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Nicht nur einfach draufhauen - fraulich Online

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30 Nachgedacht<br />

Food-Fashion-<br />

Victims:<br />

Mode geht<br />

durch den<br />

Magen<br />

Fashion-Victims kennen Sie: Das sind<br />

diejenigen, die jeden Modetrend mitmachen,<br />

sich immer in die neuesten<br />

Designerfummel hüllen und dafür ein<br />

Heidengeld ausgeben. Sie nennen das<br />

Lifestyle.<br />

Die Allmacht des Lifestyle macht nirgends<br />

halt – selbst das, was wir essen, wird davon<br />

beeinflusst. Hätte Ihnen vor ein paar Jahren<br />

jemand kalten Reis mit Seetang, rohem<br />

Fisch und Essig angeboten, hätten Sie<br />

demjenigen womöglich einen Vogel gezeigt<br />

oder ihn kurzerhand `rausgeworfen. Heute<br />

ist Sushi in aller Munde, und wer trendy<br />

sein will, isst tapfer mit.Wer’s nicht mag, ist<br />

ein kulinarischer Kretin und <strong>Nicht</strong>swisser.<br />

Die gute alte Rauke, von vielen eher als<br />

Kaninchenfutter wahrgenommen, feiert eine<br />

Renaissance und adelt als Rucola sofort<br />

jeden Salat. Als multifunktionales Gewächs<br />

wird sie auch händeweise auf Pizza geworfen<br />

und ergibt obendrein kleingehäckselt<br />

und mit Olivenöl vermengt, ein Pesto. Ohne<br />

Pesto geht ja sowieso nichts mehr: Alles, was<br />

sich mit Mixer unter Zugabe von Olivenöl<br />

pürieren lässt, ist ein Pesto. Das verleiht,<br />

wenn man daran glaubt, einem Gericht erst<br />

den richtigen Pfiff, wenn man es dekorativ<br />

auf den Tellerrand träufelt.<br />

Und wo wir schon gerade bei Kräutern<br />

sind: Wie konnten wir je ohne Minze und<br />

Koriander leben? Eine leichte Hustensaftoder<br />

Seifennote am Essen, wer kann dazu<br />

schon „Nein“ sagen?<br />

Sie benutzen noch das gute, alte Bad<br />

Reichen-haller Salz wie Mutter und Oma<br />

vor Ihnen? Kein harmonisch schwingendes<br />

Mineralsalz aus dem Himalaya oder – der<br />

allerletzte Schrei – „Fleur de sel“? Ich<br />

beneide den findigen Franzosen, der dieses<br />

Salz, das wie Streugut im Miniformat aussieht,<br />

gewinnbringend als Luxusartikel vermarktet:<br />

„Die Blume des Salzes“ – das absolute<br />

Gourmet-Salz – kann in 125 g-Döschen<br />

zum Preis von um die 2,50 Euro erworben<br />

werden. Macht einen Kilo-Preis von schlappen<br />

20,- Euro. Das muss doch <strong>einfach</strong> gut<br />

sein, wenn es so teuer ist?!?<br />

Und alles, wirklich alles, was man in<br />

Scheiben schneiden kann, ist plötzlich ein<br />

Carpaccio. Klingt doch gleich viel vornehmer,<br />

Erdbeercarpaccio auf einem Vanillespiegel<br />

zu sagen, als Erdbeeren mit Vanillesosse.<br />

Der Generationen beglückende<br />

Vanille-Pudding ist übrigens total out:<br />

Mousse heißt das fluffig-aufgeschäumte<br />

Zauberwort im Dessertuniversum. Eis isst<br />

man auch nicht mehr: es kommt als Parfait<br />

oder Sorbet daher, alles andere wäre zu profan.<br />

Viele Fernsehköche tun ein Übriges dazu,<br />

uns zu zeigen, was man (und frau) so zubereitet:<br />

keine Kerner-Sendung ohne Jacobsmuscheln<br />

oder Kaisergarnelen, Seeteufel<br />

oder Zander. <strong>Nicht</strong> kleckern, klotzen heißt<br />

die Devise. Mit dem wahren Leben hat das<br />

oft nicht viel zu tun.<br />

Mein Tipp: Grämen Sie sich nicht, <strong>nur</strong> weil<br />

Sie kein Zitronengras mögen und anstelle<br />

von Pasta immer noch „Nudeln“ sagen.<br />

Outen sie sich mit einem Leberwurstbütterchen<br />

als bodenständig und kochen ihr<br />

eigenes Süppchen – ein Erbsensüppchen mit<br />

„lecker Mettwurst“ vielleicht?

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