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2019/28 - unternehmen - Ausgabe 68

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VERANTWORTEN <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Die Arbeit bedeutet auch Lebensqualität<br />

Für die Kollegen bei der Stadt Biberach ist die Kollegin im Rollstuhl eine Bereicherung.<br />

Seit Mitte 2016 arbeitet Jessica<br />

Linzmeier nun bei der Stadt<br />

Biberach und ist sehr glücklich<br />

mit der Arbeitsstelle, die sie<br />

dort gefunden hat. Denn eigentlich<br />

ist es für sie viel mehr als<br />

nur ein Job. Eine Arbeit zu haben<br />

bedeutet für sie auch Lebensqualität.<br />

„Für mein persönliches<br />

Wohlbefinden ist es wichtig, am<br />

normalen Arbeitsalltag teilzunehmen<br />

und eigenes Geld zu<br />

verdienen. Es kann nicht Sinn<br />

der Sache sein, dass man sich<br />

als behinderter Mensch zuhause<br />

versteckt.“<br />

Thema Einstellung und Beschäftigung<br />

von Menschen mit Behinderung<br />

haben“, sagt Mathias Auch von<br />

der Agentur für Arbeit in Ulm. „Es<br />

gibt Zweifel an der Leistungsfähigkeit<br />

und Fehlinformationen zu den<br />

besonderen Schutzrechten schwerbehinderter<br />

Menschen. Noch zu wenig<br />

bekannt sind auch die technischen<br />

und finanziellen Hilfen, die zur<br />

Integration von Behinderten gewährt<br />

werden können.“<br />

Dabei sind Arbeitgeber mit mehr<br />

als 20 Mitarbeitern dazu verpflichtet,<br />

eine gewisse Anzahl von Menschen<br />

mit Behinderungen einzustellen.<br />

Wen genau sie einstellen und wo<br />

sie die Person einsetzen, liegt beim<br />

Arbeitgeber. Das kann positiv sein –<br />

oder auch nicht. So hat Jessica Linzmeier<br />

es schon erlebt, dass sie nicht<br />

als Bürokauffrau eingesetzt wurde,<br />

sondern zum Sortieren von Post – bei<br />

deutlich schlechterer Bezahlung.<br />

Und das, obwohl sie sich auf eine<br />

Stelle als Sekretärin beworben hatte.<br />

„Entwürdigend“ nennt sie Erfahrungen<br />

wie diese. Zum Glück war es nur<br />

ein Probe-Arbeitstag. Dabei ist es<br />

auch geblieben. „Leider ist es oft in<br />

den Köpfen verankert, dass Men-<br />

Zur Person<br />

Mathias Auch ist<br />

seit Oktober 2017<br />

Geschäftsführer des<br />

Vorstands der Agentur<br />

für Arbeit in Ulm.<br />

Seit 2005 ist der gebürtige<br />

Böblinger in<br />

verschiedenen Leitungsfunktionen<br />

bei<br />

der Bundesagentur<br />

für Arbeit tätig.<br />

schen mit Behinderungen minderwertige<br />

Arbeit leisten“, sagt sie.<br />

„Aber nur weil ich im Rollstuhl sitze,<br />

heißt das doch nicht, dass meine<br />

Arbeit weniger wert ist. Wir dürfen<br />

uns nicht unter Wert verkaufen!“<br />

Mathias Auch erklärt: „Menschen<br />

mit Behinderung sind oft gut qualifizierte<br />

Fachkräfte. Sie sind ein wertvoller<br />

Baustein zur<br />

Fachkräftesicherung.“<br />

Im Bezirk<br />

der Agentur für Arbeit<br />

Ulm, wozu der<br />

Stadtkreis Ulm sowie<br />

die Landkreise<br />

Alb-Donau und Biberach<br />

zählen, gibt<br />

es rund 7500<br />

Pflichtarbeitsplätze<br />

für Menschen<br />

Nur weil ich im<br />

Rollstuhl sitze,<br />

ist meine Arbeit<br />

doch nicht<br />

weniger wert.<br />

Jessica Linzmeier<br />

Bürokauffrau<br />

mit Behinderung. Davon sind rund<br />

2500 nicht besetzt. „Menschen mit<br />

Behinderung sind über alle Branchen<br />

hinweg beschäftigt und in allen Berufen<br />

quer durch die komplette Qualifikationspalette.<br />

Also vom Helferjob<br />

bis hin zum Akademiker“, sagt<br />

Mathias Auch. „Unterscheidbar sind<br />

die Beschäftigungsquoten privater<br />

und öffentlicher Arbeitgeber. Die der<br />

öffentlichen Arbeitgeber liegt bei 4,9<br />

Prozent, die der privaten Arbeitgeber<br />

bei 3,3 Prozent.“<br />

Andrea Fischer hat festgestellt,<br />

dass die Arbeitsmoral und Motivation<br />

sogar oft deutlich höher sei als bei<br />

anderen Angestellten. „Schwerbehinderte<br />

Bewerber werden von uns auf<br />

jeden Fall zu Vorstellungsgesprächen<br />

eingeladen“, erklärt<br />

sie. „Manchmal<br />

scheitert die<br />

Einstellung dann<br />

einfach an der Qualifikation.“<br />

Seit 2013<br />

gibt es in Biberach<br />

zusätzlich ein Projekt<br />

für Menschen<br />

mit Einschränkungen.<br />

Auf zwei Arbeitsstellen<br />

kann<br />

die Stadt Schwerbehinderten die<br />

Möglichkeit geben, sich im Berufsleben<br />

auszuprobieren.<br />

Momentan sind zwei Schwerbehinderte<br />

als Auszubildende beschäftigt.<br />

“Sie haben vielleicht nicht immer<br />

die besten Noten, aber sie bereichern<br />

auf andere Art und Weise“,<br />

sagt Andrea Fischer. [!]<br />

Julia Rizzolo

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