2018/50 - Unternehmen Dezember
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[machen] Ausgabe 65 | <strong>Dezember</strong> <strong>2018</strong> unternehmen [!]<br />
Seit 1926 gibt es die Montblanc-Linie Meisterstück Platinum Line Le Grand, rechts ein Yehudi Menuhin Füller, der von 2001 bis 2003 hergstellt wurde.<br />
gutes Geld dafür. Noch während seiner Zeit als<br />
Industriekaufmann-Azubi verdiente Michael<br />
Rheinländer mehr mit dem Verkauf gebrauchter<br />
Füller als mit seiner Lehre. Sein Plan war<br />
es, im Monat etwa <strong>50</strong>0 bis 1000 Euro zu verdienen,<br />
um sorgenfrei BWL studieren zu können.<br />
Dieser Plan scheiterte. Denn das Füllergeschäft<br />
lief einfach zu gut.<br />
LEICHTE MÄDCHEN UND KOKS<br />
An seinem Geschäftsprinzip hat sich in all<br />
den Jahren nichts geändert: Er kauft Füller,<br />
bereitet sie wenn nötig auf und verkauft sie<br />
wieder. „Allerdings ist die Gewinnspanne bei<br />
Füllern unter 1000 Euro recht dünn“, sagt er.<br />
Rheinländers Spezialgebiet: Highend-Ware<br />
im fünfstelligen Bereich. Das teuerste Stück<br />
verkaufte der Ravensburger für mehr als<br />
70.000 Euro. In diesem Segment muss der<br />
Füller-Baron nach eigener Aussage kaum Konkurrenz<br />
fürchten. Es gilt: Je günstiger der<br />
Preis, desto mehr Mitstreiter gibt es.<br />
Klingt fast ein bisschen märchenhaft, doch<br />
Rheinländer sagt: „Von nichts kommt nichts.<br />
Ich kenne es nicht, nur 8 Stunden am Tag zu<br />
arbeiten. Ein normaler Arbeitstags betrug für<br />
mich schon immer eher zwölf Stunden.“<br />
Manchmal war er einfach zur richtigen Zeit<br />
am richtigen Ort und lernte die richtigen Leute<br />
kennen. Das meiste hat er sich erarbeitet,<br />
„das Glück des Tüchtigen“ nennt er es.<br />
Als nicht-lizensierter Händler macht er den<br />
größten Umsatz auf dem Sekundärmarkt:<br />
„Für mich wird der Ankauf eigentlich erst<br />
dann interessant, wenn so ein Schreibgerät<br />
ein zweites Mal verkauft wird.“ Meistens sind<br />
es streng limitierte Editionen in Originalverpackung,<br />
die er aufkauft – oft ganze Sammlungen,<br />
die er dann von Montblanc auf Echtheit<br />
überprüfen lässt. Seine Kunden kommen<br />
aus der ganzen Welt. „Wir verkaufen auf Online-Plattformen<br />
wie Amazon, Hood oder<br />
Ebay, aber der größte Marktplatz ist mein<br />
Netzwerk,“ sagt Rheinländer.<br />
Schon häufiger wurde ihm Hehlerware angeboten.<br />
Einmal ging er in Absprache mit Montblanc<br />
zum Schein auf den Deal ein. Die Kripo<br />
wurde eingeschaltet. Rheinländer vereinbarte<br />
ein vermeintliches Treffen mit dem Hehler.<br />
Doch statt ihm tauchte ein Kriminalbeamter<br />
auf – und die Handschellen klickten.<br />
700 FÜLLER AUF VORRAT<br />
Geschichten wie diese hat er viele zu erzählen.<br />
Zum Beispiel die, als er aus Versehen mehrere<br />
tausend Euro unterm Hotelbett vergessen<br />
hat und es erst zuhause wieder bemerkte.<br />
Oder die: In Paris traf er sich mit einem Kunden<br />
in dessen Luxus-Suite. Dieser war so begeistert,<br />
dass er seinen Kauf groß feiern wollte<br />
– mit ein paar „leichten Mädchen“ und Koks.<br />
Rheinländer lehnte dankend ab.<br />
Heute hat er eine komfortable Position. Seine<br />
Erfahrungswerte und sein Know-How stehen<br />
in keinem Buch. Dass der Markt für Luxus-<br />
Füller irgendwann einbricht oder gesättigt ist,<br />
glaubt er nicht. Trotzdem sei es wichtig, die<br />
Augen offen zu halten – ein Großteil seiner<br />
Arbeit besteht aus Markt-Beobachtung:<br />
„Montblanc hat tausende verschiedene Produkte.<br />
Ich muss mich mit jedem auskennen,<br />
um zu wissen: Was bringt das im Verkauf, wie<br />
lange liegt das bei mir auf Lager, gibt das meine<br />
Liquidität her, wem könnte ich das verkau<br />
Jahresumsatz von<br />
2,4 Millionen Euro<br />
Nach seiner Ausbildung zum Industrie-Kaufmann<br />
holte Michael Rheinländer<br />
das Fachabitur nach. Seit 2001 ist<br />
das Handelshaus Rheinländer auf Ebay<br />
aktiv – damals nur als Hobby. 2005<br />
meldete er sein erstes Gewerbe an und<br />
erwirtschaftete schon im ersten Geschäftsjahr<br />
einen Umsatz von etwa<br />
100.000 Euro. Mit 24 Jahren bezog er<br />
seine ersten eigenen Geschäftsräume.<br />
Mittlerweile hat er mehrere Teilzeit-Angestellte,<br />
zum Beispiel für den Auslands-Vertrieb,<br />
Botengänge oder die<br />
Aufbereitung der Füller. 2017 betrug<br />
sein Umsatz 2,4 Millionen Euro. RIZ<br />
fen und so weiter,“ erklärt er. Etwa 700 bis 800<br />
Füllfederhalter hat er immer vorrätig. Deren<br />
Gesamtwert bewegt sich im siebenstelligen<br />
Bereich. Deswegen lagern sie fast ausschließlich<br />
im Bankschließfach.<br />
Finanzielle Ziele hat Michael Rheinländer<br />
keine mehr. Seinen ersten Porsche hat er sich<br />
schon vor Jahren gekauft. Viel wichtiger ist es<br />
ihm, seinen Luxus-Kunden den perfekten Service<br />
zu bieten. Einen kleinen Traum gibt es<br />
doch. Eine „1 von 1“ zu besitzen: Ein Sammlerstück,<br />
das nur ein einziges Mal produziert<br />
wurde. Unerreichbar? Nein. Michael Rheinländer<br />
wäre nicht da, wo er heute ist, wenn er<br />
nicht wüsste, wie an so einen Schatz heranzukommen<br />
ist. Doch irgendwie ist er ja auch<br />
Schwabe. Und der Schwabe in ihm sagt: „Zu<br />
teuer“ – und wartet ab. [!] JULIA RIZZOLO<br />
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