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DertapfereSchneider vomKotti<br />
Seine Rettung<br />
BERLIN 15<br />
heißt Karl Marx<br />
gend notwendig, sagte Leszek<br />
Nadolski von der Taxi-Innung.<br />
Die Senatsverwaltung habe<br />
sich „selbst für <strong>Berliner</strong> Verhältnisse“<br />
ungewöhnlich viel<br />
Zeit gelassen, kritisiert er. Der<br />
Tarifantrag sei bereits vor 15<br />
Monaten bei ihr eingegangen.<br />
Die Kostenbelastung sei<br />
enorm gestiegen. „Auch wir<br />
haben mit Teuerungsraten zu<br />
kämpfen und müssen, soweit<br />
wir uns nicht selbst ausbeuten,<br />
Mindestlöhne zahlen“, gab der<br />
<strong>Berliner</strong> Taxifahrer zu bedenken.<br />
Es gebe keine Alternative.<br />
Fotos: Wächter<br />
Traditionsreiches Modegeschäft findet<br />
nach Vermieter-Terror neuen Standort<br />
Von<br />
MIKE WILMS<br />
Berlin – Lange sah alles nach<br />
einem bitteren Ende für<br />
Hassan Qadri (60) aus: Der<br />
Schneider vom Kotti und<br />
sein Geschäft „Kamil Mode“<br />
hatten vom Vermieter die<br />
Kündigung bekommen. Da<br />
halfen keine Anwohner-<br />
Proteste und kein Streit vor<br />
Gericht: Qadri zog beim<br />
Richter den Kürzeren. Doch<br />
jetzt gibt es –unerwartet –<br />
doch eine Rettung. Und die<br />
hat mit Karl Marx zu tun.<br />
Der tapfere Schneider kann<br />
wieder lachen: Das hätte sich<br />
Hassan Qadri noch vor kurzer<br />
Zeit nicht träumen lassen.<br />
„Wenn ich hier dicht mache,<br />
sind wir pleite. Was soll ich in<br />
meinem Alter noch machen?“,<br />
hatte der gebürtige Pakistani<br />
im KURIER-Gespräch gesagt.<br />
Da war gerade das Urteil des<br />
<strong>Berliner</strong> Landgerichts ergangen:<br />
Es sei rechtens, dass der<br />
Vermieter kündigt. Wenn der<br />
die Ladenräume sanieren und<br />
später die doppelte Miete verlangen<br />
wolle, könne er das tun.<br />
Für Hassan Qadri brach die<br />
Welt zusammen. In 17 Jahren<br />
harter Arbeit hatte der Einwanderer<br />
das Modegeschäft<br />
am Kottbusser Damm 9aufgebaut.<br />
Es war sein Lebenswerk.<br />
Doch treue Kunden und eine<br />
tiefe Verwurzelung im Kiez<br />
zählen offenbar nichts, wenn<br />
der Vermieter plötzlich Euro-<br />
Zeichen in den Augen hat.<br />
3000 statt bisher 1200 Euro<br />
will er nach der Sanierung für<br />
den 64-Quadratmeter-Laden<br />
in Kotti-Nähe haben. Hassan<br />
Qadri hätte niemals so viel<br />
Geld zahlen können. Und weil<br />
die Mieten inzwischen überall<br />
steigen, fand erbei der Suche<br />
nach einem neuen Geschäft<br />
auch keine anderen Räumlichkeiten.<br />
„Alles vergeblich“, sagte<br />
Qadri verzweifelt. Er werde<br />
die verbliebenen Jahre bis zur<br />
Rente wohl arbeitslos sein.<br />
Doch so traurig wollte der<br />
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg<br />
die Geschichte nicht enden<br />
lassen. Das Projekt „Unternehmen<br />
für den Kotti“ und<br />
Wirtschaftsstadtrat Andy<br />
Hehmke (SPD) mischten sich<br />
ein. Unter hohem Zeitdruck<br />
wurden Gespräche mit Vermietern<br />
von Gewerbeimmobilien<br />
geführt. Wer würde Hassan<br />
Qadri einfür ihn bezahlbares<br />
Ladengeschäft vermieten?<br />
Die Kreuzberger Experten<br />
für Wirtschaftsförderung fanden<br />
schließlich einen bereitwilligen<br />
Vermieter im angrenzenden<br />
Neukölln –und zwar<br />
auf der Karl-Marx-Straße. Das<br />
passt ja bestens zum Kampf<br />
gegen Kapitalisten-Gier. Inzwischen<br />
ist der Mietvertrag<br />
unter Dach und Fach. Seit<br />
1. Juli räumt Qadri sein neues<br />
