antriebstechnik 7/2019
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19174<br />
07 JULI <strong>2019</strong><br />
TITELSTORY<br />
14 I GETRIEBE<br />
Zykloidgetriebe für hohe<br />
Drehmomente und Lasten<br />
22 I LINEARTECHNIK<br />
Elektrische Antriebe für<br />
Energie managementsysteme<br />
34 I SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
Kühle Antwort zur<br />
Wärmegrenzleistung<br />
10 I IDEENSCHMIEDE<br />
70 Jahre Fraunhofer –<br />
70 Jahre Zukunft<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de<br />
Organ der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V.
Vollständig<br />
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Die Berechnung und Gestaltung von<br />
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EDITORIAL<br />
Nutze die<br />
Möglichkeiten<br />
SCHWERSTARBEIT<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
im Moment dreht sich vieles um die Digitalisierung, smarte<br />
Produkte, Vernetzung, die Fabrik der Zukunft, usw. Diese<br />
Innovationen und Konzepte sowie ihre Konsequenzen für die<br />
Entwicklung von Maschinen und Anlagen sind natürlich auch<br />
in dieser Ausgabe der <strong>antriebstechnik</strong> ein Thema. Doch<br />
hauptsächlich widmen wir uns auf den vorliegenden knapp<br />
70 Seiten der Schwerstarbeit unter widrigsten Bedingungen<br />
oder extremen Lasten.<br />
Unser Special „Heavy Duty“ nimmt Komponenten unter die<br />
Lupe, die sich vor allem durch ihre Robustheit und/oder<br />
Leistungsstärke auszeichnen. Ob Getriebe (Seite 34), Energieketten<br />
(38), Elektromotoren (42), Zahnkränze (46), Frequenzumrichter<br />
(50) oder Drehgeber (52) – unser Themenschwerpunkt<br />
präsentiert Ihnen eine große Vielfalt an Antriebstechnologie,<br />
die aggressiven Umweltbedingungen wie Staub, Vibrationen,<br />
Kraftstößen, Feuchtigkeit oder Hitze widerstehen kann.<br />
Denn auch wenn die Komplexität in Bezug auf Industrie 4.0<br />
immer weiter steigt – manchmal dürfen Komponenten auch<br />
„einfach Hardware bleiben“, wie sich auch unser Interview-Gast<br />
ab Seite 30 sicher ist. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen<br />
und Informieren.<br />
Systemtechnik<br />
Antriebstechnik<br />
Spindeltechnik<br />
Peter Becker<br />
p.becker@vfmz.de<br />
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Tel.: +49 7582 809 - 0<br />
info@kessler-group.biz, www.kessler-group.biz
EDITORIAL<br />
03 Schwerstarbeit<br />
SOFTSTARTER<br />
26<br />
06 Menschen, Unternehmen, Märkte<br />
10 Ideenschmiede: 70 Jahre Fraunhofer – 70 Jahre Zukunft<br />
MECHANISCHE ANTRIEBSTECHNIK<br />
SPECIAL<br />
Flender GmbH,<br />
Bocholt<br />
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
14 TITEL Präzision in XXL<br />
18 Schnelligkeit zählt: von der Konfiguration bis zum Service<br />
LINEARTECHNIK<br />
22 Elektrische Antriebe für Energiemanagementsysteme<br />
26 Leistungskontrolle ohne Druck<br />
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KUPPLUNGEN UND BREMSEN<br />
30 Wer hat’s erfunden? – ein Interview mit Matthias Klos<br />
50<br />
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TITELBILD<br />
Nabtesco Precision Europe<br />
GmbH, Düsseldorf<br />
4 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
34 Kühle Antwort zur Wärmegrenzleistung<br />
38 Im harten Einsatz<br />
42 Neuer Motor schreddert gut<br />
46 Expertennetzwerk optimiert Kugelmühlen<br />
50 Seilbahn mit hohem Wintervergnügen für Sportler<br />
52 Damit alles glatt läuft<br />
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
56 PEER REVIEWED Simulation schnell drehender<br />
Welle-Lager-Systeme – Teil 2<br />
67 Aktuelles aus der FVA<br />
SERVICE<br />
PENDELROLLENLAGER<br />
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Die perfekte Qualität aus dem eigenen Stahlwerk<br />
ist maßgebend für die Temperaturbeständigkeit<br />
bis 200 °C und die lange Lebensdauer<br />
bei hohen Belastungen.<br />
44 Impressum<br />
MEIN TIPP<br />
Antriebe und Antriebselemente für den Schwerlastbereich<br />
müssen ganz besonders widerstandsfähig<br />
sein und extrem rauen Umgebungsbedingungen<br />
wie Feuchte, Staub und immensen<br />
Temperaturen trotzen. Wie dies in der Praxis bspw.<br />
in der Papierindustrie oder in einer Schredderanlage<br />
aussieht, haben wir für Sie in unserem Special<br />
„Heavy Duty“ ab Seite 34 bereitgestellt.<br />
Svenja Stenner, Redakteurin, s.stenner@vfmz.de<br />
Innovationen,<br />
wie die kontrollierte<br />
Verschränkung und verschiedenste<br />
Käfigvarianten ermöglichen vielfältigste<br />
Anwendungen.<br />
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SOFTSTARTER<br />
KRÄFTIGES UMSATZPLUS BEI BOSCH REXROTH<br />
IM JAHR 2018<br />
Wechselkursbereinigt betrug das Wachstum 13 %. Der Auftragseingang<br />
lag Ende 2018 um 3,8 % über dem Vorjahr. In Deutschland<br />
stieg er um knapp 11 %. Rund ein Drittel des Gesamtergebnisses<br />
wurde im Rest Europas erzielt. Besonders stark entwickelten<br />
sich Asien, Pazifik und Afrika. Dort lag der Umsatz knapp ein<br />
Fünftel über dem Vorjahreswert. Wachstumstreiber waren vor<br />
allem Mobilhydraulik und Fabrikautomation. Neben der traditionell<br />
starken Position in der Industrie- und Mobilhydraulik<br />
positioniert sich Bosch Rexroth mehr als Anbieter von Industrie-4.0-<br />
Lösungen mit softwarebasierten, automatisierten und vernetzten<br />
Lösungen. Für das zweite Halbjahr <strong>2019</strong> erwartet das Unternehmen<br />
eine nachlassende konjunkturelle Dynamik, insbesondere<br />
aufgrund der nachlassenden Konsumnachfrage in China.<br />
www.boschrexroth.com<br />
Wir können auch<br />
Kompliziert<br />
HOLGER OBERGFÖLL NEUER GESCHÄFTSLEITER<br />
BEI NEUGART<br />
Neugart hat seine Geschäftsleitung erweitert<br />
mit Holger Obergföll als Geschäftsleiter (COO)<br />
Supply Chain. In dieser neu geschaffenen<br />
Funktion verantwortet er das Management<br />
sämtlicher Lieferketten. Die Stärkung der<br />
Supply Chain durch einen eigenen Verantwortlichen<br />
erfolgte im Zuge einer strategischen<br />
Neuausrichtung des Herstellers von<br />
Planetengetrieben. Denn bei der Realisierung<br />
von funktionierenden Getriebe-Motor-Kombinationen sind in<br />
einem wirtschaftlich immer anspruchsvolleren Umfeld vor allem<br />
Schnelligkeit und Effizienz gefragt. Als Diplomkaufmann und<br />
Master of Management mit Schwerpunkt Unternehmensstrategie<br />
verfügt Obergföll über langjährige Erfahrung im Bereich Antriebstechnik<br />
und Maschinensteuerung sowie im Lean-Management.<br />
Seine Schwerpunkte sind u. a. Supply-Chain-Prozesse in Lager und<br />
Bestand, die Optimierung von Produktionsabläufen mit Water<br />
Spider sowie die Steuerung internationaler Downstream-<br />
Materialflüsse.<br />
www.neugart.com<br />
INHABERWECHSEL BEI RHEIN-GETRIEBE<br />
Die Rhein-Getriebe GmbH, Spezialist für<br />
Sondergetriebe, war seit ihrer Gründung vor<br />
62 Jahren in Familienbesitz. Nun haben die<br />
Gründerfamilien das Unternehmen im<br />
Rahmen eines Management-Buy-Out<br />
verkauft. Hermann Heringer, der bisherige<br />
Geschäftsführer, hat alle Geschäftsanteile<br />
übernommen. Die Produkte des Unternehmens<br />
kommen überwiegend in der Medizinund<br />
Textiltechnik, im Brandschutz und in der Förder- und<br />
Sicherheitstechnik zum Einsatz. Rhein-Getriebe liefert Antriebstechnik<br />
u. a. für MRT- und Röntgengeräte, Textilmaschinen,<br />
Turmdrehkräne sowie Parkschranken und Toranlagen. Das<br />
bestehende Service- und Produktprogramm soll nach Angaben<br />
des Unternehmens weitergeführt und ausgebaut werden.<br />
www.rheingetriebe.com<br />
ABB: CEO SPIESSHOFER ZURÜCKGETRETEN<br />
PAN ® Hochleistungsbronzen<br />
für Gleitlager, Führungen und<br />
Verzahnungen aus speziell verhütteten<br />
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Der Verwaltungsrat von ABB hat sich mit CEO<br />
Ulrich Spiesshofer auf dessen Rücktritt von<br />
der Funktion geeinigt, die er seit 2013<br />
innehatte. Der Präsident des Verwaltungsrates,<br />
Peter Voser (Bild), übernahm die<br />
Position des Interims-CEO. Die Suche nach<br />
einem neuen CEO wurde eingeleitet. Voser<br />
erklärte: „Um unsere Finanzziele zu erreichen,<br />
werden wir den Verkauf des ABB Stromnetze-<br />
Geschäfts wie geplant vorantreiben, die Unternehmensstruktur<br />
des Konzerns vereinfachen und die angekündigten Kosteneinsparungen<br />
erzielen. Unsere vier neuen führenden Geschäftsbereiche<br />
werden sich voll darauf konzentrieren, die Bedürfnisse unserer<br />
Kunden in den Bereichen Digitalisierung, Elektrifizierung,<br />
Automatisierung und Robotik zu erfüllen.“ Voser ist seit April<br />
2015 Verwaltungsratspräsident von ABB. Davor war er zuerst CFO<br />
und dann CEO von Royal Dutch Shell. Von 2002 bis 2004 war er<br />
CFO von ABB.<br />
www.abb.com<br />
6 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de<br />
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SOFTSTARTER<br />
27,1 %<br />
5G in der Industrie wird Realität: SEW-Eurodrive<br />
rüstet erstes mobiles Assistenzsystem um<br />
23,5 %<br />
Kräftiges Umsatzplus bei Bosch Rexroth<br />
DIE TOP<br />
ONLINE-ARTIKEL<br />
UNSERER WEBSITE<br />
An dieser Stelle präsentieren wir Ihnen die fünf<br />
meistgelesenen Artikel des Monats unserer<br />
Internetpräsenz<br />
WWW.ANTRIEBSTECHNIK.DE<br />
Das Ranking umfasst alle Seitenaufrufe im Monats-Zeitraum bis<br />
ca. 2–3 Wochen vor Erscheinungstermin dieser Ausgabe. Die<br />
