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Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel

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HANDEL<br />

<strong>planet</strong> <strong>toys</strong><br />

SCHLUSS MIT „KILLEFITT“<br />

Weniger ist mehr, manchmal auch im Spielzeugfachhandel. Diese Einsicht ist jetzt auch in Aachen<br />

angekommen. Die Villa Kunterbunt, einst als Holzwurm gestartet, kehrt zu den Ursprüngen zurück,<br />

ohne das Alte aufzuwärmen. Wir sprachen mit Hedi Bartussek und Gerd Stybor darüber, warum für<br />

sie small wieder beautiful ist.<br />

»Die Zunahme der Ketten<br />

ist der Tod jeder Stadt.«<br />

HEDI BARTUSSEK<br />

Villa Kunterbunt<br />

Frau Bartussek, für Sie ist es ja ein<br />

Gräuel, sich anpassen zu müssen. Wie<br />

viele Kröten mussten Sie schlucken, um<br />

die Villa Kunterbunt zu schrumpfen?<br />

Hedi Bartussek: Überhaupt keine, ganz<br />

im Gegenteil, denn jetzt haben wir die<br />

Möglichkeit, ein ausgefalleneres Programm<br />

zu präsentieren als in der alten<br />

Villa Kunterbunt. Diesen ganzen Mainstream<br />

können wir endlich weglassen.<br />

Heißt im Umkehrschluss, dass Sie sich<br />

damals mehr anpassen mussten?<br />

H.B.: Das ist richtig.<br />

Gerd Stybor: Natürlich muss man, um<br />

eine Fläche von 600 m 2 zu füllen, mehr<br />

Kompromisse machen, aber das Sortiment<br />

als Ganzes konnten wir vertreten.<br />

Über die Latte Playmobil, Lego oder<br />

Yu-Gi-Oh!-Karten sind wir allerdings<br />

nie gesprungen.<br />

Was waren die Gründe für die Rosskur?<br />

War es der Aufwand, den Sie für<br />

die alte Villa betreiben mussten? War<br />

es die Miete? Oder der Wunsch, kürzerzutreten?<br />

H.B.: Es gab mehrere Gründe. Das<br />

Haus am Markt ist mehrmals verkauft<br />

worden, was dazu führte, dass die<br />

neuen Besitzer mehr Miete wollten.<br />

Zweitens mussten wir auch Umsatzrückgänge<br />

hinnehmen, weil sich die<br />

Einzelhandelslandschaft durch die Zunahme<br />

gastronomischer Betriebe am<br />

Markt verändert hatte. Und natürlich<br />

spielte auch unser Alter eine Rolle, sodass<br />

wir gesagt haben, wir setzen jetzt<br />

wieder auf klein, aber fein.<br />

Sie haben den Schritt als „Back to the<br />

roots“ verkauft. Ist es womöglich auch<br />

ein Eingeständnis, dass Ihr Konzept –<br />

Spielzeug trifft Lifestyle und Geschenkartikel<br />

– gescheitert ist?<br />

H.B.: Nein, dieses Konzept war und ist<br />

noch immer gut! Aber es passt nicht<br />

mehr zur neuen VILLA. Außerdem<br />

ändern sich auch die Zeiten. Nur ein<br />

Beispiel: Es gibt Kollegen, die haben<br />

Ostheimer aus ihrem Programm genommen,<br />

aber das Unternehmen hat<br />

bei uns unglaublich zugelegt. Da träumen<br />

andere Firmen von. Dasselbe gilt<br />

für Grimm’s. Langlebiges, nachhaltiges<br />

Spielzeug, vor allem Holzspielzeug,<br />

liegt wieder im Trend. Wir spüren jedenfalls<br />

ein Umdenken. Diesen ganzen<br />

„Killefitt“ braucht doch kein Mensch.<br />

Außerdem ist auch dieser Markt irgendwann<br />

mal gesättigt.<br />

»Erlebnis-Shopping heißt,<br />

dass es uns mit unserem<br />

Sortiment und der Art, wie<br />

wir es im Raum und durch<br />

unser Personal präsentieren,<br />

schaffen, dass die<br />

Kunden darauf abfahren.«<br />

GERD STYBOR<br />

Villa Kunterbunt<br />

G.S.: Die Konsumenten sind sensibler<br />

geworden, sie setzen wieder mehr auf<br />

Holzspielzeug und Hochwertigkeit.<br />

Back to the roots heißt also, dass es in<br />

der neuen Villa nicht kontaminiertes,<br />

ideologisch astreines Spielzeug wie<br />

vor 34 Jahren gibt?<br />

H.B.: Nein, wir führen heute keine Diskussionen<br />

mehr darüber, ob wir Sandspielzeug<br />

aufnehmen oder nicht. So<br />

weit geht es nicht, aber wir legen immer<br />

noch sehr großen Wert auf gutes,<br />

hochwertiges Spielzeug und auf Nachhaltigkeit.<br />

Und die neue alte Strategie funktioniert?<br />

H.B.: Die größte Schwierigkeit liegt<br />

doch darin, die Menschen in die Stadt<br />

zu locken. Dafür ist das Umfeld aber<br />

maßgeblich. Wenn es wirklich mehr<br />

Einzelhändler mit ausgefallenen Dingen<br />

gäbe, dann wären sie auch bereit<br />

zu kommen. Die Zunahme der Ketten<br />

ist der Tod jeder Stadt.<br />

G.S.: Die Villa Kunterbunt setzte vor 34<br />

Jahren konsequent auf Holzspielzeug<br />

und Qualität. Dann zählten wir zu den<br />

Ersten, die auf größerer Fläche auch<br />

die Erwachsenen mit einem Sortiment<br />

bedienten. Heute kaufen sie viel im Internet<br />

und wenn Menschen shoppen<br />

gehen, wollen sie gerne das Besondere<br />

entdecken. Sie suchen das individuelle<br />

Geschäft. In diesem Sinne ist die neue<br />

Villa auch ein Back to the roots, klein<br />

und fein.<br />

Sie pflegen Ihre Sympathien, aber<br />

auch Antipathien zu Herstellern. Daraus<br />

haben Sie nie einen Hehl gemacht.<br />

H.B.: Ohhh, das hat sich sogar noch<br />

verstärkt.<br />

Wer durfte in die neue Villa einziehen,<br />

wer nicht?<br />

H.B.: Die Rote Karte mussten wir z. B.<br />

Brio zeigen. Auch bei Hape können wir<br />

nur den Kopf schütteln. Schleich haben<br />

wir rausgenommen wegen der inakzeptablen<br />

Vertriebspolitik und weil wir<br />

auf die hochwertigen, PVC-freien Produkte<br />

von Bullyland setzen. Der Kunde<br />

legt auch da Wert auf Qualität.<br />

Was machen die, die nicht mit umziehen<br />

durften, falsch?<br />

G.S.: Die Preise für den Verbraucher im<br />

Netz sind teilweise so niedrig, dass wir<br />

selbst mit den sogenannten Angeboten

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