmung. Das ist die Voraussetzung, um so ein System überhaupt<br />
zum Laufen zu bringen. Die Lösung ist hier unser SD2S, das Vorgängermodell<br />
des SD4S, den wir kundenspezifisch angepasst haben.“<br />
Im Bereich der Grün-Strom-Erzeugung über ORC- (Organic Rankine<br />
Cycle) oder Mikrogasturbinen sorgt die SD4M-Serie von Sieb & Meyer<br />
für das geforderte hohe Maß an Effizienz. Denn sowohl bei der Verstromung<br />
von Biogas als auch von Abwärme über den ORC-Prozess müssen<br />
Hochgeschwindigkeits-Generatoren effizient betrieben werden,<br />
um den bestmöglichen Wirkungsgrad zu generieren. Beide Prozesse<br />
basieren auf einem Turboverdichter, welcher die Turbine mit Verbrennungsgasen<br />
bzw. dem verdampften Kältemittel aus dem ORC-Prozess<br />
speist. Die zur Verfügung stehenden Varianten mit DC-Versorgung<br />
ermöglichen dabei die Kopplung mit externen Ein speisenetzteilen,<br />
welche auf die weltweit unterschiedlichen Netz bedingungen optimiert<br />
sind.<br />
DIE SD4X-FAMILIE<br />
Aktuell umfasst die SD4x-Familie die SD4B-, die SD4S- und die SD4M-<br />
Serie. Den SD4S gibt es in den Baugrößen B, C und D, mit insgesamt<br />
7 Geräte-Varianten für unterschiedliche Spannungs- und Leistungsklassen.<br />
Der SD4M steht in 4 Baugrößen mit 7 Leistungsklassen im<br />
Bereich 83 kVA bis 554 kVA zur Verfügung. „Zurzeit arbeiten wir an<br />
der Ausweitung der Leistungsklassen innerhalb der SD4S-Serie“,<br />
blickt Torsten Blankenburg in die Zukunft. „Unser erklärtes Ziel ist es,<br />
dass wir unsere komplette SD2S-Serie <strong>2024</strong> durch die SD4S-Serie ersetzen<br />
können.“<br />
Bilder: Kletr – stock.adobe.com; Sieb & Meyer<br />
www.sieb-meyer.de<br />
DIE IDEE<br />
„Mit der SD4x-Familie bietet<br />
Sieb & Meyer dem Anwender einen<br />
Baukasten an unterschiedlichen<br />
Antriebsfunktionen, so dass für<br />
jedes Highspeed-Applikationsfeld<br />
jeweils die optimale Antriebsfunktion<br />
zur Verfügung steht.<br />
Ob Fräs- und Schleifspindeln,<br />
Turbo verdichter und -Kompressoren,<br />
Turbinen, Schraub- und Presstechnik,<br />
Servo-Positionierung oder Wafer-<br />
Dicing – Sieb & Meyer hat nicht nur<br />
eine Lösung, sondern immer die<br />
optimale. Softwareseitig und durch<br />
verschiedene Geberschnittstellen<br />
besteht die Möglichkeit, die<br />
unterschiedlichsten Applikationen<br />
zu unterstützen.“<br />
Torsten Blankenburg, CTO bei<br />
Sieb & Meyer, Lüneburg<br />
18 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
DREIMAL MEHR DRIVE<br />
Bosch Rexroth zeigte<br />
auf der SPS 2023 drei<br />
neue Lösungen aus dem<br />
Antriebsportfolio<br />
Ctrl-X-Drive. Das<br />
Unternehmen entwickelt<br />
sein Angebot<br />
an Servoantrieben<br />
konsequent weiter:<br />
Durch die Integration in die Produktfamilie Ctrl-X-Drive<br />
profitieren Anwender von der Offenheit, Skalierbarkeit und<br />
Flexibilität des kompletten Automatisierungsbaukastens. Ab<br />
sofort steht ein neuer Servoantrieb für den Leistungsbereich<br />
von 0,05 bis 1,5 kW zur Verfügung. Er ist 50 Prozent kleiner<br />
als die vorherige Antriebsgeneration Indra-Drive-Cs und<br />
bietet zudem verschiedene Features, wie etwa eine virtuelle<br />
Inbetriebnahme über den digitalen Zwilling. Außerdem<br />
präsentierte das Unternehmen die dritte Generation schaltschrankloser<br />
Antriebe. Das IP65-Antriebssystem ermöglicht<br />
hohe Flexibilität durch seine Einzel- und Doppelachskonstruktion,<br />
eine skalierbare Anzahl an Achsen, verschiedene<br />
Kühlungskonzepte, Multi-Ethernet und Multi-Encoder,<br />
konfigurierbare Erweiterungen und vieles mehr. Eine neue<br />
Servoklemme für den Kleinspannungsbereich 24 V / 48 V<br />
komplettiert das Portfolio. Sie zeichnet sich unter anderem<br />
durch hohe Leistungsdichte, weniger Verkabelung, passive<br />
Kühlung sowie schnelle und einfache Inbetriebnahme aus.<br />
www.boschrexroth.com<br />
NEUER DICHTUNGSWERKSTOFF FÜR DIE<br />
LEBENSMITTELINDUSTRIE<br />
Mit der Neuentwicklung<br />
AF 680 erweitert der<br />
Dichtungshersteller<br />
C. Otto Gehrckens sein<br />
Sortiment um einen<br />
FEPM-Werkstoff für die<br />
kritischen Einsatzbereiche<br />
in der Lebensmittelproduktion<br />
und deren<br />
Peripherien. Für die Rezeptur wurde ein speziell konzipiertes<br />
Aflas-Basispolymer genutzt. Der von COG compoundierte<br />
Spezial-Dichtungswerkstoff verfügt erstmalig über die<br />
wichtige branchenrelevante Freigabe nach FDA 21. CFR<br />
177.2600 und ist laut Hersteller absolut verlässlich im Einsatz<br />
mit SIP- und CIP-Prozessen. Im Gegensatz zu peroxydischvernetzten<br />
FKM-Hochleistungswerkstoffen, kann dieser neue<br />
FEPM Compound auch in den mehr und mehr geforderten<br />
aggressiveren Reinigungs-Zyklen mit Laugenspülungen<br />
(Basen) bei hohen Temperaturen (ca. 140 °C) problemlos<br />
eingesetzt werden. Selbst bei den Hochtemperatur SIP-<br />
Prozessen bei ca. 150 °C ist die Volumenquellung so gering,<br />
dass dieser Compound gut in die engen Einbauräume der<br />
Sterilverschraubungen eingebaut werden kann, die dem<br />
Hygienic Design entsprechen. Als Hochleistungselastomer<br />
aus der Aflas-Serie präsentiert sich AF 680 gegenüber einer<br />
Vielzahl unterschiedlicher Chemikalien äußerst beständig –<br />
auch gegenüber Aromastoffen und ätherischen Ölen.<br />
www.cog.de<br />
INTELLIGENT VERNETZT<br />
KIMO.indd 1 18.04.2017 14:40:18<br />
Auf der SPS 2023 rückte<br />
Ebm-Papst industrielle<br />
Antriebstechnik und<br />
Automatisierung in den<br />
Fokus – neben seinen<br />
Lösungen für die Schaltschrank-<br />
und Elektronikkühlung.<br />
Um Antriebslösungen<br />
für fahrerlose<br />
Transportfahrzeuge ging es in einem Vortrag des Unternehmens.<br />
Besucher erfuhren, wie das Fahr-Lenk-System ArgoDrive<br />
in AGVs integriert wird. Es referierte Steffen Schmidt, Marktmanager<br />
Intralogistik bei dem Familienunternehmen. Zuverlässige<br />
und intelligente Vernetzungslösungen bildeten einen<br />
Schwerpunkt. Innerhalb der ECI-Baureihe sind Antriebe mit<br />
integrierter Bus-Schnittstelle unter dem Begriff K5-Elektronikfunktionalität<br />
bereits etabliert. Nun können die Innenläufermotoren<br />
durch eine performante Schnittstellenelektronik<br />
zusätzlich über EtherCAT angesprochen werden. Die Vorteile für<br />
dezentrale Antriebe liegen vor allem in der Synchronisation<br />
mehrerer Achsen, dem reduzierten Integrationsaufwand und<br />
einer platzsparenden Konstruktion in der Maschine. EtherCAT<br />
ist echtzeitfähig und bietet eine hohe Synchronisationsgenauigkeit<br />
in einer Größenordnung von Nanosekunden.<br />
www.ebmpapst.com<br />
SERVOMOTOR MIT MECHANISCHEM ENCODER<br />
Speziell für den Positionierund<br />
Dauerbetrieb entwickelt:<br />
Die neuen Servomotoren der<br />
AZX-Serie von Oriental Motor<br />
erreichen laut eigenen Angaben<br />
hohe Drehmomente im<br />
oberen Drehzahlbereich und<br />
eignen sich besonders für<br />
Anwendungen mit langen<br />
Verfahrwegen. Ein mechanischer Multiturn-Absolut-Encoder ist<br />
eingebaut, sodass jederzeit Positionsinformationen zur<br />
Verfügung stehen. Dies ermöglicht ein schnelles Fahren in die<br />
Grundstellung, was die Maschinenzyklen verkürzt. Der Encoder<br />
erkennt die absolute Position des Antriebs bis ± 900 Umdrehungen<br />
der Motorwelle von der Referenzposition, also 1.800<br />
Umdrehungen. Die Servomotoren gibt es in der Standardausführung<br />
mit Flanschmaßen von 60 mm und 85 mm sowie in<br />
einer Variante mit PS-Getriebe (Flanschmaß: 90 mm). Beide<br />
sind mit einer elektromagnetischen Bremse ausgestattet. Als<br />
Zubehör ist auch ein Bremswiderstand erhältlich, der an den<br />
Treiber angeschlossen wird und die Bremsenergie abführt.<br />
www.orientalmotor.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 19
UMRICHTERTECHNIK<br />
EINBLICKE IN DIE ELEKTRONIKFERTIGUNG<br />
EIN FREQUENZUMRICHTER ENTSTEHT<br />
Mit 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern produziert Nord am Standort<br />
Aurich in Ostfriesland jedes Jahr etwa 183.000 Frequenzumrichter,<br />
Tendenz steigend. Wie der bekannte Antriebsspezialist seine Fertigung<br />
vom automatischen Kleinteilelager über die SMD-Bestückung bis hin zur<br />
Montage und den abschließenden Tests der Geräte organisiert hat, erzählt<br />
der Artikel in Form einer Werksführung.<br />
Das ist unser kleinstes Bauteil“, sagt Werksleiter<br />
Gerhard Harms. Und glücklicherweise ist die Komponente<br />
zu Anschauungszwecken in Plexiglas eingefasst,<br />
sonst hätte man sie vielleicht verpasst. Sie misst nämlich<br />
gerade mal 0,5 x 1,0 mm. Bis dieses Miniaturteil zusammen<br />
mit bis zu 800 anderen auf eine Leiterplatte aufgebracht ist, bis<br />
diese Platte in einem Frequenzumrichter verbaut ist und bis<br />
dieser Frequenz umrichter dann einen Getriebemotor von Nord<br />
energieeffizient steuern und mit Leistung versorgen kann – bis<br />
Jörg Niermann, Bereichsleiter Marketing, Nord Drivesystems Gruppe<br />
dahin sind einige Produktionsschritte notwendig. Alle werden<br />
im Werk von Nord Electronic im ostfriesischen Aurich ausgeführt,<br />
das nur 30 km von der Nordseeküste entfernt liegt.<br />
NEUE MARKTANFORDERUNGEN ERFÜLLEN<br />
Im Jahr 1984 wurde die Elektronikfertigung errichtet und wird<br />
seither stetig ausgebaut. „Speziell kundenindividuell konfigurierte<br />
Antriebselektronik wird immer mehr im Markt nachgefragt“,<br />
erzählt Harms. „Wir sind bestens gerüstet für den steigenden<br />
Bedarf und können schnell und flexibel auf Kundenwünsche<br />
und Marktveränderungen reagieren.“ Kundenindividuelle<br />
und Standardteile produziert das Werk inzwischen fast<br />
zu gleichen Anteilen.<br />
20 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
UMRICHTERTECHNIK<br />
Rund 6 Mio. Euro wurden dafür im Jahr 2022 in den Standort<br />
investiert und die Produktionsfläche auf 7.000 m 2 erweitert.<br />
Im Mittelpunkt der Produktion steht das automatische<br />
Kleinteilelager, um das herum sich die verschiedenen Fertigungs-,<br />
Montage-, Test- und Logistikabteilungen gruppieren.<br />
Eingehende Teile, von einem fahrerlosen Transportsystem<br />
bereitgestellt und allesamt digital erfasst, werden<br />
dort ebenso gelagert wie selbst gefertigte Baugruppen.<br />
Die Fertigung elektronischer Baugruppen hat NED in<br />
zwei große Bereiche aufgeteilt: eine SMD- und eine THT-<br />
Fertigung. Die SMD-Fertigung (Surface-mounted Devices)<br />
besteht aus zwei großen Produktionslinien von Bestückungsautomaten.<br />
Hier werden die kleinen Bauteile automatisiert<br />
auf Leiterplatten aufgebracht. Die Teile werden,<br />
eingeschweißt in lange Kunststoffstreifen und auf große<br />
Spulen aufgebracht, den Bestückungsautomaten zugeführt.<br />
Aus acht Bestückungsautomaten besteht eine Linie, etwa<br />
zwei Dutzend Spulen werden auf einem Spulenwagen jedem<br />
Automaten zur Verfügung gestellt.<br />
PRAKTISCH OHNE AUSSCHUSS<br />
Parallel zur Bestückung bereiten Mitarbeitende aus der<br />
Rüst abteilung weitere Spulenwagen für neue Aufträge vor,<br />
was kurze Umrüstzeiten ermöglicht. Am Ende der Linie<br />
wartet dann ein Lötautomat auf die bestückten Platten, um<br />
die Bauteile zu fixieren. „Bis zu 35.000 Leiterplatten fertigt<br />
eine Produktionslinie pro Stunde“, erklärt Harms. Jede Platte<br />
wird mit einem eindeutigen Code zur Identifikation versehen<br />
und passiert am Ende eine Automatische Optische<br />
Inspektion. Leiterplatten, die das System reklamiert, werden<br />
nochmals händisch überprüft. „Das ist fast immer falscher<br />
Alarm, wir produzieren hier praktisch ohne Ausschuss“,<br />
betont Harms.<br />
Die weitere Bestückung der Platten mit größeren Bauteilen<br />
erfolgt dann in der THT-Fertigung (Through Hole Technology)<br />
