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FENSTER ZUM SOMMER
ISSEY
MIYAKES BERÜHMTER DUFT L’EAU D’ISSEY
BEKOMMT EIN FRISCHES SOMMERKLEID. ENTWORFEN
HABEN ES ZWEI JUNGE FRANZÖSISCHE KÜNSTLER.
Von HANNAH CONRADT
Manchmal lohnt es, ein bisschen genauer hinzusehen. Hinter eine schöne Fassade zu blicken und mehr Tiefe und Bedeutung zu entdecken,
als man auf den ersten Blick vermutet hätte. Das gilt für zwischenmenschliche Begegnungen, und manchmal gilt es auch für
Parfüms. So wie die Duftkomposition einer Erzählung folgt und Hinweise auf die Vorlieben und Leidenschaften seiner Erschaffer liefert,
ist auch die Ästhetik des Flakons sowie dessen Verpackung die visuelle Übersetzung einer olfaktorischen Idee.
Fotos: ISSEY MIYAKE INC.
Der japanische Modeschöpfer Issey Miyake hat bei
der neuesten Sommeredition seines Duftes L’Eau
d’Issey ein besonderes Augenmerk auf die Verpackung
gelegt und zwei junge französische Künstler mit
der Interpretation seiner Vision beauftragt: Tyrsa, mit
bürgerlichem Namen Alexis Taieb, fand als junger Mann
über Graffti zu seiner Leidenschaft für Typographie. An
der Filmhochschule Gobelins in Paris studierte er visuelle
Kommunikation und beschäftigt sich nun als Künstler und
Designer mit der visuellen Kraft von Schrift. Sein Ziel sei
es, den Buchstaben neu zu erfinden, ohne ihn seines Sinnes
oder seiner Schönheit zu berauben. Für Issey Miyake hat er
aus dem Schriftzug »L’Eau d’Issey« ein Buchstabenfenster
entworfen, hinter dem sich ein üppiges Tableau aus zarten
Farnen und Palmwedeln zeigt.
Dies wiederum ist das Werk von Alice Auboiron,
Absolventin der Pariser Hochschule für Angewandte Kunst
Duperré, die für ihre Arbeiten aus Blüten und Pflanzen weit
über Frankreich hinaus bekannt geworden ist. Vor allem
Bühnenbilder und Filmsets verwandeln ihre Absolventen
mit Hilfe von üppigen Pflanzenarrangements in sinn-
flusst haben. Geboren 1938 in Hiroshima, überlebte er als
Siebenjähriger den Atombombenabwurf über der Stadt.
Viele seiner Familienmitglieder kamen dabei ums Leben,
seine Mutter starb einige Jahre später an den Folgen der
atomaren Strahlung, er selbst hatte mit einer Knochenmarkserkrankung
zu kämpfen. Die Erfahrung der totalen
Zerstörung hat in ihm eine tiefe Liebe zur Natur begründet,
zu allem, was wächst, gedeiht, sich entwickelt. Und sie
habe ihn dazu gebracht, selbst kreativ zu sein, Schönes zu
erschaffen, das Menschen Freude bereitet, sagt er in einem
seiner seltenen Interviews dem britischen Telegraph. Bevor
er in die Welt der Couture wechselte, studierte Issey Miyake
an der Kunsthochschule in Tokyo Grafikdesign; auch später,
in seinen Jahren in Paris und New York, verstand er sich
in erster Linie als Designer und nicht als Modeschöpfer.
Kein Wunder also, dass klare Linien, spektakuläre
Faltenwürfe und grafische Schnitte so etwas wie sein
Markenzeichen wurden. Auch die Begeisterung für das
ästhetische Potential von Schriftzeichen – in Japan mit
seiner Jahrhunderte alten Kalligraphie-Tradition ohnehin
kulturell verankert – spiegelt sich in der Zusammenarbeit
mit einem Künstler wie Tyrsa. Die Kooperation mit Alice
Auboiron erinnert daran, dass Miyakes Stil zwar oft als
technoid bezeichnet wird, wesentliche Inspiration jedoch
aus der Natur zieht, deren Schutz er besonders viel Aufmerksamkeit
schenkt. Wert auf Beständigkeit und Nachhaltigkeit
zu legen, ist in der Modewelt noch kein selbstverständliches
Credo, doch seit seinem Rückzug aus dem
aktiven Geschäft 1997 widmet sich Issey Miyake vorwiegend
der Materialforschung und experimentiert vermehrt mit
ungewöhnlichen Materialien wie etwa recycelten Plastikflaschen
oder Altpapier, um daraus besonders widerstandsfähige
und vielseitige Fäden und Stoffe zu gewinnen. Seine
Mode soll eben mehr als nur modisch sein: Sie soll im besten
Fall nicht nur ästhetisch Wirkung entfalten, sondern auch
ganz praktisch länger als eine Saison, vielmehr ein ganzes
Leben lang getragen werden können.
Auch im Umgang mit seiner Parfümlinie bleibt Issey
Miyake diesem Gedanken treu. Anstatt immer neue Duftlinien
zu entwickeln, setzt er mit dem 1992 erstmals
vorgestellten L’Eau d’Issey auf einen Klassiker, den er
regelmäßig neu interpretieren lässt: In der diesjährigen
Sommeredition L’Eau d’Issey Eau de Toilette pour l’été
hat Parfumeur Alberto Morillas den frisch-femininen Duft
mit einer spritzigen Kopfnote aus Grapefruit und Litschi
sowie einem Herzen aus Passionsfrucht und Guave in den
in die sonnenwarme Jahreszeit geschickt. Auch die Herrenvariante
L’Eau d’Issey pour Homme Eau de Toilette pour
l’été bekam zu den holzigen Akkorden aus Vetiver und
Zypresse ein paar fruchtig exotische Spritzer Kiwi, Grapefruit
und Ananas.
Nachhaltig soll auch die Zusammenarbeit von Alice
Auboiron und Tyrsa sein. Nachdem sie die ihnen gebotene
Bühne genutzt haben, um dem berühmten Duftklassiker des
Hauses ein neues Sommerkleid zu schneidern, arbeiten die
beiden nun gemeinsam für Issey Miyake an einem visuellen
Konzept für den kommenden Winter.
Foto: Alexandre Tabaste
Alice Auboiron und Alexis Taieb, der sich Tyrsa nennt, sind die beiden
Design-Künstler, die dem frischen Duft von Issey Miyakes Parfüm-
Klassiker L’Eau d’Issey ein sommerliches Outfit in festlichen Formen
und Farben der Natur entworfen haben. Gemeinsam sehen sie sich
einem Konzept der Nachhaltigkeit verpflichtet.
lich-geheimnisvolle Traumwelten. Alice Auboiron sieht
die Natur als »universelle Übermittlerin von Emotionen« –
dass dieser Gedanke besonders schön mit der Welt der Düfte
und der Mode korrespondiert, hat sich in der Vergangenheit
schon in den Kampagnen anderer großer Marken wie
Roberto Cavalli und Guerlain gezeigt, für die Alice Auboiron
gearbeitet hat.
Das Gemeinschaftswerk der beiden Künstler, das
nun sowohl den Flakon als auch die Verpackung von Issey
Miyakes Signature-Duft ziert, macht Lust auf Sommer,
Strand, Licht und Wärme. Zugleich ist es aber auch ein
Hinweis auf Themen, die Issey Miyake in den mehr als
fünfzig Jahren seiner außergewöhnlichen Karriere beein-
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