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Berliner Kurier 18.10.2018

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SEITE21<br />

BERLINER KURIER, Donnerstag, 18. Oktober 2018<br />

Die Mäh-WG vom<br />

TempelhoferFeld<br />

Schäfer Knut lässt<br />

seine Herde mitten<br />

in der Stadt weiden –<br />

und erzählt vom<br />

Aussterben seines Berufes<br />

Hirten ist am Aussterben.<br />

Heute wird Schafswolle<br />

kaum noch gebraucht,<br />

Schafskäse kriegt man in jedem<br />

Supermarkt, das importierte<br />

Lammfleisch aus Neuseeland<br />

wird so günstig verkauft,<br />

dass einheimische<br />

Schäfer mit diesen Preisen<br />

nicht mithalten können. „Unsere<br />

finanzielle Lage ist grottenschlecht“,<br />

sagt Kucznik.<br />

Doch wovon lebt ein Schäfer,<br />

der mit seiner Herde kein<br />

Geld verdient? „Ich verkaufe<br />

mein Wissen“, sagt Kucznik.<br />

Er bildet Hütehunde aus, verleiht<br />

seine Herden an Filmproduktionen<br />

und leitet Seminare<br />

zur Teambildung.<br />

Manager begleiten ihn mit<br />

der Herde. Es geht dann um<br />

den sozialen Zusammenhalt,<br />

um Gruppenbildung und<br />

Führungsqualitäten. Kucznik<br />

erklärt den Chefs auf der Wiese,<br />

dass es meist am Hirten<br />

liegt, wenn die Herde unzufrieden<br />

ist. Dass die Tiere nur<br />

blöken, wenn sie unzufrieden<br />

sind. Dass Schafe und Menschen<br />

soziale Wesen sind.<br />

Die 100 Schafe haben sich<br />

auf dem Feld verteilt. „Olle<br />

komm!“, ruft Kucznik. Die<br />

Schafe bleiben stehen und<br />

drehen sich nach ihrem Hirten<br />

um. „Viele Menschen<br />

Fotos: Markus Wächter<br />

können sichgar nicht vorstellen,<br />

dass hundert Schafe bei<br />

mir bleiben“, sagt Kucznik. Es<br />

sind große Tiere, mit schwarzen<br />

Köpfen ohne Hörner.<br />

Schwarzkopfschafe gelten als<br />

besonders gelassen und folgsam.<br />

„Ich habe mir die dicksten<br />

und ruhigsten Tiere ausgesucht“,<br />

sagt Kucznik. „Nervöse<br />

Schafe brauche ich<br />

nicht. Ich bin selbst schon<br />

verrückt genug.“<br />

Das Handy klingelt, dieLeiterin<br />

einer Kindergartengruppe<br />

will wissen, wo Kucznikzufinden<br />

sei. Jeden Tag kommen<br />

Gruppen. Ererzählt den Kindern,<br />

wie wichtig die Tiere für<br />

die Natur sind. Sie fressen das<br />

VieleFragen: Jeden<br />

Tagkommen Kinder.<br />

Knut Kucznik erzählt<br />

vonseinen Schafen.<br />

Gras von den Deichen am<br />

Meer. Und auch Waldbrände<br />

können Schafe verhindern,<br />

wenndas Grasauf den Wiesen<br />

nicht zu Büschen und Sträuchern<br />

hochwuchert. Dann<br />

muss er sich wieder um die<br />

Herde kümmern. „Olle<br />

komm!“, ruft er. Die letzten<br />

beißen die Hunde.

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