Berechnungsbasis von 100 % entspricht der Summe der fünf Plätze.<br />
20,7 %<br />
Superwurm und Igus: Wie man eine Wurmfarm<br />
automatisiert<br />
17,1 %<br />
Rexroth nimmt Anwender mit auf digitale<br />
Reise der Lineartechnik<br />
11,6 %<br />
Diamant aus dem 3D-Drucker – Sensation oder<br />
Fake?<br />
NEUER DIGITAL-MANAGER BEI SMC DEUTSCHLAND<br />
Neue Aufgaben für Christian<br />
Ziegler (Bild r.): Als Manager<br />
Digital Business Development<br />
gestaltet er seit April die digitale<br />
Zukunft von SMC Deutschland.<br />
Seine bisherige Position als<br />
Manager Marketing + Communication<br />
übernimmt Michael<br />
Junkermann (Bild l.). Ziegler,<br />
Energieelektroniker und Wirtschaftsingenieur, war vor seinem<br />
Einstieg bei SMC 2015 u. a. in leitender Position bei Bosch Rexroth.<br />
„Im B2B-Marketing haben sich die Kanäle zum Kunden in den<br />
vergangenen fünf Jahren vervielfacht“, sagt er. „Zudem hat die<br />
Qualität der transportierten Inhalte einen ganz neuen Stellenwert<br />
erhalten. Dem tragen wir mit dem neuen Webauftritt Rechnung, der<br />
in diesem Jahr online geht.“ Junkermann blickt auf 25 Jahre Erfahrung<br />
in Marketing und Kommunikation zurück. Zusätzlich verantwortete er<br />
vor seinem Start bei SMC u. a. Engineering, Tech Support und Produktmanagement,<br />
strategisches Marketing und Operational Excellence in<br />
verschiedenen technischen Unternehmen.<br />
www.smc.de<br />
KOOPERATION OPTIMIERT SERVICE<br />
Die Flender GmbH,<br />
Bocholt, und die Wikov<br />
Industry a.s., Prag, haben<br />
eine Kooperation für<br />
Fremdgetriebe vereinbart.<br />
Im Mittelpunkt<br />
steht der Gedanke, den<br />
Kunden einen weltweit<br />
verfügbaren Service zu<br />
bieten. Beide Firmen streben eine langfristige Partnerschaft<br />
an, um Anlagenbetreibern ihr Serviceangebot auch für<br />
Getriebe anderer Hersteller zu offerieren. Die Anlagenverfügbarkeit<br />
ist in vielen Branchen entscheidend für den wirtschaftlichen<br />
Erfolg. Häufig werden in den Anwendungen<br />
Komponenten unterschiedlicher Hersteller eingesetzt, was die<br />
Wartung für den Betreiber komplex macht. Durch ihre künftige<br />
Zusammenarbeit bieten die beiden Getriebespezialisten ihren<br />
Kunden die Möglichkeit eines globalen One-Stop-Service. Mit<br />
den gebündelten Ressourcen profitieren Kunden künftig von<br />
einem Netz mit über 50 weltweiten Service-Centern.<br />
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MEIN ONLINE-LESETIPP<br />
ZEITREISE:<br />
110 JAHRE ZENTRAL SCHMIERTECHNIK<br />
Vor genau 110 Jahren begann Robert Bosch mit der<br />
Fertigung einer mechanischen Schmierpumpe, die in<br />
Verbrennungsmotoren für die exakte Verteilung und<br />
Dosierung von Schmierstoffen sorgte. Damit legte er den<br />
Grundstein für das weltweit größte Zentral schmiersystem-<br />
Portfolio von SKF. Es bietet eine enorme Bandbreite für<br />
nahezu alle Anwendungsgebiete – von Minimalmengenschmiersystemen<br />
mit wenigen Mikrotropfen bis hin zu<br />
Ölumlaufanlagen mit bis zu 3 000 l/min, von Systemdrücken<br />
in Höhe von max. 400 bar bei Fett und bis 4 000 bar<br />
bei Öl. Welche weiteren Pionierleistungen in der jetzigen<br />
SKF Lubrication Product Division stecken, verdeutlicht ein<br />
Blick in deren Entstehungsgeschichte.<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de/OL719<br />
Holger Seybold, Redakteur, h.seybold@vfmz.de<br />
Foto: Robert Bosch GmbH<br />
Liebherr-Verzahntechnik erwirbt alle Geschäftsanteile von Wenzel<br />
GearTec, Hersteller von Verzahnungsmessmaschinen aus Karlsruhe.<br />
Zum Portfolio von Wenzel gehört die WGT-Baureihe mit 4-achsigen<br />
Verzahnungsmessgeräten, die u. a. im Automobilbereich, in<br />
der Luftfahrt und im allgemeinen Maschinenbau Anwendung<br />
finden. Zwischen Liebherr und Wenzel besteht seit 2015 eine<br />
Partnerschaft. Die Integration in das Liebherr-Portfolio hat das Ziel,<br />
dem Kunden Closed-Loop-Systemlösungen aus einer Hand<br />
anzubieten. Erste Ansätze hierzu werden auf der EMO <strong>2019</strong> in<br />
Hannover vorgestellt. Wenzel GearTec wird vorerst weiterhin unter<br />
ihrem Namen und als hundertprozentige Tochter der Liebherr-<br />
Verzahntechnik tätig sein. Alle Mitarbeiter werden übernommen.<br />
Über den Kaufpreis haben die Vertragsparteien Stillschweigen<br />
vereinbart. Der Kaufvertrag obliegt der Umsetzung gewisser<br />
kaufmännischer Prozesse. Nach deren Umsetzung soll Liebherr als<br />
Gesellschafter von Wenzel agieren.<br />
www.liebherr.com<br />
AXEL KÜPPER VERSTÄRKT DAS MANAGEMENT<br />
BEI LMT TOOLS<br />
Axel Küpper wird zum 1. April 2020 die<br />
Position des Global Head of Product<br />
Lines bei LMT Tools übernehmen. Ab<br />
diesem Tag verstärkt er das globale<br />
Management und verantwortet die<br />
Weiterentwicklung der Produktlinien.<br />
Küpper bringt Erfahrung aus verschiedenen<br />
Management-Positionen sowie<br />
der Werkzeugbranche in das Unternehmen<br />
ein. „Mit Axel Küpper gewinnen wir einen erfahrenen<br />
Manager, um die strategische Entwicklung unseres Werkzeugportfolios<br />
voranzutreiben und den Fokus auf Kundenorientierung<br />
weiter zu schärfen“, sagt Daniel Ehmans, CEO des Präzisionswerkzeugherstellers<br />
LMT Tools. Küpper ergänzt: „Bei LMT Tools ist sehr<br />
viel Expertenwissen und Innovationskraft vorhanden. Dieses<br />
Potenzial begeistert mich und ermöglicht es gleichzeitig, unseren<br />
Kunden zukunftsweisende Werkzeuglösungen anzubieten.“<br />
www.lmt-tools.com<br />
8 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
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70 JAHRE FRAUNHOFER –<br />
70 JAHRE ZUKUNFT<br />
Am 26. März 1949 wurde die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten<br />
Forschung e. V. in München gegründet, um die hiesige Wirtschaft neu aufzubauen. Sie feiert<br />
nun – wie auch die Bundesrepublik Deutschland und das Grundgesetz – ihr 70-jähriges<br />
Jubiläum. Mit klarer Ausrichtung auf neue Schlüsseltechnologien und Märkte ist die<br />
Fraunhofer-Gesellschaft heute Innovationsmotor der deutschen Wirtschaft und Europas<br />
größte Organisation für angewandte Forschung. Wir zeigen einen Querschnitt durch<br />
wegweisende und aktuelle Forschungsprojekte.<br />
10 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
IDEENSCHMIEDE FRAUNHOFER-GESELLSCHAFT<br />
Am 26. März 1949 bat Staatssekretär Hugo Geiger<br />
210 Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft<br />
in das Bayerische Wirtschaftsministerium. Er<br />
hatte den Wunsch, mit der Gründung der Fraunhofer-<br />
Gesellschaft zum Aufbau der Wirtschaft in Bayern und Deutschland<br />
beizutragen. Während das Wirtschaftswunder noch in weiter<br />
Ferne lag und Kinder in Trümmern spielten, stellte man sich<br />
in einem Münchener Büro mit drei Mitarbeitenden bereits kurze<br />
Zeit darauf der Herausforderung, die angewandte Forschung in<br />
Deutschland voranzubringen. Mit der Wahl von Hermann von<br />
Siemens zum Präsidenten Mitte der 50er-Jahre sowie der Gründung<br />
erster Institute entwickelte sich Fraunhofer immer mehr<br />
zu einer essenziellen Säule der Wissenschaftslandschaft in<br />
Deutschland. Mitte der 60er-Jahre wurde Fraunhofer offiziell<br />
zur Trägerorganisation für angewandte Forschung im deutschen<br />
Innovationssystem. Das Fraunhofer-Modell der erfolgsabhängigen<br />
Grundfinanzierung erzeugte seit den 70ern jene<br />
Dynamik des Erfolgs, die bis heute anhält. Mit der deutschen<br />
Wiedervereinigung eröffneten sich unerwartete Chancen auf<br />
neue Expansion. Die Fraunhofer-Gesellschaft ergriff schneller<br />
und konsequenter als andere Forschungsorganisationen die<br />
Gelegenheit und gründete in den neuen Bundesländern über<br />
20 neue Institute und Einrichtungen.<br />
STRATEGISCHE INITIATIVEN<br />
01<br />
02<br />
01 Ein neues Kühlkonzept für Elektromotoren<br />
ermöglicht den Einsatz von Kunststoffen als<br />
Gehäusematerial zur Gewichtsreduzierung bei<br />
gleichzeitiger Erhöhung der Leistungsdichte<br />
02 EU-Kommissar Günther H. Oettinger (Bild l.)<br />
erhielt das Ehrenzeichen ‚Der Fraunhofer‘ für<br />
seine besonderen Verdienste rund um das<br />
deutsche und europäische Innovationsgeschehen<br />
Das deutsche Wissenschaftssystem findet international Beachtung,<br />
die Leistungen im Industrietransfer, die Netzwerke<br />
zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind weltweit<br />
beispielhaft. Mit aktuell 72 Instituten und Forschungseinrichtungen,<br />
mehr als 26 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, einem<br />
jährlichen Forschungsvolumen von mehr als 2,5 Mrd. EUR und<br />
zahlreichen internationalen Kooperationen zählt Fraunhofer zu<br />
den wirkungs stärksten Forschungsorganisationen. Mehr als<br />
zwei Drittel ihres Budgets verdient die Gesellschaft durch Vertragsforschung<br />
selbst, etwa ein Drittel erhält sie als Grundfinanzierung<br />
von Bund und Ländern. Auf dieser Basis und mit der<br />
klaren Ausrichtung auf neue Technologien und Märkte ist die<br />
Fraunhofer-Gesellschaft zum Innovationsmotor der deutschen<br />
Wirtschaft geworden: Vom Airbag bis zur weißen LED, vom<br />
Kautschuk aus Löwenzahn bis zur MP3-Technologie reichen<br />
die Erfindungen und Entwicklungen, die aus ihr hervorgegangen<br />
sind.<br />
Mit der Agenda 2022 hat die Fraunhofer-Gesellschaft eine<br />
Roadmap für ihre Forschungsaktivitäten definiert. Ein wichtiges<br />
Ziel ist die Entwicklung umfassender technologischer<br />
