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FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL

FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL - 1|2018 - Sonderbeilage in der Süddeutschen Zeitung

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Sei der vollendete<br />

Gastgeber: Schon<br />

1959 warb die New<br />

Yorker Wegman<br />

Company für ihre<br />

portable Hausbar.<br />

Prominenz trinkt<br />

gern daheim – auch<br />

Helmut Schmidt<br />

mit Hans-Dietrich<br />

Genscher oder Harald<br />

Juhnke schätzten<br />

selbstbewusst die<br />

Genüsse aus dem<br />

eigenen Shaker.<br />

sarkastisch notierte, dass der<br />

»Elends-Alkoholismus« bald in<br />

»Wohlstands-Suff« umgeschlagen<br />

sei. Dafür sorgte schon das staatliche<br />

Branntweinmonopol. Das<br />

schon seit 1922 geltende Gesetz<br />

sah vor, dass Brennereien einen<br />

Großteil ihrer Destillate an die<br />

Bundesmonopolverwaltung für<br />

Branntwein abzuliefern hatten,<br />

die daraus einen neutralen Trinkbranntwein<br />

mischte und in den<br />

Verkauf brachte: vor fünfzig<br />

Jahren immerhin noch gut die<br />

Hälfte der verkauften Schnapsmenge<br />

in Deutschland. Als »Edel-<br />

Sprit« galten Marken-Destillate<br />

wie Asbach-Uralt, Eckes-Chantré<br />

oder Doornkaat, selbst wenn sie<br />

meist nur blasse Kopien ihrer ausländischen<br />

Vorbilder waren. Nur zehn Prozent des Konsums kam tatsächlich<br />

von jenseits der Grenzen. Wegen hoher Importzölle waren<br />

schottischer Whisky oder französischer Cognac nur für eine Minderheit<br />

erschwinglich.<br />

Kein Wunder, dass mit den siebziger Jahren eine schwierige<br />

Zeit für die Hausbar anbrach. Zwar nahm sie auf beiden Seiten des<br />

Atlantiks zunehmend pompösere<br />

Formen an – in den Partykellern<br />

deutscher Neubaugebiete<br />

gerne mit Mahagonitheke,<br />

in den Protz-Bungalows<br />

amerikanischer Vorstädte, den<br />

sogenannten »McMansions«, als<br />

vorkonfektionierte »Wet Bars«<br />

(wegen des Wasseranschlusses und<br />

der Gästetoilette). Und in Helmut<br />

Schmidts rustikal maritim als Seemannskneipe<br />

gestalteter Hausbar<br />

wurde mit Gästen wie Henry<br />

Kissinger und Valéry Giscard<br />

d’Estaing sogar Weltgeschichte<br />

geschrieben. Die nachwachsenden<br />

jugendlichen Milieus aber lehnten<br />

elterliche Wohnwelten zwischen<br />

Gummibaum und Schrankwand<br />

vehement ab, von deren Freizeitverhalten<br />

ganz zu schweigen. Die<br />

Jugend sozialisierte sich in selbstverwalteten<br />

Jugendzentren oder<br />

universitären Milieus. Getrunken<br />

wurde ruppig-geradeaus: Bier, Wein von Genossenschaften, wenn<br />

es härter sein sollte gerne auch Whiskey, dann aber, aus politischer<br />

Solidarität, aus Irland. Auch nachfolgende Club-Kulturen, von Disco<br />

bis Techno, verstanden sich als Gegenentwürfe zum häuslichen Kosmos.<br />

In den Augen der Jugend wurde die Hausbar im Partykeller zur Krypta<br />

elterlicher Spießerträume.<br />

Dabei war es mit der heimischen Spirituosenkultur stetig aufwärts<br />

gegangen. 1976 hatte der Europäische Gerichtshof die Bundesrepublik<br />

gezwungen, Alkohol aus dem EG-Ausland ohne Importhindernisse ins<br />

Land zu lassen. Ein regelrechter Cocktailhype erreicht in den neunziger<br />

Jahren auch Deutschland und sorgt neben der Renaissance klassischer<br />

Bars wie der von Charles Schumann in München auch für zahlreiche<br />

innovative Neugründungen insbesondere im wiedervereinigten Berlin.<br />

1999 erfolgte schließlich die Liberalisierung des heimischen Branntweinmarktes,<br />

