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blu September 2018

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MUSIK<br />

FOTOS: PAUL & MARTIN<br />

INTERVIEW<br />

JAIN: KIND DER WELT<br />

Es gibt wenige Künstler, für<br />

die ein plötzlicher Erfolg gar<br />

nicht so viel im Leben durcheinanderwirbelt.<br />

„Es erinnert mich vor allem daran, wie<br />

es war, jünger zu sein. Das erste Album<br />

hat eigentlich nur dahingehend etwas<br />

geändert, dass ich jetzt noch mehr arbeite<br />

– aber nicht an der Art, wie ich Musik<br />

mache oder reise.“ Und unterwegs war sie<br />

schon immer viel, denn wenn Jain etwas<br />

ist, dann ein Kind der Welt. Geboren wurde<br />

sie in Toulouse, doch aufgewachsen ist<br />

sie später in Dubai und der Republik Kongo<br />

(wo sie auch ihre ersten Demos aufgenommen<br />

hat), und dann ging es wieder<br />

nach Arabien, nach Abu Dhabi – alles,<br />

weil ihr Vater in der Ölindustrie arbeitete.<br />

Zu Hause ist für sie deswegen nicht mit<br />

Orten verbunden, Heimat kein Begriff, der<br />

etwas mit Grenzen oder Sprachen zu tun<br />

hat, sondern mit Menschen und dem, was<br />

man selbst tut. „In meinem Leben drehte<br />

sich immer alles um Musik. Wo Musik ist<br />

und wohin sie mich bringt – da bin ich zu<br />

Hause.“ So klang ihr Debüt „Zanaka“ auch:<br />

Sie verband die Einflüsse ihrer Lebenswelten<br />

mit modernem Pop.<br />

Es gibt ja Popmusik, die gut gelaunt<br />

und optimistisch ist, und andere, die es<br />

gerne sein will, aber bei der man nur den<br />

Gehirntod diagnostizieren kann – was<br />

ja leider bei der Mehrzahl der Fall ist.<br />

Darum waren schon damals Jains Tracks,<br />

die uns eben nicht für blöd verkaufen<br />

wollten, so willkommen. Doch ihr neues<br />

Album klingt noch optimistischer,<br />

positiver, noch befreiender – und wieder<br />

machen die arabischen und afrikanischen<br />

Einflüsse, gepaart mit diesem<br />

besonderen französischen Touch aus<br />

Avantgarde und Mut, den Unterschied.<br />

Es ist genau das, was wir in diesen<br />

Zeiten brauchen: Mit Jain kann man für<br />

eine halbe Stunde den ganzen Ballast,<br />

den die Nachrichten produzieren,<br />

abwerfen. „Wenn ich schreibe, muss ich<br />

mich selbst fühlen wie in einer Therapie,<br />

in der man mit seinen Träumen und<br />

Hoffnungen arbeitet. In meiner Musik<br />

ist alles so, wie ich mir die Welt wünsche<br />

– deswegen liebe ich Musik so sehr! Ich<br />

kann meine eigene kleine Menschlichkeit<br />

einbringen und meine Positivität<br />

weitergeben.“ So klingt „Souldier“, als<br />

würde Jain schon in ihrem Utopia leben<br />

– und nun lädt sie uns ein, endlich mal<br />

nachzukommen.<br />

Deshalb ist es fast schmerzhaft schade,<br />

dass das Album nur eine gute halbe<br />

Stunde lang ist. „Als ich jünger war, habe<br />

ich all die alten Popalben gehört, die aus<br />

nicht mehr als zehn, zwölf kurzen Liedern<br />

bestehen. Ich will auch nicht irgendetwas<br />

draufpacken, nur um es weiter zu füllen.“<br />

Jain verkauft hier keine Produkte, sondern<br />

sie bietet uns nur ihre Musik an. Lieder,<br />

die ihr am Herzen liegen. Das merkt man<br />

auch an dem Design der Cover und an<br />

ihren Videos. „Ich wollte früher Grafikerin<br />

sein und eigentlich in dem Bereich<br />

arbeiten. Darum gebe ich mir gern Mühe,<br />

denn da man Musik nicht sehen kann,<br />

geht es bei allem anderen darum, das<br />

irgendwie doch möglich zu machen.“ Was<br />

Jains Schaffen dann auch ganz schön<br />

zusammenfasst: Dinge möglich machen.<br />

Und das gelingt ihr. *fis

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