System lösungen für den Standort Deutschland. Dazu wurden<br />
‚Prioritäre Strategische Initiativen‘ zu sieben wichtigen Forschungsthemen<br />
ins Leben gerufen. In den Prioritären Strategischen<br />
Initiativen – kurz PSI – bündelt die Gesellschaft die<br />
Kompetenzen ihrer Institute, um umfassende Systemlösungen<br />
für strategisch wichtige Fragestellungen zu erarbeiten. Alle<br />
Themen haben eine hohe Relevanz für die deutsche und europäische<br />
Wirtschaft und Gesellschaft. Kognitive Systeme, Künstliche<br />
Intelligenz und Datensouveränität, Batteriezellfertigung,<br />
Programmierbare Materialien, Quantentechnologie, Translationale<br />
Medizin, Öffentliche Sicherheit und die Biologische<br />
Transformation bilden das aktuelle Themenfundament.<br />
„Die Zukunft ist seit jeher der Antrieb für die Fraunhofer-Gesellschaft“,<br />
erläutert Präsident Prof. Reimund Neugebauer die<br />
Mission der Fraunhofer-Gesellschaft. „Wie bauen wir intelligente<br />
Maschinen, denen jeder vertraut? Wie lassen sich Medikamente<br />
so her stellen, dass sie schneller und günstiger den Patienten<br />
helfen? Wie sorgen wir verantwortungsvoll dafür, dass<br />
sich jeder sicher fühlt? Als Forschende und Unternehmer beantworten<br />
wir diese Fragen und verstehen uns als verantwortungsvolle<br />
Taktgeber von Wirtschaft und Gesellschaft.“<br />
FORSCHUNG FÜR EUROPA<br />
Den Auftakt zum Jubiläumsjahr bildete am Gründungstag ein<br />
Festakt mit anschließendem Bayerischen Staatsempfang in<br />
München, zu dem hochrangige politische Vertreterinnen und<br />
Vertreter aus München, Berlin und Brüssel ebenso erschienen<br />
sind wie ausgewählte Repräsentanten aus Wirtschaft und Wissenschaft.<br />
Unter dem Thema ‚Forschung für Europa‘ betonte<br />
Prof. Reimund Neugebauer: „Es ist essentiell, Forschung nicht<br />
nur exzellent zu betreiben, sondern neue Themen frühzeitig zu<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 11
IDEENSCHMIEDE FRAUNHOFER-GESELLSCHAFT<br />
03 Ein neues Machine-Learning-<br />
Tool hilft in der Magnetent wicklung,<br />
um ferromagnetische<br />
Kristalleigenschaften neuer<br />
Materialzusammensetzungen<br />
einfach und schnell<br />
vorherzusagen<br />
W<br />
WER WAR JOSEPH VON FRAUNHOFER?<br />
Joseph Fraunhofer<br />
(* 6.3.1787 – † 7.6.1826), seit<br />
1824 Ritter von Fraunhofer, war<br />
ein deutscher Optiker und<br />
Physiker. Er begründete am<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts den<br />
wissenschaftlichen Fernrohrbau.<br />
Ein farbreiner Objektivtyp, das<br />
Fraunhofer-Objektiv, wurde nach<br />
ihm benannt. Seine hervorragendste<br />
Leistung bestand in<br />
der Ver bindung von exakter wissenschaftlicher Arbeit und<br />
deren praktischer Anwendung für neue innovative Produkte.<br />
Mit dieser Denkweise wurde der Autodidakt Joseph von<br />
Fraunhofer zum Vorbild und Namensgeber der heutigen<br />
Fraunhofer-Gesellschaft. Sehen Sie eine eindrucksvolle<br />
Video-Reportage über das Lebenswerk von Joseph von<br />
Fraunhofer in unserem Digitorial (siehe Kasten rechts).<br />
Quelle: Wikipedia<br />
identifizieren und Zukunftsimpulse zu setzen. So können wir<br />
schneller auf Marktanforderungen reagieren. Unsere Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter sind dabei die Grundlage unseres Erfolges. Sie<br />
meistern wie unser Namenspatron den Spagat zwischen Forschung<br />
und unternehmerischem Denken, sie übernehmen Verantwortung<br />
für die Zukunft, erarbeiten Lösungen für die Herausforderungen<br />
von morgen und fragen immer wieder aufs Neue: What’s next?“<br />
Notiz am Rande: Unter dem Slogan „What’s next?“ wird das<br />
Jubiläum übrigens von einer Messenger-Kampagne begleitet. Wie<br />
das genau funktioniert, erfahren Sie in unserem Digitorial unter<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de/digi_719.<br />
Dr. Reinhard Ploss, CEO der Infineon Technologies AG, erklärte:<br />
„Für die Industrie ist Innovationskraft ein essenzieller Erfolgsfaktor.<br />
Die Fraunhofer-Gesellschaft steht wie keine andere Organisation<br />
für anwendungsorientierte Forschung und den erfolgreichen<br />
Transfer von neuen Erkenntnissen und Technologien in den Markt.<br />
Um im Innovationswettbewerb mit anderen Regionen der Welt<br />
dauerhaft erfolgreich zu sein, müssen Forschungsorganisationen<br />
und Unternehmen in Deutschland und Europa den Wissenstransfer<br />
weiter beschleunigen. Dabei sind die Kombination verschiedener<br />
Wissensbereiche und der Fokus auf Schlüsseltechnologien für<br />
wirtschaftlich und gesellschaftlich bedeutende Anwendungsbereiche,<br />
etwa Energie, Mobilität, industrielle Fertigung und Cybersicherheit,<br />
entscheidend.“<br />
Paul de Krom, CEO der Niederländischen Organisation für Angewandte<br />
Naturwissenschaftliche Forschung (TNO), fügte hinzu:<br />
„Der Ehrgeiz, das zu bewahren was wir haben, ist nicht gut genug.<br />
Unser Ehrgeiz, unsere Mission, muss weit darüber hinausgehen.<br />
Unser Ziel muss es sein, die Besten zu sein. Europa muss weiterhin<br />
an der Spitze darin sein, seine Unternehmen weiterzuentwickeln<br />
und sein Wissen zu vergrößern und in die Anwendung zu überführen.<br />
Nur so können wir uns im internationalen Wettbewerb erfolgreich<br />
und langfristig an der Spitze positionieren.“<br />
VERLEIHUNG DES EHRENZEICHENS<br />
Im Rahmen des anschließenden Bayerischen Staatsempfangs erhielt<br />
Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für Haushalt und Personal,<br />
das Ehrenzeichen ‚Der Fraunhofer‘ als höchste Auszeichnung<br />
der Fraunhofer-Gesellschaft für seine besonderen Verdienste rund<br />
um das deutsche und europäische Innovationsgeschehen. Kommissar<br />
Oettinger sagte: „Die Innovationsfähigkeit von Wirtschaft<br />
und Gesellschaft wird angesichts der durch die Digitalisierung ausgelösten<br />
enormen Beschleunigung des technologischen Fortschritts<br />
zur Schlüsselkompetenz für die Erhaltung unseres gesellschaftlichen<br />
Wohlstands. Die Europäische Union wird ihre Anstrengungen<br />
im Bereich von Forschung und Innovation in ihrem<br />
nächsten Forschungsrahmenprogramm ‚Horizont Europa‘ deshalb<br />
signifikant erhöhen. Damit aber die europäische Forschung auch<br />
zu europäischer Innovation führt, braucht es unbedingt Organisationen<br />
wie Fraunhofer, die helfen, die häufig bestehende Lücke zwischen<br />
reiner Forschung und ihrer wirtschaftlichen Nutzung zu<br />
schließen. Das Konzept der Fraunhofer-Gesellschaft ist ein Erfolgsmodell,<br />
insbesondere, weil es mit seiner dezentralen Struktur<br />
regionale Cluster stärkt.“<br />
12 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
70 JAHRE<br />
FRAUNHOFER –<br />
DIE HIGHLIGHTS<br />
ISSEN SCHAFFT IDEEN *** WISSEN SCHAFFT IDEEN *** WISSEN SCHAFFT IDEEN ***<br />
Erleben Sie die Geschichte der Fraunhofer-Gesellschaft sowie die<br />
Highlights aus 70 Jahren Forschung in unserem Digitorial – also auf<br />
einer Webseite ohne störende Navigation, Banner oder Sidebars.<br />
Scrollen Sie nach Lust und Laune durch Galerien, Videos, Grafiken<br />
und weiterführende Links. Das ist Storytelling in seiner modernsten<br />
Form: interaktiv – kurzweilig – informativ – unterhaltsam.<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de/digi_719<br />
Scrollen<br />
Sie durch<br />
70 Jahre<br />
Forschung:<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de/<br />
digi_719<br />
INSTITUT FÜR KOGNITIVE SYSTEME<br />
Im Rahmen des Festaktes gab es zudem eine gemeinsame<br />
Erklärung der Fraunhofer-Gesellschaft, sowie der beiden<br />
Münchener Universitäten LMU und TUM zum Aufbau<br />
eines Instituts für Kognitive Systeme in Bayern, um<br />
Lösungen für drängende Fragen aus den Bereichen<br />
Künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen und<br />
Cybersicherheit zu finden. Die drei Organisationen werden<br />
ihre Expertisen in diesen zukunftsweisenden Themen<br />
künftig bündeln und ergänzen, um so die notwendige<br />
Brücke zwischen der Grundlagen- und der Anwendungsforschung<br />
zu schaffen. In Kooperation mit weiteren<br />
Akteuren wird ausgehend vom Standort München ein<br />
Gesamtkonzept entwickelt, das sich zu einem wesent lichen<br />
Bestandteil der KI-Strategie der Bundesregierung entfalten<br />
soll. Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte<br />
werden resiliente kognitive Systeme und KI sowie KI für<br />
autonome Systeme sein.<br />
KUNDENSPEZIFISCHE<br />
ANTRIEBE FÜR<br />
Maschinenbau<br />
Luftfahrt<br />
Automotive<br />
Erneuerbare Energien<br />
DIGITORIAL MIT SPANNENDEN INHALTEN<br />
Zum Jubiläum widmet die Redaktion <strong>antriebstechnik</strong> der<br />
Fraun hofer-Gesellschaft ein eigenes Digitorial (siehe<br />
Kasten oben). Es erwarten Sie zahlreiche spannende<br />
Projekte, interessante Infor mationen und hilfreiche Links.<br />
Wir entführen Sie in die wunderbare Welt der Fraunhofer-<br />
Gesellschaft unter:<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de/digi_719<br />
Fotos: Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten<br />
Forschung e. V.<br />
www.fraunhofer.de<br />
Brandenburger Strasse 10 D-88299 Leutkirch im Allgäu<br />
phone +49 7561 98248-0 info@ate-system.de<br />
www.ate-system.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 13<br />
ATE.indd 1 27.05.<strong>2019</strong> 09:30:54
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
TITEL<br />
14 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
TITEL<br />
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
