18.09.2018 Aufrufe

FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL

FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL - 1|2018 - Sonderbeilage in der Süddeutschen Zeitung

FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL - 1|2018 - Sonderbeilage in der Süddeutschen Zeitung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ein spinnwebfeines Netz zarter Seidenfäden spannt sich zwischen hölzernen Leisten. Den<br />

circa zwei mal drei Meter großen Rahmen flankieren acht Frauen. Gebeugt sitzen sie da,<br />

in einer Ecke des Couture-Ateliers, das der libanesische Modeschöpfer Elie Saab neben<br />

Boutique, Büros und Showroom in seinem ultramodernen fünfstöckigen Stammhaus mitten in<br />

Beirut unterhält. Sie reden kaum. Konzentriert und flink fädeln sie hunderte winziger Perlen,<br />

Strass-Steinchen und Pailletten in das Geflecht. Ein emsiges Sticheln, das auf den ersten<br />

Blick willkürlich erscheint, sich aber nach und nach wie von Zauberhand zu einem filigranen<br />

Stickwerk aus Blüten und Blättern verdichtet. Weiß auf weiß, glitzernd und irisierend. Zwei<br />

Tage brauchen sechzehn fleißige Hände – dann ist er fertig, der ultimative Schleier für eine<br />

der erlesenen Brautroben des Luxuslabels.<br />

Fotos: Beauté Prestige International<br />

ER KANN’S!<br />

ORIENTALISCHER GLAMOUR <strong>UND</strong> WESTLICHER MINIMALISMUS –<br />

ANTIPODEN, DIE DER LIBANESISCHE DESIGNER ELIE SAAB<br />

STILSICHER <strong>UND</strong> ELEGANT IN SEINEN TRAUMHAFT SCHÖNEN<br />

KLEIDERN, BRAUTMODEN <strong>UND</strong> PARFÜMS VEREINT.<br />

Von Angelika Ricard-Wolf<br />

Elie Saab kann Kleider. Und Hochzeitskleider erst recht. Mal türmt<br />

er bis zu hundert Meter Voile, Tüll, Crêpe de Chine und Organza<br />

in vier bis fünf Schichten zu duftigen Sahnebaiser-Gebilden übereinander,<br />

mal lässt er nudefarbene Etui-Kleider mit provokant platzierten<br />

Schmalspur-Stickereien überziehen, die raffniert ein scheinbar direkt<br />

auf der Haut appliziertes Strass-Tattoo suggerieren. In jedem Fall fühlt<br />

sich die Braut in einem der sündhaft teuren Spezial-Anfertigungen<br />

(unter dreißigtausend Dollar läuft da nichts) bereits vor dem Ja-Wort<br />

wie im siebten Himmel. Zumal ein Diadem oder Haar-Reif, an denen<br />

ein Nichts von Schleier wippt, das »Einmal-Prinzessin-Sein-Feeling«<br />

krönen. Sollen echte Steine verwendet werden, was durchaus vorkommt,<br />

wird es erheblich teurer. »Dieser Tag hat gerade im Orient<br />

eine große Bedeutung«, sagt Elie Saab. »Natürlich gibt es Hochzeiten<br />

auf allen preislichen Ebenen. Jede Familie hat ihr Budget. Aber Feste,<br />

die mehrere Millionen kosten, sind hier keine Seltenheit.« Für weniger<br />

Betuchte gibt es zum Glück eine Prêt-à-Porter-Auswahl. Auch nicht<br />

preiswert, aber im Bereich des Möglichen, spart man vorausschauend<br />

auf den Tag X.<br />

»Ich erzähle Geschichten mit Nadel und Faden für und um schöne<br />

Frauen«, erklärt Elie Saab die nahezu unwiderstehliche Anziehungskraft<br />

seiner Entwürfe. »Alles aus meiner Haute-Couture-Kollektion<br />

dreht sich um diesen Traum von Feen und Schönheiten, von Hochzeit<br />

und Festen.«<br />

Eine Gabe, mit der er sich eine wahrlich märchenhafte Karriere<br />

geschneidert hat. Der Mann ist Autodidakt! Er stammt aus einer<br />

maronitisch-christlichen Familie, seine Eltern handelten mit Holz. »In<br />

meiner Familie gab es nur Kaufleute. Keiner von ihnen hat so etwas wie<br />

ich gemacht. Aber ich konnte das. Einfach so.« Als Kind habe er – statt<br />

erwartungsgemäß und zur Freude der Eltern zu hobeln und zu sägen,<br />

dass die Späne fliegen – eben lieber gezeichnet. »Meist Kleider. Irgendwann<br />

merkte ich, dass mir das nicht reicht. Da habe ich angefangen, Stoffe<br />

zurechtzuschneiden.« Die hat er dann auch gleich zusammengestichelt,<br />

zuerst für die Frauen seiner Familie, dann für die Nachbarinnen. »Ich<br />

nähe, solange ich denken kann. Einen Knopf nähe ich heute bestimmt<br />

nicht mehr an. Aber eine Robe, die aus meiner Idee entsteht, die kann<br />

ich komplett. Oder wenn es beim Schnitt ein Problem gibt – da weiß<br />

ich immer, wie es geht.«<br />

Mit achtzehn Jahren eröffnete er sein eigenes Atelier in Beirut.<br />

Das war 1982. Mitten im Bürgerkrieg im Libanon. »In solchen Zeiten<br />

einen Modesalon aufzumachen, ist nicht leicht. Ihn zu finanzieren, noch<br />

schwerer. Dafür brauchte ich viel Einsatz. Zuerst musste ich meinen<br />

Eltern beweisen, dass ich es konnte und auch Erfolg hatte. Und dann<br />

musste ich es langfristig der Kundschaft beweisen. Aber es ging vom<br />

ersten Moment an bergauf. Ich hatte sofort Arbeit. Die Frauen reagierten<br />

gleich positiv auf meine Entwürfe. Weil sie spürten, dass ich an das<br />

glaube, was ich präsentiere.« Reine Seelenverwandtschaft. Denn wer<br />

beflügelt seine Ideen schließlich bis heute? »Die libanesische Frau. Sie<br />

bedeutet mir viel. Sie war meine erste Inspiration, meine erste Kundin,<br />

weil sie an meinen Stil geglaubt und ihn mit Überzeugung getragen hat.«<br />

War die politische Situation damals vielleicht sogar hilfreich für<br />

ihn, weil sich Menschen in schlechten Zeiten besonders nach Schönem<br />

sehnen? Er überlegt kurz. »Eine<br />

Fashion Show während des Krieges<br />

war ein unheimliches Plus für die<br />

allgemeine Stimmungslage. Ich<br />

habe den Frauen in Krisenzeiten<br />

ein paar Träume geschenkt. Die<br />

libanesische Frau ist eine Frau, die<br />

gern chic ist und die Welt liebt.<br />

Mode ist für sie eine sehr wichtige<br />

Angelegenheit.«<br />

Schon mit der Präsentation<br />

seiner ersten Kollektion machte<br />

der blutjunge Elie Saab im<br />

Mittleren Orient Furore. »Das<br />

Presse-Echo war ungeheuer<br />

Spiel mit Licht und<br />

Seide: Orientalischen<br />

Zauber einzufangen,<br />

ist die Gabe des<br />

Modekünstlers Elie<br />

Saab. Auch die Duftkreationen<br />

seiner<br />

Marke wie das neue<br />

»Parfum In White«<br />

fasziniert mit morgenländischem<br />

Esprit.<br />

12 <strong>FINE</strong> 1 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 1 | 2018 13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!