Zukunft | 2018-02
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„mach was!“ für Deine <strong>Zukunft</strong> | AUSBILDUNGSMARKT<br />
» Hände und Kopf sind gefragt «<br />
Handwerk ist vielfältig,<br />
individuell und winkt mit<br />
besten <strong>Zukunft</strong>s- und<br />
auch Karriereaussichten.<br />
Frank Wagner, selbst<br />
Bauingenieur, Inhaber einer<br />
Firma und Präsident der<br />
Handwerkskammer<br />
Chemnitz, weiß, wovon er<br />
spricht, wenn er Jugendlichen<br />
den Einstieg in einen<br />
Handwerksberuf<br />
ans Herz legt.<br />
Aufstiegs- und Jobchancen<br />
sind im Handwerk so gut wie nie, sagt Frank Wagner,<br />
Präsident der Handwerkskammer Chemnitz<br />
Herr Wagner, nennen Sie uns drei Gründe,<br />
warum Schulabsolventen ins Handwerk<br />
gehen sollten.<br />
Erstens, weil das Handwerk mit seinen mehr<br />
als 130 Ausbildungsberufen unglaublich vielgestaltig<br />
ist – es reicht vom Augenoptiker über<br />
den Bäcker, Goldschmied, Kälteanlagenbauer,<br />
Raumausstatter bis hin zum Zahntechniker.<br />
Zweitens, weil im Handwerk Hände und Kopf<br />
gefragt sind. Beispiel Kfz-Mechatroniker: Dort<br />
kommen standardmäßig elektronische Diagnosegeräte<br />
zum Einsatz, von GPS-gestützter Navigation<br />
und E-Mobilität ganz zu schweigen. Und<br />
es sind Handwerker, die elektronische Gebäudesteuerung<br />
oder Solaranlagen installieren.<br />
Drittens, weil man im Handwerk Karriere machen<br />
kann. Nach der Gesellenausbildung ist<br />
nicht Schluss. Mit dem Meisterbrief erlangt<br />
man einen hochangesehenen Abschluss, der<br />
im Vergleichsrahmen der deutschen Bildungsabschlüsse<br />
dem Bachelor gleichgestellt ist. Im<br />
Handwerk kann man einen Abschluss als Geprüfter<br />
Betriebswirt machen, der einem akademischen<br />
Masterabschluss gleichgestellt ist. Mit<br />
solchen Abschlüssen kann man eine gut bezahlte<br />
Leitungsfunktion im Handwerksbetrieb übernehmen<br />
oder selbst einen Betrieb gründen.<br />
Und wenn sich genügend Schüler finden, startet<br />
2019 in Zwickau die Berufsausbildung mit<br />
Abitur für angehende Elektrotechniker.<br />
Wie finden Schüler den richtigen Beruf<br />
bei so viel Auswahl im Handwerk?<br />
Indem Sie zu uns zur Berufsorientierung kommen<br />
– einfach mal bei uns auf der Webseite<br />
schauen oder den zuständigen Lehrer in der<br />
Schule darauf ansprechen. Schüler können auch<br />
ein Praktikum oder einen Ferienjob im Handwerksbetrieb<br />
machen. Dort können Sie ohne<br />
Druck herausfinden, was ihnen liegt oder wofür<br />
sie kein Talent haben. Und dann gibt es noch<br />
unsere Ausbildungsberater, die sehr geübt darin<br />
sind, gemeinsam mit dem Schüler den passenden<br />
Beruf zu finden.<br />
Wie sieht es im Handwerk mit Arbeitsplätzen<br />
in der Region und mit der<br />
Arbeitsplatzsicherheit aus?<br />
Sie geben das richtige Stichwort: Region. Handwerk<br />
ist die Wirtschaftsmacht von nebenan.<br />
Das heißt, nach der Ausbildung kann man in aller<br />
Regel in der Heimat bleiben und muss nicht<br />
in München oder Stuttgart nach Arbeit suchen.<br />
Das Handwerk sucht händeringend nach gutem<br />
Nachwuchs. Das wirkt sich auch auf die Arbeitsplatzsicherheit<br />
aus. Um ein Beispiel zu nennen:<br />
Die Arbeitslosenquote unter Meistern beträgt<br />
deutlich weniger als zwei Prozent. Zum Vergleich:<br />
Die Arbeitslosenquote in Sachsen insgesamt<br />
beträgt knapp sechs Prozent. Und auch<br />
unter Akademikern ist der Wert höher.<br />
In welchen Berufen sind die<br />
Aufstiegschancen besonders groß?<br />
Im Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk, im<br />
Elektronik- und Kfz-Bereich und in anderen<br />
Hightech-Gewerken werden Spezialisten händeringend<br />
gesucht, auch für die mittlere und<br />
obere Leitungsebene. Angesichts des Fachkräftemangels<br />
haben die Schulabsolventen eigentlich<br />
überall sehr gute Aufstiegs- und Jobchancen.<br />
Das gilt auch für Gymnasiasten, die<br />
übrigens auch berufsbegleitend studieren können.<br />
Welche Voraussetzungen sollte man für<br />
eine Ausbildung im Handwerk mitbringen?<br />
Offenheit und Fleiß. Gute Schulnoten helfen,<br />
sind aber weniger wichtig als ein Sinn fürs Praktische.<br />
Jedes Handwerk hat seine eigenen Anforderungen.<br />
Als Goldschmied sollte man eine<br />
kreative Ader haben, als Elektroniker sollte man<br />
in Physik und Mathe aufgepasst haben, und ein<br />
Geigenbauer sollte nicht ganz unmusikalisch<br />
sein. Aber das meiste lässt sich lernen. Das Gute<br />
am Handwerk ist: Die Ausbildung findet in der<br />
Regel in kleinen und mittelgroßen Betrieben<br />
statt, mit entsprechend viel Aufmerksamkeit<br />
für den einzelnen Auszubildenden.<br />
Ganz ehrlich: Bekommt man im Handwerk<br />
schmutzige Hände?<br />
Zwei ehrliche Antworten: Die erste: Manchmal<br />
schon. Die zweite: Kommt drauf an. Ein Kfz-Mechatroniker<br />
muss heute wie früher Stoßdämpfer<br />
oder eine Ölwanne wechseln. Aber er steht<br />
mindestens genauso oft am Computer mit der<br />
Diagnosesoftware. Ähnlich ist es mit den Zimmerern.<br />
Da muss man zupacken können, aber<br />
ohne Köpfchen geht nichts, wenn ein Dachstuhl<br />
geplant wird. Und als Friseur, Bäcker, Hörgeräteakustiker<br />
oder Bäcker sollten sie lieber keine<br />
schmutzigen Hände haben. Saubere Hände sind<br />
da quasi die Einstellungsbedingung.<br />
Text: Romy Weißbach,<br />
Foto: Holger Vogel, Fotostudio West/<br />
Handwerkskammer Chemnitz<br />
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