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BIBER 03_19 AT-3x-2

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„Alle<br />

Gehälter<br />

offenlegen“<br />

<strong>BIBER</strong>: In Österreich wurde jüngst der<br />

ehemalige Kanzler Reinhold Mitterlehner als<br />

„links“ bezeichnet, weil er sich für Lehrlinge<br />

im Asylverfahren einsetzt. Was ist für Sie<br />

„links“?<br />

REN<strong>AT</strong>E ANDERL: Links bedeutet für mich<br />

solidarisch zu sein und für sozialen Ausgleich<br />

einzutreten.<br />

Warum brauchen wir in Österreich die<br />

Arbeiterkammer?<br />

Die AK vertritt 3,7 Millionen Beschäftigte,<br />

die dadurch stärker sind und mehr erreichen<br />

können, als jede Einzelperson. Das<br />

ist wichtig für den Interessenausgleich<br />

zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.<br />

Auch wenn der Chef auf dem längeren Ast<br />

sitzt: Wenn ein Mitarbeiter zu uns kommt,<br />

weil der Chef zu wenig zahlt, dann hilft die<br />

AK ihm dabei, zu seinem Recht zu kommen.<br />

Welche Dienstleistungen bietet die AK für<br />

Migranten?<br />

Am häufigsten wird die Beratung zum<br />

Arbeitsrecht in Anspruch genommen: Dort<br />

haben wir mehrsprachige ExpertInnen und<br />

einen Videodolmetsch-Service. Wichtig ist<br />

auch die Beratung zu Krankengeld oder<br />

Pension. Bei Problemen mit Banken und<br />

Versicherungen hilft unser Konsumentenschutz.<br />

Die Serviceleistungen der AK stehen<br />

natürlich allen Mitgliedern zur Verfügung -<br />

unabhängig von deren Herkunft.<br />

Mit welchen Problemen sind Migranten vorwiegend<br />

in der Arbeitswelt konfrontiert?<br />

Am häufigsten mit Diskriminierung. Damit<br />

verbunden sind niedriges Einkommen,<br />

schlechte Arbeitsbedingungen und respekt-<br />

Arbeiterkammerpräsidentin<br />

Renate<br />

Anderl über respektlosen<br />

Umgang mit<br />

Frauen in der Arbeitswelt,<br />

ihr erstes Gehalt<br />

und warum man zu<br />

den AK-Wahlen gehen<br />

sollte.<br />

Von Amar Rajković, Foto: Christoph Liebentritt<br />

loser Umgang - hier sind Frauen noch<br />

stärker betroffen.<br />

Sind Sie für eine Transparenz, was<br />

Gehälter in Österreich betrifft?<br />

Ja, die betriebliche Offenlegung aller<br />

Einkommen wäre notwendig, um die<br />

Lohnschere zu schließen.<br />

Was halten Sie von einer Frauenquote im<br />

Middle- und Uppermanagement?<br />

Sehr viel!<br />

Mütter, die zurück in die Arbeitswelt<br />

gehen, müssen noch immer mit großen<br />

Gehaltsunterschieden zu ihren männlichen<br />

Kollegen kämpfen. Was machen<br />

Sie dagegen?<br />

Wir beraten Frauen, wie sie ihre Rechte<br />

bestmöglich für den Wiedereinstieg nutzen<br />

können und setzen uns für Einkommensgerechtigkeit<br />

ein.<br />

Warum sollten alle Wahlberechtigen<br />

wählen gehen?<br />

Weil es in Österreich nicht nur um die<br />

Interessen von Wirtschaft und Industrie<br />

gehen darf und unser Sozialstaat verteidigt<br />

werden muss. Die AK steht für faire<br />

Arbeitszeiten, für faire Einkommen und<br />

leistbares Wohnen. Sie ist der Schutzschirm<br />

für alle, die jeden Tag arbeiten<br />

gehen und keine reichen Eltern haben.<br />

Je mehr Menschen wählen gehen, desto<br />

stärker wird dieser Schutzschirm.<br />

Wie beurteilen Sie die bisherige Regierungsarbeit?<br />

Bis jetzt lässt sie schon eine deutliche<br />

Schlagseite zugunsten von Wirtschaft<br />

und Industrie erkennen. Es fehlt außerdem<br />

das Gespür für soziale Fragen.<br />

Wie ist Ihre Meinung zu Sozialministerin<br />

Beate Hartinger Klein?<br />

Wir haben eine gute Gesprächsbasis,<br />

vertreten aber sehr unterschiedliche<br />

politische Positionen.<br />

Ist der 12-Stunden-Tag tatsächlich unzumutbar?<br />

Wenn ja, warum?<br />

Er ist nicht grundsätzlich unzumutbar.<br />

Aber das Arbeitszeitgesetz soll vor<br />

Ausbeutung schützen. Darum war der<br />

12-Stunden-Tag bisher nur als Ausnahme<br />

mit Zustimmung des Betriebsrats<br />

möglich. Jetzt kann er jederzeit und<br />

kurzfristig angeordnet werden. Und wir<br />

wissen alle, dass es mit der Freiwilligkeit<br />

in der echten Arbeitswelt nicht weit her<br />

ist.<br />

Mit wie vielen Jahren haben Sie das<br />

erste Mal gearbeitet?<br />

Mit ca. elf – für die nächsten vier Jahre<br />

war ich dann Studiokind bei der damaligen<br />

ORF-Sendung „Wer bastelt mit?“<br />

Wie hoch war Ihr erstes Gehalt?<br />

Das kann ich heute nicht mehr genau<br />

sagen, aber ich weiß noch, wie stolz ich<br />

damals war, meine Jeans selbst bezahlen<br />

zu können.<br />

Wie lange möchten Sie noch arbeiten?<br />

So lange ich meine Arbeit gerne mache,<br />

denke ich darüber nicht nach. Außerdem<br />

sind es noch ein paar Jahre bis zum<br />

gesetzlichen Pensionsalter. (Anm. der<br />

Redaktion: Anderl könnte in drei Jahren<br />

in Pension gehen)<br />

WER IST SIE?<br />

Name: Renate Anderl<br />

Alter: 57<br />

Funktion: Präsidentin der<br />

Bundeskammer für Arbeiter und<br />

Angestellte (AK) seit 2018<br />

Besonderes: Wuchs als Tochter eines<br />

Hausbesorgers in Favoriten auf<br />

56 / KARRIERE /

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