Facetten_36
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Seniorenzentrum Unterneustadt<br />
„Deutschland ist mein Zuhause“<br />
Mojtaba Hosseini: Altenpfleger im Seniorenzentrum<br />
Ich lebe jetzt seit 23 Jahren in Deutschland.<br />
Es ist mein Zuhause geworden, der Iran ist<br />
meine Heimat. Ab und zu vermisse ich das<br />
Licht und die Gerüche, aber ich schätze an<br />
Deutschland die Regeln, die Gesetze und vor<br />
allem die Zukunft, die meinen Kindern hier<br />
geboten wird.<br />
Mein Onkel, der damals hier lebte, hatte<br />
mir einen Studienplatz im Fachbereich<br />
Stadtplanung besorgt. Doch leider musste<br />
ich nach sechs Semestern das Studium abbrechen.<br />
Mein Papa war nach langer Krankheit<br />
gestorben, das hat mich in eine Zeit des<br />
Grübelns gebracht, zumal ich ihm in dieser<br />
schweren Zeit nicht beistehen konnte. Ich<br />
habe mich darauf hin umorientiert. Da ich<br />
im Iran bereits das Studium der Anästhesie-<br />
Pflege absolviert hatte, ein Studiengang, der<br />
in Deutschland nicht anerkannt wird, habe<br />
ich mich zu einer Ausbildung zum Altenpfleger<br />
entschieden. Ich arbeite sehr gern mit<br />
und für Menschen.<br />
Einzig meine Herkunft ist oft ein Problem.<br />
Zu Beginn meiner Zeit in Deutschland wurde<br />
ich mehrfach beschimpft. Ich bin Moslem,<br />
und die Vorurteile sind tief in den Köpfen der<br />
Menschen. Dazu kamen noch die Verständigungsprobleme.<br />
Gerade mit den Ämtern war<br />
es nicht leicht. Immer noch werde ich damit<br />
konfrontiert, dass mir nicht zugetraut wird,<br />
dass ich meinen Beruf wirklich kann. Dabei<br />
habe ich meine Ausbildung hier gemacht. Es<br />
sind abfällige Bemerkungen, die mich dann<br />
schmerzen. Bemerkungen darüber, dass ich<br />
nicht so gut Deutsch schreiben kann und<br />
meine Sprache einen Akzent hat.<br />
Im Seniorenheim wurde ich von Anfang<br />
an mit offenen Armen aufgenommen. Meine<br />
Kollegen geben mir Rückhalt, wenn mich<br />
einer der Bewohner in Bezug auf meine Herkunft<br />
angreift. Sie helfen mir, wenn ich im<br />
Schriftlichen Probleme habe, und stehen immer<br />
hinter mir. Die Arbeit im Seniorenheim<br />
erfüllt mich, und gerade die Nachtschichten<br />
lassen sich sehr gut in mein Familienleben<br />
mit den Kindern einbinden.<br />
Meine Frau ist ebenfalls aus dem Iran, sie<br />
ist seit elf Jahren hier. Wir fahren alle zwei<br />
Jahre in unsere Heimat, um Urlaub zu machen.<br />
Aber wir freuen uns auch immer wieder,<br />
nach dem Urlaub zurück nach Hause zu<br />
fahren. Wir sind beide hier angekommen.<br />
Protokoll: Martina Vaupel<br />
Mojtaba<br />
Hosseini<br />
arbeitet seit<br />
2012 als<br />
Altenpfleger<br />
im Seniorenzentrum<br />
Unterneustadt.<br />
Mai 2019 | <strong>Facetten</strong> <strong>36</strong> 19