Nicht nur einfach draufhauen - fraulich Online
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20 Die tierische Geschichte<br />
Text und Zeichnungen:<br />
Gaye Suse Kromer<br />
Ich bin<br />
ein Katzen-<br />
Junkie<br />
Wir lernten uns an einem grauen Frühjahrstag<br />
kennen. Im 10. Stock eines Plattenbaus, irgendwo<br />
im Ruhrgebiet. Sie war 7 Jahre alt, ich 31. Es war<br />
nicht gerade Liebe auf den ersten Blick. Im<br />
Gegenteil. Sie hasste mich. Und ich sie. Was ich<br />
wollte war etwas Erhabenes, ganz und gar<br />
Schwarzes, Verschmustes. Sie hingegen war dick,<br />
hatte ein getigertes Fell und ziemlich scharfe<br />
Krallen. Ich näherte mich Kara der Katze mit<br />
Respekt. Umsonst. Sie war in ihrem Revier und<br />
ich ein Eindringling. Der erste Körperkontakt<br />
bestand aus blutigen Wunden an meiner Hand.<br />
Mitgenommen habe ich diese Tiger-Parodie <strong>nur</strong>,<br />
weil, nun, weil sie ihr Besitzer abgeben musste.<br />
Die Katze sollte ins Tierheim. Ins Tierheim! Das<br />
konnte ich mir als Katzenfreundin nicht vorstellen.<br />
Kaum eine Viertelstunde nach Betreten des<br />
Plattenbaus („Ich würde die Katze gerne erstmal<br />
kennen lernen. Vielleicht mag sie mich ja<br />
nicht…“), stand ich wieder auf der Straße: mit<br />
Katze im Korb, Kratzbaum und Klo. Sie glotzte<br />
scheel durch die Gitter, ich glotzte fassungslos auf<br />
den Korb. Na toll.<br />
Wer einmal eine Katze traf …<br />
Wissen Sie, ich bin mit Katzen aufgewachsen.<br />
Bunte, einfarbige, kranke, gesunde, wilde und<br />
sanfte haben mich begleitet. Und ich sie. Ein<br />
Leben ohne Katze? Undenkbar. Manche Lebensumstände<br />
erfordern Kompromisse: Ich machte<br />
eine Ausbildung (keine Katze), während des<br />
Studiums wohnte ich in einer Studenten-WG<br />
(keine Katze), zog später zu einem Mann (keine<br />
Katze). Nach all dem wollte ich in meiner neuen<br />
Wohnung in einen neuen Lebensabschnitt mit<br />
einer Samtpfote starten.<br />
Ich bin ein Katzen-Junkie. Ich kann nicht ohne.<br />
Jedenfalls nicht glücklich. Damit stehe ich nicht<br />
alleine. Die amerikanische Krimiautorin Patricia<br />
Highsmith machte in ihren Büchern immer wieder<br />
Katzen zu ihren Protagonisten, teilte lieber<br />
mit ihnen als mit Menschen ihr Leben. Für<br />
Leonardo da Vinci war selbst die kleinste Katze<br />
ein Kunstwerk. Und Rainer Maria Rilke ließ sich<br />
entlocken: „Das Leben und dazu eine Katze: Das<br />
gibt eine unglaubliche Summe, ich schwör’s<br />
euch!“ Dabei tun die Fellkugeln auf vier Beinen<br />
eigentlich nichts. Höchstens fressen und verdauen.<br />
Wer einmal einen Katzenhaufen gerochen hat,<br />
weiß, was ich meine. Manchmal lassen sie sich<br />
streicheln. Wenn sie wollen. Katzen bewachen<br />
weder das Haus, noch hören sie auf Befehle. Sie<br />
haaren. Besonders im Frühling. Und im Herbst.<br />
Manchmal auch im Sommer und im Winter. Sie<br />
kommen oder gehen, wie ihnen der Sinn steht.<br />
Sie machen <strong>einfach</strong> glücklich.