13.05.2019 Aufrufe

Facetten_36

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Tagespflege am Holzmarkt<br />

Alichia, Injera, Borschtsch?<br />

Tagespflege is(s)t international!<br />

Als die Tagespflege vor 30 Jahren gegründet<br />

wurde, kamen viele Gäste gebürtig aus Kassel.<br />

Einige der heutigen Tagesgäste sind in<br />

der Kriegs- und Nachkriegszeit bis 1955 nach<br />

Kassel gezogen; freiwillig oder notgedrungen<br />

hatten sie ihre Heimat verlassen. Verlust<br />

von Hab und Gut, Unsicherheit, Entbehrung,<br />

Arbeit, Hoffnung und Stolz – über diese und<br />

natürlich auch viele Erinnerungen an eine<br />

glückliche Kindheit tauschen die SeniorInnen<br />

sich aus.<br />

Seit einigen Jahren besuchen nun ebenfalls<br />

SeniorInnen die Tagespflege, die ein<br />

weiterer Weg nach Kassel geführt hat. Eine<br />

davon ist Tagu Abrahim, die mit 34 Jahren<br />

mit ihrer Mutter und ihren Kindern von<br />

Eritrea nach Kassel kam und hier u. a. als<br />

Schneiderin arbeitete. Außer ihr kommt<br />

noch ein weiterer Tagesgast aus Eritrea. Die<br />

frühere passionierte Köchin Alwina Seiler<br />

ist mit ihrer Familie 1990 von Kasachstan<br />

nach Kassel gekommen. Derzeit stammen<br />

fünf der 38 Gäste der Tagespflege aus einem<br />

anderen Land.<br />

Weil jeder Mensch durch seine familiären,<br />

kulturellen und gesellschaftlichen Wurzeln<br />

geprägt ist, dient das Gespräch darüber und<br />

das gemeinsame Tun dem besseren Verstehen<br />

und Miteinander. An ,Früher’ und ,Heimat’<br />

knüpfen deshalb auch viele Gruppenaktivitäten<br />

an. Kulinarisches darf dabei nicht fehlen.<br />

So wurden an zwei interkulturellen Tagen im<br />

März Rezepte mitgebracht und traditionelle<br />

Speisen gekocht.<br />

Wir erfuhren von Tagu Abrahim und Eyob<br />

Gebregiorgis Wissenswertes über Eritrea und<br />

konnten ein Gemüsegericht namens Alichia<br />

probieren. Besonders erfreute der Besuch<br />

von Ginmai Gebremicael, Besitzer des Restaurants<br />

Abessina in Kassel, der traditionell<br />

gebackenes äthiopisches Brot namens Injera<br />

brachte.<br />

Eine Woche später leitete Alwina Seiler<br />

uns an, einen Original Borschtsch (Suppe)<br />

zu kochen. Bilder von Kasachstan und Erzählungen<br />

der beiden aus der ehemaligen<br />

Sowjet union stammenden Tagespflegebesucherinnen<br />

rundeten den Tag ab.<br />

Den meisten schmeckten die Speisen aus<br />

Eritrea und Kasachstan gut. Es kamen Kommentare<br />

wie: „Ah, mal was Anderes!“ „Hm,<br />

schmeckt ja besser, als ich dachte!“ „Ganz<br />

hervorragend!“ Ein paar Kritiker würden<br />

doch lieber wieder die gewohnte Nudelsuppe<br />

bevorzugen. Eines war aber sicher ungetrübt<br />

positiv zu bemerken: Man hörte den Anderen<br />

zu, man interessierte sich für deren Herkunft.<br />

Und diejenigen, die diese Aufmerksamkeit<br />

bekamen, waren sichtlich erfreut und stolz<br />

auf ihre Wurzeln.<br />

Gunda Hoßbach<br />

(Leitung Tagespflege am Holzmarkt)<br />

von links nach<br />

rechts: Eyob<br />

Gebregiorgis,<br />

Andrea<br />

Kupfernagel,<br />

Ottilie<br />

Mittelbach,<br />

Tagu Abrahim,<br />

Hayat Omer<br />

und Hannelore<br />

Groß.<br />

Arabisch:<br />

Guten Appetit<br />

Mai 2019 | <strong>Facetten</strong> <strong>36</strong> 15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!