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12 BERLIN BERLINER KURIER, Sonnabend, 9. Februar 2019<br />
Videoüberwachung<br />
Die Überwachungsbilder der<br />
Kameras laufen in der<br />
BVG-Sicherheitszentrale auf.<br />
Mehr Kameras,<br />
weniger Straftaten<br />
Fotos: imago<br />
Technik zeigt Wirkung. Aber neue Geräte können auch Tonübertragen. Müssen wir einen Lauschangriff befürchten?<br />
Berlin – Die Zahl der Straftaten<br />
in Bussen, U- und Straßenbahnen<br />
ist im vergangenen<br />
Jahr gesunken. Das bestärkt<br />
die Befürworter von mehr Videoüberwachung,<br />
weil Diebe<br />
die Verkehrsmittel zunehmend<br />
meiden. Was jedoch nur<br />
wenige wissen: Die Kameras<br />
können auch Ton übertragen.<br />
Die Zahl der Videokameras in<br />
Fahrzeugen und Bahnhöfen der<br />
BVG steigt seitJahren. Nach Angaben<br />
des Unternehmens waren<br />
im Jahr 2018 insgesamt 10 853<br />
Kameras auf die Fahrgäste gerichtet<br />
–fast Tausend mehr als<br />
im Jahr zuvor.<br />
In einer Antwort der Innenverwaltung<br />
auf eine Anfrage des<br />
FDP-Abgeordneten Marcel Luthe<br />
teilt die BVG mit: „Kameras<br />
der neueren Generation sind in<br />
der Lage, Audiodaten zu übertragen.“<br />
Diese Funktion sei durch<br />
die Administratoren deaktiviert<br />
und somitnicht verfügbar.<br />
Laut BVG werden die Geräte<br />
mit Mikrofon ab Werk geliefert.<br />
„UnserDatenschutzbeauftragter<br />
hat genau festgelegt,wer darauf<br />
Zugriff hat und wer nicht“, sagt<br />
BVG-Sprecherin Petra Nelken.<br />
„Die Mitarbeiter in der Sicherheitszentrale<br />
haben nur die Bilder<br />
und keinen Ton.“ Die IT-<br />
Leute arbeiten nach ihren Worten<br />
in einer anderen Abteilung an<br />
einem anderen Standort.<br />
Könnte dennoch jedermit Administratoren-Zugang<br />
– und<br />
theoretisch auch Hacker –den<br />
Ton einschalten, wennerwissen<br />
will, über was sich diebeiden Damen<br />
da hinten gerade unterhalten?<br />
„DieBVG legtmit ihrenneuen<br />
Kameras die technische<br />
Grundlage für eine anlasslose<br />
Totalüberwachung der Bürger“,<br />
befürchtetLuthe. „Jedevorhandene<br />
Technik wird früher oder<br />
später auch eingesetzt und sodann<br />
auch das gesprochene<br />
Wortvon einemStaatsunternehmen<br />
überwacht –das wäre dann<br />
der größtmögliche Lauschangriff.<br />
Davon konnte dieStasinur<br />
träumen.“ Die reguläre Nutzung<br />
sei der logische nächste Schritt<br />
„für die Freundeder anlasslosen<br />
Bespitzelung“,soLuthe.<br />
Bei der <strong>Berliner</strong> Datenschutzbeauftragtenwarbishernichtbekannt,<br />
dass die Kameras auch<br />
Ton übertragen können. „Soweit<br />
technisch und organisatorisch sichergestellt<br />
ist,dass dieMikrofone<br />
nicht aktiviertsind, sehen wir<br />
das aber unkritisch“, sagt eine<br />
Sprecherin. Ausschließen kann<br />
aber niemand, dass jemand die<br />
Audio-Funktion der Kameras<br />
mit krimineller Energie missbraucht.<br />
Die Aufnahmen werden 48<br />
Stundengespeichert. Im vergangenen<br />
Jahr forderte die Polizei<br />
4697 Mal Bilder an.<br />
Trotz steigender Fahrgastzahlen<br />
registriert die BVG weniger<br />
Straftaten. „Das war auch im vergangenen<br />
Jahr so“, sagt BVG-<br />
Sprecherin Nelken.<br />
Polizeiermittler bedauern mitunter,<br />
dass zu den Bildern von<br />
Straftaten der Ton fehlt. „Seitens<br />
der Ermittlungsbehörden kann<br />
da richtiger Argumentationsdruck<br />
entstehen, Audioaufnahmen<br />
als Beweismittel mit einzubeziehen“,sagtder<br />
Kriminologe<br />
Claudius Ohder. „Was getan<br />
werdenkann, wird auchirgendwann<br />
getan.“<br />
KOP