vis-à-vis auf der anderen Seite des Kleinteilelagers.<br />
Dort bestücken Mitarbeitende die Platten manuell. Dafür<br />
visualisiert das Fertigungsleitsystem auf einem Monitor,<br />
welche Bauteile wo platziert werden müssen.<br />
PRODUKTION RUND UM<br />
AUTOMATISCHES<br />
KLEINTEILELAGER<br />
Anschließend durchläuft die bestückte Platte eine der zwei<br />
Lötstraßen: Mit flüssigem Lötzinn von etwa 250 °C werden<br />
die Bauteile zuverlässig verlötet. Damit sind die Platinen<br />
fertig, einbaubereit sind sie indes noch nicht: Jede einzelne<br />
wird noch mithilfe einer eigenen Software geprüft. Dann ist<br />
die Platine bereit für die Vormontage und Montage.<br />
MONTAGEPLATZ FÜR JEDES MODELL<br />
In der Vormontage einzelner Baugruppen arbeitet Nord<br />
unter anderem mit einer Behindertenwerkstatt im Werk,<br />
die physisch oder psychisch gehandicapte Mitarbeitende<br />
beschäftigt. „Die Kolleginnen und Kollegen hier leisten<br />
wirklich großartige Arbeit und sind sehr gut in unser Team<br />
integriert“, sagt Harms.<br />
Sämtliche Vormontagen und Montagen werden manuell<br />
durchgeführt. Für jedes einzelne Frequenzumrichtermodell<br />
gibt es speziell ausgestattete Fließmontageplätze:<br />
Auf Führungsbahnen schieben Mitarbeiter den im Aufbau<br />
befindlichen Umrichter zu den verschiedenen Stationen.<br />
01 Moderne Lötstraße<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 21
UMRICHTERTECHNIK<br />
02 Leiterplatten und weitere Komponenten<br />
werden manuell montiert<br />
DIE IDEE<br />
Die Anordnung von Teilen, Baugruppen und Werkzeugen an<br />
den Stationen gibt den Ablauf der Fertigung vor, zusätzlich<br />
werden die Umrichter mit ihren Komponenten auch auf einem<br />
Monitor visualisiert. Neben den Plätzen für die Montage<br />
von Standardkomponenten gibt es eigene Montageplätze für<br />
kundenindividuell konfigurierte Antriebs elektronik.<br />
TEST ZU GUTER LETZT<br />
Sämtliche Umrichter durchlaufen anschließend einen Funktionstest<br />
und werden an die Stromversorgung und einen<br />
Motor angeschlossen. „Wir simulieren im Test alle möglichen<br />
Zustände, Voll- und Teillast und Störungen wie einen<br />
Kurzschluss“, so Harms. Anschließend wird jedes zehnte<br />
Werkstück aus dem Ablauf ausgeschleust und einem Chargentest<br />
unter dem Erreichen der üblichen Betriebstemperatur<br />
unterzogen.<br />
Und wie viele Fehlfunktionen werden dabei so festgestellt?<br />
„Überhaupt keine“, sagt Werksleiter Harms stolz. „Wir machen<br />
das im Grunde nur, um unseren Kunden doppelt und dreifach<br />
abgesicherte Qualität zu bieten.“ Und weil das so gut ankommt,<br />
steigt seit Jahren die Nachfrage nach Antriebselektronik<br />
von Nord, und am Standort Aurich wird schon die nächste<br />
Werkserweiterung mit einer nochmaligen deutlichen Steigerung<br />
der Produktions kapazitäten geplant.<br />
Bilder: Nord Drivesystems<br />
www.nord.com<br />
DOPPELT UND DREIFACH<br />
ABGESICHERTE QUALITÄT<br />
„40 Jahre Elektronikfertigung von<br />
Nord in Aurich: In dieser Zeit sind<br />
wir kontinuierlich gewachsen.<br />
Im Jahr 2022 wurden zuletzt 6 Mio.<br />
Euro investiert und die Produktionskapazitäten<br />
am Standort noch<br />
einmal deutlich ausgebaut. Wir<br />
verfügen heute über eine moderne<br />
Elektronikfertigung mit hoher<br />
Fertigungstiefe, von der SMD-<br />
Bestückung bis zur Gerätemontage<br />
und der Prüftechnik für Funktionstests.<br />
So sind wir bestens für die<br />
wachsenden Anforderungen des<br />
Marktes aufgestellt und können<br />
individuelle Kundenwünsche schnell<br />
und flexibel umsetzen.“<br />
Gerhard Harms, Werksleiter,<br />
Getriebebau Nord GmbH & Co. KG,<br />
Aurich<br />
22 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
MARKTPLATZ<br />
SYNCHRON-SERVOMOTOR MIT<br />
INTEGRIERTEM WECHSELRICHTER<br />
AMK Motion stellt am<br />
5. und 6. März erstmals auf<br />
der regionalen Fachmesse<br />
„All about Automation“ in<br />
Friederichshafen aus.<br />
Besucher können sich über<br />
die elektrische Antriebs-,<br />
Steuerungs- und Automatisierungstechnik<br />
des Kirchheimer Unternehmens informieren.<br />
Besonderes Highlight ist der iDT5, ein Synchron-Servomotor<br />
mit integriertem Wechselrichter. Er vereint den<br />
Wechselrichter iX mit dem Servomotor DT. Beide sind<br />
direkt miteinander verdrahtet und daher schnell montiert.<br />
Die mechatronische Funktionseinheit befindet sich ebenso<br />
wie die Einzelkomponenten in einem Metallgehäuse.<br />
Das Gehäuse schützt den schock- und vibrationsfesten<br />
Wechselrichter und Servomotor nach Schutzart IP65 vor<br />
Staub und Feuchtigkeit. Anwender können den Antrieb mit<br />
anderen Komponenten, wie etwa dezentralen Servowechselrichtern,<br />
nach dem Daisy-Chain-Konzept schnell und einfach<br />
miteinander verkabeln. Außerdem zeigt das Unternehmen<br />
den Hybridverteiler KHY.<br />
www.amk-motion.com<br />
ALLROUNDER FÜR ÜBER 50 LÄNDER<br />
Ob Förderbänder,<br />
Hubwerke oder<br />
Palettierer, der<br />
neue kompakte<br />
Frequenzumrichter<br />
Movitrac<br />
advanced von<br />
SEW Eurodrive ist<br />
sehr breit<br />
einsetzbar; er<br />
eignet sich für viele Anwendungsbereiche von der einfachen<br />
Drehzahlsteuerung, über die geberlose Drehmomentregelung<br />
bis hin zum dynamischen Positionierbetrieb. Als<br />
Bestandteil des Automatisierungsbaukastens Movi-C kann<br />
der Umrichter asynchrone und synchrone Drehstrommotoren<br />
mit und ohne Geber regeln. Die standardisierte<br />
Einkabeltechnik im Baukasten mit digitaler Motorschnittstelle<br />
Movilink DDI ermöglicht die automatische Identifikation<br />
eines Getriebemotors des Herstellers. Dies beschleunigt<br />
die Inbetriebnahme und führt gleichzeitig zu einer<br />
platzsparenden Installation. Der Allrounder ist standardmäßig<br />
für den Einsatz in über 50 Ländern konzipiert,<br />
beispielsweise durch die Kennzeichen CE, UL oder RCM.<br />
Ein Leistungsbereich bis 315 kW sowie Weitspannungsbereiche<br />
für 230 V und 400 V bringen die nötige Flexibilität<br />
für den globalen Einsatz mit. Zur Anbindung an Steuerungssysteme<br />
stehen wahlweise Profinet, EtherCAT,<br />
EtherNet/IPTM, Modbus TCP oder Powerlink als Schnittstelle<br />
zur Verfügung. Über Profisafe, Safety-over-EtherCAT<br />
oder CIP SafetyTM ist optional auch eine sichere Kommunikation<br />
realisierbar.<br />
www.sew-eurodrive.de<br />
LEISTUNGSSTARKE HIGH SPEED<br />
DRIVES LÖSUNG<br />
Bearbeitungsspindeln,<br />
Turbogebläse oder<br />
-kompressoren,<br />
Gasturbinen, Expander<br />
oder Vakuumpumpen:<br />
Für diese und viele<br />
weitere Anwendungen,<br />
in denen Ausgangfrequenzen<br />
von<br />
über 2.000 Hz gefordert<br />
sind, bietet KEB Automation ab sofort mit den neu entwickelten<br />
„High Speed Drives“ eine Lösung. In Kombination mit den<br />
Combiline Z2 Sinusfiltern werden Motoren bei hohen Drehzahlen<br />
in besonderem Maße geschützt sowie der Systemwirkungsgrad<br />
effektiv erhöht. Für die schnelle und ressourcenschonende Inbetriebnahme<br />
der High Speed Drives stehen innovative Simulationsmethoden<br />
zur Verfügung. Mit einer Leistung bis 450 kW und<br />
Schaltfrequenzen von 2 kHz bis 16 kHz sind die robusten und<br />
besonders kompakten Umrichter für anspruchsvolle Anwendungsbereiche<br />
optimiert. Die High Speed Drives ermöglichen hohe<br />
Ausgangsfrequenzen von bis zu 2.000 Hz. Zudem sind flüssigkeitsund<br />
luftgekühlte Versionen des Umrichters verfügbar. In Kombination<br />
mit den Combiline Z2 Sinusfiltern profitieren Anwender von<br />
einer leistungsfähigen Systemlösung mit aufeinander abgestimmten<br />
Komponenten. Die Ausgangsfilter bestehen aus einer Motordrossel<br />
und einem Kondensator und sind durch das Baukasten-<br />
Prinzip flexibel an verschiedene Anwendungen anpassbar. Für das<br />
optimale Zusammenspiel aller High-Speed-Komponenten setzt<br />
KEB auf Matlab/Simulink.<br />
www.keb-automation.com<br />
PLUS AN LEISTUNG UND WIRKUNGSGRAD<br />
Im Herbst 2023<br />
stellte die BMR<br />
GmbH ihren<br />
neuen Frequenzumrichter<br />
SFU0200X vor.<br />
Das Update des<br />
bewährten SFU0200 überzeugt durch mehr Flexibilität,<br />
Leistung und einen verbesserten Wirkungsgrad.<br />
Der SFU0200X bietet mit 510 VA gegenüber bisher 480 VA ein<br />
Plus an Leistung für den Dauerbetrieb und als Reserve im<br />
Pulslastbetrieb – und das bei Verzicht auf den außenliegenden<br />
Kühlkörper. Deutlich kompakter in ihrer Abmessung sorgen die<br />
Tischgeräte-Variante wie auch das SSE-Schaltschrankgerät für<br />
eine Platzersparnis gegenüber dem Vorgängermodell.<br />
Damit eröffnet die Innovation auch neue Einsatzmöglichkeiten.<br />
Die Frequenzumrichter eignen sich für Applikationen mit<br />
synchronen und asynchronen Hochdrehzahl-Spindeln. Ein<br />
optional verfügbarer Synchrongleichrichter im Netzteil reduziert<br />
die Erwärmung und erhöht die Effizienz und den Wirkungsgrad.<br />
Es stehen jetzt jeweils 4 frei parametrierbare<br />
Ein- und Ausgänge für die Kommunikation mit der Steuerung<br />
zur Verfügung. Dies erlaubt eine noch flexiblere Einbindung in<br />
die Applikation. Bei den Ausgängen schalten 3 davon mit einem<br />
echten aktiven 24-V-Pegel und steuern die SPS-Eingänge direkt<br />
an. Ohne weitere Beschaltung spart dies Zeit und Kosten.<br />
www.bmr-gmbh.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 23
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
Klaus Deleroi, Geschäftsführer<br />
der Reintjes GmbH, Hameln<br />
GEHÄUSE FÜR SCHIFFSGETRIEBE DRUCKEN<br />
DAS IST GEWALTIG UND WIRKLICH<br />
BEEINDRUCKEND!<br />
Der Bau von Schiffsgetrieben kostet viel Zeit und Geld. Nicht nur wegen<br />
steigenden Energiekosten, hohem Materialbedarf und anfälligen Lieferketten<br />
sind Unternehmen auf der Suche nach nachhaltigen Alternativen in der<br />
Fertigungstechnik. Reintjes setzt auf den 3D-Druck im XXL-Format und<br />
beteiligt sich an einem Forschungsprojekt. Wie der Experte für maritime<br />
Getriebe damit in Zukunft Material sparen und das Klima schonen möchte,<br />
erklärt Geschäftsführer Klaus Deleroi in einem Gespräch.<br />
24 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
Demonstrationsanlage<br />
in einer Werkhalle von<br />
Reintjes: Der mit Wänden<br />
verkleidete 3D-Drucker im<br />
XXL-Format verfügt über<br />
einen Bauraum von<br />
4,5 x 3 x 1,5 m<br />
Herr Deleroi, Ihre Branche steht – wie die gesamte Wirtschaft –<br />
in den kommenden Jahren vor gewaltigen Herausforderungen.<br />
Ausgerechnet in dieser Phase präsentieren Sie nun eine Lösung<br />
mit Zukunftspotenzial?<br />
Das ist richtig. Gemeinsam mit einigen Partnern haben wir im<br />
Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Klimaschutz geförderten Forschungsprojekts einen 3D-Drucker<br />
im Großformat entwickelt. Das Projekt hat mehr als vier Jahre<br />
gedauert, allein unser Kostenanteil lag bei rund 450.000 Euro. In<br />
einer unserer Werkhallen haben wir jetzt tatsächlich einen riesigen<br />
– und vor allem funktionierenden – 3D-Drucker stehen.<br />
Viereinhalb mal drei mal eineinhalb Meter misst der Bauraum.<br />
Das ist gewaltig und wirklich beeindruckend!<br />
Sie sagen, der Drucker ist funktionstüchtig. Läuft er also schon<br />
dauerhaft und produziert Teile für Reintjes?<br />
Nein. Wir dürften das Gerät auch gar nicht in unsere Produktionsabläufe<br />
integrieren, weil es eben ein Forschungsobjekt ist<br />
und deshalb nur zu Forschungszwecken genutzt werden darf.<br />
Und es gibt noch weiteren Entwicklungsbedarf, bevor die so<br />
hergestellten Teile überhaupt marktreif wären. Deshalb arbeiten<br />
wir gerade an einem Folgeprojekt.<br />
Das klingt eher nach einer langfristigen Lösung. Wann werden<br />
