Berliner Kurier 14.02.2019

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* POLITIK MEINE MEINUNG Von Christian Burmeister Die Uni als Ortdes offenen Austauschs Ist es richtig, an Universitäten wie jetzt in Kiel Gesichtsverschleierung zu verbieten? Aber sicher! Gerade Unis sind auf einen offenen Austausch angewiesen. Dazu gehört auch, in das Gesicht des Gegenübers blicken zu können. Das Argument der Religionsfreiheit zieht in einem solchenFall nicht. Laut führender Islamschulen gibt es gar keine religiöse Rechtfertigung für eine Vollverschleierung. Wer sich in diesem Falldarauf beruft, dem geht es um falsche Ideologie. Religionsfreiheit mussmit Einschränkungen leben, wenn andere Freiheiten berührt werden. Im Fall von Verschleierungen ist die Sache inzwischen unumstritten. Hier fällt es auch dem Staat leicht,seine Grenzen der Toleranz zu definieren.Deutlich komplizierter sind beispielsweise Fälle von Mädchen, die bereits in sehr jungen Jahren mit Kopftuch in die Schule kommen. Das gibt es in der Realität häufiger. Insgesamt gilt: Der Staatmuss sich so tolerant wie möglich zeigen. Aber die Werte unserer Gesellschaft dürfen nicht in Frage gestellt werden. Respekt ist keine Einbahnstraße. MANN DESTAGES Papst Franziskus In einem Brief hat Papst Franziskus (82) dem venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro vorgeworfen, Zusagen nicht eingehalten zu haben. Franziskus äußert im Schreiben überdies seine Besorgnis über das Leiden der venezolanischen Bevölkerung, „das kein Ende zu nehmen scheint“. Nach Vermittlungsbemühungen war der katholischen Kirche vorgeworfen worden, sie habe sich von Maduro instrumentalisieren lassen. Foto: Tony Gentile/dpa Berlin – Kein Schleier in der Vorlesung, kein Schleier an der Schule: Die Universität Kiel verbietet das Verhüllen des Gesichts mit einem Nikab, wie es manche weibliche Muslime tragen. Schleswig-Holstein will das nun auch auf Schulen ausweiten. Die Reaktionen sind geteilt. Die Kieler Uni hat das Burkaund Nikab-Verbot (Gesichtsschleier mit Sehschlitz) nach einem Streit mit einer muslimischen Studentin erlassen, wie die „Kieler Nachrichten“ berichten. Eine angehende Ernährungswissenschaftlerin war zu einer Botanik-Vorlesung im Nikab erschienen. Der Dozent wies die Studentin zurecht und ließ den Fall von der Uni-Spitze klären. Das Präsidium der Uni stellte nun grundsätzlich klar, dass die Kommunikation in Forschung, Lehre und Verwaltung nicht nur auf dem gesprochenen Wort beruhe, sondern auch auf Mimik und Gestik. Ein Gesichtsschleier dürfe daher in Lehrveranstaltungen und Prüfungen nicht getragen werden. Auf dem Campus könnten Studierende aber auch weiterhin eine Burka oder eine Nikab tragen, sagte Uni-Sprecher Boris Pawlowski. Die Kieler Bildungsministerin Karin Prien (CDU) begrüßte das Schleierverbot und kündigte eine Gesetzesinitiative gegen das Tragen von Gesichtsschleiern in den Schulen an. „Ich beabsichtige, im Rahmen einer Schulgesetznovelle für eine entsprechende Klarstellung für den schulischen Bereich zu sorgen“, so Prien. Unterstützung erhielt sie dafür von SPD-Vize Ralf Stegner: „Vollverschleierung widerspricht unseren Gepflogenheiten und den Regeln des Umgangs miteinander“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Es müsse Grafik: dpa Foto: Boris Roessler/dpa Frauen einer deutschen Kleinstadt im Nikab, dem vorallem aufder Arabischen Halbinsel verbreiteten Gesichtsschleier. der Grundsatz gelten: „Religionsfreiheit ja – Provokation nein.