Berliner Kurier 23.04.2019
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Sie spitzelten<br />
und sie pichelten<br />
BERLIN 17<br />
Die merkwürdigen<br />
Erinnerungen des<br />
Generals Heinz<br />
Engelhardt,der die<br />
Stasi auflöste<br />
DasBuch „Der letzte Mann“, das gerade<br />
im Verlag Edition Ost erschien.<br />
(Edition Ost) mit keinem Wort.<br />
Die Stasi hätte das Volkseigentum<br />
der DDR-Bürger geschützt,<br />
für den „inneren Frieden<br />
im Land“ gesorgt. Der<br />
Großteil der IM, die Engelhardt<br />
anwarb, hätten daher<br />
auch „aus Überzeugung“ gehandelt.<br />
Dass IM sogar ihre eigene<br />
Familie bespitzelten, wie<br />
der Ehemann der DDR-Bürgerrechtlerin<br />
Vera Lengsfeld, verschweigt<br />
der Ex-General. Sogenannte<br />
„Zersetzungsmaßnahmen“<br />
von DDR-Regimegegnern<br />
verharmlost er. „Es waren<br />
vorbeugende Maßnahmen, um<br />
Straftaten zu verhindern“, so<br />
Engelhardt im Buch.<br />
Selbst die Vernehmung von<br />
Stasi-Chef Erich Mielke<br />
mit seinen Generälen:<br />
Ganz links Heinz<br />
Engelhardt.<br />
Häftlingen in den Stasi-Gefängnissen<br />
wären human gewesen.<br />
„24-Stunden-Verhöre, Blendlampen<br />
oder gar Folter waren<br />
bei uns absolut tabu“, so Engelhardt.<br />
Fotos: Edition Ost,„Der letzte Mann“<br />
Für einstige DDR-Oppositionelle<br />
wie Rainer Dellmuth (70)<br />
sind solche Äußerungen eine<br />
Verhöhnung der Stasi-Opfer.<br />
„Das stimmt ja nun gar nicht,<br />
was Engelhardt behauptet“,<br />
sagt der Mann, der unter anderem<br />
wegen „hetzerischer Äußerungen“<br />
mehrfach in Stasi-<br />
Knästen saß. „Oppositionelle<br />
waren für die DDR Staatsfeinde<br />
und die Stasi-Vernehmer versuchten,<br />
uns mit psychischen<br />
Mitteln unter Druck zu setzen,<br />
so unseren Willen zu brechen.<br />
Dazu gehörte Isolierhaft oder<br />
das Lese- und Schreibverbot<br />
für Häftlinge.“<br />
Glaubt man Engelhardt, wurde<br />
bei der Stasi eher gepichelt<br />
als gespitzelt. Bei seiner Verabschiedung<br />
als Chef in Reichenbach<br />
(Vogtland) wurde „wie<br />
üblich lange und ausgiebig gefeiert“.<br />
„Die Unsitte, Wodka<br />
nur aus Wassergläsern zu trinken“,<br />
war beim MfS „zum Leidwesen<br />
unserer Ehepartner“<br />
verbreitet. Auch in Frankfurt<br />
(Oder), wo Engelhardt Chef<br />
war, trat die Stasi aus seiner<br />
Sicht als geselliger Verein auf.<br />
„Noch im Sommer 1989 hatten<br />
wir uns mit Arbeitern getroffen.<br />
Wir haben gegrillt, geredet,<br />
Bier getrunken. Wir haben offen<br />
über die Probleme diskutiert.<br />
Ich hätte nie gedacht, dass<br />
die DDR zusammenklappen<br />
würde wie ein Kartenhaus.“<br />
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