Sie die Technologie produktiv einsetzen können?<br />
Mit Sicherheit kann ich das nicht sagen, sondern nur schätzen.<br />
Vielleicht können wir in zehn Jahren mit einem solchen 3D-<br />
Drucker unsere Produktionsabläufe ergänzen und optimieren.<br />
GROSSES POTENZIAL FÜR<br />
SONDERANFERTIGUNGEN<br />
In welchen Bereichen könnten Sie einen 3D-Drucker denn<br />
überhaupt einsetzen?<br />
Der 3D-Druck besitzt vor allem für Sonderanfertigungen großes<br />
Potenzial. Da reden wir von individuellen Gehäusen für Schiffsgetriebe.<br />
Durch den 3D-Druck könnten wir dem großen Materialbedarf<br />
entgegenwirken, sparen also Kosten und senken auch<br />
noch den Energiebedarf drastisch. Gleichzeitig sind wir nicht<br />
ZUR PERSON<br />
Klaus Deleroi hat Schiffsmaschinenbau an der<br />
Technischen Universität Delft (Niederlande) studiert und<br />
ist seit 2015 Geschäftsführer der Reintjes GmbH mit Sitz<br />
im niedersächsischen Hameln. Zuvor war er in verschiedenen<br />
Positionen unter anderem bei MTU Friedrichshafen<br />
und MAN Diesel tätig.<br />
mehr abhängig von Materiallieferungen, die teilweise viele Monate<br />
dauern. In der Serienfertigung bringt uns ein solches Gerät<br />
nach jetzigem Stand aber nichts.<br />
Welche tatsächlichen Material- und Energieeinsparungen sind<br />
zu erwarten?<br />
Anfang 2023 haben wir beispielhaft ein Getriebegehäuseteil mit<br />
dem 3D-Drucker hergestellt. Im Vergleich zum herkömmlichen<br />
Produktionsverfahren konnten wir das Gewicht um rund 36 Prozent<br />
reduzieren. Zudem betrug die Energieersparnis 41 Prozent.<br />
Was hat Reintjes bewogen, sich in die Entwicklung eines<br />
3D-Druckers aktiv einzubringen?<br />
Das hat zwei Gründe: einen emotionalen und einen ganz pragmatischen.<br />
Der emotionale war, dass ich 2015, als ich gerade bei<br />
Reintjes angefangen hatte, bei einer Veranstaltung einen kleinen<br />
3D-Drucker präsentiert und etwas darüber erzählt habe. Zu<br />
Gast war damals auch der heutige niedersächsische Wirtschaftsminister<br />
Olaf Lies. Und der hat mir gesagt, dass ich größer denken<br />
müsse. Das hat mich angespornt und das habe ich mir zu<br />
Herzen genommen.<br />
Der pragmatische Teil der Geschichte ist: Mit einem so großen<br />
3D-Drucker sparen wir Material – und damit auch Geld – und<br />
machen uns unabhängiger von Lieferanten. Und wir verbrauchen<br />
weniger Energie. Das ist nachhaltig und wir tun so auch<br />
etwas für das Klima.<br />
Bilder: Rouven Theiß/Reintjes; Reintjes GmbH<br />
www.reintjes-gears.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 25
WÄLZ- UND GLEITLAGER<br />
SPINDEL- UND PENDELROLLENLAGER<br />
FORTSCHRITT IN DER<br />
WÄLZLAGERTECHNIK<br />
Langlebige Hochleistungswälzlager für ganz bestimmte Betriebsbedingungen:<br />
Mit diesem Konzept geht Findling neue Wege und ergänzt sein Sortiment um<br />
eine technisch adäquate Alternative zu seinen High-End-Produkten.<br />
Anwender können damit Kosten sparen und profitieren von kurzen Lieferzeiten.<br />
Möglich wurde dies durch jüngste Fortschritte in der Fertigungstechnik,<br />
digitale Prozesse und eine konsequente Anwendungsoptimierung.<br />
Im Bereich der Spindel- und Pendelrollenlager bietet die<br />
Findling Wälzlager GmbH aus Karlsruhe ihren Kunden neuerdings<br />
neben ihren Premiumprodukten auch ein technologisch<br />
ebenbürtiges Sortiment aus der ABEG extreme-Serie als wirtschaftlichere<br />
Alternative an. Bislang gehörten diese Lagertypen<br />
in Deutschland zu den anspruchsvollsten Anwendungen in der<br />
Wälzlagertechnik.<br />
Inhaber Klaus Findling erläutert: „Aus diesem Grund war es<br />
bei diesen beiden Produktsortimenten bislang kaum möglich,<br />
dem Kunden neben dem Premiumsortiment auch alternative Lösungen<br />
auf technologisch höchstem Niveau anzubieten.“ Ein<br />
Sprung im Bereich Fertigungstechnologie, beim Design und den<br />
Werkstoffen hat den Partnerwerken in enger Zusammenarbeit<br />
mit Findling nun den Weg in die Premium- Leistungsklasse geebnet.<br />
Auf Basis seiner jahrzehntelangen Expertise hat das Unternehmen<br />
darüber hinaus die neuen Sortimente noch genauer auf<br />
die jeweilige Anwendung abgestimmt. Kunden profitieren von<br />
anwendungsoptimierter Leistung, während gleichzeitig, durch<br />
den Verzicht auf nicht benötigte Features, die Kosten sinken.<br />
Doch worin bestehen nun die Besonderheiten dieser beiden<br />
Lager typen? Und welche fertigungstechnischen Herausforderungen<br />
sind zu meistern?<br />
MIT GERINGSTEN TOLERANZEN FERTIGEN<br />
Bei der Produktion von Spindellagern liegt die Schwierigkeit in<br />
erster Linie in der sehr hohen Präzision und der dafür notwendigen<br />
Fertigungstechnologie. Bisher konnten Präzisionsklassen bis<br />
P4 problemlos und wirtschaftlich hergestellt werden. Sobald es<br />
aber in Richtung P4S, P2 oder sogar P4S-K5 ging, wurde der Ausschuss<br />
zu groß. Dies hat sich nun nachhaltig verändert und die<br />
Herstellkosten verringern sich zusehends. Hochpräzise Werk-<br />
26 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
01<br />
01 Spindellager mit<br />
Phenolharz-Käfig:<br />
Der Klassiker überzeugt<br />
durch hohe Rundlaufgenauigkeit<br />
und Präzision<br />
02<br />
02 Die Käfigausführung<br />
lässt sich an der typischen<br />
Farbe erkennen: rechts das<br />
Lager mit einem Polyamid<br />
PA.46 Käfig und links in<br />
Rot der Phenolharz-Käfig<br />
zeugmaschinen machen es möglich, Komponenten für die Spindellager<br />
mit den erforderlichen Toleranzen zu fertigen. Außerdem<br />
sind durchgängig digitalisierte Prozesse nötig, um eine<br />
100-prozentige Qualitätsprüfung zu realisieren – einschließlich<br />
der Messwertaufnahme für jedes einzelne Lager. Diese Technologien<br />
sind inzwischen weltweit verfügbar. Während der Corona-<br />
Phase ist so unbemerkt, neben den Kernmärkten für die Wälzlagertechnik<br />
wie Japan und Europa, ein weiterer starker Markt<br />
entstanden.<br />
LEISTUNGSKLASSEN<br />
Mit der Sortimenterweiterung um Spindellager der Marke ABEG<br />
baut Findling auch sein ABEG eXtreme-Portfolio aus und führt<br />
alle hochpräzisen Wälzlagerprodukte unter dem Markenbegriff<br />
Xprecise im Findling Portfolio zusammen. Xprecise steht für eine<br />
neue Gruppe im Spezialsortiment ABEG extreme, bei der die<br />
Faktoren Laufgenauigkeit und Fertigungspräzision im Vordergrund<br />
stehen. Die weiterhin verfügbaren High-End-Produkte<br />
namhafter Markenhersteller laufen ausschließlich unter der<br />
ABEG-Leistungsklasse Premium.<br />
Spindellager sind grundsätzlich in Richtung Rundlaufgenauigkeit<br />
und Drehzahl optimiert. Wie gut ein Spindellager diesen Anforderungen<br />
entspricht, darüber gibt die sogenannte Toleranzklasse<br />
Auskunft. Das Angebot von Findling reicht von P5 in aufsteigender<br />
Qualitätsrichtung bis P4S-K5. Dabei werden die Klassen<br />
P4S, P2 und P4S-K5 dem Xprecise-Segment zugeordnet,<br />
während die Präzisionsklassen P4 und P5 im Standardsortiment<br />
der ABEG-Leistungsklassen Premium und Supra zu finden sind.<br />
„Damit ermöglichen wir unseren Kunden eine einfache Unterscheidung<br />
und Auswahl entsprechend der Anwendungsanforderungen“,<br />
erklärt Findling. „Ergänzend ermöglichen wir Höchst-<br />
Präzisions-Anwendungen in P4S-K5, was lediglich einem Drittel<br />
der Toleranz von P2 und damit den Anforderungen hochpräziser<br />
Schleifspindeln und eben Xprecise entspricht.“<br />
Im Rahmen der Xprecise-Serie für Spindellager stehen unterschiedliche<br />
Rohmaterialen zur Verfügung. Neben besonders<br />
hochreinem Wälzlagerstahl ist alternativ der Hochleistungsstahl<br />
Cronidur X30 verfügbar, der sich unter anderem aufgrund seiner<br />
Randschicht-Nitrierung, seiner Korrosionsbeständigkeit und der<br />
hohen Reinheit hervorragend für die Spindellagerfertigung eignet.<br />
VIER KÄFIGTYPEN<br />
Bei der Produktion der Spindellager-Käfige kommen im Wesentlichen<br />
vier verschiedene Materialien beziehungsweise Technologien<br />
zum Einsatz. Der „Klassiker“ ist ein Phenolharz-Käfig: Aus<br />
einem Vollprofil hochpräzise auf einer Drehmaschine gefertigt,<br />
hat er eine hohe Rundlaufgenauigkeit und Präzision, ist jedoch<br />
entsprechend teurer.<br />
Alternativ kommen im Spritzgussverfahren hergestellte Polyamidkäfige<br />
mit 25 (PA66-25GF) oder 30 Prozent (PA46-30GF)<br />
Glasfaseranteil zur Anwendung. Darüber hinaus gibt es den Spezialwerkstoff<br />
PEEK (Polyetheretherketon) für High-End-Anwendungen<br />
mit hoher Lagertemperatur, der ebenfalls spanend bearbeitet<br />
wird.<br />
„Eines unserer Alleinstellungsmerkmale ist die Vielfalt der Käfige,<br />
die eine technisch wie wirtschaftliche Optimierung der Produktkonfiguration<br />
ermöglicht“, betont Findling. In der Xprecise-<br />
Serie werde alle vier Käfig-Typen angeboten. PA46-30GF und<br />
PEEK werden dabei nur auf Kundenwunsch für Hochtemperaturanwendungen<br />
gefertigt.<br />
Auch Highspeed-Hybridspindellager (HS719; HS70) findet der<br />
Anwender nun im Xprecise-Segment, mit der Option Keramikkugeln<br />
auch aus japanischer Fertigung zu wählen.<br />
HOHE BELASTUNGEN UND DREHZAHLEN<br />
Die Anforderungen für Pendelrollenlager könnten kaum unterschiedlicher<br />
sein: Ihr Einsatzbereich wird von hochbelasteten<br />
Anwendungen im Anlagenbau dominiert. Hier sind nicht nur die<br />
Umgebungsbedingungen herausfordernd, sondern auch der erforderliche<br />
Fluchtungsfehlerausgleich bei hoher Belastung, aber<br />
gleichzeitig niedrigen Drehzahlen. Allerdings gibt es auch das<br />
andere Extrem: So stehen in der Lüftungstechnik und im Getriebebau<br />
vor allem hohe Drehzahlen im Mittelpunkt.<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 27
WÄLZ- UND GLEITLAGER<br />
Kunststoffe für Spindellager-Käfige<br />
Kunststoff<br />
Zug-E-Modul [N/mm 2 ]<br />
nach DIN EN ISO 527-2<br />
Zugfestigkeit [N/mm 2 ]<br />
nach DIN EN ISO 527-2<br />
Kugeldruckhärt [N/mm 2 ]<br />
nach ISO 2039-1<br />
Dichte [g/cm 3 ]<br />
nach DIN EN ISO 1183<br />
Einsatztemperatur [°C]<br />
dauerhaft<br />
Einsatztemperatur [°C]<br />
kurzzeitig<br />
PA 66 3.100 85 160 1,14 − 40 – 100 − 40 – 170<br />
PA 66-GF25 8.000 170 240 1,32 − 40 – 110 − 40 – 180<br />
PA 66-GF35 11.000 210 280 1,41 − 40 – 120 − 40 – 190<br />
PA 46 3.300 106 187 1,19 − 40 – 130 − 40 – 200<br />
PA 46-GF25 8.500 180 – 1,37 – –<br />
PEEK 3.600 116 230 1,32 − 65 – 240 − 65 – 300<br />
PEEK-GF30 10.000 156 280 1,49 − 65 – 240 − 65 – 300<br />
TECHNISCH UND WIRTSCHAFTLICH OPTIMIERT<br />
Die neuen Pendelrollenlager-Sortimente werden in zwei verschiedenen<br />
Designvarianten angeboten, denn nur so können<br />
die Produkte technisch wie wirtschaftlich optimiert hergestellt<br />
werden. Unterschieden werden die Serien E1.XF (Xforce) oder<br />
E.XS (Xspeed), je nachdem, ob das Pendelrollenlager in Richtung<br />
Tragkraft oder Drehzahl optimiert ist. Das „E“ im Produktnamen<br />
verweist wiederum auf das für hohe Tragzahlen<br />
verstärkte E-Design mit mehr und größeren Wälzkörpern.<br />
Diese verstärkte Ausführung setzt einen Blechkäfig voraus,<br />
der mittels spezieller Werkzeuge gestanzt und gepresst werden<br />
muss. Dies wiederum erfordert eine sehr hohe Ausbringungsmenge,<br />
die Produktion ist also stückzahlorientiert. „Diese<br />
Stückzahlen konnten bisher nur von Premiumherstellern<br />
erreicht werden, doch dies hat sich nun geändert“, sagt<br />
Findling. „Was bisher also mangels Stückzahlvolumen praktisch<br />
unmöglich war, können wir nun als weiterer Anbieter<br />
leisten. Mit unserer verstärkten E-Ausführung bieten wir auf<br />
deutlich günstigerem Preisniveau neue Optionen für die<br />
Wälzlagerbeschaffung.“<br />
Beim tragkraftoptimierten E1.XF setzt Findling auf den<br />
hochwertigsten schmiedeoptimierten Wälzlagerstahl mit geringsten<br />