“ Ein Vollverschleierungsverbot ist in Deutschland kein Novum. Die Uni Gießen hatte ein solches bereits vor einigen Jahren erlassen. Die Kultusminister- und die Hochschulrektorenkonferenz konnten gestern auf Nachfrage nicht sagen, wie viele Verbote es an Schulen beziehungsweise Unis bisher gibt. Ein generelles Verschleierungsverbot im Grundgesetz zu verankern ist schwierig, wie der Wissenschaftliche Dienst des Vom Kopftuch bis zum Ganzkörperschleier Bundestags 2014 feststellte. Aber in einzelnen Bereichen wie im Schulunterricht sei ein entsprechendes Verbot mit der Religionsfreiheit vereinbar. Der Dienst verwies dabei unter anderem auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Beim Autofahren gilt bereits ein Verschleierungsverbot. Der Bundesrat hat zudem ein Gesetz auf den Weg gebracht, das künftig jede Form der Gesichtsverhüllung vor Gericht verbietet. Die ehemalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sieht auch eine Mitverantwortung der Muslime an der Debatte. „Bedauerlicherweise haben die Moscheen in den letzten Jahren keine klare Haltung zur Verschleierung erarbeitet“, sagte die Sozialdemokratin dem RND. Sie rief die islamischen Gemeinden auf, das zu ändern. „Es wäre sicherlich hilfreich, wenn es von ihrer Seite Empfehlungen gäbe, auf eine solche über das gewöhnliche Kopftuch hinausgehende Verschleierung in Deutschland zu verzichten“, sagte Özoguz. HIDSCHAB AL-AMIRA HIMAR TSCHADOR NIKAB BURKA Bedeckt die Haare und den Hals. Zweiteiler. Ein Teil umhüllt den Kopf, der andere wird über Kopf und Schulter gelegt. Mantelartiger Schleier, der bis zur Taille reicht. Deutschland streitet über Schleierverbote Nach„Nikab-Bann“ an der Uni Kiel: Wiesollder Rechtsstaat auf religiöseExtremistenreagieren? Ganzkörperschleier. Unter ihm wird oft ein kleinerer Schleier getragen. Meist inschwarz. Bedeckt vollständig das Gesicht. Wird zusammen mit einem langen Kleid (“Abaja“) getragen. Meist inschwarz. Ganzkörperschleier. Eine Art Gitter ermöglicht das Sehen nur nach vorne. Meist inblau.
* SEITE3 BERLINER KURIER, Donnerstag, 14. Februar 2019 NACHRICHTEN Ocasio-Cortez mag es grün Foto: AlexEdelman/imago Washington –US-Demokraten wollen mit einer Transformation der Wirtschaft den Klimawandel stoppen. Die neu gewählte Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez und der Senator Ed Markey streben an, dass der CO 2 - Fußabdruck der USA bis 2030 auf null steht. „Green New Deal“ nennen sie das. Bundeswehreinsätze Berlin –Das Kabinett hat die Verlängerung mehrerer Mandate für Bundeswehreinsätze gebilligt. Fortgesetzt werden die Missionen in Afghanistan, im Südsudan, in der sudanesischen Krisenregion Darfur und die Beteiligung am Anti-Terror-Einsatz der Nato im Mittelmeer. Ankerzentren floppen „Mauer-Frust“ bei den Trump-Fans El Paso –Die Atmosphäre war aufgeladen, die Stimmung hitzig – wie so oft, wenn Trump-Unterstützer zusammenkommen. Im texanischen El Paso direkt an der Grenze zu Mexiko ging es natürlich mal wieder um das scheinbar einzige „politische Projekt“, das US-Präsident Donald Trump noch mit Verve verfolgt: der Bau „seiner“ Mauer zu Mexiko. Mit den üblichen Parolen und viel Kritik an den „total unehrlichen Medien“. Das schien einen Trump-Anhänger mit roter Kappe und dem Trump-Slogan „Macht Amerika wieder großartig“ motiviert zu haben: Zunächst brüllte er Anti-Medien-Paro- len,dann drang er in den ungeschützten Medienbereich ein, ging auf Gary O’Donoghue los, den Washington- Korrespondenten der britischen BBC. Trump hielt kurz inne, als Ordnungskräfte den aggressiven Mann abführten, fragte: „Alles klar bei Ihnen? Alles okay?