als den gewerblichen Brennereien erlaubt wurde, außerhalb<br />

des staatlichen Monopols Alkohol zu produzieren: die Geburtsstunde<br />

vieler neuer deutscher Qualitätsbrennereien.<br />

Nicht von ungefähr markiert das Jahr 2000 den ersten Höhepunkt<br />

einer erneuten Hausbar-Welle. Hatten die amphetamingestützen Tanzexzesse<br />

ganzer Clubwochenenden die schiere Gegenwart gefeiert, so<br />

suchte die älter gewordene Szene ihre Selbstvergewisserung wieder<br />

mehr in der Vergangenheit: mit der Liebe zu Retromöbeln, analogen<br />

Kameras, Vinyl-Schallplatten – und einer gepflegten Hausbar. Schließlich<br />

hatten hippe, gut ausgebildete Bartender, hervorragende Produkte<br />

und eine blühende Internet-Community die Bar-Szene wieder attraktiv<br />

gemacht. Zeitgleich mit der Rezession, seit jeher die Feindin kostspieliger<br />

Auswärts-Abende, versetzte wenige Jahre später das Fernsehen<br />

mit seiner »Mad Men«-Euphorie um eine New Yorker Werbeagentur<br />

und ihre lässige Drink-Kultur dem Hausbar-Comeback einen<br />

weiteren Kick. Der zeitlose Look des Accessoires und das präzise Ritual<br />

des Mixens faszinieren heute mehr denn je, zumal sich jeder Home-Bartender<br />

scheinbar mühelos in einen Teemeister der westlichen Welt verwandeln<br />

konnte.<br />

Heute droht die Hausbar – wie PC, Home-Theater-TV und<br />

professionell ausgestatteter Gourmet-Küche – eine der unsichtbaren<br />

Fesseln zu werden, die uns immer fester in unseren privaten<br />

Kokon binden und uns immer weniger Gründe geben, das eigene Heim<br />

zu verlassen. Gesellig ist da manchmal nur noch das Posten in Social-<br />

Media-Kanälen wie Instagram, wo die Kategorie »Hausbar-Fotos« unter<br />

dem Stichwort »Einrichtungselemente« als neuer »Rising Star« gilt.<br />

Im besten Fall aber begreifen wir die Alternative auszugehen oder<br />

zu Hause zu bleiben nicht als eine Frage unvereinbarer Lebensstile,<br />

sondern als freibleibendes Angebot. Denn die Bar, ob zu Hause oder<br />

im Dschungel der Großstadt, wird immer eine bacchantische Quelle<br />

von Möglichkeiten und Versprechungen sein, ein Ort des gepflegten<br />

Rausches und der Begegnung (und sei es auch nur mit uns selbst). Es<br />

mag eine Frage der persönlichen Einstellung sein, was man bevorzugt.<br />

Und doch gibt es<br />

in unserem Leben<br />

gerade für die Hausbar<br />

wirklich so etwas wie<br />

eine »physisch-metaphysische<br />

Notwendigkeit«:<br />

Denn wenn es,<br />

wie Frank Kelly Rich, der<br />

weise Herausgeber des<br />

Magazins The Drunkard,<br />

bemerkt, »wahr ist,<br />

dass das Zuhause eine<br />

Zuflucht vor der Außenwelt<br />

ist, dann ist die<br />

Hausbar die Zuflucht<br />

vor dem Zuhause«.<br />

Und das, schreibt er,<br />

»ist zuweilen eine ausgezeichnete<br />

und sehr<br />

notwendige Sache.«<br />

Foto: ullstein bild – Gräwert/Holtz Foto: Hamburger Morgenpost, Schimkus<br />

Foto: S. J. Wegman Company, 1959<br />

Ihre Kunstsammlung wird neidisch werden.<br />

Der Unterschied heißt Gaggenau.<br />

Eindrucksvolle Architektur verlangt nach einem gleichermaßen<br />

beeindruckenden Inneren. Ihr Weinklimaschrank,<br />

wie auch Ihre Kunstsammlung, sagen viel darüber aus,<br />

wer Sie sind. Jedes Produkt von Gaggenau hat einen unverwechselbaren<br />

Charakter, ist aus hochwertigen Materialien<br />

gefertigt und überzeugt durch seine professionelle Leistung.<br />

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30 <strong>FINE</strong> 1 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong><br />

Abgebildetes Produkt ist der RW 466 364| Energieeffzienzklasse: A |<br />

auf einer Skala der Effzienzklassen von A+++ bis G.

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