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14 BERLIN BERLINER KURIER, Sonnabend, 23. März2019<br />
Eine Szene aus einem am Alex<br />
aufgenommenen Video zeigt<br />
zwei der Schläger.<br />
Hier prügelt sich<br />
der Internet-Hass<br />
Streit zwischen Youtubern sorgt für<br />
Massenschlägerei am Alexanderplatz<br />
Von<br />
P. DEBIONNE<br />
Berlin – Eine wüste Massenschlägerei<br />
zwischen rund 50<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
am Donnerstagabend<br />
am Alexanderplatz<br />
sorgt weiter für Aufsehen.<br />
Inzwischen gilt als gesichert,<br />
dass der Gewaltausbruch im<br />
Internet zwischen zwei verfeindeten<br />
Youtube-Nutzern<br />
ganz gezielt geplant wurde.<br />
Die Gewerkschaft der Polizei<br />
warnt jetzt davor, dass es anscheinend<br />
„Mode wird, ganz<br />
bewusst Pulverfässer aufzumachen,<br />
um mehr Follower,<br />
Abonnenten und Klicks zu<br />
generieren“.<br />
Warum wir uns „Uploadfiltern“!<br />
Hilfe: Uploadfilter! Artikel 13!<br />
Riesenproteste: Ende des freien<br />
Internets! Das Problem –<br />
stark vereinfacht: Große Plattformen<br />
(Youtube, Facebook)<br />
sollen für alles auf ihnen<br />
Hochgeladene, urheberrechtlich<br />
Geschützte haften und am<br />
besten dafür Lizenzen kaufen.<br />
Schließlich verdienen sie damit<br />
Geld. Die Angst: Um unbezahlte<br />
lizenzpflichtige Inhalte<br />
zu erkennen, setzen Plattformen<br />
Uploadfilter ein, welche<br />
fraglichen Content blockieren.<br />
Am Donnerstag hatten sich<br />
rund 400 Personen, fast ausnahmslos<br />
Heranwachsende<br />
und junge Männer mit Migrationshintergrund,<br />
auf dem Alexanderplatz<br />
getroffen, nachdem<br />
zwei Youtuber sich zuvor im<br />
Internet gestritten hatten. Beide<br />
hatten ihre Follower (Bezeichnung<br />
für Menschen, die<br />
einem Kanal oder einer Person<br />
auf Youtube gezielt und automatisiert<br />
folgen) daraufhin via<br />
Internet aufgefordert, um 17<br />
Uhr zum Alex zu kommen.<br />
Dort eskalierte die Lage dann<br />
völlig, zeitweise schlugen bis zu<br />
50 Menschen aufeinander ein.<br />
Die Polizei war bis 21.30 Uhr<br />
mit rund 100 Beamten im Einsatz.<br />
Insgesamt wurden 13 Ermittlungsverfahren<br />
eingeleitet,<br />
Nehmen wir mal an, es gäbe (in<br />
einer anderen Welt) eine Firma<br />
namens „MeinePaste“. Die<br />
stellt Tuben für Pasten (etwa<br />
Zahnpasta) nur dafür her, dass<br />
sich Leute beim Ausquetschen<br />
der Tuben in der Fabrik filmen.<br />
„MeinePaste“ verkauft<br />
diese Filme an seine Abonnenten.<br />
Plötzlich gründet sich nebenan<br />
die Firma „DeineTube“.<br />
Die stellt allerdings nix her,<br />
sondern holt sich „MeinePaste“-Tubenquetschfilme<br />
von<br />
den Abonnenten, lädt sie auf<br />
Foto: zVg/Youtube, dpa<br />
Bahar al Amood aus Berlin ist einer<br />
der beiden Streithähne vomAlex.<br />
Der Youtuber ThatsBekir kommt<br />
aus Stuttgart. Er provoziertgern.<br />
zwei Beamte wurden verletzt.<br />
„Wir sehen in der Rapperszene<br />
und zunehmend auch bei anderen<br />
Influencern, dass sie teilweise<br />
sehr fahrlässig mit ihrem<br />
Einfluss umgehen“, sagte Norbert<br />
Cioma, Landeschef der Gewerkschaft<br />
der Polizei (GdP),<br />
am Freitag. Es werde anscheinend<br />
„Mode, ganz bewusst Pulverfässer<br />
aufzumachen, um<br />
mehr Follower, Abonnenten<br />
und Klicks zu generieren“. Dabei<br />
gebe es „Sinnvolleres, als<br />
einen Lkw, fährt um die Ecke<br />
und verschenkt sie werbefinanziert<br />
an alle. Als „Meine-<br />
Paste“ daraufhin die Filme mit<br />
sperrigen Bleikugeln in riesigen<br />
Kaffeefiltertüten beschwert,<br />
protestiert „Deine-<br />
Tube“ gegen „Upload-Filter,<br />
die das Hochladen von Tubenquetschfilmen<br />
auf Laster und<br />
das Recht auf freies Tubenquetschfilmegucken<br />
behindern“…<br />
Natürlich gibt es kein geistiges<br />
Eigentum. Oder irgendein anderes<br />
Eigentum. Dass Menschen<br />
Dinge „besitzen“, ist nix<br />
als temporärer Irrtum. Aber so<br />
ist nun mal unsere ausgedachte<br />
Welt. Und solange die Google-<br />
Gründer und Youtube-Besitzer<br />
Larry Page und Serge Brin<br />
„Uploadfilter“ auf ihren Konten<br />
haben, die verhindern, dass<br />
wir uns von ihren Milliarden<br />
ein wenig Geld auf unsere eigenen<br />
Konten „hochladen“, sollten<br />
sie auch was für die Paste<br />
zahlen, die wir uns aus dem<br />
Hirn quetschen.<br />
Einsatzwagen<br />
stehen nach der<br />
Schlägerei am<br />
Alexanderplatz.<br />
seinen Bekanntheitsgrad dafür<br />
zu nutzen, jungen Gewaltbereiten<br />
eine geeignete Plattform in<br />
der Öffentlichkeit zu bieten<br />
und mit voller Absicht das Risiko<br />
einzugehen, dass die Lage<br />
eskaliert“.<br />
Im aktuellen <strong>Berliner</strong> Fall zeigen<br />
sich die beiden Verursacher<br />
der Massenschlägerei nun<br />
zerknirscht. Einer der beiden<br />
schrieb noch am Donnerstagabend,<br />
ihm gehe es „schlecht“,<br />
er brauche eine Pause. Und sein<br />
Kontrahent ließ seine Fans wissen,<br />
„das mit der Polizei“ tue<br />
ihm leid. Er habe erfolglos versucht,<br />
das Problem „mit reden<br />
zu klären“.<br />
Beide müssen nun möglicherweise<br />
mit ihren Anwälten reden:<br />
Denn die Polizei schließt nicht<br />
aus, dassgegen die jungen Youtuber<br />
ermittelt wird. Ebenso<br />
könne es sein, dass „sie für die<br />
Kosten des Einsatzes am Donnerstagabend<br />
belangtwerden“.<br />
Mensch<br />
Meyer<br />
Kabarettist<br />
Chin Meyer<br />
schreibt jeden<br />
Mittwoch und<br />
Sonnabend<br />
im KURIER<br />
Chin Meyer ist am 4. und 5. April<br />
mit neuem Live-Programm „Leben im<br />
Plus“ in den Wühlmäusen am Theo