Berliner Kurier 11.11.2018
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Fotos: imago (2), dpa/NASA,CNP/ABACAPRESS/NASA,AP/NASA,zvg<br />
Apollo 10, Mai 1969:<br />
Dieses Foto zeigt das<br />
Raumschiff„Charlie<br />
Brown“, gesehen vonder<br />
Mondlandefähre„Snoopy“.<br />
Apollo 17,Dezember 1972:<br />
Diese Mission ist der<br />
bisher letzte bemannte<br />
Flug zum Mond.<br />
Es dauerte fast ein Jahr und<br />
neun Monate, bis am 11. Oktober<br />
1968 das erste Mal ein bemanntes<br />
Apollo-Raumschiff<br />
startete: Apollo 7. Die Astronauten<br />
Walter (Wally) Schirra,<br />
Donn Eisele und Walter<br />
Cunningham flogen mit einer<br />
kleineren Saturn-Rakete ins<br />
All. Sie machten Tests in der<br />
Erdumlaufbahn, zündeten eine<br />
Raketenstufe, deren Aufgabe<br />
es künftig sein sollte, die<br />
Apollo-Kommandokapsel<br />
und die Mondlandefähre aus<br />
dem Erdorbit in Richtung<br />
Mond zu transportieren.<br />
Auch Abbremsmanöver<br />
wurden getestet. Es gab die<br />
erste Fernsehübertragung<br />
während einer US-Raumfahrtmission.<br />
Die Stimmung<br />
war mies, denn alle Astronauten<br />
hatten einen dicken<br />
Schnupfen. Sie stritten mit<br />
dem Kontrollzentrum und<br />
lehnten es ab, bei der Landung<br />
Helme und Handschuhe<br />
zu tragen. Aber die Technik<br />
hatten sie erfolgreich erprobt.<br />
„Die Russen“ hatten in all<br />
der Zeit auch nicht geschlafen;<br />
sie bauten an einer leistungsstarken<br />
Rakete, der N1.<br />
Kosmonauten trainierten für<br />
Mondflüge. Im September<br />
1968 flog ein unbemanntes<br />
Raumschiff namens Zond 5<br />
um den Mond. Es hatte unter<br />
anderem eine Schildkröte an<br />
Bord, die unbeschadet die Erde<br />
wieder erreichte.<br />
Weil die Amerikaner dachten,<br />
die Sowjets könnten kurz<br />
vor einem bemannten Mondflug<br />
stehen, machten sie<br />
Druck. Sie entschieden kurzfristig,<br />
drei Astronauten auf<br />
einen Flug um den Mond zu<br />
schicken. Es war ein hohes Risiko,<br />
denn es hatte Probleme<br />
mit der Mondrakete Saturn V<br />
gegeben. Aber der Start klappte,<br />
ebenso die Reise. Frank<br />
Borman, Bill Anders und Jim<br />
Lovell erreichten Weihnachten<br />
1968 den Mond.<br />
Die Astronauten von Apollo8<br />
waren die ersten<br />
Menschen, die den<br />
Erdtrabanten aus<br />
der Nähe sahen<br />
und ihn umrundeten.<br />
Zum ersten<br />
Mal erblickte<br />
man<br />
in einer Live-<br />
Übertragung<br />
die Erde<br />
als Ganzes,<br />
in<br />
325000 Kilometer<br />
Entfernung.<br />
Jim Lovell<br />
beschrieb den<br />
Anblick: „Was<br />
die Farben betrifft:<br />
die Wasserflächen<br />
sind alle mehr<br />
oder weniger von einem<br />
Königsblau. Die Wolken<br />
sind natürlich blendend weiß.<br />
Die Reflexion der Erde erscheint<br />
viel stärker als die des<br />
Mondes. Die Landmassen<br />
sind im Allgemeinen bräunlich,<br />
so etwa von dunkelbrauner<br />
bis hellbrauner Textur.“<br />
Zehnmal umkreiste Apollo 8<br />
den Mond. Bill Anders war<br />
hauptsächlich für das Fotografieren<br />
zuständig. Er nutzte<br />
unter anderem eine einfach<br />
Mit derMission Apollo 11<br />
landeten im Juli 1969 die ersten<br />
Menschen auf dem Mond.<br />
zu bedienende Hasselblad-<br />