ZYKLOIDGETRIEBE FÜR HOHE DREHMOMENTE UND LASTEN<br />
PRÄZISION IN XXL<br />
Für Heavy-Duty-Anwendungen bietet<br />
Nabtesco ein fein abgestuftes<br />
Produktportfolio an leistungsstarken<br />
Getriebesystemen mit<br />
Nenndrehmomenten bis zu 28 000 Nm.<br />
Die Spezialisten für hohe Drehmomente<br />
und große Traglasten zeichnen sich durch<br />
eine außergewöhnliche Kraft, hohe<br />
Positioniergenauigkeit sowie eine<br />
kompakte Bauform aus – und nehmen es<br />
mühelos mit den größten<br />
Schwergewichten auf.<br />
Marcus Löw ist Geschäftsführer der Nabtesco Precision Europe<br />
GmbH in Düsseldorf<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 15
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
TITEL<br />
Ob große Glasscheiben, Bleche, Maschinenteile oder sogar<br />
ganze Fahrzeuge – wenn es um die Handhabung und<br />
Positionierung schwerer Lasten geht, braucht es<br />
kraft volle und robuste Getriebelösungen. „Überall, wo<br />
größere Bauteile zuverlässig und genau in Position gebracht werden<br />
müssen, sind drehmomentstarke Kraftpakete mit höchster<br />
Präzision gefragt“, so Daniel Obladen, Head of Sales General<br />
Industries bei der Nabtesco Precision Europe GmbH, dem weltweit<br />
größten Hersteller von Zykloidgetrieben.<br />
ZYKLOIDGETRIEBE SIND AUF DEM VORMARSCH<br />
Bisher übernehmen oft noch Hydrauliksysteme oder große Planetengetriebe<br />
diese Aufgabe. „Infolge des steigenden Automatisierungsgrades<br />
lässt sich aber auch hier ein Trend hin zu Zykloidgetrieben<br />
feststellen“, erzählt der Vertriebsleiter. Das verwundert nicht.<br />
Schließlich haben sich die Nabtesco-Getriebe in der Robotik bereits<br />
millionenfach bewährt und gehören längst zur „Grundausstattung“<br />
der meisten Roboter. Diesen Erfolg haben sie ihrer besonderen<br />
Technologie zu verdanken. Aufgrund der zykloiden Bauform erfolgt<br />
eine nahezu spielfreie Kraftübertragung bei höchster Steifigkeit und<br />
Übertragungsgenauigkeit. Das macht die Getriebesysteme außerordentlich<br />
leistungsfähig, sehr präzise und extrem robust – Eigenschaften,<br />
von denen auch Heavy-Duty- Anwendungen profitieren.<br />
„Die hohen Drehmomentleistungen bei minimalem Spiel<br />
erlauben schnelle und präzise Positionierbewegungen mit hohen<br />
Traglasten ohne Nachschwingen“, macht Obladen deutlich. „Dank<br />
der Rollen-Exzenter-Konstruktion verteilt sich die Kraft zudem sehr<br />
gleichmäßig, was für minimalen Hystereseverlust und enorme<br />
Widerstandsfähigkeit gegen Schockbelastungen sorgt.“ In Not-Halt-<br />
Situationen kann das Getriebe so das Fünffache des Nenn drehmoments<br />
aufnehmen. Die rollende Reibung aller an der Kraftübertragung<br />
beteiligten Elemente garantiert außerdem ein sehr geringes<br />
Losbrechmoment. Zudem ist die Spielzunahme auch über einen<br />
langen Zeitraum verschwindend gering – ein großes Plus gegenüber<br />
normalen Planetengetrieben, die im Laufe ihres Lebens häufig<br />
mit zunehmendem Spiel zu kämpfen haben. Darüber hinaus sind<br />
die Getriebe von Nabtesco äußerst wartungsarm, langlebig sowie<br />
kompakt konstruiert.<br />
FEIN ABGESTUFTES PRODUKTPORTFOLIO<br />
„Alles in allem sind Zykloidgetriebe effizienter, energiesparender,<br />
sicherer und umweltfreundlicher als Hydraulikanwendungen“,<br />
betont Obladen und ergänzt: „Außerdem sind sie im Vergleich zu<br />
mehrstufigen Planetengetrieben konstruktionsbedingt deutlich<br />
steifer und dabei kompakter, nämlich circa 50 Prozent kürzer, sowie<br />
leichter und können diese dank ihrer besseren Leistungsdaten in<br />
vielen Applikationen ersetzen.“ Ein Beispiel sind Walzen- und<br />
Trommelantriebe. Obladen: „Die hohe Präzision der Zykloidgetriebe<br />
hat den Nebeneffekt, dass der Übertragungsfehler im Getriebe sehr<br />
gering ist. Dadurch bleibt die Abtriebsdrehzahl sehr konstant. Das<br />
ist u. a. bei der Herstellung von Gummimatten für Autoreifen wichtig.<br />
Zy kloidgetriebe machen Planetengetrieben daher auch in diesem<br />
Bereich verstärkt Konkurrenz.“ Aber auch für schwer gewichtige<br />
Handlingapplikationen ist der Einsatz von Zykloid getrieben in vielen<br />
Branchen ein Gewinn. Speziell für Präzisions anwendungen mit<br />
höheren Lasten bietet Nabtesco daher ein fein abgestuftes Produktportfolio,<br />
das selbst den anspruchsvollsten Aufgaben optimal gerecht<br />
wird – von hochintegrierbaren Einbausätzen und vollständig<br />
geschlossenen Getriebeeinheiten (Getriebeköpfe) mit Voll- oder<br />
Hohlwelle bis hin zu kraftvollen Drehtischen.<br />
DAS GRÖSSTE PRÄZISIONSGETRIEBE DER WELT<br />
Mit einem Nenndrehmoment von 28 000 Nm ist das RV-2800N<br />
derzeit das größte und robusteste Präzisionsgetriebe der Welt. Die<br />
strapazierfähigen Einbausätze mit Vollwelle bieten eine optimale<br />
Kombination aus Leistungsstärke, Torsionssteifigkeit sowie<br />
Kompaktheit und erschließen Robotern so völlig neue Einsatzbereiche,<br />
in denen sich Anwender bisher mit Lösungen wie<br />
Hydraulik oder Spindeln behelfen mussten. Seine kompakte Bau-<br />
01 Die Vollwellengetriebe der RV-N-Serie wurden speziell für die Robotik entwickelt<br />
02 Das RS-900A ist für Traglasten bis zu 9 t ausgelegt<br />
03 Das RV-1200C verfügt über eine großzügig dimensionierte Hohlwelle<br />
01<br />
04 Unkomplizierte Plug-&-Play-Lösung: RHR-1500E mit Drehmomentstütze<br />
05 Dank seiner kompakten Bauform eignet sich das RS-900A ideal für den Einsatz in<br />
Drehtischen und Positionierern<br />
02 03<br />
04<br />
16 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
TITEL<br />
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
form hat der Getriebe-Superlativ dem Hauptlager mit integriertem<br />
Innenring zu verdanken: Die Verstärkung der Exzenterwellenlagerung<br />
bewirkt eine sehr hohe Leistungsdichte. Anwendung findet das<br />
RV-2800N u. a. in der Robotik, im Automobilbau, in der Glasindustrie<br />
sowie im Schiffs- und Bergbau, auf Bohrinseln und in Kränen. „Hier<br />
profitieren die Applikationen auch von den guten Eigenschaften wie<br />
dem geringen Gewicht, der hohen Präzision und der hohen Überlastfähigkeit“,<br />
erklärt Vertriebsleiter Obladen.<br />
Wenn der Bauraum besonders knapp ist, sind Hohlwellengetriebe<br />
wie das RV-1200C (Nenndrehmoment = 12 000 Nm) eine ideale<br />
Wahl. Die hohle Mittelachse erlaubt es, Versorgungsleitungen,<br />
Kabel und Antriebswellen einfach und platzsparend durch das<br />
Zentrum des Zykloidgetriebes hindurchzuführen, und begünstigt<br />
gleichzeitig die Belastbarkeit. Im Getriebe-Inneren sind sie nicht<br />
nur optimal untergebracht, sondern auch bestens vor äußeren Einflüssen<br />
geschützt. Die Hohlwelle bleibt nicht starr, sondern dreht<br />
konstruktionsbedingt mit der Abtriebsdrehzahl mit. Dies hat den<br />
Vorteil, dass über einen Geber an der Hohlwelle die Position der<br />
Antriebswelle direkt ermittelt werden kann. Aufgrund seiner hohen<br />
Leistungsfähigkeit eignet sich das RV-1200C für eine Vielzahl an<br />
Antriebsaufgaben, die hohe Drehmomente und eine kompakte<br />
Bauweise erfordern.<br />
UNKOMPLIZIERTE PLUG-&-PLAY-LÖSUNG<br />
Während die Integration der Einbausätze RV-2800N und RV-1200C<br />
einen gewissen Engineering-Aufwand erfordert und insbesondere<br />
bei großen Stückzahlen das absolute Nonplusultra ist, sind beim<br />
RH-1500E (Nenndrehmoment = 15 000 Nm) Antriebsritzel und<br />
Motorflansch für alle gängigen Motortypen bereits integriert. So<br />
lassen sich die vollständig geschlossenen Getriebeeinheiten schnell<br />
und einfach in den Antriebsstrang integrieren – eine unkomplizierte<br />
Plug-&-Play-Lösung. Die integrierten Schrägkugellager nehmen<br />
axiale und radiale Lasten sowie Biegemomente auf und tragen zur<br />
hohen Widerstandsfähigkeit gegen Stoß- und Überbelastung bei.<br />
Dank seines innovativen Tribologiekonzepts ist das RH-1500E<br />
zudem extrem wartungsarm. Für Applikationen in der Lebensmittel-<br />
und Verpackungsindustrie ist das hygienische Design mit<br />
seinen glatten Oberflächen und optimierten Dichtungen ideal.<br />
„Bei den Schwerlastgetrieben der Serien RV-N, RV-C und RH-E<br />
liegt der Fokus in erster Linie auf hohen Drehmomenten“, erläutert<br />
Obladen. „Im Gegensatz dazu stehen beim RS-900A vorwiegend<br />
große Traglasten im Vordergrund.“ Die robusten Präzisionsgetriebe<br />
mit Hohlwelle sind für Axiallasten bis zu 9 t ausgelegt und eignen<br />
sich optimal für den Einsatz in Drehtischen und Positionierern.<br />
„Herkömmliche Drehtische sind meistens mit Schneckengetrieben<br />
ausgestattet, die naturgemäß nach einer gewissen Zeit Verschleißerscheinungen<br />
aufweisen“, so der Vertriebsleiter. „Die RS-Getriebe<br />
dagegen sind absolut verschleißarm sowie nahezu spielfrei und<br />
stellen eine echte Alternative zu klassischen Lösungen dar.“ Die<br />
gusseiserne Basis lässt sich einfach am Boden montieren und gewährleistet<br />
einen stabilen Stand. Der Motor wird im rechten Winkel<br />
angebaut und ist damit leicht zugänglich. Durch die stabile,<br />
strapazierfähige Konstruktion sowie die hohe Leistungsfähigkeit<br />
sind die RS-Exzentergetriebe herkömmlichen Nockenwellen- und<br />
Schneckengetrieben deutlich überlegen.<br />
GROSS BIS INS KLEINSTE DETAIL<br />
Egal welche Anforderung, Anwendung oder Branche – wo immer<br />
große Lasten punktgenau positioniert werden müssen, machen die<br />
robusten und kompakten Getriebe-Giganten von Nabtesco eine<br />
gute Figur und handhaben Schweres mit Leichtigkeit. Dabei hat<br />
