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28 Knigge Über den Umgang mit Menschen (Teil 1) von Gabriele Reitemeyer Der Knigge erlebt eine Renaissance. Höflichkeit, Rücksichtnahme und Persönlichkeit heißen die Zauberworte für gute Umgangsformen. Die Menschen achten wieder mehr auf den Umgang miteinander. Zum Teil aus Karrieregründen, zum Teil aus einem persönlichen Bedürfnis heraus. Wir bringen einander wieder mehr Wertschätzung entgegen. Und das drückt sich auf vielfältige Weise aus. Der Mensch Knigge Wer war eigentlich dieser Adolph Freiherr Knigge? Geboren wurde er 1752 als Sohn einer verarmten Adelsfamilie in der Nähe von Hannover. Nach seinem Jura-Studium arbeitete er zunächst als Assessor in Kassel, danach als Kammerherr in Hanau und später in Frankfurt/M. Mit seinem Aufklärungsdenken stieß er früh auf Kritik und Ablehnung bei seinen adeligen Standesgenossen. Da er seinen Familienbesitz verloren hatte, musste er wie jeder Bürgerliche für seinen Lebensunterhalt arbeiten. Er setzte sich als Schriftsteller für die Emanzipation der bürgerlichen Gesellschaft vom Absolutismus ein. Sein bekanntestes Werk ist der 1788 veröffentlichte zweibändige Titel „Über den Umgang mit Menschen“. Es wurde irrtümlich als Anleitung für die richtige Etikette interpretiert, war aber geschrieben als emanzipatorischer Titel zur gesellschaftlichen Lehre für die Praxis. Die französische Revolution brachte eine Wende in seinem literarischen Schaffen. Knigge wandte sich der bissigen Politsatire zu. Am 6. Mai 1796 starb Adolph Freiherr Knigge in Bremen. Kern des Knigge Knigge hat sich nicht damit beschäftigt, mit welcher Gerätschaft man Fisch ist. Das ist eine Interpretation seines Werkes. Ihm ging es in erster Linie darum, soziale Strategien zu entwickeln, um den Reibungsverlust im Umgang mit Menschen so gering wie möglich zu halten, um unterschwellige Machtkämpfe und sinnlose Konflikte zu vermeiden. Im Grunde geht es auch heute noch darum, wenn wir davon sprechen, dass wir uns knigge-konform benehmen möchten. Menschen mit perfekten Umgangsformen können sich in jedem Milieu und in jeder Gesellschaftsschicht gut bewegen. Sie finden die richtige Form für die richtige Situation. Und trotzdem müssen sie sich nicht verstellen. Sie bleiben immer authentisch. Auch Sie sollten sich immer mit den Spielregeln der jeweiligen Situation vertraut machen. Wenn Sie diese Regeln nicht kennen, geraten Sie in Gefahr, dass Sie sich „danebenbenehmen“. Dies gilt für alltägliche Gelegenheiten genauso wie für offizielle Anlässe. Basiswissen Gesellschaftliche Rangfolgen • Die Frau ist gegenüber dem Mann die Ranghöhere. • Ältere Personen gleichen Geschlechts sind ranghöher als jüngere. • Gäste sind ranghöher als Verwandte. • Ausländer werden gegenüber Inländern gleichen Ranges als ranghöher behandelt. • Bei Tischordnungen teilen Ehefrauen den Rang ihrer Männer. Berufliche Rangfolgen • Die Person, die betrieblich höher in der Hierarchie steht, wird als ranghöher angesehen. Grüßen • Die rangniedere grüßt die ranghöhere Person. Hände schütteln • Der Ranghöhere gibt dem Rangniedrigeren die Hand.
KNIGGE Was sonst noch wichtig ist • Männer stehen sowohl im Beruf als auch im gesellschaftlichen Leben beim Handschlag auf. Wenn aus dem Aufstehen keine Zeremonie gemacht werden soll, genügt vor allem im Beruf eine Andeutung. • Frauen können im gesellschaftlichen Leben sitzen bleiben, im beruflichen Leben stehen sie ebenfalls auf. • Männer schließen beim Handschlag automatisch den mittleren Knopf ihrer Jacke. Perfekte Frauen ebenfalls. Nehmen Sie die Hand aus der Hosentasche. Und dämpfen Sie gegebenenfalls Ihre Zigarette aus. • Ein Handschlag darf niemals verweigert werden. Das würde einen ziemlichen Affront bedeuten. Vorstellen und bekannt machen • Die rangniedere wird der ranghöheren Person vorgestellt. • In privaten und weniger förmlichen beruflichen Situationen macht man einander bekannt. Auch in förmlichen Situationen, wenn beide Personen gleichrangig sind. Kommunikation Manchmal ist das Leichte besonders schwer. Das gilt auch für den Small Talk. Die Kunst der leichten Konversation ist nicht <strong>nur</strong> auf Partys, sondern auch im Berufsleben gefragt: Und zwar überall dort, wo man mit bisher unbekannten Menschen zusammentrifft, wo es nicht sofort ein Thema gibt oder man mit seinem Anliegen nicht mit der Tür ins Haus fallen will. Small Talk heißt auch Zeit gewinnen und seinem Gesprächspartner Bälle zuspielen, damit er in Gang kommt. Themen für den Einstieg • Alltagserfahrungen • Öffentliche Ereignisse • Interessen und Geschmacksfragen • Die Arbeit Themen, bei denen Sie Ablehnung riskieren • Unser Geld • Unser Körper • Unsere Persönlichkeit Wichtig: Zuhören • Solange Sie sprechen, erfahren Sie nichts. • Solange Sie hören, erfahren Sie viel. • Sobald Sie „zwischen den Wörtern hören“, erfahren Sie alles. Andere Länder, andere Themen: Fünf Gebote für den Small Talk mit Ausländern: • Bereiten Sie sich auf den geplanten Small Talk vor. Lesen Sie, lernen Sie aus den Erfahrungen anderer Personen Ihrer Umgebung. Werden Sie sich Ihrer Vorurteile bewusst. • Zeigen Sie allen, denen Sie begegnen, Respekt. Imitieren Sie niemals die Sprechweisen, Gesten und Rituale anderer Kulturen. • Sprechen Sie langsam, in kurzen Sätzen, machen Sie Pausen, artikulieren Sie deutlich. • Sagen Sie nichts in Ihrer Muttersprache, was andere nicht hören dürfen. • Hinterfragen Sie während eines Gesprächs Ihre eigenen Gesprächs- und Verhaltensmuster. So erkennen Sie die Ihrer Gesprächspartner am leichtesten. „Um Menschen zu verstehen, müssen wir ihre Art zu leben verstehen. Um sie zu überzeugen, müssen wir ihre Sprache sprechen, so gut wir können, nicht die Sprache im engeren Sinne, sondern die Sprache des Geistes. Das ist eine Notwendigkeit. Darüber hinaus gibt es eine andere, die über Logik und Vernunft weit hinausgeht: Das ist das emotionale Erfassen anderer Menschen.“ Jawaharlal Nehru
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