planet toys 4/18
Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel
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HANDEL<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong><br />
SCHLUSS MIT „KILLEFITT“<br />
Weniger ist mehr, manchmal auch im Spielzeugfachhandel. Diese Einsicht ist jetzt auch in Aachen<br />
angekommen. Die Villa Kunterbunt, einst als Holzwurm gestartet, kehrt zu den Ursprüngen zurück,<br />
ohne das Alte aufzuwärmen. Wir sprachen mit Hedi Bartussek und Gerd Stybor darüber, warum für<br />
sie small wieder beautiful ist.<br />
»Die Zunahme der Ketten<br />
ist der Tod jeder Stadt.«<br />
HEDI BARTUSSEK<br />
Villa Kunterbunt<br />
Frau Bartussek, für Sie ist es ja ein<br />
Gräuel, sich anpassen zu müssen. Wie<br />
viele Kröten mussten Sie schlucken, um<br />
die Villa Kunterbunt zu schrumpfen?<br />
Hedi Bartussek: Überhaupt keine, ganz<br />
im Gegenteil, denn jetzt haben wir die<br />
Möglichkeit, ein ausgefalleneres Programm<br />
zu präsentieren als in der alten<br />
Villa Kunterbunt. Diesen ganzen Mainstream<br />
können wir endlich weglassen.<br />
Heißt im Umkehrschluss, dass Sie sich<br />
damals mehr anpassen mussten?<br />
H.B.: Das ist richtig.<br />
Gerd Stybor: Natürlich muss man, um<br />
eine Fläche von 600 m 2 zu füllen, mehr<br />
Kompromisse machen, aber das Sortiment<br />
als Ganzes konnten wir vertreten.<br />
Über die Latte Playmobil, Lego oder<br />
Yu-Gi-Oh!-Karten sind wir allerdings<br />
nie gesprungen.<br />
Was waren die Gründe für die Rosskur?<br />
War es der Aufwand, den Sie für<br />
die alte Villa betreiben mussten? War<br />
es die Miete? Oder der Wunsch, kürzerzutreten?<br />
H.B.: Es gab mehrere Gründe. Das<br />
Haus am Markt ist mehrmals verkauft<br />
worden, was dazu führte, dass die<br />
neuen Besitzer mehr Miete wollten.<br />
Zweitens mussten wir auch Umsatzrückgänge<br />
hinnehmen, weil sich die<br />
Einzelhandelslandschaft durch die Zunahme<br />
gastronomischer Betriebe am<br />
Markt verändert hatte. Und natürlich<br />
spielte auch unser Alter eine Rolle, sodass<br />
wir gesagt haben, wir setzen jetzt<br />
wieder auf klein, aber fein.<br />
Sie haben den Schritt als „Back to the<br />
roots“ verkauft. Ist es womöglich auch<br />
ein Eingeständnis, dass Ihr Konzept –<br />
Spielzeug trifft Lifestyle und Geschenkartikel<br />
– gescheitert ist?<br />
H.B.: Nein, dieses Konzept war und ist<br />
noch immer gut! Aber es passt nicht<br />
mehr zur neuen VILLA. Außerdem<br />
ändern sich auch die Zeiten. Nur ein<br />
Beispiel: Es gibt Kollegen, die haben<br />
Ostheimer aus ihrem Programm genommen,<br />
aber das Unternehmen hat<br />
bei uns unglaublich zugelegt. Da träumen<br />
andere Firmen von. Dasselbe gilt<br />
für Grimm’s. Langlebiges, nachhaltiges<br />
Spielzeug, vor allem Holzspielzeug,<br />
liegt wieder im Trend. Wir spüren jedenfalls<br />
ein Umdenken. Diesen ganzen<br />
„Killefitt“ braucht doch kein Mensch.<br />
Außerdem ist auch dieser Markt irgendwann<br />
mal gesättigt.<br />
»Erlebnis-Shopping heißt,<br />
dass es uns mit unserem<br />
Sortiment und der Art, wie<br />
wir es im Raum und durch<br />
unser Personal präsentieren,<br />
schaffen, dass die<br />
Kunden darauf abfahren.«<br />
GERD STYBOR<br />
Villa Kunterbunt<br />
G.S.: Die Konsumenten sind sensibler<br />
geworden, sie setzen wieder mehr auf<br />
Holzspielzeug und Hochwertigkeit.<br />
Back to the roots heißt also, dass es in<br />
der neuen Villa nicht kontaminiertes,<br />
ideologisch astreines Spielzeug wie<br />
vor 34 Jahren gibt?<br />
H.B.: Nein, wir führen heute keine Diskussionen<br />
mehr darüber, ob wir Sandspielzeug<br />
aufnehmen oder nicht. So<br />
weit geht es nicht, aber wir legen immer<br />
noch sehr großen Wert auf gutes,<br />
hochwertiges Spielzeug und auf Nachhaltigkeit.<br />
Und die neue alte Strategie funktioniert?<br />
H.B.: Die größte Schwierigkeit liegt<br />
doch darin, die Menschen in die Stadt<br />
zu locken. Dafür ist das Umfeld aber<br />
maßgeblich. Wenn es wirklich mehr<br />
Einzelhändler mit ausgefallenen Dingen<br />
gäbe, dann wären sie auch bereit<br />
zu kommen. Die Zunahme der Ketten<br />
ist der Tod jeder Stadt.<br />
G.S.: Die Villa Kunterbunt setzte vor 34<br />
Jahren konsequent auf Holzspielzeug<br />
und Qualität. Dann zählten wir zu den<br />
Ersten, die auf größerer Fläche auch<br />
die Erwachsenen mit einem Sortiment<br />
bedienten. Heute kaufen sie viel im Internet<br />
und wenn Menschen shoppen<br />
gehen, wollen sie gerne das Besondere<br />
entdecken. Sie suchen das individuelle<br />
Geschäft. In diesem Sinne ist die neue<br />
Villa auch ein Back to the roots, klein<br />
und fein.<br />
Sie pflegen Ihre Sympathien, aber<br />
auch Antipathien zu Herstellern. Daraus<br />
haben Sie nie einen Hehl gemacht.<br />
H.B.: Ohhh, das hat sich sogar noch<br />
verstärkt.<br />
Wer durfte in die neue Villa einziehen,<br />
wer nicht?<br />
H.B.: Die Rote Karte mussten wir z. B.<br />
Brio zeigen. Auch bei Hape können wir<br />
nur den Kopf schütteln. Schleich haben<br />
wir rausgenommen wegen der inakzeptablen<br />
Vertriebspolitik und weil wir<br />
auf die hochwertigen, PVC-freien Produkte<br />
von Bullyland setzen. Der Kunde<br />
legt auch da Wert auf Qualität.<br />
Was machen die, die nicht mit umziehen<br />
durften, falsch?<br />
G.S.: Die Preise für den Verbraucher im<br />
Netz sind teilweise so niedrig, dass wir<br />
selbst mit den sogenannten Angeboten