Leseprobe CONNEXI Kardiologie Ausgabe 4-2018
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EDITORIAL<br />
Liebe Leser,<br />
dass Präventionsmaßnahmen mit intensiven<br />
persönlichen Fortbildungen nicht nur Menschen<br />
mit einem hohen Bildungsgrad erreichen, zeigte<br />
sich eindrucksvoll in der IPP-Studie (Intensives<br />
Präventions-Programm nach akutem Myokardinfarkt<br />
in Nordwest-Deutschland des Bremer Instituts<br />
für Herz- und Kreislaufforschung). Für die<br />
Studie wurden über 300 Patienten randomisiert<br />
aufgeteilt in eine Gruppe mit Standardversorgung<br />
und in eine mit intensivem Präventionsprogramm.<br />
Untersucht wurde, wie die Effekte einer kardiologischen<br />
Rehabilitation langfristig gehalten oder<br />
sogar verbessert werden können (IPP-Präventions-<br />
Summenscore aus den Risikofaktoren Rauchen,<br />
LDL-Cholesterin, körperliche Aktivität, Blutdruck,<br />
BMI und HbA1c). Nach einem Jahr wies die Studie,<br />
wenig überraschend, eine deutliche und hochsignifikante<br />
Verbesserung der kardiovaskulären<br />
Risikofaktoren durch IPP im Vergleich zur Standardversorgung<br />
nach.<br />
Je nach Schulabschluss gab es enorme Unterschiede<br />
bei den Risikofaktoren. Sehr eindrücklich konnte<br />
das für das LDL-Cholesterin gezeigt werden. Patienten<br />
mit Abitur hatten mit 115 ± 38 mg/dl die niedrigsten<br />
Ausgangswerte, mit 134 ± 33 mg/dl bereits<br />
deutlich höher lagen die Pa tienten mit Realschulabschluss,<br />
das Schlusslicht in diesem Vergleich bildeten<br />
die Hauptschüler. Sie hatten mit 137 mg/dl<br />
± 42 mg/dl die höchsten LDL-Cholesterin-Werte,<br />
waren darüber hinaus körperlich weniger aktiv<br />
und häufiger Raucher.<br />
Womit die Initiatoren der Studie nicht gerechnet<br />
hatten: Ausgerechnet die Patienten mit Hauptschulabschluss<br />
mit ihrem ungünstigen Risikoprofil,<br />
von denen man womöglich angenommen hatte,<br />
sie ließen sich durch eine intensive Fortbildung nur<br />
schwer adressieren, profitierten in besonderem<br />
Maße von den Präventionsmaßnahmen und zeigten<br />
im Vergleich zu den Patienten mit Abitur und<br />
Realschulabschluss die deutlichste Verbesserung.<br />
Gesundheitschancen und Krankheitsrisiken sind<br />
sozial ungleich verteilt. Menschen mit einem niedrigen<br />
sozioökonomischen Status haben ein vergleichsweise<br />
höheres Risiko, krank zu werden und<br />
deutlich früher zu sterben. Dieser Zusammenhang<br />
besteht nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern,<br />
sondern in einem hohen Ausmaß<br />
auch in Deutschland trotz seiner relativ gut ausgebauten<br />
sozialen Sicherungssysteme. Die sozial<br />
ungleiche Verteilung von Gesundheitsrisiken und<br />
-ressourcen spielt in der aktuellen Diskussion über<br />
gesellschaftliche Solidarität, Teilhabe und Chancengerechtigkeit<br />
eine entscheidende Rolle. Die<br />
hier zitierte Studie zeigt sehr gut, dass eine aktive<br />
vorurteilsfreie Präventionsmedizin hier für einen<br />
Ausgleich sorgen kann.<br />
Ich wünsche Ihnen viele neue Erkenntnisse bei der<br />
Lektüre.<br />
Berlin, August <strong>2018</strong><br />
Anja Lamprecht<br />
anja.lamprecht@thepaideiagroup.com<br />
Herzlichst Anja Lamprecht<br />
Verlegerin<br />
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