Oxydanteilen, damit die Dauerfestigkeit unter den hohen<br />
Belastungen gewährleistet ist. Auch das Käfigdesign berücksichtigt<br />
diesen Umstand: Er ist zentrisch und rollengeführt,<br />
was Schränkungen der Rollen unter hoher Last kompensieren<br />
kann. Beim drehzahloptimieren E.XS garantiert die verbesserte<br />
Toleranzklasse P6 eine höhere Rundlaufgenauigkeit. Außerdem<br />
wurde die Oberflächenrauigkeit der Laufbahnen optimiert,<br />
was die Eigenerwärmung des Lagers und Geräuschentwicklung<br />
reduziert. Der Käfig ist innenringgeführt und unterliegt<br />
damit geringeren Fliehkräften. Auf diese Weise erhöht<br />
sich auch die Grenzdrehzahl.<br />
FUNKTIONAL UND WIRTSCHAFTLICH<br />
Die mit der Drehzahloptimierung verbundenen erhöhten Fertigungskosten<br />
werden durch den Einsatz eines ebenfalls hochreinen,<br />
aber klassischen Wälzlagerstahls kompensiert. Findling<br />
erläutert: „Würden wir beides machen, wäre das Produkt<br />
zwar multifunktionaler, aber der Anwender hätte es immer mit<br />
einer funktionalen Überspezifikation und dadurch unwirtschaftlichen<br />
Lösung erkauft. Das bedeutet nicht, dass wir auf<br />
Kundenwunsch nicht auch diese Produktcharakteristik liefern<br />
können. Auch hier gilt: Wir stehen für die technisch wie wirtschaftlich<br />
optimalen Lösungen mit Vernunft!“<br />
Bilder: Findling Wälzlager; Putra – stock.adobe.com<br />
www.findling.com<br />
DIE IDEE<br />
„Mit dem ABEG eXtreme Sortiment<br />
können wir Anwendern nun<br />
langlebige Hochleistungswälzlager<br />
für ganz bestimmte Betriebsbedingungen<br />
zur Verfügung stellen.<br />
Möglich wurde dies unter anderem<br />
durch enorme Fortschritte in der<br />
Fertigungstechnik in den vergangenen<br />
drei Jahren, Digitalisierung und<br />
die optimale Anpassung für Anwendungsbereiche.<br />
Damit schaffen wir<br />
eine hochfunktionale Alternative<br />
zu kostenintensiven Standard<br />
Premiumprodukten oder Sonderlösungen<br />
mit entsprechend längeren<br />
Lieferzeiten. Unsere jüngste<br />
Sortimenterweiterung im Bereich<br />
der Spindel- und Pendelrollenlager<br />
zeichnet sich durch ebenso<br />
leistungsfähige und langlebige<br />
Lösungen wie auch hohe Wirtschaftlichkeit<br />
und kurzfristige Verfügbarkeit<br />
aus.“<br />
Klaus Findling, Geschäftsführer,<br />
Findling Wälzlager GmbH, Karlsruhe<br />
28 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
MARKTPLATZ<br />
INTELLIGENTE FLANSCHLAGER FÜR<br />
PREDICTIVE MAINTENANCE<br />
Igus will teure Ausfälle<br />
von Maschinen und<br />
Fahrzeugen wegen<br />
unerkannter Defekte<br />
an hochbelasteten<br />
Flanschlagern mithilfe<br />
einer neuen Generation<br />
von Zwei- und<br />
Vier-Loch-Flanschlagern<br />
vergessen<br />
machen. Die Lager aus<br />
schmierfreiem Hochleistungskunststoff sind mit Miniatur-<br />
Funksensoren ausgestattet und ermöglichen so Condition<br />
Monitoring und Predictive Maintenance. Und so funktionieren<br />
die neuartigen Industrie-4.0-Lager: Igus integriert einen<br />
Abriebsensor in die Polymer-Kugelkalotte. Im Laufe der Zeit<br />
verschleißt nun der Sensor selbst Schicht für Schicht – parallel<br />
zur Lauffläche des Lagers. Und sendet weiterhin Signale aus,<br />
die einen jeweiligen Rückschluss auf den Zustand des Lagers<br />
erlauben. Die neuen Flanschlager befinden sich in der Prototypenphase,<br />
sind aber bereits bei der staatlichen Eisenbahngesellschaft<br />
Luxemburgs in einer 200 m langen Waschstraße im<br />
Einsatz, die täglich Züge des Nah- und Fernverkehrs reinigt.<br />
www.igus.de<br />
WÄLZKÖRPER FÜR WEITER VERBESSERTE<br />
LAUFRUHE<br />
NSK hat eine neue<br />
Technologie entwickelt,<br />
um die Laufruhe der NH/<br />
NS-Linearführungen<br />
nochmals zu steigern.<br />
Dabei kommen erstmals<br />
elastische Wälzkörper<br />
zum Einsatz, die in den<br />
Kugelumlauf integriert<br />
sind. Kurze, durch<br />
Reibungsschwankungen<br />
verursache Unregelmäßigkeiten in der Linearbewegung werden<br />
unterdrückt und dynamische Reibungskräfte verringert. Dies<br />
gelingt auch, weil die neue Konstruktion eine Berührung der<br />
Kugeln in den gekrümmten Abschnitten der Kugelumlaufbahn<br />
verhindert. Die Abmessungen der neuen Linearführungen sind<br />
identisch mit denen der Standard-NH/NS-Reihe, sodass sie sich<br />
ohne Änderung der Umgebungskonstruktion 1:1 austauschen<br />
lassen. Die reibungsreduzierte Technologie ist verfügbar für NH<br />
15, 20 und 25 sowie die Modelle NS 15, 20, 25 und 30. Zu den<br />
Optionen, die für die neuen „Ultra Smooth Motion“-Einheiten<br />
angeboten werden, gehören Edelstahl-Varianten, verschiedene<br />
Schlittenlängen und -typen, die K1-L-Schmiereinheit sowie<br />
spezielle Oberflächenbehandlungen.<br />
www.nsk.com<br />
VERBESSERTE DREHGEBERGENERATION<br />
Die magnetischen<br />
IXACR-<br />
Absolutdrehgeber<br />
von Posital<br />
sind jetzt mit<br />
SSI-Schnittstelle<br />
erhältlich, um<br />
Sensoren über<br />
Punkt-zu-Punkt-<br />
Verdrahtungssysteme direkt mit digitalen SPSen oder Mikrocontrollern<br />
zu verbinden. Wie alle IXARC-Drehgeber-Modelle,<br />
die im Rahmen der Nextgen-Initiative von Posital technologisch<br />
auf das nächste Level gebracht wurden, verfügen auch<br />
die neuen Absolutwertgeber über TMR-Sensoren zur Messung<br />
der Winkelposition bei einer Umdrehung. Sie sind stabiler,<br />
weniger temperaturempfindlich und reagieren besser als<br />
Hall-Sensoren auf kleine Änderungen im Magnetfeld. Die Folge<br />
ist eine verbesserte Auslösung bis 18 Bit. Außerdem unterstützt<br />
ein neuer ASIC die batterielose Umdrehungszählung in<br />
Multiturn-Varianten. Sobald die Drehgeberwelle eine Umdrehung<br />
vollendet, liefert ein verbundener Wiegand-Sensor<br />
sowohl einen Signalimpuls als auch elektrischen Strom, um die<br />
Zählerschaltung im ASIC zu versorgen. Mit diesem energieautarken<br />
System wird jede Wellenumdrehung in einem<br />
nichtflüchtigen Speicher genau aufgezeichnet – auch bei nicht<br />
verfügbarer Stromversorgung. Zudem sind die IXARC-Absolutwertgeber<br />
mit seitlich am Gehäuse angeordneten Steckern<br />
oder Kabeleinführungen verfügbar. Eine weitere Option bieten<br />
Kabeleinführungen, die im Winkel von 45 ° zur Wellenachse<br />
angeordnet sind.<br />
www.posital.de<br />
LAGER FÜR DIE BAHNTECHNIK<br />
Die NKE Austria GmbH stellte<br />
auf der Rail Live 2023,<br />
IFEMA Madrid seine Lager für<br />
Anwendungen in der Bahntechnik<br />
vor. Die Lager des<br />
Steyrer Wälzlagerherstellers<br />
werden in Traktionsmotoren<br />
und Getrieben von Lokomotiven<br />
eingesetzt, aber auch in<br />
Triebwagen, Straßenbahnen<br />
und U-Bahnen. Seit dem Jahr<br />
2005 hat das Unternehmen<br />
laut eigenen Angaben mehr als<br />
40.000 Lager für Schienenfahrzeuge<br />
geliefert. Wälzlager für<br />
Getriebe laufen unter hohen Geschwindigkeiten und Belastungen:<br />
Sie müssen Stöße, Schwingungen und extreme Temperaturen<br />
aushalten. Wälzlager für Fahrmotoren müssen eine lange<br />
Lebensdauer erreichen. Die am häufigsten verwendeten<br />
Lagertypen für Getriebe in Schienenfahrzeugen sind Zylinderrollenlager,<br />
Kegelrollenlager, Schrägkugellager, Vierpunktlager<br />
und Rillenkugellager. In Fahrmotoren werden meist Zylinderrollenlager<br />
und Rillenkugellager eingesetzt. Häufig kommen dort<br />
elektrisch isolierende Ausführungen zum Einsatz, die eine<br />
Beschichtung am Außen- oder Innenring haben. Für anspruchsvolle<br />
Anwendungen stehen Hybridausführungen zur Verfügung,<br />
bei denen der Wälzkörper aus hochbelastbarem Siliziumnitrid<br />
(Si3N4), einer hochfesten Keramik, gefertigt ist.<br />
www.nke.at<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 29
WÄLZ- UND GLEITLAGER<br />
HOCHGENAUIGKEITSLAGER<br />
VORSTOSS IN<br />
UNERREICHTE REGIONEN<br />
Schneller, belastbarer und energieeffizienter: Moderne<br />
Werkzeugmaschinen sind auf diesen Dreiklang hin<br />
optimiert. Für die Werkzeugmaschinenspindeln steigen<br />
damit die Anforderungen und insbesondere für deren<br />
Lagerungen, die hohe Rotationsgeschwindigkeiten ohne<br />
Präzisionseinbußen erst ermöglichen. SKF kommt<br />
demnächst mit einer neuen Generation von<br />
Hochgenauigkeitslagern auf den Markt, die schon heute<br />
künftigen Anforderungen gerecht werden.<br />
Diese neuen Hochgenauigkeitslagerlager gibt es in den<br />
Leistungsklassen Performance, Ultrafast und Extreme,<br />
wobei Performance und Ultrafast als Top-Serienlösungen<br />
die gängigsten Anforderungen hinsichtlich Drehzahl,<br />
Belastung und Genauigkeit erfüllen. In eine gänzlich neue<br />
Leistungsklasse stößt die Lagerplattform Extreme vor, die von<br />
den SKF-Lagerspezialisten bei Bedarf auch in enger Abstimmung<br />
mit den Kunden anwendungsspezifisch entwickelt wird.<br />
Drei Merkmale machen die neuen Extreme-Lager aus dem<br />
Markt umfeld zu etwas besonderem: Lagerringe aus einem neuen,<br />
hochbelastbaren Werkstoff; die Nutzung des SKF Generalized<br />
Bearing Life Models (GBLM) zur realistischeren Einschätzung<br />
der Gebrauchsdauer; und der kundenspezifische Beratungsservice<br />
von SKF. So konnte zum Beispiel ein neues Hybrid-Hochgenauigkeitslager<br />
entwickelt werden, welches für hohe Drehzahlen<br />
und gleichzeitig zur Aufnahme hoher Belastungen geeignet<br />
Das neue Lager ist für<br />
höhere Belastungen und<br />
Drehzahlen ausgelegt als<br />
herkömmliche Hybrid- oder<br />
Stahllager<br />
30 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
WÄLZ- UND GLEITLAGER<br />
ist, um das Leistungsvermögen sowie die Energieeffizienz bestehender<br />
Spindeln deutlich zu steigern.<br />
Neu ist das Angebot der SKF-Lagerexperten, das Design von Fräs-,<br />
Dreh- und Schleifmaschinen „vom Lager her zu denken“ und so die<br />
erreichten Leistungsdimensionen zu erweiternen. Dabei analysieren<br />
Anwendungstechniker von SKF gemeinsam mit den Kunden die<br />
Anforderungen der Endanwender, ent wickeln die optimale Lagerung<br />
und unterstützen beim Erarbeiten maßgeschneiderter Maschinenlösungen.<br />
Dieser Service umfasst die passgenauere Werkstoffauswahl,<br />
das interne Lagerdesign und auch die Gestaltung der Spindelanbindung<br />
in die jeweilige Maschinenumgebung. Hochgenauigkeitslager<br />
haben entscheidenden Einfluss auf das Leistungsvermögen<br />
und letztlich den Erfolg von Werkzeugmaschinen. SKF will hier bevorzugter<br />
Entwicklungspartner sein und investiert deshalb heute in<br />
die Lagerfertigung von morgen.<br />
Im italienischen Airasca entsteht bis 2025 eine neue Produktionsstätte<br />
für Hochgenauigkeitslager, die dank PV-Strom vom Fabrikdach<br />
und Wärmepumpen sowie dem SKF-eigenen Recond Oil-<br />
Kreislaufsystem für Industrieöle höchsten Anforderungen an Klimaund<br />
Umweltschutz gerecht wird. Sämtliche Lager erhalten zudem<br />
mittels Data- Matrix-Codes eine digitale Identität, die Wartungs- und<br />
Optimierungsprozesse erleichtert.<br />
DIE IDEE<br />
„Gegenüber herkömmlichen Stahloder<br />
Hybridlagern stoßen wir mit<br />
den neuen, auf hohe tribologische<br />
Leistungsfähigkeit ausgerichteten<br />
SKF-Hochgenauigkeitslagern in<br />
Bezug auf Belastung und Drehzahl<br />
in bisher unerreichte Regionen<br />
vor und reduzieren gleichzeitig<br />
die Wahrscheinlichkeit für Lager -<br />
aus fälle.“<br />
Bilder: SKF<br />
www.skf.de<br />
Holger Laschka, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,<br />
SKF GmbH, Schweinfurt<br />
Marco Ganz, Anwendungs ingenieur,<br />
SKF, Schweinfurt<br />
IMPRESSUM<br />
erscheint <strong>2024</strong> im 63. Jahrgang,<br />
ISSN 0722-8546 / ISSN E-Paper: 2747-7991<br />
REDAKTION<br />
Chefredakteur: Miles Meier (mm),<br />
Tel.: 06131/992-208,<br />
E-Mail: m.meier@vfmz.de<br />