Geschäft ein.Ineiner Bezirksmitteilung<br />
heißt es dazu: „Der<br />
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg<br />
und dasProjektteam von<br />
,Unternehmen für den Kotti’<br />
gratulieren zum erfolgreichen<br />
Vertragsabschluss.“ Dieser<br />
harte Kampf hat sich gelohnt.<br />
Bitte einsteigen!<br />
Eines vonüber<br />
8200 Taxis<br />
in Berlin.<br />
Foto: Imago Images<br />
Foto: dpa<br />
Schockbilanz<br />
Grippewelle brachte<br />
1100 <strong>Berliner</strong> um<br />
Von<br />
GERHARD LEHRKE<br />
Berlin – Es ist Sommer, kein<br />
Mensch denkt an Grippe –<br />
aber es kann nicht falsch<br />
sein, sich gedanklich vor<br />
der nächsten Viren-Saison<br />
mit einer Impfung zu befassen:<br />
Die echte Grippe oder<br />
Influenza ist ein Killer,<br />
2018 sind rund 1100 an ihr<br />
erkrankte <strong>Berliner</strong> gestorben.<br />
Laut der Analyse der meldepflichtigen<br />
Infektionskrankheiten<br />
2018 des Landesamts<br />
für Gesundheit und Soziales<br />
(LAGeSo) wurden im Zeitraum<br />
von Ende Dezember<br />
2017 bis Anfang April 2018<br />
knapp 11500 Fälle gemeldet.<br />
Das waren so viele wie nie<br />
seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes<br />
(IfSG) im<br />
Jahr 2001 und dreimal so viele<br />
wie in der Grippesaison<br />
2016/17. Mehr als zehn Prozent<br />
der Erkrankten mussten<br />
stationär behandelt werden.<br />
Am Ende gab es im vergangenen<br />
Jahr wegen der Grippe<br />
statistisch 32 Tote auf<br />
100 000 <strong>Berliner</strong> mehr als<br />
normal, was die Statistiker<br />
„Übersterblichkeit“ nennen.<br />
Im Jahr zuvor waren es 26,<br />
und auch dieser Ausbruch<br />
galt schon als schwer.<br />
Die echte Grippe, die nichts<br />
mit einem grippalen Infekt<br />
zu tun hat, wirft vor allem ältere<br />
Menschen um: Mit hohem<br />
Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen,<br />
totaler Mü-<br />
Influenza macht ihreOpfer bettlägerig.<br />
Schnupfen ist noch ein mildes Symptom.<br />
Falsche Viren-Prognose: Impfstoff wirkte bei der<br />
letzten Influenza-Attacke nicht wie gewünscht<br />
digkeit, Schüttelfrost und<br />
Husten.<br />
Der Körper wird anfällig<br />
für Lungenentzündungen<br />
oder eitrige Bronchitis, weil<br />
die Grippeviren die Zahl der<br />
Abwehrkörper verringern<br />
und Bakterien durch die virusgeschwächte<br />
Atemwegsschleimhaut<br />
in den Körper<br />
eindringen können. Die Viren<br />
greifen häufig auch das<br />
Herz an und können es nachhaltig<br />
schwächen.<br />
Problematisch war 2018,<br />
dass selbst geimpfte <strong>Berliner</strong><br />
nicht gut geschützt waren.<br />
Die Prognose der Weltgesundheitsorganisation<br />
WHO,<br />
welche Virus-Stämme die<br />
Nordhalbkugel erreichen<br />
würden, hatte sich als ungenau<br />
herausgestellt.<br />
ImMärz 2019 hat die WHO<br />
ihre Empfehlungen für die<br />
nächste Influenza-Saison<br />
ausgesprochen. Danach dauert<br />
es etwa ein halbes Jahr,<br />
bis der Impfstoff vorhanden<br />
ist, der vorwiegend in Hühnereiern<br />
erzeugt wird.<br />
Gleichzeitig lässt die WHO<br />
an Impfstoffen forschen, die<br />
nicht jedes Jahr neu ermittelt<br />
werden müssen.<br />
Das Robert-Koch-Institut<br />
rät zur Impfung unter anderem<br />
bei Menschen über 60<br />
Jahren, werdenden Müttern<br />
vom zweiten Drittel der<br />
Schwangerschaft an, bei medizinischem<br />
Personal und<br />
Menschen, die vielen anderen<br />
Menschen begegnen –<br />
zum Beispiel Busfahrer.<br />
Auch chronisch Kranke sollten<br />
den Pieks nicht scheuen.