Automationspraxis 03.2018
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_Trend des Monats<br />
Interview Dr. Mathias Döbele, Leiter Maschinen- und Anlagenbau bei Dr. Wieselhuber & Partner<br />
„Digitalisierung verändert<br />
den Maschinenbau radikal“<br />
Warum (Cloud)-Plattformen für den Maschinenbau so wichtig sind und wo Gefahren<br />
für die Geschäftsmodelle der Maschinenbauer lauern, erläutert Dr. Mathias<br />
Döbele vom Beratungshaus Dr. Wieselhuber & Partner.<br />
Autor: Armin Barnitzke<br />
Bild: Wieselhuber<br />
Dr. Mathias Döbele: „Ich<br />
glaube aber nicht an das<br />
„the winner takes it all-<br />
Szenario“, wonach am<br />
Ende nur eine große<br />
Plattform existiert.“<br />
AP: Warum sollten sich Maschinen -<br />
bauer mit dem Plattform-Gedanken<br />
beschäftigen?<br />
Döbele: Wir sind heute an einem Punkt<br />
angelangt, an dem neue Effizienzpotenziale<br />
nicht mehr so einfach zu heben sind –<br />
viele Prozesse sind komplett automatisiert,<br />
manuelle Prozesse sind bestmöglich<br />
optimiert. Durch die digitale Vernetzung<br />
tun sich jedoch neue Potenziale auf: Die<br />
Optimierung der unternehmensübergreifenden<br />
Wertschöpfungsstrukturen – und<br />
genau das ist die Domäne der Plattformen.<br />
Dies bedeutet für alle Unternehmen<br />
mit einer sequenziellen Wertschöpfungsstruktur<br />
– nicht nur für Maschinenbauer:<br />
Wo Plattformen helfen, die Effizienz zu<br />
steigern, werden sie sich über kurz oder<br />
lang durchsetzen und bestehende Marktmechaniken<br />
verändern.<br />
AP: Was bedeutet das für Maschinenbauer?<br />
Döbele: Kurzsichtig wäre es vor allem zu glauben,<br />
dass die Plattform-Diskussion ein Modethema ist,<br />
das schnell wieder verschwindet. Die Digitalisierung<br />
wird den Maschinenbau radikal verändern –<br />
das ist ein Fakt. Wie und in welchen Schritten?<br />
Das wissen wir noch nicht. Eine große Herausforderung<br />
ist sicher der Umgang mit Daten. Daten<br />
sind das wichtigste Gut in der vernetzten Welt.<br />
Der nachlässige Umgang mit der Verteilung beziehungsweise<br />
Offenlegung von Daten kann sich in<br />
der Zukunft als schwerer strategischer Fehler erweisen.<br />
AP: Was raten Sie also?<br />
Döbele: Das Wichtigste: Man muss grundsätzlich<br />
verstehen, wie ein Plattformunternehmen funktioniert!<br />
Mit dem Wissen lässt sich eruieren, wie<br />
Plattformen das eigene Markt- und Branchenum-<br />
feld verändern können. Startpunkt aller Überlegungen:<br />
Der Endkunde. Ausgehend davon, wie die<br />
Digitalisierung seine Welt verändert, kann man<br />
sich sukzessive in der Branchenwertkette zurückarbeiten.<br />
AP: Muss jetzt jeder Maschinenbauer eine<br />
eigene Plattform aufbauen?<br />
Döbele: Vorsicht beim Plattformbegriff! Klassische<br />
Plattform-Unternehmen beziehungsweise Geschäftsmodelle<br />
sind Google, Uber etcetera. Wenn<br />
Sie damit aber Serviceplattformen in Form beispielsweise<br />
eines Web-Portals meinen, auf dem digitale<br />
Services wie Condition Monitoring, interaktive<br />
Bedienungsanleitungen oder vieles mehr angeboten<br />
werden können: Ja. Mit Technologien von<br />
Amazon Webservices oder Microsoft können diese<br />
kurzfristig selbst aufgebaut werden. Selbst<br />
wenn einige dieser digitalen Services dann in Zukunft<br />
in andere Plattformen integriert werden,<br />
halte ich es für einen wichtigen strategischen<br />
Schritt, um sich gegenüber dem Kunden mit derartigen<br />
Leistungsangeboten zu positionieren – bevor<br />
es ein anderer macht. Die Kunden müssen frühzeitig<br />
zum Umdenken bewegt werden. Nur so können<br />
eigene Erfahrungen in dieser neuen Welt gemacht<br />
werden.<br />
AP: Sollen sich Maschinenbauer dazu zusammenschließen?<br />
Döbele: Es wird sicherlich Situationen geben, in<br />
welchen eine Kooperation verschiedener Maschinenbauer,<br />
die heute Wettbewerber sind, sinnvoll<br />
ist. Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass dies<br />
das Allheilmittel ist. Vor allem sollte es nicht das<br />
Ziel jedes Marktteilnehmers sein, selbst ein Plattform-Unternehmen<br />
zu werden! Auch mit smarten<br />
Services-Apps können attraktive Positionierungen<br />
erreicht werden, die aus Sicht eines Maschinenbauers<br />
viel näher am heutigen Geschäft liegen.<br />
24 März 2018