(verantwortlich i.S.d. § 18 Abs. 2 MStV)<br />
Redakteur:<br />
Felix Berthold, M.A. (be),<br />
Tel.: 06131/992-204, E-Mail: f.berthold@vfmz.de<br />
Redaktionsassistenz:<br />
Melanie Lerch, Tel.: 06131/992-261,<br />
Petra Weidt, Tel.: 06131/992-371,<br />
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(Redaktionsadresse siehe Verlag)<br />
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www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 31
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
ANTRIEBS- UND AUTOMATISIERUNGSLÖSUNG<br />
PRÄZISION IM BLICK<br />
Soga Gallenbach konstruiert und<br />
entwickelt Sondermaschinen, zum<br />
Beispiel eine Anlage für einen<br />
Schweizer Armaturenhersteller, der<br />
Muffen für Kernlochbohrungen fertigt.<br />
Das Augenmerk liegt vor allem auf der<br />
Präzision. Bei der Umsetzung setzt<br />
Soga auf ausgewählte Partner wie<br />
Stöber. Der Antriebsspezialist lieferte<br />
Servotechnik, Motoren,<br />
Zahnstangentriebe, Getriebemotoren,<br />
Antriebsregler und jede Menge<br />
Know-how.<br />
Claudia Grotzfeld, Marketing bei Stöber Antriebstechnik GmbH + Co. KG in Pforzheim<br />
Kernlochbohrungen oder einfach Kernbohrungen?<br />
Das sind Bohrungen, bei denen<br />
nur der Umfang des gebohrten Lochs zerspant<br />
wird und daher in der Mitte ein Kern<br />
stehen bleibt. Ausgeführt werden sie mit Kernbohrmaschinen<br />
oder -geräten. In Häusern sind sie<br />
etwa für Dunstabzugshauben, Kamine und Schornsteindurchlässe<br />
sowie für Heizungs- und Lüftungsleitungen<br />
erforderlich. Ihre Durchmesser bewegen<br />
sich zwischen zehn Millimetern und mehr als einem<br />
Meter. Sie können horizontal, vertikal oder<br />
mit verschiedenen Neigungswinkeln verlaufen.<br />
Dabei sind die Mauerdurchführungen unterschiedlichen<br />
Belastungen ausgeliefert: Die durch<br />
sie verlaufenden Rohre oder Leitungen können,<br />
wenn Flüssigkeiten durch sie strömen, deutlich<br />
schwerer werden. Zudem beeinflusst die Temperatur<br />
ihre Ausdehnung und Elastizität. Um spätere<br />
Schäden am Mauerwerk zu vermeiden, werden die<br />
Bohrungen daher abgedichtet – beispielsweise mit<br />
Muffen. Einer, der sich damit auskennt, ist ein<br />
Schweizer Hersteller von Spezialarmaturen. „Er<br />
beauftragte uns, eine Maschine zu entwickeln, die<br />
Muffen in 25 unterschiedlichen Größen automatisch<br />
montieren, verschrauben und beschriften<br />
kann“, berichtet Fabian Gallenbach, Geschäftsführer<br />
der Soga Gallenbach GmbH in Pforzheim.<br />
Mit seinen zehn Mitarbeitern konstruiert und<br />
entwickelt der Maschinenbauer Sonderlösungen –<br />
die Kunden kommen unter anderem aus der Medizin-,<br />
der Luft- und Raumfahrttechnik sowie der allgemeinen<br />
Industrie. Fabian Gallenbach: „Unsere<br />
Vision ist es, durch professionelle Projektabwick-<br />
32 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
01 02<br />
01 Soga Gallenbach entwickelte eine Sondermaschine zur Muffenproduktion; die Maschine kann 150 Teile am Stück<br />
autonom fertigen – und das mit einer reproduzierbar hohen Genauigkeit<br />
02 Um die unterschiedlichen Antriebe anzusteuern, lieferte Stöber die Baureihe SI6; die 45 Millimeter schmalen,<br />
hochdynamischen Antriebsregler sind in Anreihtechnik konzipiert<br />
lung und exzellente Entwicklungsarbeit zukunftsorientierte Partnerschaften<br />
mit unseren Kunden einzugehen.“ Weil sich Soga auf<br />
Wachstumsbrachen fokussiert hat, konnte das Unternehmen seinen<br />
Kundenstamm in den vergangenen Jahren vervielfachen. Bei<br />
der Umsetzung der anspruchsvollen Sondermaschinen setzt der<br />
Hersteller auf ausgewählte Partner. Dazu gehört seit Jahren die<br />
Stöber Antriebstechnik GmbH + Co. KG, die ebenfalls in Pforzheim<br />
zuhause ist.<br />
WIEDERHOLBARE GENAUIGKEIT<br />
„Bei allen Projekten stehen wir mit Soga in regelmäßigem Kontakt.<br />
Dies erleichtert es bei neuen Aufträgen, unmittelbar ins Detail<br />
gehen zu können“, sagt Stöber Experte Guido Wittenauer, der<br />
Soga betreut. Wurde in der Vergangenheit die passende Motor-/<br />
Getriebekombination gesucht, haben die Antriebsspezialisten<br />
die Maschinenbauer schon oft unterstützt.<br />
Bei diesem Projekt begann das Teamwork schon in der Angebotsphase.<br />
Gemeinsam besprachen beide Seiten die kritischen<br />
Punkte und arbeiteten diese ab. „Bevor wir loslegen konnten,<br />
validierten wir bei einem ersten Projektgespräch mögliche Komponenten<br />
und prüften sie in der konstruktiven Einbausituation“,<br />
sagt Gallenbach. „Wegen der Größe des Projekts mussten wir einige<br />
Anpassungen vornehmen lassen, die die Stöber Experten<br />
sehr gut umgesetzt haben.“ Denn aufgrund von Veränderungen<br />
während des Projektverlaufs variierten die Massen der teils oder<br />
komplett montierten Baugruppen. Weil sie deutlich schwerer<br />
wurden, waren die Motorkennlinien und Optimierungen der<br />
Motorcharakteristik entscheidend, um die geforderte Taktzeit<br />
erzielen zu können.<br />
Bisher mussten Mitarbeiter die Baugruppen von Hand montieren.<br />
Das kostete Zeit und war fehleranfällig. Die neue Maschine<br />
kann dagegen ohne Zutun eines Werkers 150 Teile am Stück au-<br />
tonom fertigen – und das mit einer reproduzierbar hohen Genauigkeit.<br />
Ein Mitarbeiter muss lediglich zu Beginn des Prozesses die<br />
Komponenten bereitstellen und die komplett montierten Muffen<br />
hinterher in den Gitterboxen abtransportieren. Wichtig bei der<br />
Entwicklung waren möglichst kurze Rüstzeiten.<br />
VON SERVOMOTOREN BIS ZU<br />
ZAHNSTANGENTRIEBEN<br />
Herzstück der Maschine ist ein Sechsfach-Greifer. Damit er die<br />
einzelnen Teile exakt aufnehmen kann, muss die Anlage diese<br />
präzise positionieren. Gewinderinge und Deckscheiben lagern<br />
in Magazinen im vorderen Teil der Anlage. „Für die hochgenaue<br />
Hubbewegung der Magazine haben wir unsere Servo-Stirnradgetriebe<br />
mit Bremse geliefert“, berichtet Wittenauer. Durch die<br />
Stirnradverzahnung und die reibungsarme Lagerung ist ihr Wirkungsgrad<br />
besonders hoch. Der leistungsstarke Synchron-<br />
Servomotor arbeitet wirtschaftlich und leistungsstark. Zudem<br />
benötigt er beim Einbau nur wenig Platz. Er bietet ein maximales<br />
Drehmoment, eine hohe Dynamik und eine geringe Drehmomentwelligkeit.<br />
Im zweiten Teil der Anlage befinden sich die Magazine für die<br />
Gewinderinge, die 40 Millimeter hohen Elastomer-Ringe und die<br />
Deckscheiben. Ein Drei-Achs-Portal übernimmt diese Bauteile<br />
und richtet sie über einen Sensor auf einem Rundtisch übereinander<br />
gestapelt rotatorisch aus. „Ein Orbitalantrieb lässt den<br />
Sechsfach-Greifer alle Bauteile jeglicher Größe handhaben –<br />
ohne Umrüsten“, erklärt der Stöber Experte. „Für diesen Antrieb<br />
lieferten wir ebenfalls einen Synchron-Servomotor.“<br />
Im dritten Teil der Anlage befindet sich ein weiteres Drei-Achs-<br />
Portal. Dieses greift sich eine – je nach Größe der zu montierenden<br />
Muffe – M6-, M8- oder M10-Schraube mit der dazugehörigen<br />
U-Scheibe und fördert sie zu einer Station, die beide Komponen-<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 33
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
03 Ein Drei-Achs-Portal<br />
greift sich eine Schraube<br />
mit der dazugehörigen<br />
U-Scheibe und fördert sie<br />
zu einer Station, die beide<br />
Komponenten mit Kupfer<br />
bepastet<br />
Achsen regeln, ein deutlicher Platzvorteil.“ Quick-DC-Link-<br />
Module verbinden die einzelnen Geräte sehr schnell und einfach<br />
miteinander. Damit sind weder dezentrale Einspeiseeinheiten<br />
erforderlich noch Absicherungen oder eine Verkabelung<br />
für jede Achse. Die Baureihe erreicht kurze Ausregelzeiten<br />
bei schnellen Sollwertänderungen und Lastsprüngen. Mit den<br />
Antriebsreglern lässt sich die Anlage zudem synchron über<br />
Profinet ansteuern. Integriert in den SI6 sind die Sicherheitsfunktionen<br />
STO (Safe Torque Off) und SS1 (Safe Stopp 1), die<br />
in dieser Baureihe nach EN 13849-1 für PLe, Kat. 4 zertifiziert<br />
sind und sich ohne produktionsunterbrechende Funktionstests<br />
nutzen lassen.<br />
Bei der Zusammenarbeit halfen natürlich die räumliche Nähe<br />
und der gute persönliche und vor allem sehr partnerschaftliche<br />
Kontakt zwischen beiden Firmen Die Parametrierung der<br />
Achsen konnte somit auch unkompliziert vor Ort erfolgen.<br />
Bilder: Stöber Antriebstechnik<br />
www.stoeber.de<br />
ten mit Kupfer bepastet. Für alle Achsen der beiden Portale<br />
lieferte Stöber Zahnstangentriebe. Bei der schrägverzahnten<br />
Baureihe ZV befindet sich die Ritzelposition entweder am<br />
Wellen ende oder an der Wellenschulter. Der Zahnstangentrieb<br />
zeichnet sich durch eine spielfreie, formschlüssige<br />
Welle-Nabe-Verbindung aus. Angebaut ist er an einen Stöber<br />
Getriebemotor. Ein von Soga entwickeltes Schraubportal<br />
nimmt die bepastete Schraube und dreht sie in die aus Gewinde-<br />
und Deckscheibe sowie dem Elastomer-Ring bestehende<br />
Baugruppe. Dabei muss sie aufgrund des Kunststoffs schwankende<br />
Kräfte überwinden können. „Für diese Aufgabe kommt<br />
unser encoderloser Lean-Motor zum Einsatz“, sagt<br />
Guido Wittenauer. Denn für diese Anwendung sind hochdynamische<br />
Motorregelungen erforderlich. Mit dem Lean-Motor<br />
lassen sich Drehzahl und Drehmoment stufenlos vom Stillstand<br />
bis zur Maximaldrehzahl bei voller Drehmomentkontrolle<br />
einstellen. Die kompakte Lösung ist bei gleicher Leistung<br />
leichter, kleiner und mit der Klassifizierung IE5 energieeffizienter<br />
als ein Asynchronmotor. Gleichzeitig ist sie günstiger<br />
und robuster als ein Standard-Servomotor. Das<br />
Schraubsystem kann der Schweizer Armaturenhersteller einfach<br />
auf die unterschiedlichen Schraubköpfe umrüsten.<br />
Ein Drehtisch führt nun die komplett montierte Baugruppe<br />
zur Entnahmestation. Auch hier verbaute Soga einen Zahnstangenantrieb.<br />
Wittenauer: „Weil die teil- oder komplett montierten<br />
Baugruppen sowohl bei der Entnahmestation als auch<br />
schon bei den Drei-Achs-Portalen relativ schwer sind, galt es,<br />
diese so auszulegen, dass sie auch die hohen Massen dynamisch<br />
bewegen können.“ Die Entnahmeeinheit führt zum<br />
Schluss das Bauteil noch einem Beschriftungslaser zu. Anschließend<br />
gelangt es zur Abholung in eine Gitterbox.<br />
FÜR JEDE ANTRIEBSAUFGABE<br />
MASSGESCHNEIDERT<br />
Um die unterschiedlichen Antriebe anzusteuern, lieferte<br />
Stöber die Baureihe SI6. Der nur 45 Millimeter schmale, hochdynamische<br />
Antriebsregler ist in Anreihtechnik konzipiert. „Er<br />
arbeitet unbemerkt und zuverlässig im Hintergrund“, beschreibt<br />
der Stöber Experte: „Ein einzelner SI6 kann bis zu zwei<br />
DIE IDEE<br />
„Wir entschieden uns bewusst für<br />
Stöber. Wir waren auch von der<br />
Möglichkeit angetan, die Anlage<br />
aus der Ferne warten zu können –<br />
und dabei nicht nur in die SPS-<br />
Maschinensteuerung, sondern auch<br />
auf das Stöber Antriebsregler-<br />
Netzwerk zugreifen zu können.<br />
Mit Präsen tationen und Plänen über<br />
den Fortschritt und die gesetzten<br />
Meilensteine waren wir stets auf<br />
dem Laufenden. Wir leben denselben<br />
Gedanken des permanenten<br />
Optimierens, um noch mehr aus der<br />
Technik rauszuholen. Wir haben<br />
Stöber über die komplette Projektdauer<br />
vertraut.“<br />
Fabian Gallenbach,<br />
Geschäftsführer der<br />
Soga Gallenbach GmbH<br />
in Pforzheim<br />
34 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
MARKTPLATZ<br />
SICHERHEITSKUPPLUNG FÜR KLEINE<br />
DREHMOMENTE<br />
Eine Sicherheitskupplung für<br />
kleine Drehmomente ab<br />
0,5 Nm bietet Enemac mit der<br />
Type ECPD. Der Drehmomentbegrenzer,<br />
