Das Erbe
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<strong>Das</strong> <strong>Erbe</strong> – Aktionsforschung im lokalen Aushandlungsfeld von Wertschätzung, Sinn und Bedeutung<br />
• Auf Grund seiner Nähe zum „Schaffwerk“ in Verbindung mit seiner Position im sozialen<br />
Raum, der das Haus umgibt, kann der Interviewpartner voraussichtlich wichtige<br />
Hinweise über bedeutsame Akteurinnen und Akteure im Aushandlungsfeld unterschiedlicher<br />
Sichtweisen und der damit jeweils verbundenen Wertschätzung geben.<br />
• Der Interviewpartner ist vermutlich selbst ein bedeutsamer Akteur in diesem Feld. Aus<br />
seiner Trauerrede wissen wir beispielsweise, dass er Peter als „künstlerischen Geist“<br />
sah, der „scheinbar nutzlosen und leblosen Dingen (…) neues Leben“ zu geben vermochte<br />
und dass er dies offenbar sehr schätzte.<br />
• <strong>Das</strong> Interview ist für zukünftige soziokulturelle Aktionen im und um das „Schaffwerk“<br />
aller Wahrscheinlichkeit nach hilfreich. So werden u. a. aller Voraussicht nach<br />
vielversprechende Materialien für den entstehenden Film gesammelt und der Kreis<br />
potenzieller Unterstützerinnen und Unterstützer für die Weiterentwicklung des Hauses<br />
wird vielleicht erweitert bzw. gestärkt.<br />
Sabine Kramer stimmt dem Vorgehen zu und vereinbart einen Interviewtermin.<br />
Gemeinsam fahren wir am 27. Januar zum Haus des ehemaligen Geschichtslehrers.<br />
Der knapp 70jährige Mann und seine Frau im etwa gleichen Alter– auch sie war früher Lehrerin<br />
– geleiten uns in eine rustikal eingerichtete Stube. Während Sabine Kramer filmt, sprechen<br />
der Mann und ich über Geschichte und Geschichten der Freundschaft mit Peter Kramer, über<br />
dessen Schaffen und viele Aspekte rund um das „Schaffwerk“. Anfangs ist die Frau nicht dabei,<br />
sie setzt sich allerdings nach einiger Zeit mit an den Tisch und beteiligt sich intensiv am<br />
Gespräch, als es um das Thema Wertschätzung bzw. Geringschätzung geht − beispielsweise<br />
als ihr Mann, der Geschichtslehrer gerade erzählt hat, dass manche Pfullingerinnen und Pfullinger<br />
die Leistung nicht zu schätzen wussten, die Peter Kramer seiner Ansicht nach dadurch<br />
erbrachte, dass er eine Wohlfühl-Atmosphäre für die Gemeinschaft herstellte. Daraufhin<br />
meint die Frau: „I glaub, die Leut könnad do et so in die Tiefe geha, so wie´s da Peter vermöga<br />
hot. (…) die Leut send halt recht<br />
pragmatisch vorganga“. 30<br />
Auf die Herstellung einer „in die Tiefe<br />
gehenden“ Wohlfühl-Atmosphäre reagierten<br />
also manche Pfullingerinnen<br />
und Pfullingern offenbar mit viel<br />
● ● ●<br />
„die Pfullinger, die nur den praktischen<br />
Nutzen gesehen haben, die haben halt<br />
gesagt: Wie kann man auch…“<br />
● ● ●<br />
Wertschätzung, von anderen wurde sie aber eher gering geschätzt – so halte ich es als Merksatz<br />
in meinen Forschungsnotizen fest – und eine mögliche Erklärung von Geringschätzung<br />
ist die eher pragmatische, nicht in die Tiefe gehende Sichtweise derjenigen, die solche Werturteile<br />
abgeben. Gemessen am Wertmaßstab des Pragmatismus– so lautet eine noch zu erhärtende<br />
These, die ich daraus ableitend niederschreibe – wurde und wird Peter Kramers<br />
„Schaffwerk“ eher gering geschätzt. Illustriert wird dieser Zusammenhang anschaulich durch<br />
eine andere Passage des Interviews – der Freund schätzt die Wertschätzung der Pfullingerinnen<br />
und Pfullinger für das Werk Peter Kramers in der Gönninger Straße 112 ein:<br />
„Jo, ja. I moin, die, sag mol die Pfullinger, wo nur da pragdischa Nutza gseah hen, die hen<br />
halt gsagt: Wie kammer au so an Gruscht aufheba do. Also do, dia hend halt no ghetzt (…).<br />
Aber, des war hot am, war ihm eigentlich egal . Wo er amol sein Sinn gfonda hot, war, no war<br />
ihm des egal.“<br />
Für den ehemaligen Geschichtslehrer − so einer meiner Gedanken dazu − gibt es offenbar<br />
noch einen anderen Nutzen als den praktischen. Aus seiner Sicht scheint Peters Werk in einem<br />
anderen als dem praktischen Sinne nützlich zu sein.<br />
30 Dieses und alle weiteren Zitate aus dem Interview stammen aus dem Videodokument 27.1.11<br />
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