Nicht nur einfach draufhauen - fraulich Online
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10 Die Reportage<br />
Mitarbeiterinnen mit Festvertrag, 40 Honorarkräfte<br />
und 30 Ehrenamtliche mit. „Ich erwarte<br />
Belastbarkeit, Offenheit und hohe Flexibilität.Wer<br />
hier arbeitet, muss sich eigenen Vorurteilen stellen“,<br />
sagt die Leiterin. Fremdsprachenkenntnisse<br />
sind durch die ausländischen Klientinnen aus 30<br />
Nationen willkommen.<br />
Vorbild Dortmund<br />
Die Mitternachtsmission ist eingebunden in ein<br />
verzweigtes kommunales, bundesweites sowie<br />
internationales Netz aus Therapiezentren, kirchlichen<br />
Einrichtungen, Hilfswerken gegen Menschenhandel<br />
und Drogenberatungszentren. Ebenso<br />
wichtig ist der Kontakt innerhalb Dortmunds zur<br />
Polizei, Ämtern, der ARGE, Rechtsanwälten, der<br />
Ausländerbehörde. Dortmund ist mit der Mitternachtsmission<br />
und der Kooperation zwischen den<br />
Institutionen Vorbild für andere Kommunen.<br />
Zum Treffen des „Runden Tisches“ kommen nicht<br />
<strong>nur</strong> offizielle Stellen zusammen, um Erfahrungen<br />
auszutauschen. Auch Dortmunder Bordellbesitzer,<br />
„Geschäftsleute in der Unterhaltungsindustrie“<br />
wie sie sich nennen, nehmen gelegentlich Platz. Sie<br />
kooperieren mit den zuständigen Ämtern und der<br />
Mitternachtsmission und beschäftigen <strong>nur</strong> Frauen,<br />
die freiwillig dort arbeiten. Seit dem 2002 in Kraft<br />
getretenen Prostitutionsgesetz, das Prostituierten<br />
mehr Rechte zusichert, arbeiten viele Bordellbetreiber<br />
so transparent wie möglich. Die Mitternachtsmission<br />
wird in den bislang elf konzessionierten<br />
Betrieben mit Respekt behandelt.<br />
Trotz allem: „Prostitution macht Körper und Seele<br />
kaputt – das ist keine moralische Wertung!“ Das<br />
zeigt die Begleitung Jutta Geißler-Hehlkes unzähliger<br />
Frauen seit 30 Jahren. Überhaupt, Moral!<br />
Prostitution ist ein Milliardengeschäft. „Ich richte<br />
nicht über die Freier. Unsere Aufgabe besteht<br />
darin, Frauen und Mädchen zu helfen, die in Not<br />
sind.“ Wie schafft sie es, grausame Geschichten zu<br />
verdauen? Die Leiterin denkt nicht lange nach:<br />
„Stabiler Freundeskreis, liebevolle Familie, ein verlässliches<br />
Team. Ich setze dem Schlechten Gutes<br />
entgegen in Form eines heißen Bades oder…“, sie<br />
lacht, „einem Stück Schokolade! Immer, wenn ich<br />
mich frage, warum ich das mache, sehe ich die<br />
Linderung des Elends.“ Die Erfolge sprechen für<br />
sich: Seit 1986 konnten über 700 Frauen mit Hilfe<br />
der Mitternachtsmission aussteigen.<br />
Die gesellschaftliche Verachtung ist immer noch<br />
hoch – nicht gegenüber denjenigen, die die<br />
Dienste in Anspruch nehmen, sondern absurder<br />
Weise gegen die, die viel zu oft aus nackter<br />
Existenzangst dem Gewerbe nachgehen. So heißt<br />
es im Jahresbericht 2005 der Mitternachtsmission:<br />
„Doppelmoral und Heuchelei verschwinden nicht<br />
über Nacht durch verordnete Gerechtigkeit. Es<br />
wird noch ein weiter Weg sein, bis Prostitution<br />
gesellschaftlich anerkannt ist.“<br />
Spendenkonto: Mitternachtsmission e.V.<br />
Stadtsparkasse Dortmund<br />
Kto.-Nr: 151 003 168 · BLZ: 440 501 99