sich der japanische Hersteller mit Europazentrale in Düsseldorf<br />
nicht nur mit seinen bewährten Getriebeserien einen Namen gemacht,<br />
der Zykloidgetriebehersteller gilt auch als ausgewiesener<br />
DIE IDEE<br />
„Die Positionierung und Handhabung<br />
schwerer Lasten und großer Teile<br />
stellt hohe Anforderungen an die<br />
eingesetzten Getriebelösungen.<br />
Speziell für Präzisionsanwendungen<br />
im Heavy-Duty-Bereich bieten wir ein<br />
fein abgestuftes Produktportfolio,<br />
das selbst den anspruchsvollsten<br />
Aufgaben gerecht wird. Unsere<br />
robusten, präzisen und kompakten<br />
Zykloidgetriebe haben sich weltweit<br />
in den unterschiedlichsten Branchen<br />
bewährt und sind eine echte<br />
Alternative zu Hydrauliksystemen<br />
und großen Planetengetrieben.“<br />
Marcus Löw, Geschäftsführer,<br />
Nabtesco Precision Europe GmbH<br />
05<br />
Engineering-Spezialist: In enger Zusammenarbeit mit dem Kunden<br />
entwickelt und fertigt Nabtesco spezielle Antriebskonzepte, die<br />
perfekt an die jeweilige Applikation angepasst sind. Denn auch bei<br />
großen Getrieben zählt das kleinste Detail.<br />
Fotos: Nabtesco Precision Europe GmbH<br />
www.nabtesco.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 17
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
01 V. l.: Bernd Cihlar,<br />
Geschäftsleiter Technik,<br />
Holger Obergföll, Geschäftsleiter<br />
Supply Chain, Bernd Neugart,<br />
Geschäftsführer<br />
GETRIEBE-MOTOR-KOMBINATIONEN<br />
SCHNELLIGKEIT ZÄHLT: VON DER<br />
KONFIGURATION BIS ZUM SERVICE<br />
Jede funktionierende Getriebe-Motor-Kombination ist das Ergebnis eines komplexen<br />
Prozesses – von der Konfiguration bis zum laufenden Betrieb. Gleichzeitig sind bei der<br />
Realisierung Schnelligkeit und Effizienz gefragt. Denn beide stellen in einem wirtschaftlich<br />
immer anspruchsvolleren Umfeld entscheidende Wettbewerbsfaktoren dar. Als Hersteller<br />
von Planetengetrieben reagiert Neugart auf diese spezifische Marktforderung mit einem<br />
umfassenden Gesamtpaket aus Hardware, Tools, Supply Chain und Services.<br />
Bernd Cihlar ist Geschäftsleiter Technik, Holger Obergföll ist Geschäfts leiter<br />
Supply Chain und Sascha Saumer ist Produktmanager Tools & Trainings,<br />
alle bei der Neugart GmbH in Kippenheim<br />
Von A wie Automation bis Z wie Zerspanungstechnik<br />
kommen Getriebe-Motor-Kombinationen in vielen<br />
Branchen und Anwendungen zum Einsatz. Und zwar in<br />
aller Regel störungsfrei und mit dem gewünschten<br />
Ergebnis. Doch damit die Anlagen so problemlos funktionieren,<br />
muss im Vorfeld bereits vieles gelungen sein. Denn jede einzelne<br />
Phase der Prozesskette stellt spezifische Anforderungen – und verlangt<br />
entsprechende Lösungen: Von Planung und Konfiguration über<br />
Herstellung und Lieferung bis hin zum Service im laufenden Betrieb.<br />
ERFOLGSFAKTOREN BEI PLANUNG UND<br />
KONFIGURATION<br />
Am Beginn einer jeden Getriebe-Motor-Kombination steht eine<br />
spezifische Antriebsaufgabe. Je mehr Auswahlmöglichkeiten an<br />
Getrieben und passenden Motoren bestehen, desto besser lässt<br />
sich tatsächlich die optimale Lösung finden. Ein großes Portfolio<br />
auf Seiten des Getriebeherstellers schafft die Voraussetzung dafür –<br />
ebenso wie die Kompatibilität der Getriebe mit möglichst vielen<br />
Motoren. Neugart erfüllt diese Anforderung z. B. mit einem ausgefeilten<br />
Getriebebaukasten, der theoretisch über 2,5 Mio. Kombinationsmöglichkeiten<br />
bereithält.<br />
Angesichts dieser Fülle wird schnell klar, dass sich ein<br />
ziel führender Auswahl- und Konfigurationsprozess nicht mehr<br />
manuell durchführen lässt. Vielmehr ebnen heute intelligente<br />
Algorithmen und smarte Tools den Weg zum optimalen Getriebe.<br />
Ein erfahrener Vertriebstechniker kann so in wenigen Minuten<br />
eine neue Getriebe-Variante erstellen, die dazu notwendige<br />
Dokumentation erzeugen und auch gleich den Betriebsauftrag an<br />
die Produktion weitergeben.<br />
18 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
SMARTE TOOLS BESCHLEUNIGEN AUSLEGUNG<br />
Noch schneller geht es, wenn der Kunde selbst ein Konfigurationstool<br />
nutzt. Vor diesem Hintergrund hat Neugart sein Angebot an kostenlosen<br />
Auswahl- und Auslegungstools zur Motek 2018 um zwei neue<br />
leistungsstarke und intuitiv bedienbare Softwarelösungen erweitert:<br />
Die Berechnungssoftware Neugart Calculation Program in der<br />
aktuellen Version 4.1 (NCP 4.1) zur Dimensionierung und Überprüfung<br />
der applikationsbedingten Kennwerte. Und den Tec Data<br />
Finder (TDF) zur Überprüfung der geometrischen Vereinbarkeit von<br />
Getriebe und Motor sowie zur Bereitstellung von CAD-Modellen und<br />
Datenblättern.<br />
Kurz gesagt, führt der TDF – auch auf mobilen Endgeräten – sehr<br />
schnell und einfach zur passenden Getriebe-Motor-Kombination,<br />
indem er nur die jeweils passenden Gegenstücke anzeigt. Der<br />
Auswahlprozess kann sowohl vom Motor ausgehen als auch vom<br />
Getriebe. Daten für mehr als 17 000 Motoren aller gängigen Hersteller<br />
sind dafür in der Software hinterlegt. Bis zu fünf verschiedene<br />
Getriebe können dabei miteinander verglichen werden. Unterschiede<br />
innerhalb der technischen Daten werden so markiert, dass sie auf<br />
einen Blick deutlich sichtbar sind. Damit lässt sich schnell erkennen,<br />
welches Getriebe die technischen Anforderungen optimal abdeckt.<br />
Nach der Konfiguration erhält der Anwender bei Neugart auf Anforderung<br />
sofort CAD-Modelle sowie technische Datenblätter. Auf<br />
Wunsch werden zudem entsprechende Angebote erstellt.<br />
Die ebenfalls komfortabel bedienbare Auslegungssoftware NCP<br />
ermöglicht es hingegen, den spezifischen Applikationsfall durchzurechnen<br />
und in sehr kurzer Zeit den passenden Antriebsstrang zu<br />
ermitteln. Die Basis dafür bildet nicht nur die komplexe Motorendatenbank,<br />
sondern auch ein breites Spektrum an vorgegebenen<br />
Applikationen und Lastfällen wie Ritzel-Zahnstange, Spindel,<br />
Riemen, Förderband, Drehtisch, Schubkurbel oder diverse Wickler.<br />
Im Ergebnis erhält der Nutzer Vorschläge zur optimalen Getriebe<br />
Motor-Kombination für seine Anwendung. Nach Auslegung des<br />
kompletten Antriebsstrangs führt ein Vergleich der unterschiedlichen<br />
Auslegungen zur kosten- und energieeffizientesten Option. Darüber<br />
hinaus liefert die Software eine umfangreiche technische Dokumentation<br />
aller Berechnungsschritte und gewährleistet den direkten<br />
Zugriff auf die Maßblätter und CAD-Dateien der selektierten<br />
Produkte. Für den Konstrukteur bedeutet das einen erheblichen<br />
Mehrwert und deutlichen Zeitgewinn.<br />
HOHER AUTOMATISIERUNGSGRAD OPTIMIERT<br />
FERTIGUNG<br />
Ist die Konfiguration abgeschlossen und die Bestellung beim<br />
Hersteller eingegangen, ist dieser gefordert, das gewünschte Getriebe<br />
möglichst schnell zu produzieren und zum Kunden zu bringen. Eine<br />
direkte Datenübertragung zwischen Konfigurationstool und Produktion<br />
beschleunigt den ersten Schritt und vermeidet Fehler. Dann<br />
liegen die Herausforderungen in der tatsächlichen Fertigung. Und<br />
hier bieten Digitalisierung und neue Methoden zur Steigerung der<br />
Effi zienz Chancen und Möglichkeiten, an die vor einigen Jahren noch<br />
gar nicht zu denken war.<br />
So ist es Neugart durch die zunehmende Automatisierung von<br />
Maschinen und die Digitalisierung von Prozessen gelungen, die<br />
Transparenz stark zu erhöhen und Reibungsverluste zu minimieren.<br />
In einer solchen vernetzten Umgebung ist jederzeit klar, was zu<br />
welchem Zeitpunkt gefertigt werden soll. Ressourcen können<br />
dementsprechend effizient eingesetzt werden.<br />
02<br />
03<br />
04<br />
02 Heute ebnen intelligente Algorithmen und<br />
smarte Tools den Weg zum optimalen Getriebe<br />
03 Automatisierung und Digitalisierung<br />
ermöglichen neue Potenziale in der Fertigung<br />
04 Das große Getriebe-Portfolio ermöglicht es<br />
für jeden Anwendungsfall die passende<br />
Getriebe-Motor-Kombination zu finden<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 19
GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />
05 Eine optimierte Supply-Chain mit<br />
Methoden wie U-Shapes, Routenzügen, SMED<br />
und Kanban ist die Basis für eine hohe<br />
Flexibilität und Effizienz in der Produktion<br />
Als weiterer Branchentrend ist Qualität heute weitgehend zum<br />
Standard geworden und wird dementsprechend vorausgesetzt.<br />
Somit geht es darum, eine breite Produktvarianz in kurzen Lieferzeiten<br />
anzubieten – und das im Fall von Neugart für Losgrößen von<br />
2 000 bis hinunter zur Fertigung in Losgröße 1. Die Basis für die<br />
erforderliche Flexibilität und Effizienz in der Produktion schafft<br />
eine interne Supply Chain, die Optimierungspotenziale mit<br />
Methoden wie U-Shapes, Routenzügen, SMED und Kanban<br />
konsequent ausschöpft.<br />
Ein weiterer Erfolgsfaktor sind ausreichende Fertigungskapazitäten.<br />
So ist Neugart mit drei Produktionsstandorten an<br />
strategisch wichtigen Punkten der Welt vertreten, was Transportwege<br />
reduziert. Zudem hat das Unternehmen seine Produktionskapazitäten<br />
in den vergangenen zwölf Monaten um 30 % gesteigert.<br />
Aktuell laufen darüber hinaus Planungen für ein weiteres Montagewerk<br />
mit 10 000 m² Grundfläche am deutschen Headquarter-<br />
Standort in Kippenheim. Und nicht zuletzt sind es gerade auch in<br />
