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BREMER SPORTGRÖSSEN<br />
Er gehört zu den erfolgreichsten Nachwuchstalenten<br />
des deutschen Radsports:<br />
Lennard Kämna. Erst 22 Jahre alt, kann der<br />
Sunweb-Athlet aus Fischerhude schon zahlreiche<br />
sportliche Erfolge verzeichnen. So nahm er<br />
unter anderem 2017 am populären Etappenrennen<br />
„Vuelta a España“ teil. Im Interview sprach<br />
er unter anderem über seinen persönlichen<br />
Bezug zum Sechstagerennen, seine gesundheitlich<br />
bedingte Auszeit und verriet, warum er das<br />
Fahrrad im Alltag gerne mal stehen lässt.<br />
Herr Kämna, wie sind Sie zum Radrennsport<br />
gekommen?<br />
Lennard Kämna: Daran waren hauptsächlich<br />
mein Vater und mein Bruder beteiligt. Mein Vater<br />
hat damals in seinen Zwanzigern angefangen, den<br />
<strong>Sport</strong> zu betreiben, und hat dabei immer eine Leidenschaft<br />
vermittelt, die sehr ansteckend war. Als<br />
mein Bruder dann auch begann, den <strong>Sport</strong> leistungsorientiert<br />
auszuüben, hatte ich auch Lust.<br />
Ich war damals um die zehn oder elf Jahre alt.<br />
Hatten Sie als Kind ein sportliches Vorbild<br />
und haben es vielleicht immer noch?<br />
Früher war ich ein großer Fan von Jens Voigt. Ein<br />
wirklich guter Radsportler, der auch lange gefahren<br />
ist. Mittlerweile gibt es eigentlich keine<br />
bestimmte Person mehr, die ich als mein sportliches<br />
Vorbild benennen würde.<br />
Ihr erster Verein war die Radrenngemeinschaft<br />
Bremen. Bietet die Stadt angesichts<br />
seiner flachen Landschaft überhaupt gute<br />
Bedingungen für den <strong>Sport</strong>?<br />
Ja, das mit der Landschaft ist an sich kein großes<br />
Problem. Gerade für Trainingseinheiten im<br />
Winter ist es eigentlich ganz angenehmen und<br />
völlig okay. Wenn man speziell in die Berge fahren<br />
möchte, muss man halt ausweichen. Aber<br />
grundsätzlich würde ich sagen, kann man auch<br />
in Bremen wunderbar trainieren.<br />
Sie haben 2017 an der „Vuelta“ in Spanien<br />
teilgenommen, eines der größten Etappenrennen<br />
überhaupt. Wie haben Sie dieses Ereignis<br />
in Erinnerung?<br />
Das ist schwierig zu beschreiben. Das Rennen<br />
war auf jeden Fall eine schöne und spannende<br />
Erfahrung für mich. Was die Aufmachung<br />
betrifft, ist es natürlich deutlich größer und<br />
spektakulärer als die kürzeren Radrennen. Man<br />
merkt auf jeden Fall: Da geht es um Profisport.<br />
Obwohl es mir viel Spaß gemacht hat, muss ich<br />
auch gestehen, dass es super anstrengend war.<br />
Apropos anstrengend: Wie bereitet man sich<br />
auf so ein großes Rennen vor, sowohl körperlich<br />
als auch mental?<br />
Auf die „Vuelta“ hatte ich mich im Vorfeld<br />
eigentlich weder körperlich noch mental übermäßig<br />
speziell vorbereitet. Ich bin ja auch nicht<br />
als Leader ins Rennen gegangen, sondern als<br />
Helfer mitgefahren. Den Großteil meiner Vorbereitung<br />
habe ich damals in Wörth absolviert.<br />
Mental bin ich einfach locker an die Sache rangegangen.<br />
Das hat letztendlich ganz gut funktioniert.<br />
Gibt es bei Ihnen so etwas wie eine mentale<br />
Vorbereitung überhaupt?<br />
Jein. Natürlich gucke ich mir das Rennen vorher<br />
an und verschaffe mir einen Eindruck von dem<br />
Parcours, um zu wissen, was auf mich zukommt.<br />
Aber das war’s dann eigentlich auch schon.<br />
Sind Sie vor Beginn eines Rennens nervös?<br />
Nein, eigentlich nicht mehr. Natürlich ist man<br />
ab und an immer noch aufgeregt, vor Zeitfahren<br />
oder Mannschaftszeitfahren, wenn die Rennen<br />
deutlich kürzer sind. Erstrecken sich die Rennen<br />
dagegen über vier bis fünf Stunden, ist der Start<br />
deutlich gemächlicher. Dann bin ich auch nicht<br />
wirklich aufgeregt, weil ich weiß, es geht ohnehin<br />
erst einmal locker los.<br />
Sie haben sich 2018 krankheitsbedingt einige<br />
Monate aus dem Radsport zurückgezogen.<br />
Damals hieß es, Sie wollen über Ihre langfristigen<br />
Karriereziele nachdenken. Können Sie<br />
diese mittlerweile benennen?<br />
Ich glaube, der Satz mit den langfristigen Karrierezielen<br />
hat zu Missverständnissen geführt.<br />
Ich war einfach gesundheitlich angeschlagen<br />
und habe gemerkt, dass es an der Zeit für mich<br />
ist, eine Pause einzulegen, auch um gedanklich<br />
einfach mal abschalten zu können. Über meine<br />
sportliche Zukunft habe ich mir während meiner<br />
Pause eigentlich keine großartigen Gedanken<br />
gemacht. Mir war immer klar, dass ich weiter<br />
Rad fahren will.<br />
Sie sind 2017 zu Sunweb, einem UCI World-<br />
Team gewechselt. Was bedeutet dieser Wechsel<br />
für Sie?<br />
Das kann ich jetzt tatsächlich noch gar nicht so<br />
richtig sagen. Es war ein guter Schritt, Teil von<br />
Sunweb zu werden und ich konnte seither wieder<br />
eine Menge dazulernen. Natürlich habe ich<br />
auch einen neuen Einblick in den Profisport bekommen.<br />
In welcher Rolle sieht man Sie im Sunweb<br />
Team?<br />
Ich glaube, es gibt bisher noch keine feste Rolle,<br />
die ich einnehme. Das liegt vor allem daran, dass<br />
ich, bedingt durch meine Pause, lange nicht dabei<br />
war. Als ich wieder eingestiegen bin, wurde<br />
ich meistens für die Helferrolle eingeteilt. Das<br />
ist nachvollziehbar und völlig in Ordnung.<br />
Können Sie zum jetzigen Zeitpunkt Ihrer<br />
Karriere schon sagen, welcher Typ Rennfahrer<br />
Sie sind?<br />
Ich hoffe, mich langfristig zum Bergfahrer entwickeln<br />
zu können. Ich denke, dafür habe ich die<br />
richtigen Anlagen, muss allerdings noch hart<br />
an mir arbeiten. Im Moment möchte ich mich<br />
eigentlich noch in allen Bereichen verbessern.<br />
Eine letzte Frage: Spielt das Rad in Bezug auf<br />
Mobilität im Alltag für Sie auch eine Rolle?<br />
Da muss ich ehrlich sein: Im Alltag benutze ich<br />
oft das Auto. Nach dem Training habe ich meistens<br />
keine große Lust, mich wieder aufs Rad zu<br />
setzen. Im Sommer fahre ich aber auch gerne<br />
mal mit dem Fahrrad zum See. Vorausgesetzt,<br />
ich habe nicht im Vorfeld schon fünf Stunden<br />
draufgesessen. (JF)<br />
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