bestehend aus<br />
einem Sicherheitsteil mit<br />
Ausrückmechanik und einem<br />
Elastomeranbau, verhindert<br />
Überlastschäden kostspieliger<br />
Komponenten im Antriebsstrang<br />
und gleicht axiale, angulare und laterale Versätze<br />
zwischen An- und Abtriebswelle aus. Erhältlich für Ausrückmomente<br />
zwischen 0,5 und 2.000 Nm, in 17 verschiedenen<br />
Baugrößen, ist die kurz bauende Kupplung in einem<br />
Temperaturbereich von -30 bis 90 °C vielseitig einsetzbar.<br />
Die beidseitig angebrachten Klemmnaben verbinden Welle<br />
und Kupplung spielfrei und kraftschlüssig und können<br />
abtriebsseitig Bohrungen zwischen 4 und 90 mm und auf<br />
Motorseite Durchmesser zwischen 5 und 100 mm aufnehmen.<br />
Die ECPD ist auch mit Passfedernut lieferbar. Für<br />
anspruchsvolle Umgebungen bietet Enemac die Komponente<br />
zudem als korrosionsgeschützte Variante ECPD_KS an.<br />
www.enemac.de<br />
SERVOLINE-GETRIEBE FÜR<br />
KOMPLETTLÖSUNGEN<br />
Als Neuheit stellt<br />
Dunkermotoren<br />
sein neues<br />
Servoline-Getriebe<br />
PLG 75 SL vor,<br />
das durch<br />
gewohnt hohe<br />
Qualität,<br />
Perfomance und<br />
einer Laufleistung<br />
>20.000 h<br />
überzeugt. Es<br />
kann mit den langlebigen DC-Servomotoren des Antriebsherstellers<br />
zu Komplettlösungen kombiniert werden.<br />
Aus dem Portfolio der BLDC-Motoren gibt es mit dem<br />
BG 45 dPro ein neues Mitglied, das auf der Motor Control<br />
Platform (MCP) aufsetzt. Die MCP ist ein modulares<br />
Konzept, das in allen smarten BG-Motoren und einigen<br />
externen Elektroniken von Dunkermotoren eingesetzt wird.<br />
Es ermöglicht die Programmierung verschiedener Parameter<br />
und Sicherheitsfunktionen. Wie bei allen BG dPro-<br />
Motoren ist die Stärke des BG 45 dPro die Integration der<br />
kompletten Motorelektronik in das ohnehin kompakte<br />
Gehäuse. Mit einer Dauerabgabeleistung von bis zu 110 W<br />
und Nenndrehzahlen bis zu 4.720 rpm ist der Motor stärker<br />
als seine Vorgänger bei gleicher Nennspannung.<br />
www.dunkermotoren.de<br />
SOFTWARE MACHT MASCHINEN FIT FÜR<br />
AUTONOMIE<br />
Danfoss Power Solutions bringt die Software A+ auf den Mark,<br />
die die Entwicklung autonomer Off-Highway-Maschinen<br />
vereinfachen und beschleunigen soll. Die Software besteht aus<br />
vorprogrammierten und getesteten Softwareblöcken, die in die<br />
autonome Steuerung XM100 integriert sind. Die Hardwarelösung<br />
des Unternehmens erfüllt den Bedarf autonomer<br />
Arbeitsmaschinen, indem sie Schnittstellen mit GNSS-Systemen,<br />
LiDAR, Radar und Trägheitssensoren liefert und gleichzeitig<br />
autonome Navigationsaufgaben übernimmt. Jeder Block der<br />
Software ist für Schlüsselbereiche wie Erkennung, Positionierung<br />
und Navigation zuständig. Durch die Integration der Blöcke in die<br />
Maschinenapplikationen können Benutzer autonome Funktionalität<br />
umzusetzen, ohne die Software von Grund entwickeln zu<br />
müssen. Das Unternehmen unterstützt OEMs bei der Auswahl<br />
der Hardware für autonome Funktionen und teilweise bei der<br />
Maschinenprogrammierung. Ob Steer-by-Wire, elektronische<br />
Lenkung, Elektronik und Telematik sowie Maschinenschnittstellen,<br />
Regler und Hydraulikkomponenten, mit Komponenten<br />
von Danfoss können so umfassende Lösungen realisiert werden.<br />
www.danfoss.com<br />
MOTION CONTROLLER INTEGRIERT<br />
Mit dem Radnabenantrieb i-Wheel<br />
Clever-Radnabenmotor samt<br />
integriertem Circulo 9 Motion<br />
Controller präsentiert Ketterer eine<br />
kompakte und funktionssichere<br />
Antriebslösung für Fahrerlose<br />
Transportsysteme (FTS). Bei einer<br />
Bautiefe von nur 185 mm – einschließlich<br />
Motion Controller – ist<br />
dieser getriebelose Torquemotor i-Wheel C 3213 komplett in der<br />
Nabe integriert. Der Wegfall eines Getriebes minimiert den<br />
Verschleiß und die Lebensdauer wird erhöht. Geschäftsführer<br />
Odin Jäger sagt: „Trotz der kompakten Bauweise besitzen die<br />
Antriebe eine hohe Leistungsdichte. Das zeigt sich zum Beispiel<br />
in puncto Schnelligkeit: Mit dem Nennstrom von 4,5 A erreicht er<br />
Endgeschwindigkeiten bis 10 km/h. Zudem lassen sich aufgrund<br />
der geringen Bautiefe einfach zwei Antriebe auf einer Drehscheibe<br />
anordnen. So kann ein FTF mit i-Wheel Clever-Anrieben<br />
problemlos mit einem Null-Wende-Radius manövriert werden.“<br />
Die permanente Überwachung der Temperatur sorgt für einen<br />
sicheren Betrieb und der PU- für Laufeigenschaften mit kaum<br />
wahrnehmbarem Geräuschpegel. Mit über zehn zertifizierten<br />
Sicherheitsfunktionen (SIL2, Pl-d) und einem High-Speed<br />
EtherCAT Interface ermöglicht das System eine hohe Performance<br />
bei geringer Latenz und vernachlässigbarem Jitter.<br />
www.ketterer.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 35
EREIGNISSE ANALYSIEREN<br />
AUF DEN SPUREN DER ZUKUNFT<br />
Nur eine laufende Maschine oder Anlage ist<br />
produktiv und schafft einen Mehrwert. Inspektion,<br />
Wartung, Instandsetzung und Verbesserungen<br />
kosten wertvolle Maschinenstunden.<br />
Die Instandhaltung ist daher ein Schlüsselfaktor<br />
für mehr Effizienz, Wirtschaftlichkeit und<br />
Qualität industrieller Fertigungsprozesse.<br />
Eine effektive Instandhaltungsstrategie sollte<br />
Instandhaltungsereignisse antizipieren, bewerten<br />
und mit Behandlungsalgorithmen versehen.<br />
Warum, erklärt ein Spezialist für technische<br />
Systemdiagnostik.<br />
Heino Brose, Geschäftsführer, Synostik GmbH, Oebisfelde<br />
Das Ziel einer richtigen Instandhaltungsstrategie ist,<br />
ein Fehlerereignis vorhersagen zu können, um geeignete<br />
Maßnahmen vor Eintritt des Ereignisses und<br />
damit vor einem Maschinenausfall durchzuführen.<br />
So ist es möglich, Stillstandzeiten einer Maschine zu planen,<br />
das notwendige Werkzeug und die Ersatzteile frühzeitig zu<br />
organisieren und das Personal rechtzeitig anzuweisen.<br />
Fehlerereignisse hochkomplexer technischer Systeme sind<br />
leider nicht so vorhersagbar, wie wir uns diese erhoffen, maximal<br />
eine von zehn potenziellen Fehlerursachen kann gut<br />
bis sehr gut vorhergesagt werden. Diese ist dann auch der<br />
perfekte Kandidat für die Instandhaltungsstrategie „Predictive<br />
Maintenance“.<br />
EREIGNISSE IN TECHNISCHEN SYSTEMEN<br />
Bei einem Ereignis wirkt eine definierte Fehlerursache und<br />
beeinflusst das technische System in seiner normalen Funktion.<br />
Um Fehlerursachen technischer Systeme besser zu verstehen,<br />
kann man die resultierenden Ereignisse grob in Kategorien<br />
mit gemeinsamen Eigenschaften einteilen: Umgebungs-,<br />
Prozess-, Fehler-, Funktions- und Kommunikationsereignisse.<br />
Jedes Ereignis in jeder der fünf Kategorien führt zu<br />
36 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SPECIAL: PREDICTIVE MAINTENANCE UND CONDITION MONITORING<br />
Der einfachste Weg zu perfekten Funktions-Algorithmen<br />
Kritikalität<br />
Identität<br />
Intensität<br />
Reparabilität<br />
Prädiktabilität<br />
Vitalität<br />
Präventabilität<br />
01 Fingerabdruck von<br />
Ereignissen technischer Systeme<br />
einer Störung des normalen Funktionsablaufs des technischen<br />
Systems. Wichtig für die Produktivität der betroffenen Maschine<br />
oder Anlage ist dann eine schnelle und gezielte Beseitigung<br />
des Fehlers oder ein schnelles Reagieren auf das Ereignis.<br />
Analysiert man alle Ereignisse eines technischen Systems, so<br />
stellt man schnell fest: Jedes Ereignis besitzt spezifische Merkmale<br />
und Eigenschaften. Im Folgenden werden beispielhaft Eigenschaften<br />
aufgeführt, wie sie seit Jahren in der Automobilund<br />
Maschinenbauindustrie verwendet werden.<br />
Kritikalität: Schwere eines Ereignisses im Zusammenhang<br />
mit der Wahrscheinlichkeit oder Häufigkeit seines Auftretens<br />
Identität: Lokalisierung und eindeutige Identifizierung bei<br />
einem Ausfall oder Ereignis<br />
Reparabilität: Wiederherstellbarkeit nach einem Ausfall oder<br />
Ereignis – im Zusammenhang mit Aufwand, Kosten und<br />
Dauer für die Ereignisbehebung<br />
Prädiktabilität: Voraussagbarkeit eines Ereignisses – im Zusammenhang<br />
mit seiner Ausfallmessbarkeit, dem Aufwand<br />
der Analyse und der Erkennbarkeit von Mustern<br />
Präventabilität: Vermeidbarkeit eines Ereignisses – im Zusammenhang<br />
mit seiner Austauschbarkeit, Verbesserbarkeit<br />
und dem Aufwand für die Vermeidung<br />
Intensität: Durchschnitt aller bisherigen Merkmale und erlaubt<br />
die Gewichtung des Ereignisses<br />
Vitalität: Gibt an, in welchem Lebensabschnitt des technischen<br />
Systems ein Ereignis eintreten kann.<br />
Vergleicht man die Merkmale und Eigenschaften verschiedener<br />
Ereignisse miteinander, stellt man fest: Für jedes Ereignis<br />
gibt es einen typischen Fingerabdruck. Er gibt einen ersten<br />
Hinweis auf mögliche Instandhaltungsstrategien für das entsprechende<br />
Ereignis.<br />
VON REACTIVE BIS PREDICTIVE MAINTENANCE<br />
Eine Instandhaltungsstrategie beschreibt die Vorgehensweise,<br />
wie Produktivität und Lebenserwartung einer Anlage aufrechterhalten<br />
oder sogar erhöht werden. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
Strategien, die sich unterscheiden in ihrem<br />
Durchführungszeitpunkt – relativ zu einem Ereignis und in den<br />
einzelnen Aufgaben innerhalb der Strategiedurchführung.<br />
Die ausfallende Instandhaltung (Reactive Maintenance) ist<br />
eine korrektive Instandhaltung, die ohne Aufschub nach der<br />
Fehlererkennung ausgeführt wird, um unannehmbare Folgen<br />
zu vermeiden. Alle Ereignisse, die sich gut identifizieren und<br />
lokalisieren lassen, sind für die ausfallende Instandhaltung<br />
sehr gut geeignet. Die aufschiebende Instandhaltung (Active<br />
Maintenance) ist eine korrektive Instandhaltung, die nicht unmittelbar<br />
nach der Fehlererkennung ausgeführt, sondern nach<br />
vorgegebenen Instandhaltungsregeln zurückgestellt wird.<br />
Die vorausbestimmende Instandhaltung (Preventive Maintenance)<br />
wird nach einem festgelegten Zeitplan oder nach einer<br />
festgelegten Zahl von Nutzungseinheiten durchgeführt,<br />
jedoch ohne vorherige Zustandsermittlung. Hierbei handelt<br />
es sich um eine klassische Wartung.<br />
Eine weitere Form der präventiven Instandhaltung stellt die<br />
voraussagende Instandhaltung (Predictive Maintenance) dar.<br />
Grundlagen dieser Vorhersage sind bekannte Eigenschaften<br />
oder Erfahrungen aus Analysen der Vergangenheit oder das<br />
Eintreten von wichtigen Parametern, welche den Abbau eines<br />
Elements kennzeichnen. Mit dieser Instandhaltungsstrategie<br />
wird ein zukünftiges Fehlverhalten eines Systems vermieden.<br />
Bei der zustandsbestimmenden Instandhaltung (Condition<br />
Based Maintenance) resultieren mögliche Instandhaltungs-<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 37
SPECIAL: PREDICTIVE MAINTENANCE UND CONDITION MONITORING<br />
Der einfachste Weg zu perfekten Funktions-Algorithmen<br />
Strategiemasken<br />
Ausfallende<br />
Instandhaltung<br />
Aufschiebende<br />
Instandhaltung<br />
Vorausbestimmende<br />
Instandhaltung<br />
Voraussagende<br />
Instandhaltung<br />
Zustandsbestimmende<br />
Instandhaltung<br />
Verdrängende<br />
Instandhaltung<br />
Fingerabdruck Ereignis<br />
02 Beispiel des Event Fingerprint Masking für ein exemplarisches Ereignis<br />
maßnahmen aus der Beurteilung des physischen Zustands und gegebenenfalls<br />
weiteren Analysen. Die verdrängende Instandhaltung ist eine Strategie,<br />
bei der ein erkanntes oder vorhandenes Ereignis ignoriert wird. Sie ist keine<br />
echte Instandhaltung, sondern eher eine Lösung für den Umgang mit speziellen<br />
Fehlerereignissen.<br />
FÜR JEDES EREIGNIS DIE RICHTIGE STRATEGIE<br />