einem hochtechnisierten Produktionsbetrieb die engagierten und<br />
kompetenten Mitarbeiter mit ihren individuellen Stärken, die für<br />
zufriedene Kunden sorgen. Im Zuge eines systematischen Shopfloor-Managements<br />
sind sie so miteinander vernetzt, dass auch<br />
kurzfristige Kundenanfragen eng verzahnt zwischen den unterschiedlichen<br />
Abteilungen abgestimmt werden können.<br />
SUPPLY-CHAIN- UND SERVICE-PROZESSE<br />
GREIFEN INEINANDER<br />
Doch nutzt selbst das beste pünktlich gefertigte Produkt nur etwas,<br />
wenn es zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Deshalb sind exakt<br />
gepflegt Stammdaten zu Kunden, Produkten und der zur Produktion<br />
erforderlichen Lieferanten und Maschinen notwendig. Sie<br />
ermöglichen optimal aufeinander abgestimmte Supply-Chain-<br />
Prozesse, die wie Zahnräder in einem Planetengetriebe ineinandergreifen.<br />
Diese gewährleisten dann bei Neugart nicht nur eine hohe<br />
Lieferpräzision, sondern auch kürzeste Lieferzeiten bis hin zu<br />
24 Stunden.<br />
Ein wirklich umfassendes Gesamtpaket rund um Getriebe-<br />
Motor-Kombinationen endet allerdings nicht damit, dass alle<br />
Komponenten schließlich mit einer Zuverlässigkeitskennzahl<br />
größer als 99,9 % an ihrem endgültigen Einsatzort arbeiten: Denn<br />
auch bei solchen hochverfügbaren Systemen zählt im Fall der Fälle<br />
jede Minute, um Stillstandzeiten zu minimieren. Deshalb wurde<br />
auch die Serviceabteilung im Zuge der aktuellen Optimierungen<br />
weiter ausgebaut. Sie ist rund um die Uhr per Online-Formular,<br />
Telefon oder E-Mail erreichbar. Service-Mitarbeiter, die bis zum<br />
Abschluss einer Anfrage der feste Ansprechpartner für den Kunden<br />
bleiben, führen Funktionsanalysen und Reparaturen durch oder<br />
unter stützen beim Umbau. Auch bei Reklamationen bieten sie<br />
schnelle Hilfestellung, parallel zu einer fundierten Ursachenanalyse.<br />
Und wenn es wirklich schnell gehen muss, können Ersatzteile in 24<br />
bzw. 48 Stunden geliefert werden.<br />
VIELE ERFOLGSFAKTOREN FÜHREN ZUR<br />
OPTIMALEN LÖSUNG<br />
Angesichts von tausenden Motormodellen auf der einen und einer<br />
ebenso großen Auswahl an Getrieben auf der anderen Seite wird<br />
schnell klar, welche komplexen Anforderungen Getriebe-Motor-<br />
Kombinationen stellen. Verschiedene Erfolgsfaktoren sorgen an<br />
jedem Punkt der Prozesskette für Schnelligkeit und Effizienz bei<br />
Planung, Realisierung und Betrieb. Lange Wartezeiten von der<br />
ersten Idee bis zum Einsatz der optimalen Lösung sind damit<br />
Vergangenheit.<br />
Fotos: Neugart GmbH<br />
www.neugart.com<br />
DIE IDEE<br />
„Die systematische Kombination von<br />
Hardware, Tools, Supply Chain und<br />
Services macht den Weg zur optimalen<br />
Getriebe-Motor-Kombination bis<br />
hin zum laufenden Betrieb deutlich<br />
schneller und effizienter. Für Maschinenbauer,<br />
aber auch für Betreiber<br />
entsprechender Anlagen bringt eine<br />
solche Paketlösung signifikante<br />
Wettbewerbsvorteile.“<br />
Bernd Neugart, Geschäftsführer,<br />
Neugart GmbH<br />
20 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SEW-EURODRIVE—Driving the world<br />
Generation<br />
X.e<br />
efficient<br />
experienced<br />
excellent<br />
VOM STANDARD ZUR INDIVIDUALISIERUNG – Die Generation X.e setzt neue Maßstäbe und bietet Ihnen<br />
größtmögliche Effizienz, mehr Sicherheit und Langlebigkeit. Und das auch bei schwierigen Einsatzbedingungen.<br />
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Verzahnungstopologie und Lagervorspannung u. v. m.<br />
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PNEUMATISCHE VS. ELEKTRISCHE SYSTEME<br />
ELEKTRISCHE ANTRIEBE FÜR<br />
ENERGIEMANAGEMENTSYSTEME<br />
Gesetzliche Vorgaben verpflichten viele Unternehmen dazu,<br />
den Ist-Zustand ihres Energieverbrauchs zu bewerten und<br />
Verbesserungspotenziale zu ermitteln. Dies kann durch ein<br />
Energieaudit nach DIN EN 16247 erfolgen oder alternativ mit der<br />
Einführung eines Energiemanagementsystems gemäß ISO 50001.<br />
Matthias Utz ist Product Manager Linear Systems<br />
und Harald Müller ist Product and Energy Manager,<br />
beide bei der Dunkermotoren GmbH in Bonndorf<br />
22 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
Aus einem Energiemanagementsystem, wie es viele Unternehmen mittlerweile<br />
eingeführt haben, resultieren gleich mehrere Vorteile. Im<br />
Fokus steht dabei die kontinuierlich verbesserte, energiebezogene<br />
Leistung: Also Optimierung der Energieeffizienz (so etwa weniger<br />
Energie pro gefertigtem Stück), des Energieeinsatzes (wo wird welche Energie<br />
verwendet, etwa für Beleuchtung) und des Energieverbrauchs (z. B. Reduzierung<br />
der Energiemenge). Auch Dunkermotoren hat sich für ein Energiemanagementsystem<br />
gemäß ISO 50001 entschieden, um weiterhin ressourcenschonend<br />
Hightech-Produkte „Made in Germany“ liefern zu können.<br />
VERBESSERUNGEN IDENTIFIZIEREN, UMSETZEN<br />
UND PRÜFEN<br />
Mit einem systematischen Vorgehen lässt sich die Optimierung der energiebezogenen<br />
Leistung erreichen. Zuerst erfolgt eine energetische Bewertung des<br />
Unternehmens. Ermittelt werden Energieverbrauch und -einsatz, sowie die vorrangigen<br />
Einsatzbereiche. Ein Einsatzbereich ist etwa das Erzeugen von Druckluft.<br />
Zudem gilt es hierbei auch Verbesserungsoptionen der energiebezogenen<br />
Leistung zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen abzuleiten.<br />
Im nächsten Schritt werden die definierten Maßnahmen umgesetzt und hinsichtlich<br />
ihrer Wirksamkeit in geplanten Zeitabständen überprüft und analysiert.<br />
Treten die erwarteten Verbesserungen nicht ein, so sind die Maßnahmen<br />
entsprechend anzupassen. Meistens ergibt die energetische Bewertung bei produzierenden<br />
Unternehmen ein ähnliches Bild. So kommt dem Erzeugen von<br />
Druckluft ein Anteil bis 25 % des elektrischen Gesamtenergieverbrauchs zu. Laut<br />
diverser Auswertungen bietet der Energieverbrauch für Druckluft häufig das<br />
größte Einsparpotenzial. Ein geschätztes Einsparpotenzial von nahezu 16 % ist<br />
allein durch das Beseitigen von Leckagen im Druckluftsystem und durch das<br />
Verringern des Drucks erzielbar. Das heißt, die Instandhaltung der Rohrleitungen<br />
und eine Absenkung des Betriebsdrucks um 1 bar spart jährliche Energiekosten<br />
von etwa 40 000 EUR ein. Bereits ein kleines Loch von lediglich einem<br />
Millimeter Durchmesser kann ein Luftsystem nachteilig beeinträchtigen. In<br />
Zahlen genannt wären dies bei 6 bar Druck ca. 29 000 m³ verlorene Druckluft pro<br />
Jahr (8 000 Betriebsstunden), was in Summe 725 EUR an Energiekosten bedeutet.<br />
Als Berechnungsgrundlage wurden hierfür 0,025 EUR/m³ für aufbereitete<br />
Druckluft angesetzt. Nicht einmal ein dauerbetriebener Elektromotor mit 300 W<br />
(z. B. BG 75 × 50) kommt auf solch hohe Betriebskosten.<br />
ELEKTRISCHE VS. PNEUMATISCHE LÖSUNGEN<br />
Das Unternehmen Dunkermotoren bietet bessere Lösungen: Seine elektrischen<br />
Systeme können pneumatische Systeme eins zu eins ersetzen und arbeiten zudem<br />
effizienter. Der Einsatz dieser Komponenten reduziert den Druckluftanteil<br />
[<br />
]<br />
... das man kaum sieht<br />
DATENBOX CASM-ZYLINDER<br />
n smarter DC Servomotor mit Schnittstellenanbindung an EtherCAT,<br />
Profinet, Profibus und CANopen<br />
n mechanischer 1:1 Ersatz von Pneumatik-Zylinder gemäß ISO 15552<br />
n hoher Gesamtwirkungsgrad, dadurch niedrige Betriebskosten<br />
n Regelung von Positionen, Kräfte, Beschleunigungs-/Bremsrampen<br />
n Stand-alone-Betrieb möglich<br />
n lange Lebensdauer durch Kugelumlaufspindel<br />
n Kräfte bis 5 400 N und Geschwindigkeiten bis 1 000 mm/s<br />
n Industrie-4.0-fähig
LINEARTECHNIK<br />
02<br />
01<br />
01 Elektrischer Hubzylinder – kompakter<br />
Servomotor BG 45 mit CASM 32 –<br />
Paralleladapterversion<br />
02 Beispielhafte Wirkungsgradbetrachtung<br />
zwischen elektrischer und mechanischer<br />
Leistung<br />
einer Produktionsstätte deutlich. Für einen elektrischen Aktuator<br />
ist eine Effizienz von ca. 80 % durchaus realisierbar, ein pneumatischer<br />
Zylinder hingegen weist eine Effizienz von nur 50 % auf<br />
(ohne Verluste bei der Druckluftgenerierung). Im Gegensatz zum<br />
Pneumatik-Zylinder ist der Energiebedarf der elektrischen Hubzylinder<br />
CASM last- und nicht zylindervolumenabhängig. Wird<br />
das Gesamtsystem betrachtet, ergibt sich sogar eine Effizienz von<br />
70 % vs. 5 %.<br />
Auslegungstools berechnen vorab die Luftverbräuche für pneumatische<br />
Aktuatoren in unterschiedlichen Anwendungen. Diese<br />
Werte bieten eine gute Basis zum direkten Vergleich mit einem<br />
elektrischen System. Ist ein pneumatischer Zylinder dauerhaft<br />
(24/7) im Einsatz, rechnet sich die Umstellung auf einen elektromechanischen<br />
Hubzylinder (CASM-Zylinder) für den Anlagenbetreiber<br />
bereits nach kürzester Zeit. Trotz höherer Installationskosten<br />
des elektrischen Systems gegenüber einer pneumatischen<br />
Lösung – die Unterhaltskosten fallen bis zu 80 % geringer aus. Sofern<br />
sich der Luftverbrauch einer Produktion auf ein Minimum reduzieren<br />
lässt, könnte der Gesamtenergieverbrauch der Drucklufterzeugung<br />
auf einen einstelligen Prozentsatz sinken – im Gegensatz<br />
zu den bisherigen 25 %. Rein am Energieverbrauch gemessen, würde<br />
das eine Einsparung von einigen tausend Kilowattstunden pro Jahr<br />
