planet toys 4/18
Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel
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INTERVIEW<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong> 31<br />
man enorme Preisunterschiede nicht<br />
weggestalten kann. Lenken die Empfehlungen<br />
also vom eigentlichen Problem<br />
ab?<br />
M.S.: Grundsätzlich ist es ein Vorteil,<br />
dass wir Erlebniseinkauf bieten können,<br />
aber unter Erlebniseinkauf verstehen<br />
wir in erster Linie die Möglichkeit,<br />
dass Kunden die Ware ausprobieren<br />
und testen können. Da würden wir uns<br />
mehr Unterstützung von der Industrie<br />
in Form von Gratis- oder Testware wünschen,<br />
denn es kann nicht sein, dass<br />
wir dafür Ware aus unserem Bestand<br />
zur Verfügung stellen müssen.<br />
»Ich bin der Überzeugung,<br />
dass die VEDES mit der digitalen<br />
Shopping-Lösung und<br />
Print 8 grundsätzlich in die<br />
richtige Richtung geht.«<br />
MICHAEL SCHÄFER<br />
Inhaber Spielwiese<br />
In der Kritik steht auch das Handelsmarketing.<br />
Was von Herstellern<br />
als Unterstützung gepriesen wird,<br />
nämlich, wir zitieren, „kostenlose<br />
Displays, Materialien für die Schaufenstergestaltung<br />
und Kataloge mit<br />
eingedrucktem Händler-Logo“, könne<br />
die Preisdifferenzen zwischen stationär<br />
und online nicht aus der Welt<br />
schaffen.<br />
M.S.: Richtig. Die Gretchenfrage ist<br />
doch, ob wir Fachhändler preislich<br />
wettbewerbsfähig sind. Der zweite Aspekt<br />
sind kurzfristige Lieferzeiten und<br />
die Möglichkeit, einzelne Artikel für<br />
Kunden zu bestellen. Solange das nicht<br />
funktioniert, brauchen wir uns gar<br />
nicht über Marketing, Ladengestaltung<br />
und andere Sachen unterhalten. Aber:<br />
Gute Schaufensteraufbauten animieren<br />
zu Käufen.<br />
Wenn, wie Sie sagen, bei Herstellern<br />
„Consumer first“ gilt, könnten Sie<br />
doch über den Online-Shop des Lieferanten<br />
einzelne Artikel ordern und<br />
anschließend die Differenz bei der<br />
nächsten Rechnung abziehen, wie es<br />
schon vorgekommen sein soll!<br />
M.S.: (lacht) Könnte man machen, allerdings<br />
würde ich wohl Ärger bekommen,<br />
weil man sich das bestimmt nicht<br />
bieten lassen würde. Nein, wenn mir<br />
ein Lieferant nicht hilft, einen gemeinsamen<br />
Kunden zufriedenzustellen, bestelle<br />
ich bei Amazon oder bei einem<br />
anderen Kollegen.<br />
Ihr Kollege, nicht weit entfernt, geht<br />
manchmal rigoros vor. Wenn ihm die<br />
Methoden nicht schmecken, kürzt er<br />
schon mal die Rechnung oder verhängt<br />
einen Lieferstopp.<br />
M.S.: Wenn ROFU, den meinen Sie doch,<br />
einen Lieferstopp verhängt, merkt das<br />
vielleicht der Hersteller, aber wenn die<br />
Spielwiese das praktiziert, wirkt sich<br />
das beim Lieferanten noch nicht mal<br />
auf die dritte oder vierte Stelle hinter<br />
dem Komma aus. Trotzdem reduzieren<br />
wir, falls nötig, Sortimente eines Lieferanten,<br />
oder werfen ihn gar raus. Aber<br />
nicht um einen Lieferanten zu „bestrafen“,<br />
sondern nur um unser Geschäft<br />
zu schützen. Was wir definitiv nicht<br />
machen, ist, dass wir uns mit Mengen<br />
bevorraten, weil der Lieferant meint,<br />
sonst gäbe es keine Ware mehr in der<br />
Saison. Der Lieferant hat dafür zu sorgen,<br />
dass Ware verfügbar ist.<br />
Nach einem halb Jahr und der Chance<br />
des Nachdenkens, haben Sie den<br />
selektiven Vertrieb verstanden?<br />
M.S.: (lacht) Von Haba? Die haben es<br />
mittlerweile selber verstanden, dass ihr<br />
selektiver Vertrieb nicht funktioniert,<br />
und die entsprechende Vereinbarung<br />
gekündigt. Man kann keinen Lauflernwagen,<br />
nur weil er grün ist, 50 € teurer<br />
verkaufen als einen roten. Die Idee ist<br />
grundsätzlich nicht verkehrt, aber die<br />
Ware muss einen echten Mehrwert bieten<br />
und vernünftig beworben werden.<br />
Das Gleiche gilt für Exklusivartikel. Die<br />
sind aus meiner Sicht nicht hilfreich.<br />
Warum denn das? Die Zentralen der<br />
Verbundgruppen sind doch stolz wie<br />
Bolle auf solche Artikel!<br />
M.S.: Die großen Filialisten erreichen<br />
mit Exklusivartikeln einen großen<br />
Markt. Wenn etwa Galeria Kaufhof für<br />
einen Lego-Exklusivartikel wirbt, stehen<br />
hier unsere Kunden auf der Matte,<br />
die den Artikel haben wollen, wir ihn<br />
aber nicht anbieten können. Gleichzeitig<br />
haben wir bei unseren eigenen<br />
Exklusivartikeln Probleme, sie so ausreichend<br />
beim Endkunden bekannt zu<br />
machen, dass sie sich in größeren Mengen<br />
verkaufen – obwohl sie in jedem<br />
Werbemittel der VEDES enthalten sind.<br />
Wie sieht Ihre Strategie aus, um noch<br />
Freude am Geschäft zu haben, wenn<br />
der Lustfaktor bei Marken immer geringer<br />
wird?<br />
M.S.: Die Lust kommt nicht über die<br />
Marke, sondern über das Ergebnis, aber<br />
die Lust an der Spielwiese wird mir ganz<br />
sicherlich so schnell nicht vergehen.<br />
Rabatte sind nicht die Lösung der Probleme,<br />
sagen Hersteller. Wie könnte<br />
eine Lösung aussehen?<br />
M.S.: Was sollen sie auch sonst sagen?<br />
Nur lassen sich die großen Preisunterschiede<br />
nicht einfach wegdiskutieren.<br />
Wenn sie dem Fachhandel keine Konditionsverbesserung<br />
zugestehen wollen<br />
oder können, könnte ein Ansatz darin<br />
bestehen, dass sich die Industrie mehr<br />
dafür engagiert, dass bestimmte Vertriebsformen<br />
ihre Produkte nicht zur<br />
Hälfte ihrer eigenen UVPs hergeben<br />
können.<br />
Last but not least, wie geht es eigentlich<br />
Ihrem saarländischen „Sonnenkönig“?<br />
M.S.: Politisch habe ich mit Oskar Lafontaine<br />
nichts am Hut und seit er bei<br />
den Linken ist, erst recht nicht. Bei uns<br />
im Geschäft habe ich ihn noch nicht gesehen.<br />
Herr Schäfer, wir bedanken uns für<br />
das Gespräch.<br />
Sechs Jahre später und Planet-Toys-Chefredakteur Ulrich Texter (r.) zu Gast in der Spielwiese:<br />
Das Lachen hat Inhaber Michael Schäfer nicht verloren, auch wenn ihm angesichts<br />
mancher Marktentwicklungen das Lachen vergehen könnte.