Kamera mit Magazinen für<br />
160 Farbbilder, wie Piers Bizony<br />
in „Moonshots“ schreibt.<br />
Er setzte aber auch eine Kamera<br />
ein, die dreidimensionale<br />
Abbilder der Mondoberfläche<br />
lieferte.<br />
Eigentlich hatte Anders seine<br />
Arbeit bereits abgeschlossen,<br />
als das Raumschiff zum<br />
dritten Mal hinter dem Mond<br />
vorkam. Plötzlich rief der<br />
Kommandant Frank Borman:<br />
„Oh mein Gott! Seht euch dieses<br />
Bild da an! Hier geht die<br />
Erde auf. Wow, ist das schön!“<br />
Geistesgegenwärtig griff Borman<br />
nach der Kamera und<br />
schoss ein Foto in Schwarz-<br />
Weiß. Bill Anders legte einen<br />
Farbfilm ein und machte weitere<br />
Bilder. So entstand das legendäre<br />
Bild „Earthrise“, am<br />
24. Dezember 1968. Es erschien<br />
später auf der Titelseite<br />
des Time Magazine unter<br />
dem Titel „Dawn“ –Morgendämmerung.<br />
Nach Apollo 8kürzte<br />
die Sowjetunion ihr<br />
Mondprogramm<br />
drastisch. Noch<br />
dauerte es ein gutes<br />
halbes Jahr bis<br />
zur Mondlandung<br />
der Amerikaner<br />
mit Apollo<br />
11. Die Missionen<br />
Apollo 9und<br />
10 hatten weitere<br />
Manöver getestet,<br />
die für eine<br />
Landung wichtig<br />
waren. Sie zeigten:<br />
Es hätte noch viel<br />
schiefgehen können.<br />
Es war „wirklich, wirklich<br />
schwierig“, wie ein<br />
Astronaut später sagte. Von<br />
1969 bis 1972 landeten zwölf<br />
Menschen auf dem Mond.<br />
Die Sowjetunion stellte das<br />
Programm für einen bemannten<br />
Mondflug zwar ganz ein,<br />
nicht aber die Mondforschung<br />
selbst, wie etwa die<br />
späteren Langzeit-Missionen<br />
des Mondmobils Lunochod<br />
zeigten.<br />
„Vietnam haben wir verloren,<br />
Korea ging unentschieden<br />
aus –und die Raumfahrt-<br />
Sache haben wir gewonnen“,<br />
sagte der Apollo-Astronaut<br />
Frank Borman. Ganz so ist es<br />
nicht, sieht man die Rolle<br />
Russlands bei der Internationalen<br />
Raumstation ISS.<br />
Die Nasa ist nach dem Ende<br />
der Space-Shuttle-Ära erst<br />
jetzt wieder dabei, die Technik<br />
für die bemannte Raumfahrt<br />
zu entwickeln, gemeinsam<br />
mit den Europäern: das<br />
Orion-Raumschiff.<br />
Auch den Mond hat man<br />
wieder im Visier, wie Donald<br />
Trump 2017 verkündete. Neben<br />
den USA, Russland und<br />
den Europäern ist auch China<br />
interessiert. Dabei gibt es verschiedene<br />
Überlegungen: den<br />
Bau einer möglichen Mondstation,<br />
die Ausbeute von<br />
Rohstoffen, die bessere Beobachtung<br />
des Alls mit einem<br />
Teleskop von der Mondrückseite<br />
aus oder die Nutzung des<br />
Mondes als Sprungbrett für<br />
den Flug zum Mars.<br />
Was auch immer kommen<br />
mag: Eines der wichtigsten<br />
Ergebnisse der Apollo-Missionen<br />
war die Änderung der<br />
Perspektive. Der Mensch hat<br />
zum ersten Mal von weit<br />
draußen auf seine Heimat geblickt.<br />
Der Astronaut Jim Lovell<br />
fasste es so zusammen: „Von<br />
hier aus gesehen ist die Erde<br />
eine grandiose Oase in der<br />
weiten Wüste des Weltalls.“<br />
Torsten Harmsen<br />
Piers Bizony: Moonshots.<br />
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Nasa, NG-Buchverlag 2018,<br />
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