bedeuten. Das gilt jedoch nur, wenn alle pneumatischen Systeme,<br />
wo irgend möglich, durch elektrische Systeme ersetzt werden.<br />
Elektrische Systeme bieten, im Vergleich zur pneumatischen<br />
Lösung, weitere technische Vorteile, so etwa reduzierte Wartungsintervalle,<br />
ferner Predictive Maintenance, Condition Monitoring,<br />
Positionierung, Strombegrenzung, Busschnittstellen etc. Gleichwohl<br />
werden pneumatische Einheiten für einfache Positionierung<br />
und Kurzzeitbetrieb auch weiterhin ihre Berechtigung in Maschinen<br />
haben. Elektromechanische Einheiten senken aber nicht nur<br />
die Betriebskosten, dank der Flexibilität und Konnektivität eines<br />
bürstenlosen BG-Motors lassen sich die smarten Lineareinheiten<br />
auch zukunftssicher ins Industrie-4.0-Netzwerk einbinden.<br />
Fotos: Aufmacher Stockphoto, 01-02 Dunkermotoren GmbH<br />
www.dunkermotoren.de<br />
DIE IDEE<br />
„Der Einsatz von elektromechanischen<br />
Hubzylindern (CASM) in Kombination<br />
mit Kompaktservoantrieben (BG) mit<br />
integrierten Elektroniken eröffnen<br />
neue Applikationsmöglichkeiten. Per<br />
„Knopfdruck“ lassen sich Maschinen<br />
schneller auf neue Produkte umrüsten<br />
und bieten somit höchste<br />
Flexibilität für den Endkunden.<br />
Neben geringeren Energiekosten<br />
durch den hohen Wirkungsgrad der<br />
Einheiten, im Gegensatz zu pneumatischen<br />
Zylindern, sind die CASM-<br />
Zylinder auch Industrie-4.0-fähig und<br />
helfen unseren Kunden ihre firmeninternen<br />
Energieziele im Zuge der<br />
ISO 50001 zu erreichen.“<br />
Matthias Utz, Product Manager Linear<br />
Systems, Dunkermotoren GmbH<br />
24 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
PRÄZISES SCHMIERSYSTEM FÜR LINEARFÜHRUNGEN<br />
Perma Pro Line/Perma Pro C Line versorgen laufende Anlagen an<br />
bis zu sechs Schmierstellen gleichzeitig und exakt nach Herstellervorgaben<br />
mit Schmierstoff. Die Schmierstellen befinden sich<br />
typischerweise an den einzelnen Führungswagen und am Antrieb<br />
der linearen Führungseinheit. Zur optimalen Verteilung des Schmierstoffs<br />
an den Laufbahnen eines Führungswagens ist es wichtig, einen<br />
vom Hersteller bestimmten Volumenstrom nicht zu unterschreiten.<br />
Der Antrieb, i. d. R. Spindel oder Zahnstange, benötigt häufig eine<br />
größere Schmierstoffmenge als die Führungswagen. Perma Pro Line/<br />
Perma Pro C Line erfüllt diese Aufgabenstellungen, denn Schmierstoffmenge<br />
und Zeitintervalle können für jede Schmierstelle individuell geregelt werden.<br />
Das anpassungsfähige Mehrpunktschmiersystem arbeitet wahlweise autark<br />
als Perma Pro Line mit Batteriebetrieb oder mit externer Spannungsversorgung<br />
als Perma Pro C Line. Die Schmiersysteme, die einen Druck von bis zu<br />
25 bar aufbauen, bestehen aus dem MP-6-Verteiler sowie einem Antrieb, der<br />
mit einer Pro LC (Lubrication Canister) je nach Schmierbedarf mit 250 oder<br />
500 cm 3 Schmierstoff komplettiert wird. Der Antrieb ist mittels Drucktaster<br />
und Display-Anzeige einstellbar. Je nach Anforderung der Schmierstelle kann<br />
für jeden Verteiler-Auslass eine individuelle Einstellung vorgenommen<br />
werden. Zwei LED erlauben eine ständige Funktionskontrolle. Das Display<br />
zeigt die aktuelle Auslassbelegung am Verteiler sowie die Restlaufzeit bis zum<br />
Leerstand der Perma Pro LC an.<br />
Dank der auf jede Anwendung abgestimmte Schmierstoffabgabe werden<br />
Mangelschmierungen genauso vermieden wie Überschmierungen. Das erhöht<br />
die Anlagenverfügbarkeit. Schlauchzuleitungen, die vom MP-6-Verteiler zur<br />
Schmierstelle führen, ermöglichen eine Montage der Schmiersysteme<br />
außerhalb von Gefahrenbereichen. Dadurch werden Aufenthaltszeiten in<br />
Gefahrenbereichen minimiert, was gleichzeitig die Arbeitssicherheit erhöht.<br />
Durch das zuverlässige und präzise Spendeverhalten ist der Perma Pro Line/<br />
Perma Pro C Line in der Automobilindustrie bis hin zur Stahl- und Papierindustrie<br />
einsetzbar. Dabei beschränkt sich das Einsatzspektrum nicht nur auf<br />
Linearführungen. Perma Pro Line wird ebenfalls zur Schmierung an Wälz- und<br />
Gleitlagern, offenen Getrieben oder Spindeln genutzt.<br />
www.perma-tec.com<br />
[UNNACHGIEBIG<br />
KRAFTPAKET ]<br />
BRECOFLEXmove<br />
+ BRECOmove<br />
das man kaum sieht<br />
ETHERNET-HYBRIDLEITUNGEN FÜR SERVOMOTORSYSTEME<br />
Lütze erweitert die Kabelfamilie Superflex um Einkabellösungen<br />
gemäß den neuen Siemens- und Indramat-<br />
Standards. Diese Einkabellösungen mit integriertem<br />
Ethernet-Element eignen sich für Stromversorgung,<br />
Datenübertragung und Steuerung der Bremse bei<br />
Servoantrieben. Mit PUR-Mantel und gleitfähiger Aderisolation sind sie für<br />
anspruchsvolle Schleppketteneinsätze konzipiert. Energieversorgung, Bremse<br />
und digitales Feedback werden via Ethernet in einem Kabel vereint.<br />
www.luetze.de<br />
Beste Zahnriemenqualität aus<br />
Porta Westfalica, verbaut in<br />
Ihrer Anlage.<br />
Das ist Bewegung.
LINEARTECHNIK<br />
ELEKTRISCHE LINEARANTRIEBE<br />
LEISTUNGSKONTROLLE<br />
OHNE DRUCK<br />
Bewegung und Leistung von pneumatischen und hydraulischen Linearantrieben<br />
hängen in erster Linie von Druckkontrolle und -regelung ab. Anders bei<br />
elektrischen Linearaktuatoren: Hier kommt es ausschließlich auf die geeignete<br />
Kraftmessung an, in dem Fall auf Zug-/Druck-Kraftaufnehmer.<br />
Dr.-Ing. Markus Heidl ist Produktmanager Kraft bei<br />
Wika Alexander Wiegand SE & Co. KG in Klingenberg<br />
Linearantriebe halten unzählige Arbeitsprozesse in Bewegung,<br />
vom Teilestanzen bis zum Ausbaggern einer Baugrube. Pneumatische<br />
Systeme spielen vor allem wegen ihrer schnellen<br />
und präzisen Verstellbewegungen in industriellen Verfahren<br />
eine große Rolle. Hydraulikantriebe werden aufgrund ihrer Robustheit<br />
und der hohen Kraftkonzentration bevorzugt in Bau- und<br />
Landmaschinen integriert.<br />
Neben diesen beiden klassischen und bewährten Antriebsarten<br />
hat sich im Laufe der Jahre eine dritte etabliert, der elektrische<br />
Linear aktuator. Die Kombination aus Motor und mechanischem<br />
Schubaggregat findet zunehmend größere Verbreitung, vor allem in<br />
Industrieverfahren als Alternative zu pneumatischen Antrieben.<br />
Anzeichen eines Wandels gibt es ebenfalls bei den typischen Applikationen<br />
für Hydrauliksysteme in der Baumaschinenbranche.<br />
Die Vorteile solcher E-Lösungen liegen auf der Hand: Die Antriebe<br />
sind kompakt und können im Baukastensystem an jede Anwendung<br />
flexibel angepasst werden. Sie setzen die Energie direkt in<br />
Bewegung um und benötigen keine Flüssigkeit bzw. Druckluft als<br />
Zwischenmedium. Demzufolge entfällt das dafür notwendige<br />
Equipment wie Pumpen bzw. Kompressoren samt Leitungen und<br />
Schläuchen, was den Wartungsaufwand reduziert und eine Leckage<br />
als potenzielle Fehlerquelle ausschließt.<br />
KOSTENINTENSIVER DRUCK<br />
Zugleich arbeiten Elektroantriebe sparsam: Sie setzen Energie<br />
lediglich für die eigentliche Bewegung ein, während Pneumatikund<br />
Hydrauliksysteme permanent Druck aufrechterhalten müssen.<br />
26 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
Genau aus diesem Grund hat ein deutscher Autokonzern z. B. die Punktschweißung<br />
in der Karosseriefertigung von Pneumatik auf elektrischen<br />
Antrieb umgerüstet: Die Erzeugung eines konstanten Grunddrucks von<br />
10 bis 12 bar war im Vergleich zu kostenintensiv.<br />
Ohne Druck als zentrale Antriebskomponente konzentriert man sich<br />
bei elektrischen Linearaktuatoren auf die Kraftmessung, um den Bewegungsablauf<br />
zu überwachen und zu regeln. Entsprechend der Applikationsbreite<br />
müssen dabei unterschiedliche Kräfte erfasst werden, z. B.<br />
Fügekräfte bei Roboterarmen, Scherkräfte beim Stanzen, Anpresskräfte<br />
bei der Kennzeichnung von Lieferungen im Versand, Presskräfte beim<br />
Crimpen oder Druckkräfte beim Punktschweißen.<br />
Für diese Aufgaben kommen in erster Linie elektromechanische Zug-/<br />
Druck-Kraftaufnehmer in Frage. Dabei handelt es sich um Deformationskörper,<br />
die sich unter Einwirkung einer Kraft (F) verformen. Aufgebrachte<br />
Dehnungsmessstreifen wandeln diese mechanische, reversible<br />
Verformung in ein proportionales elektrisches Ausgangssignal um.<br />
FEHLERERKENNUNG ALS UNTERSCHIEDSMERKMAL<br />
Zwar könnten Anwender die Endgeräte eines Antriebs, z. B. eine<br />
Schweißzange oder ein Stanzwerkzeug, über Sensoren für die Messgröße<br />
Zeit oder Weg an die gewünschte Position bringen. Doch nur die<br />
Kraftmesstechnik ermöglicht zudem eine umgehende automatische<br />
Fehlererkennung. Ein plötzlicher Kraftanstieg über die definierte Obergrenze<br />
hinaus kann bspw. auf einen Spahn oder eine Verkantung<br />
zurückzuführen sein. Eine Fehlermeldung dieser Art ist vor allem in<br />
automatisierten Prozessen mit Sekundentakten unerlässlich. Ohne ein<br />
solches Signal kann eine unkontrollierte Kraft in kürzester Zeit ganze<br />
Produktchargen zunichtemachen.<br />
Aufgrund ihrer Performance eignen sich besonders Zug-/Druck-Kraftaufnehmer<br />
mit Dünnfilmtechnik für Antriebe in Industriemaschinen.<br />
Deren Sensor wird nacheinander aus mehreren dünnen Schichten aufgebaut<br />
(„gesputtert“). Eine davon enthält vier Dehnungsmessstreifen,<br />
die zu einer Wheatstone-Brücke verschaltet werden. Für Ausführungen<br />
mit Redundanz können auch ohne Weiteres acht Messstreifen aufgebracht<br />