Die effektivste Instandhaltung erreicht man dann, wenn die angewendete Instandhaltungsstrategie<br />
zum anliegenden Instandhaltungsereignis passt. Daher<br />
ist die entscheidende Aufgabe, einem Ereignis die nutzbaren Instandhaltungsstrategie<br />
zuzuordnen.<br />
Als einfache und sehr erfolgreiche Methodik hat sich das „Event Fingerprint<br />
Masking“ erwiesen. Bei dieser Methode werden die Eigenschaften der<br />
Instandhaltungsstrategien mit den Fingerabdrücken technischer Ereignisse<br />
verglichen. Durch diesen Ansatz entstehen für jede einzelne Strategie spezielle<br />
Maskierungen, die gut für die Analyse und zur Strategieentscheidung jedes<br />
einzelnen Ereignisses genutzt werden können.<br />
Die Abbildung zeigt als Beispiel die Masken der oben beschriebenen Instandhaltungsstrategien<br />
und wie ein beispielhafter Fingerabdruck eines Ereignisses<br />
in die jeweiligen Masken passt. Im Beispiel ist zu erkennen, dass<br />
das gewählte Ereignis sehr gut sowohl in die Maske der ausfallenden als auch<br />
in die der verdrängenden Instandhaltung passt. Wogegen die anderen Instandhaltungsstrategien<br />
eine eher schlechte Wahl wären.<br />
FAZIT<br />
Eine Vielzahl von Ereignissen kann die Funktionalität und Produktivität<br />
eines technischen Systems stören. Die richtige Instandhaltungsstrategie für<br />
jedes Ereignis ist entscheidend, um die Produktivität einer Maschine oder<br />
Anlage hoch und gleichzeitig die Instandhaltungskosten niedrig zu halten.<br />
Da jedes der Ereignisse seinen individuellen Fingerabdruck hat, kann man<br />
mit dessen Hilfe die potenziell möglichen Instandhaltungsstrategien ableiten.<br />
Dafür sind spezielle diagnostische Methoden, Kataloge und Verfahren<br />
unerlässlich.<br />
Nutzt die Industrie die bereits vorliegenden Erfahrungen zu den Ereignissen<br />
aus anderen Branchen, können optimal angepasste Dia gnosestrategien<br />
einen wirtschaftlichen Vorteil in der Instandhaltung bringen.<br />
Bilder: PopTika/Shutterstock.com (Aufmacherbild); Synostik<br />
www.synostik.de<br />
DIE IDEE<br />
„Die Ana lyse von Ereignissen in<br />
komplexen technischen Systemen<br />
und die Methodik des ‚Event<br />
Fingerprint Masking‘ haben sich als<br />
besonders erfolgreich erwiesen, um<br />
geeignete Instandhaltungsstrategien<br />
für Maschinen oder<br />
Anlagen zu finden. Mit unserem<br />
Know-how und unserer Erfahrung<br />
in der System diagnostik schaffen<br />
wir hier wichtige Grundlagen für<br />
intelligente und passgenaue<br />
Instandhaltungsstrategien, die<br />
dann etwa mit den Mitteln und<br />
Werkzeugen von Industrie 4.0<br />
verwirklicht werden können.“<br />
Heino Brose, Geschäftsführer,<br />
Synostik GmbH, Oebisfelde<br />
38 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
MARKTPLATZ<br />
SMART VIBRATION MONITORING<br />
Baumüller möchte die<br />
Produktivität mit „Drive<br />
Intelligence“ erhöhen. Eine<br />
Schlüsseltechnologie<br />
hierfür ist unter anderem<br />
das Condition Monitoring.<br />
Auf der SPS 2023 präsentierte<br />
das Unternehmen<br />
Smart Vibration Monitoring<br />
als Neuheit: Mit der neuen<br />
Softwarelösung können<br />
Maschinenhersteller ein<br />
Condition Monitoring ohne<br />
externe Sensoren realisieren. Die Software ist über die Softdrive<br />
PLC direkt im Servoregler integriert und lässt sich daher einfach<br />
nachrüsten. Für Maschinenhersteller eröffnen sich dadurch<br />
neue Möglichkeiten: So können sie beispielsweise Laufzeitmodelle<br />
für Zusatzfunktionen der Maschine anbieten. Ob Elektromotor,<br />
Lüfter oder Hydraulik-Pumpe, zur Überwachung der<br />
Mechanik nutzt die neue Funktion aufgezeichnete und analysierte<br />
Prozessparameter als Referenzwerte. Durch Unwuchten<br />
oder fehlerhafte Ausrichtung entstehen Vibrationen. Die<br />
Software erkennt sie rechtzeitig und gibt ein Fehlersignal aus.<br />
Dies ermöglicht eine geplante Wartung von Motoren. Einer<br />
weiteren Schädigung oder einem Ausfall der Maschine wird<br />
dadurch vorgebeugt.<br />
www.baumueller.com<br />
CONDITION-MONITORING WEITERGEDACHT<br />
Sumitomo Drive Technologies<br />
präsentierte auf der SPS 2023 ein<br />
neues Condition-Monitoring-<br />
System. „Eye complete“ gehe noch<br />
einen Schritt weiter als bestehende<br />
Systeme. In einer Lösung kombiniert<br />
es die Echtzeit-Zustandsüberwachung<br />
von Antrieben mit der<br />
Ölfilterung. Ob erweiterte Schwingungsüberwachung,<br />
Ölanalyse oder<br />
Ölfiltration, ein breites Spektrum an<br />
Funktionen ermöglicht eine vorausschauende<br />
Wartung. Anwender<br />
können so die Zuverlässigkeit und Lebensdauer von Maschinen<br />
und Anlagen erhöhen. Zur Schwingungsüberwachung bietet<br />
die Lösung eine fortschrittliche und gleichzeitig benutzerfreundliche<br />
Datenverarbeitung. Für die Qualitätskontrolle des<br />
Getriebeöls misst die Eye-Serie mit hoher Genauigkeit den<br />
ISO-Reinheitsgrad, den Wassergehalt sowie die Öltemperatur.<br />
„Unser Condition-Monitoring-System Eye liefert nicht nur<br />
Informationen über den aktuellen Zustand der Maschine und<br />
dessen Ölzustand, sondern prognostiziert auch genau, wann<br />
eine Komponente ausfallen wird. Diese präzisen Vorhersagen<br />
sind entscheidend für die Optimierung der Lebensdauer und<br />
Leistung von Maschinen und Anlagen“, so Reza Golafshan,<br />
Teamleiter Condition Monitoring Systems bei Sumitomo.<br />
www.sumitomodrive.com<br />
LEBENSDAUER GENAUER VORHERSAGEN<br />
NSK korrigiert die dynamische<br />
Tragzahl<br />
vieler Wälzlagerbaureihen<br />
deutlich nach<br />
oben. Der äquivalente<br />
Wert der Ermüdungslebensdauer<br />
ist eigenen Angaben<br />
zufolge nun teilweise<br />
doppelt so hoch<br />
– ohne konstruktive<br />
Veränderungen an den Lagern. Grund dafür: Durch Forschung und<br />
Entwicklung sei dem Unternehmen ein Durchbruch bei der genaueren<br />
Berechnung der Lagerlebensdauer gelungen. Das Projekt begann vor<br />
etwa zwanzig Jahren. Damals stellten Ingenieure von NSK eine stetig<br />
wachsende Diskrepanz zwischen der laut ISO-Norm berechneten<br />
Lagerlebensdauer und der tatsächlichen Lagerlebensdauer fest, die in<br />
Dauertests ermittelt wurde. Deshalb initiierte das Unternehmen eine<br />
detailliertere Studie und konnte nachweisen, dass die Lebensdauer der<br />
geprüften Wälzlager etwa zwanzigmal länger war als die Lebensdauer<br />
gemäß der ISO-Normen. Im Jahr <strong>2024</strong> kann die tatsächliche Lebensdauer<br />
der Lager des Unternehmens mehr als fünfzig Mal länger sein als<br />
nach Norm ermittelt. Eine gewisse Vorsicht sei sicher gut, aber eine<br />
längere Lebensdauer der Wälzlager trage zur Verbesserung der Produktionseffizienz<br />
bei und schone Ressourcen. Die Ermittlung der neuen<br />
Werte für die Lagerlebensdauer erfolgt laut Unternehmen auf der<br />
Grundlage einer gut recherchierten Methodik, die durch eine umfangreiche<br />
empirische Datenbasis gestützt würde. Insbesondere durch die<br />
Kombination der neuen Methode mit einem Ultraschallprüfverfahren,<br />
das nichtmetallische Einschlüsse im Stahlvolumen detektiert, kann die<br />
Lebensdauer mit sehr viel höherer Genauigkeit bestimmt werden.<br />
www.nskeurope.de<br />
CONDITION-MONITORING-<br />
SOFTWARE AUSGEZEICHNET<br />
Ifm ist „Winner“ beim German Design Award <strong>2024</strong>:<br />
Die Auszeichnung erhielt der Essener Automatisierungsspezialist<br />
für seine Software Moneo RTM,<br />
und zwar in der Kategorie: Excellent Communications<br />
Design – Interactive User Experience. Moneo<br />
RTM – kurz für Real-Time-Maintenance – ist ein<br />
Teilmodul der mittlerweile in vielen Industrien<br />
etablierten IIoT-Plattform Moneo, mit der Ifm<br />
Technologien von der Datenauswertung bis hin zur<br />
Konfiguration von Sensoren unter einem Dach<br />
anbietet. Mit Moneo RTM können Anwender<br />
benutzerspezifische Dashboards einrichten, die<br />
einen stetigen Blick auf den aktuellen Anwendungsstatus<br />
liefern. Im Schadensfall schlägt die<br />
Software sofort Alarm, sodass schnell reagiert<br />
werden kann und ein kostspieliger und langwieriger<br />
Totalausfall vermieden wird. Mit detaillierten<br />
Datenanalysen erreichen Industrieunternehmen<br />
laut eigenen Angaben geringere Stillstandzeiten,<br />
eine effektivere Wartungsplanung und kostenoptimierte<br />
Fertigungsprozesse.<br />
www.ifm.com<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 39
SPECIAL: PREDICTIVE MAINTENANCE UND CONDITION MONITORING<br />
VIBRATION MONITORING<br />
KI IM SENSOR ERKENNT ANOMALIEN<br />
In dem Projekt „AIQ-Bo – AI enhanced Intelligent – Bolt“ haben Forschende des<br />
Fraunhofer CCIT ein trainierbares KI-Modell in einen Vibrations-Sensor integriert,<br />
das autonom Anomalien identifiziert. Die KI wird am Sensor betrieben und erkennt<br />
direkt am Ort der Datenerzeugung Abweichungen. Ein Condition Monitoring kann<br />
so energieeffizient, dezentral und auf kleinstem Raum realisiert werden. Vibrationen<br />
sind sowohl Indikatoren als auch häufige Ursache für Verschleiß und Schäden an Antriebssystemen.<br />
Bei AIQ-Bo analysiert ein optimiertes KI-Modell in einem drei-achsigen<br />
Beschleunigungssensor die aufgezeichneten Vibrationsdaten.<br />
Die Vibrationsdaten müssen für die Analyse nicht erst in die Cloud gesendet werden.<br />
Die KI wird auf dem Gerät ausgeführt. Die Verarbeitung der Informationen findet über<br />
die Fraunhofer-Technologie embeddif.ai dort statt, wo sie anfallen: im Edge Device.<br />
Das trainierte KI-Modell im integrierten Mikrocontroller des Sensors erkennt selbständig,<br />
ob die Komponente im Normalbetrieb läuft oder eventuell kritische Zustände erreicht.<br />
Erst wenn ein problematischer Status vorliegt, wird dieser per Funk an die<br />
Cloud weitergegeben. Dies reduziert die zu übertragende Datenmenge und macht das<br />
System äußerst energieeffizient. Ermöglicht wird dies durch das Open Source KI-<br />
Framework AIfES. Mit diesem lassen sich Künstliche Neuronale Netze (KNN) auf nahezu<br />
jeder Hardware in IoT-Geräten betreiben und trainieren.<br />
DRAHTLOSES KI-RETRAINING AUS DER CLOUD<br />
Rechenintensive Aufgaben wie das Training des KI-Algorithmus oder die Berechnung<br />
eines neuen KI-Modells erfolgen in der Cloud. Modellparameter können aktualisiert<br />
und per Funk an den Sensor zurückgesendet werden, um die Detektion von Anomalien<br />
etwa an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Zur Übertragung der Daten<br />
kommt die Funktechnologie Mioty zum Einsatz. Energy Harvesting versorgt die Sensorik<br />
und das Funksystem mit Energie, eine Versorgung durch Batterien ist auch möglich.<br />
Durch das automatisierte, KI-gestützte Condition Monitoring muss keine manuelle<br />
Prüfung der Anlage durch technisches Personal vorgenommen werden, was im laufenden<br />
Betrieb – etwa in Offshore-Windparks – nicht realisierbar und deshalb mit hohen<br />
Ausfallkosten verbunden wäre. AIQ-Bo kann laut Angaben mit möglichst wenig Training<br />
an unterschiedlichen Systemen eingesetzt werden. Das Training in der Cloud und<br />
der funkgestüzte Datentransfer lasse sich auf unterschiedliche Szenarien übertragen.<br />
Bild: Fraunhofer<br />
www.fraunhofer.de<br />
Analyse direkt im Edge Device:<br />
AIQ-Bo ist ein smarter<br />
Vibrationssensor mit<br />
eingebauter Künstlicher<br />
Intelligenz, die über die Cloud<br />
drahtlos trainiert werden kann.<br />
Anomalien werden<br />
eigenständig erkannt und an<br />
die Cloud übermittelt.<br />
Die Technologie des Fraunhofer<br />
CCIT kann mit wenig Training<br />
an unterschiedlichen Systemen<br />
für ein Condition Monitoring<br />
über Vibrationen eingesetzt<br />
werden, wie zum Beispiel an<br />
Windenergieanlagen.<br />
DIE IDEE<br />