“ –umdann seine Wutrede fortzusetzen. „Es ist niemals akzeptabel, wenn Journalisten und Kameramänner dafür angegriffen werden, dass sie einfach nur ihren Job machen“, protestierte der britische Außenminister Jeremy Hunt. Auch die Vereinigung der im Weißen Haus akkreditierten Journalisten verurteilte den Angriff. Foto: KayNietfeld/dpa Berlin –Innenminister Horst Seehofer (CSU) ist mit dem Plan gescheitert, in allen Ländern sogenannte Ankerzentren zur zentralen Unterbringung von Flüchtlingen während ihres Asylverfahrens einzurichten. Außer Bayern machen nur Sachsen und das Saarland mit. Grundrente schonauf dem Weg? Einigung zwischen Union und SPD dementiert. Streitpunkte: „Bedürftigkeitsprüfung“ und Bezahlbarkeit Berlin –Das Flüchtlingsthema soll nicht das Hartz IV der Union werden. Hat die neue CDU-Chefin Annegret Kramp- Karrenbauer gesagt. Es ist ein Zufall, aber ein für das Zusammenspiel der Koalition und die Demokratie ein durchaus interessanter: Die Union hat gerade versucht, mit Experten und Praktikern die Flüchtlingskrise aufzuarbeiten. Und die SPD hat zeitgleich mit den Hartz-Reformen von Gerhard Schröder gebrochen und ein neues Sozialstaatskonzept vorgelegt. Union wie SPD schärfen ihr Profil –aus der großen Koalition, der GroKo, wird die Pro- Ko, die Profilierungskoalition. Als sie sich am gestrigen Abend zum ersten Koalitionsausschuss 2019 traf, sollten die Reviere noch einmal klar abgesteckt werden. Eine Abkehr von Hartz IV lehnt die Union klar ab. Das Thema stand auch nie im Koalitionsvertrag. Anders als die Grundrente, die jenseits aller Profilierung derzeit das Projekt ist, das am ehesten Aussicht auf schnelle Umsetzung hat. Wer 35 Jahre lang Beiträge gezahlt hat, soll bis zu 447 Euro mehr im Monat bekommen. Die SPD will aber bisher keine Bedürftigkeitsprüfung, eine solche Prüfung würde den Empfängerkreis deutlich verringern. Die Union lehnt den SPD- Plan ab und wirft der SPD vor, sie plane Milliardenausgaben mit der Gießkanne. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte angekündigt, seinen Gesetzentwurf bis zur Sommerpause vorzulegen –ohne Bedürftigkeitsprüfung. Einen Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach sich in der Koalition bereits eine Einigung über eine Grundrente mit eingeschränkter Bedürftigkeitsprüfung abzeichne, wies das Ministerium zurück. Problem Mikroplastik Berlin –Hamburg startet gemeinsam mit Thüringen eine Bundesratsinitiative für ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika. Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) will die Initiative heute einbringen. Mikroplastik gelangt auch als Abrieb von Reifen, Textilien und Kunstrasen in Abwässer. Große Staatsreform Berlin –Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat für eine mutige Reform der Beziehungen von Bund und Ländern plädiert. „Eigentlich bräuchten wir so etwas wie eine große Staatsreform“, so der CDU-Politiker bei der Vorstellung seines Buches „Regieren“ in Berlin.
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