KEM Konstruktion 09.2017
Trendthemen: Digitalisierung, Windenergieanlagen im Fokus, Lösungen für die Werkzeugmaschine 4.0; Messe Composites Europe 2017; KEM Porträt: Jens Stadter, Vice President Cable Carrier Systems, Tsubaki Kabelschlepp Group; KEM Perspektiven: Werkzeugmaschine 4.0
Trendthemen: Digitalisierung, Windenergieanlagen im Fokus, Lösungen für die Werkzeugmaschine 4.0; Messe Composites Europe 2017; KEM Porträt: Jens Stadter, Vice President Cable Carrier Systems, Tsubaki Kabelschlepp Group; KEM Perspektiven: Werkzeugmaschine 4.0
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WERKSTOFFE/VERFAHREN<br />
LEICHTBAU<br />
Im Gespräch: Dr. Hartmut Groß, Director Advanced Solutions, Schunk Carbon Technology, Heuchelheim<br />
Innovative Faserverbundstoffe erhöhen<br />
den Wirkungsgrad von Elektromotoren<br />
Leicht und dennoch außergewöhnlich stabil: Schunk Carbon Technology setzt kohlenstoff- und<br />
glasfaserverstärkte Armierungshülsen in elektrischen Hochleistungsmotoren ein. Die maßstabilen und<br />
weitgehend isolierenden Werkstoffeigenschaften steigern den Wirkungsgrad des Motors und erlauben eine<br />
kompaktere Bauweise. <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong> im Gespräch mit Dr. Hartmut Groß, Director Advanced Solutions<br />
bei Schunk.<br />
Interview: Dr.-Ing. Ralf Beck, Redakteur <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong><br />
Bild: Schunk<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Herr Dr. Groß, ultradünne Leichtbauwerkstoffe<br />
in das extrem belastete Umfeld eines Permanentmagnetmotors<br />
einzubauen, ist nicht gerade eine sehr naheliegende<br />
Idee. War das Mut zum Risiko?<br />
Groß: Alles andere als das. Vielmehr ist es das Resultat eines kontinuierlichen<br />
Entwicklungsprozesses bei Schunk Carbon Technology.<br />
Das Thema Verbundwerkstoffe wurde bereits in den 1970er-Jahren<br />
von uns aufgegriffen. Allerdings in einem gänzlich anderen Anwendungskontext.<br />
Leichtbau oder Applikationen zur Stromübertragung<br />
hatte damals noch keiner wirklich auf dem Schirm. Damals galt es,<br />
„Die Ausrüstung von<br />
Permanentmagnet -<br />
motoren mit CFK-<br />
Armierungshülsen stellt<br />
eine echte wirtschaft -<br />
liche Alternative zu<br />
bürstenlosen Elektromotoren<br />
dar.“<br />
Dr. Hartmut Groß ist<br />
Director Advanced<br />
Solutions bei Schunk<br />
für Chargenträger in Brennprozessen komplexe Geometrien mit<br />
extrem hoher Temperaturbeständigkeit zu entwickeln. Unsere Ingenieure<br />
setzten dafür erstmals CFC als Verbundwerkstoff ein. Mit<br />
großem Erfolg. Später in den 1980ern entstanden aus CFC unter<br />
anderem Spezialtiegel für die Herstellung von Siliziumkristallen für<br />
die Halbleiterindustrie. In diesen Bereichen sind wir bis heute<br />
Marktführer und haben natürlich sehr früh unsere Kompetenzen im<br />
Umgang mit Verbundwerkstoffen ausbauen können.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Und daraus entwickelte sich der Weg,<br />
Leichtbaukomponenten für elektrische Antriebe einzusetzen?<br />
Groß: In nächsten Schritt entwickelten wir CFK-Hülsen für die Pumpenindustrie.<br />
Diese schon recht dünnwandigen und gewichtsreduzierten<br />
Bauteile sorgten für eine deutliche Effizienzsteigerung beim<br />
Einsatz in Turbomolekularpumpen. Ab den 2000er-Jahren und mit<br />
den erarbeiteten Erfahrungen haben unsere Ingenieure sich dann<br />
auf Leichtbaulösungen für elektrische Antriebe fokussiert. Bestes<br />
Beispiel ist das CFK-Schwungrad für das Kers-System zur Energierückgewinnung<br />
im Motorsport. In den Nuller-Jahren ein echtes<br />
Novum in der Automobilwelt. Das System musste extrem leicht<br />
sein und trotzdem auch bei hohen Umlaufgeschwindigkeiten formstabil<br />
bleiben. Aus diesem Entwicklungsprozess leitete sich das Anwendungsfeld<br />
elektrische Antriebe ab. Für uns stand dabei nie der<br />
ausschließliche Nutzen der Gewichtsreduzierung im Vordergrund.<br />
Vielmehr verbanden wir das Thema Leichtbau immer mit einer technologisch<br />
anspruchsvollen Funktionserweiterung. Heute ist dieses<br />
Schunk-Added-Value-Engineering eines der wichtigsten Merkmale<br />
unserer Entwicklungsarbeit, die unsere Kunden im Besonderen<br />
schätzen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Welche Vorteile bieten Ihre leichten Faserverbundstoffe<br />
bei magnetgelagerten Hochleistungsmotoren<br />
Groß: Kohlenstoff- und glasfaserverstärkte Armierungshülsen von<br />
Schunk werden zur Fixierung von Antriebsmagneten in elektrischen<br />
Hochleistungsmotoren eingesetzt. Hier haben wir unsere Werkstoffkompetenz<br />
in Faserverbundstoffen und unsere 100-jährige<br />
Erfahrung in der Stromübertragung auf einen erfolgreichen Nenner<br />
gebracht. Der größte Nutzen entsteht bei dieser Ummantelung aus<br />
der extrem dünnen Wandstärke und dem geringen Gewicht des<br />
Materials bei gleichzeitig außerordentlicher Stabilität, die nur ein Faserverbundwerkstoff<br />
bieten kann. Gegenüber konventionellen Edelstahlbandagen<br />
zur Magnetfixierung sind Schunk-CFK-Armierungshülsen<br />
um ein Vielfaches leichter, sodass entsprechend geringere<br />
Fliehkräfte auf das System einwirken. Die maßstabilen und weitgehend<br />
isolierenden Werkstoffeigenschaften steigern dabei nicht nur<br />
den Wirkungsgrad des Motors, sondern erlauben zudem dank ihrer<br />
Dünnwandigkeit eine kompaktere Bauweise mit kleinem Luftspalt<br />
zwischen Rotor und Stator. Die Ausrüstung von Permanentmagnet-<br />
110 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> 09 2017