„Der Fraunhofer CCIT entwickelt<br />
Technologielösungen für das<br />
Edge-Cloud-Continuum, das<br />
dezentrales Edge-Computing und<br />
zentrales Cloud-Computing nahtlos<br />
miteinander verknüpft. Daten<br />
werden automatisch an der Stelle<br />
verarbeitet, an der es am effizientesten<br />
und ökonomisch sinnvollsten<br />
ist: In Echtzeit in der Edge, nah an<br />
Endgerät und Sensorik, oder<br />
skalierbar in zentralen Rechenzentren.<br />
‚AIQ-Bo‘ zeigt beispielhaft,<br />
wie dadurch konkreter Mehrwert<br />
beim Condition Monitoring entsteht.“<br />
Michael Fritz, Leiter der<br />
Geschäftsstelle des Fraunhofer CCIT,<br />
Garching bei München<br />
40 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
MARKTPLATZ<br />
ROBUSTES UND SICHERES<br />
HUTSCHIENENMESSGERÄT<br />
Das robuste und leistungsfähige<br />
Energiemessgerät UMD 703 S<br />
von PQ Plus eignet sich für die<br />
Messung von Live-, Mittel-,<br />
Minimal- und Maximalwerten<br />
elektrischer Größen sowie für<br />
die Oberschwingungsmessung.<br />
Das Gerät arbeitet bei Temperaturen<br />
von -25 bis 70 °C. Es ist<br />
mit einer RS485-Schnittstelle<br />
ausgestattet und kann so mit<br />
Modbus-Systemen kommunizieren.<br />
Die Strommessung erfolgt 3-phasig über Kleinsignalwandler<br />
(333 mV Sekundärsignal), die das Kurzschließen<br />
über Wandlertrennklemmen im offenen Betrieb überflüssig<br />
machen. Es benötigt keine Spannungsversorgung.<br />
Es hat eine kompakter Bauform (3 TE) und erhöht durch<br />
das Kleinspannungssignal auch die Sicherheit der Anlage.<br />
Das displaylose Design für die Hutschiene eignet sich für<br />
Fernautomatisierungsaufgaben in Erzeugungsanlagen,<br />
Gebäuden, für die Überwachung der Infrastruktur und<br />
das Last- und Bedarfsmanagement. Da es keine lokalen<br />
Bedienelemente wie Display und Tastatur hat, verhindert<br />
es unbefugte Zugriffe.<br />
www.pq-plus.de<br />
ERWEITERTE OPTIONEN BEI<br />
LEITERQUERSCHNITTEN<br />
Conta-Clip<br />
erweitert das<br />
Sortiment an<br />
Reihen- und<br />
Schutzleiterklemmen<br />
der<br />
Baureihen PRK<br />
und PSL. Sie sind<br />
jetzt auch in je<br />
drei Varianten für Leiterquerschnitte bis 10 mm² erhältlich:<br />
10/2A, /3A und /4A. Der praktische Push-in-Anschluss<br />
der neuen PRK- und PSL-Modelle ermöglicht eine sichere,<br />
werkzeuglose Einführung von starren Adern oder Adern<br />
mit Endhülse. Zur Dekontaktierung genügt ein Druck auf<br />
den integrierten Pusher. Bei den Schutzleiterklemmen<br />
sorgt ein beidseitig ausgeführter PE-Fußkontakt für<br />
elektrische und mechanische Zuverlässigkeit. Doppelte<br />
Querverbindungsoptionen der PRK-Reihenklemmen<br />
erhöhen die Flexibilität bei der Potenzialverteilung. Die<br />
neuen, für eine Bemessungsspannung von 1.000 V bei bis<br />
zu 57 A ausgelegten Klemmen eignen sich unter anderem<br />
für den Aufbau von String-Verteilern in Photovoltaikanlagen.<br />
Alle eingesetzten Isolierstoffe der Push-in-Reihe<br />
sind schadstofffrei und erfüllen die Brandklassifikation V-0<br />
„selbstverlöschend“ nach UL 94.<br />
www.conta-clip.com<br />
MECHANISCHE UND HYDRAULISCHE<br />
LAGERWERKZEUGE VON SCHAEFFLER<br />
Mit der Aufnahme der Produktmarke<br />
Betex in das Portfolio<br />
mechanischer und hydraulischer<br />
Lagerwerkzeuge ermöglicht<br />
Schaeffler eine optimierte Lagermontage<br />
und -demontage. Die Produkte<br />
setzen dort an, wo das<br />
richtige Werkzeug elementar ist,<br />
denn etwa zehn bis 20 Prozent<br />
aller Lagerausfälle entstehen durch<br />
falsche Montage und Demontage.<br />
Die Betex Demontagewerkzeugreihe gehört zum Spezialwerkzeug-<br />
Hersteller BEGA International B.V., der seit Juli 2021 100-prozentige<br />
Tochter von Schaeffler ist. Seit Oktober 2023 zählen die Produkte<br />
zum strategischen Geschäftsfeld Lifetime Solutions bei Schaeffler<br />
und sind Teil des Portfolios für industrielle Instandhaltung. Sowohl<br />
die mechanischen als auch die hydraulischen Abzieher der Baureihen<br />
MSP, HSP und HXP sind selbstzentrierend und erlauben damit<br />
eine einfache und sichere Positionierung am Werkstück. Da die<br />
Verstellung der Arme gleichmäßig nach innen oder nach außen<br />
erfolgt, sind sie einfach zu bedienen. Durch den Verstellmechanismus<br />
über ein Gewinde sitzen die Arme fest am Werkstück und<br />
können nicht abspringen. Die dreigeteilte Abziehplatte TRI-Section-<br />
Plate-xx eignet sich zur schonenden Demontage von Wälzlagern,<br />
Lagerinnenringen und anderen Bauteilen. Damit die Lager während<br />
der Demontage nicht beschädigt werden, greifen die Platten am<br />
Innenring des Wälzlagers an und verhindern, dass die Abziehkraft<br />
über die Wälzlager eingeleitet wird.<br />
www.schaeffler.com<br />
MOTORDATEN DIREKT AUSWERTEN<br />
Ein digitales Analyse- und<br />
Monitoringsystem mit<br />
IIoT-Anbindung für alle<br />
Antriebs- und Prüfstandsmotoren<br />
sowie Generatoren<br />
präsentierte GMN unlängst<br />
mit dem Idea4Drive. Dieses<br />
wertet Motordaten direkt<br />
aus. Es eignet sich besonders<br />
für den Fahrzeugbau und die Luftfahrtindustrie, deren Motoren<br />
und Generatoren hohe Leistungen bieten. Einsetzbar ist das<br />
Embedded System aber bei allen modernen Antrieben. Es erfasst<br />
und verarbeitet mit bis zu neun Sensoren permanent die relevanten<br />
Prozesswerte der Antriebe. Neben der Lager- und Kühlmitteltemperatur<br />
gehören hierzu die Drehzahl sowie Schwingungen und<br />
optional Verlagerungen. Dadurch erhält der Anwender während<br />
des Betriebs kontinuierlich Hinweise, wie sich sein Motor verhält,<br />
wie er ihn optimal nutzen und die Performance steigern kann. Auf<br />
der anderen Seite interpretiert das Embedded System die Daten<br />
selbst. Übertragen werden die Informationen mittels bidirektionaler<br />
Kommunikation über IO-Link. Zudem wird eine nahtlose<br />
Anbindung in IloT-Infrastrukturen möglich, ohne die Performance<br />
der Steuerung zu belasten. Außerdem hat das System die Funktion<br />
eines digitalen Typenschildes und befähigt Antriebseinheiten<br />
selbstständig, Informationen über ihren Ölbedarf an angeschlossene<br />
Schmieraggregate weiterzugeben.<br />
www.gmn.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 41
MARKTPLATZ<br />
HYDROSTATISCH GELAGERTE RUNDTISCHE<br />
Die hydrostatische<br />
Lagerung der<br />
Rundtische von<br />
Hyprostatik<br />
Schönfeld bietet in<br />
der Produktion<br />
einige Vorteile. Die<br />
Rundtische sind<br />
verschleißfrei, was<br />
zu einer höheren<br />
Verfügbarkeit und somit einer verbesserten Produktivität<br />
führt. Die Leistungsmerkmale bleiben dabei unabhängig von<br />
der Nutzungsdauer stets konstant. Die Dämpfung ist<br />
leistungsfähig und reduziert Maschinenschwingungen und<br />
Formfehler der Werkstücke. Bei höheren Drehzahlen erweisen<br />
sich hydrostatisch gelagerte Rundtische als äußerst<br />
thermisch stabil. Die hydrostatischen Elemente arbeiten mit<br />
einem Progressiv-Mengen-Regler (PM-Regler) anstelle von<br />
Kapillaren. Dadurch wird eine höhere Axial- und Radialsteifigkeit<br />
sowie eine hohe Momentsteifigkeit erreicht. Diese<br />
Steifigkeit wird bereits bei kleineren Lagerdurchmessern<br />
erzielt, was höhere Drehzahlen ermöglicht. Hydrostatische<br />
Rundtische sollten optimal ausgelegt sein, um sowohl<br />
statischen als auch dynamischen Belastungen standzuhalten.<br />
Hyprostatik Schönfeld bietet hierfür spezielle Berechnungsprogramme<br />
für hydrostatische Führungen, Radial- und<br />
Axiallager an. Mit diesen Programmen können wichtige<br />
Parameter wie Taschenmaße, Stegbreiten und Pumpendruck<br />
definiert werden, um geforderte Radial-, Axial- und Momentsteifen<br />
zu erreichen und zusätzlich eine minimale Belastungsreserve<br />
von bis zu 200 Prozent zu gewährleisten.<br />
www.hyprostatik.de<br />
VOLLAUTOMATISIERTE MKA-KALIBRIERUNG<br />
GTM entwickelt, baut<br />
und liefert metrologische<br />
Messeinrichtungen<br />
gemäß den<br />
Vorgaben und<br />
Spezifikationen seiner<br />
Kunden. Zum Einsatz<br />
kommen sie weltweit<br />
bei Metrologie-Instituten,<br />
Kalibrierlaboratorien<br />
und Herstellern<br />
von DMS-Aufnehmern für Kraft und Drehmoment. Oftmals<br />
sind es Einzelstücke. Bei der Fertigung greift GTM auf die<br />
eigenen hochpräzisen Produkte zurück, vom Transfernormal<br />
über mechanisches Zubehör bis hin zum DMS-Messverstärker.<br />
Besonders hervorzuheben sind die selbstentwickelten<br />
Kraft- und Drehmomentaufnehmer. Maßgeschneiderte<br />
metrologische Messeinrichtungen für Kraft-, Drehmomentund<br />
Mehrkomponentenmessungen bietet das Unternehmen<br />
für vielfältige Anwendungsfälle an. Die neue Messeinrichtung<br />
für Mehrkomponentenaufnehmer (MKA) des Unternehmens<br />
hat eine erweiterte relative Messunsicherheit von<br />
0,1 Prozent und ist somit um den Faktor 5 genauer. Sie<br />
kommt für Forschung, Entwicklung und Kalibrierzwecke zum<br />
Einsatz, mit Kraft- und Momentbereichen, die exakt auf die<br />
jeweiligen Anforderungen abgestimmt sind. Die Neuentwicklung<br />
führt alle nötigen Schritte zur Kalibrierung von Mehrkomponentenaufnehmern<br />
vollautomatisiert durch – unter<br />
vollständiger Kenntnis des Kraftvektors.<br />
www.gtm-gmbh.com<br />
STÖRSTROMBEDINGTEN MOTORLAGER-<br />
SCHÄDEN CLEVER VORBEUGEN<br />
Coolblue-Ringbandkerne<br />
von<br />
Magnetec bieten<br />
in Umrichter-<br />
Antriebssystemen<br />
Schutz vor<br />
Motorlagerschäden,<br />
indem<br />
sie asymmetrische Störströme im Bereich von etwa 300 kHz bis<br />
400 kHz absorbieren. Die Ringbandkerne bestehen aus dem von<br />
Magnetec entwickelten Werkstoff Nanoperm. Dabei handelt es<br />
sich um eine nanokristalline Eisenbasislegierung mit weichmagnetischen<br />
Eigenschaften, die gegenüber ferritischen<br />
Materialien eine breitbandige Entstörungswirkung bis in hohe<br />
Frequenzbereiche erzielt. Umrichter-Motor-Systeme lassen sich<br />
sowohl in der Erstausrüstung als auch nachträglich mit<br />
Coolblue ausstatten. Die Anbringung erfolgt werkzeugfrei nah<br />
am Frequenzumrichter. Störungen werden durch die Einbringung<br />
einer Impedanz und einer Induktivität gedämpft. Die<br />
absorbierte Energie der Gleichtaktstörströme wird dabei in<br />
Wärme umgewandelt und über die Oberfläche der Ringbandkerne<br />
abgegeben. Kugellager sind so resistent gegen Elektro-<br />
Erosion.<br />
www.magnetec.de<br />
EU-ECOLABEL FÜR<br />
HOCHLEISTUNGS-BIOSCHMIERSTOFF<br />
Der neue Bioschmierstoff<br />
Rhenus LAE 2 von<br />
Rhenus Lub hat nach<br />
einem umfangreichen<br />
Zertifizierungsprozess<br />
das EU-Ecolabel (EEL)<br />
erhalten. Das EEL wird<br />
für Produkte vergeben,<br />
die während ihres<br />
gesamten Lebenszyklus geringe Umweltauswirkungen<br />
haben. Das Unternehmen hat den Hochleistungs-<br />
Bioschmierstoff vor allem für den Einsatz an Verlustschmierstellen<br />
optimiert, bei denen überschüssiges und<br />
verdrängtes Schmierfett in das Erdreich, die Kanalisation<br />
oder in Gewässer gelangen kann. Während mineralölbasierte<br />
Schmierfette immer ein gewisses Risiko für die<br />
Umwelt darstellen, ist Rhenus LAE 2 leicht biologisch<br />
abbaubar. Es eignet sich für die Schmierung von Wälz- und<br />
Gleitlagern unter großen – auch stoßartigen – Belastungen<br />
und widersteht zuverlässig hohen Temperaturen. Darüber<br />
hinaus ist es wasser- und oxidationsbeständig, hat<br />
hervorragende Korrosionsschutzeigenschaften und ein<br />
gutes Haftvermögen.<br />
www.rhenuslub.de<br />
42 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2024</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
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überarbeitet!<br />
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