werden. Der fertige Sensor wird anschließend automatisch in den<br />
Kraftflusskanal des Aufnehmer-Grundkörpers geschweißt. Gemeinsam<br />
mit einem Verstärker für das Ausgangssignal wird die Messzelle zu einer<br />
kompakten und temperaturkompensierten Messeinheit kombiniert.<br />
Kraftaufnehmer dieser Kategorie können flexibel eingesetzt werden.<br />
Die Geräte aus der Typenreihe F2 von Wika sind für eine Nennkraft<br />
(Fnom) bis 100 kN ausgelegt. Sie arbeiten mit den gängigen Analogsignalen<br />
4 – 20 mA und 0 – 10 V sowie mit dem Kommunikationsprotokoll<br />
CANopen. Vor allem die Ausführung mit dem digitalen Ausgang eignet<br />
sich für die Integration in automatisierte Prozesse.<br />
BELIEBIG POSITIONIERBAR<br />
Dünnfilm-Kraftaufnehmer können aufgrund des Einschraubgewindes<br />
ohne großen Aufwand in nahezu jeden Linearantrieb eingebaut werden.<br />
Die Position spielt keine Rolle, da die Last innerhalb der Kraftkette eines<br />
Antriebs überall gleich ist. Bei einem großen Teil der Antriebe wird das<br />
Messgerät an der Krafteinleitung, also am Ende des Schubaggregats,<br />
platziert, weil dies dort am einfachsten möglich ist. Dies ist z. B. bei Einpress-<br />
oder Stanzmaschinen der Fall. Bei einer X-Typ-Schweißzange hingegen<br />
kontrolliert der Sensor die Kraft im Motorbereich am Ausgangspunkt<br />
der Scherenbewegung.<br />
Bei aller Freiheit der Positionierung müssen Anwender beim Einbau<br />
des Kraftaufnehmers die Querkraft als potenziellen Störfaktor ins Kalkül<br />
ziehen. Diese darf einen Wert von 5 % der Nennkraft nicht überschreiten,<br />
da sonst Messfehler auftreten können. In solchen Fällen muss für das<br />
Messgerät eine Stelle mit geringerem Ausschlag gewählt oder sein Einsatzort<br />
zusätzlich abgestützt werden.<br />
Rotor-Clip.indd 1 15.04.<strong>2019</strong> 15:22:20
LINEARTECHNIK<br />
Bei elektrischen Linearaktuatoren gilt es sich auf die Kraftmessung zu konzentrieren, um den Bewegungsablauf zu<br />
überwachen und zu regeln. Als Anwendungsbeispiel lässt sich hier das Steuern von Anpresskräften aufführen<br />
ALTERNATIVE BEI NIEDRIGEN NENNKRÄFTEN<br />
Gemessen an Handhabung und Leistung stellen Kraftaufnehmer mit<br />
Dünnfilmsensoren die umfassendste Lösung für elektrische Linearantriebe<br />
in industriellen Anwendungen dar. Gleichwohl sollte man<br />
Kraftaufnehmer auf der Basis aufgeklebter Messstreifen nicht aus dem<br />
Auge verlieren. Sie können bei niedrigen Nennkräften als Alternative in<br />
Betracht kommen. Dünnfilm-Kraftaufnehmer haben eine relativ hohe<br />
Steifigkeit, sodass erst Kräfte ab 1 kN mit der üblichen Fehlertoleranz<br />
gemessen werden können. Aufgeklebte Dehnungsmessstreifen hingegen<br />
können bereits Kräfte ab 1 N detektieren. Sie eignen sich darüber<br />
hinaus für die Realisierung von Miniatursensoren. Zudem kommt dieser<br />
Typ Kraftaufnehmer für eine höhere Genauigkeit in Frage. Bei ihm<br />
lassen sich Werte von 0,01 bis 1 % Fnom erzielen. Dünnfilm-Sensoren<br />
rangieren i. d. R. zwischen 0,1 und 1 % Fnom.<br />
Kraftaufnehmer mit Messstreifen sind allerdings in der Herstellung<br />
deutlich aufwändiger, bedingt durch die notwendigen manuellen<br />
Tätigkeiten wie dem Aufbringen und der Verkabelung jedes einzelnen<br />
Messstreifens, der Temperaturkompensation und der Integration des<br />
Verstärkers für das Ausgangssignal. Miniatursensoren in besonders<br />
engen Einbausituationen können auch mit einem Kabelverstärker ausgestattet<br />
werden, doch erhöht sich durch dessen Distanz zum Sensor<br />
die Störanfälligkeit des Signals.<br />
Unabhängig von der Art, handelt es sich bei einem Zug-/Druck-<br />
Kraftaufnehmer überwiegend um eine individuelle Messlösung. Sie<br />
wird auf der Basis der für die Aufgabe notwendigen Nennkraft zugeschnitten.<br />
Dabei lässt sich der Grundkörper, der die Sensorzelle<br />
aufnimmt, für unterschiedliche Nennlasten verwenden. Gemäß der<br />
Richtlinie VDI/VDE/DKD 2638 müssen alle Kraftaufnehmer so ausgelegt<br />
sein, dass sie kurzfristig einer Überlast vom Anderthalbfachen ihrer<br />
Nennkraft widerstehen. Im Rahmen der definierten Einsatzbedingungen<br />
erweisen sich Kraftaufnehmer als robuste und langlebige Messinstrumente:<br />
Sie verkraften bis zu zehn Millionen Lastwechsel ohne<br />
Messfehler.<br />
Fotos: Aufmacher: iStockphoto; sonst.: bigstock<br />
www.wika.de<br />
DIE IDEE<br />
„Immer in Bewegung! Ob in der<br />
automatisierten Produktion, in der<br />
Logistik, in Flugzeugen oder in der<br />
Medizintechnik – überall werden<br />
Stellteile bewegt, Komponenten<br />
platziert oder Sensoren eingepresst.<br />
Deshalb sind Linearantriebe in<br />
unserer heutigen Welt omnipräsent<br />
und nicht mehr wegzudenken. Wenn<br />
dann kein Druck mehr gemessen<br />
werden kann, weil pneumatische und<br />
hydraulische Antriebe gegen<br />
elektrische Linearaktuatoren ersetzt<br />
werden, ist Kraftmesstechnik die<br />
ideale Lösung!“<br />
Dr.-Ing. Markus Heidl,<br />
Produktmanager Kraft,<br />
Wika Alexander Wiegand SE & Co. KG<br />
28 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
TELESKOPFÜHRUNGEN FÜR BELASTBARE<br />
LADUNGSTRÄGER<br />
Die Teleskopführungen der<br />
Serien Hegra Rail und Light Rail<br />
von Rollon sind für die Konstruktion<br />
von Auszügen an<br />
Ladungsträgern konzipiert. Die<br />
laufruhigen Auszüge sind<br />
präzise, belastbar und besonders<br />
tragfähig. Zudem ermöglichen<br />
sie ein platzsparendes<br />
Design des Ladungsträgers. Die<br />
Produktfamilie Hegra Rail<br />
umfasst Teil-, Voll- und Überauszüge<br />
sowie Führungen für<br />
schwere Lasten. Die Voll- und<br />
Teilauszüge der Light Rail sind<br />
geeignet für Anwendungen, bei denen das Eigengewicht der<br />
Schiene ebenso wichtig ist wie die Durchbiegesteifigkeit des<br />
Auszugs. Optional kann ein Sperrmechanismus für offene oder<br />
geschlossene Positionen integriert werden. Die Führungen<br />
eignen sich zum Bau von Ladungsträgern für Teile aller Art, die<br />
vom Zulieferer im Just-in-Sequence-Verfahren an die Montagelinie<br />
geliefert werden, sowohl zur Be- und Entladung per Hand<br />
als auch per Roboter oder Mehrachsportal. Für besondere<br />
Anforderungen sind Edelstahlvarianten verfügbar.<br />
www.rollon.de<br />
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ BAHNT DEN WEG<br />
ZUM AUTONOMEN GREIFEN<br />
„In den kommenden<br />
Jahren wird die industrielle<br />
Handhabung neu<br />
erfunden“, ist Prof. Dr.<br />
Markus Glück, Geschäftsführer<br />
Forschung &<br />
Entwicklung, CINO bei<br />
Schunk, überzeugt. Wo<br />
früher aufwändig jeder<br />
einzelne Schritt programmiert<br />
wurde, werden Handlinglösungen von morgen selbstständiger<br />
agieren. „Der Markt fordert schon heute Greifsysteme, die sich<br />
zügig und intuitiv in Betrieb nehmen lassen und selbsttätig an<br />
variierende Greifsituationen anpassen. Zusätzlich werden die<br />
Kollaboration von Mensch und Roboter sowie die Kommunikation<br />
zwischen den am Produktionsprozess beteiligten Komponenten<br />
rasant an Bedeutung gewinnen. Intelligenz, Vernetzung und<br />
Kollaboration werden zu Treibern der Produktionsautomatisierung“,<br />
unterstreicht Glück. Dabei wirft Schunk bewährte Technologien<br />
nicht einfach über Bord. Im Gegenteil: Zur Hannover Messe<br />
wurde bspw. das Programm des pneumatischen Greifers PGNplus-P<br />
nochmals erweitert. Zugleich forciert Schunk seine<br />
Aktivitäten im Mechatroniksegment. Die Herausforderung, elektrische<br />
Steuerungssysteme mit Greifwerkzeugen zusammenwachsen<br />
zu lassen, führt unaufhaltsam zur mechatronischen Komponentenvernetzung.<br />
Letztlich geht es darum, die Kraftanforderungen der<br />
Pneumatikwelt bestmöglich mit den Vernetzungsmöglichkeiten<br />
und Steuerungslandschaften einer smarten und kollaborativen<br />
Fabrik zu kombinieren. So präsentierte Schunk erstmals auf der<br />
Hannover Messe einen DGUV-zertifizierten Greifer für kollaborative<br />
Anwendungen, der über eine Greifkraft von 450 N verfügt. Damit<br />
öffnet das Unternehmen den Markt der Kollaboration für<br />
Handlinggewichte jenseits der Kleinteilemontage.<br />
www.schunk.com<br />
Unsere ganze Kompetenz<br />
in einer Systemlösung.<br />
alpha Linear Systems:<br />
Dynamisch. Präzise. Individuell.<br />
Haben Sie an den linearen Antrieb ganz individuelle<br />
Anforderungen in Bezug auf Laufruhe, Positioniergenauigkeit<br />
und Vorschubkraft? Dann haben wir<br />
für Sie die optimal abgestimmte Lösung. Es ist<br />
nicht allein die Kopplung von Getriebe, Ritzel und<br />
Zahnstange, sondern unser Know-how in der<br />
überzeugenden, individuellen Systemlösung.<br />
Wir beraten Sie gerne:<br />
Tel. +49 7931 493-0<br />
WITTENSTEIN alpha – intelligente Antriebssysteme<br />
www.wittenstein-alpha.de
KUPPLUNGEN UND BREMSEN<br />
INTERVIEW<br />
WER HAT’S ERFUNDEN?<br />
Ob Servolamellenkupplung oder Balgkupplung – dies spielt in den Augen<br />
von Matthias Klos, Geschäftsführer von Miki Pulley Europe, nur noch eine<br />
untergeordnete Rolle für die Hersteller von Maschinen und Anlagen. Wir<br />
sprachen mit ihm über vermeintliche technologische Unterschiede,<br />
Technologieführerschaft und darüber, wie man sich als Newcomer auf<br />
dem deutschen Kupplungsmarkt behaupten kann.<br />
Herr Klos, Sie als (Wahl-)Schweizer können den Werbeslogan<br />
„Wer hat’s erfunden?“ wahrscheinlich schon lange nicht mehr hören.<br />
Dennoch bietet er sich als Einstiegsfrage an, wenn es um Miki Pulley<br />
und die Servolamellenkupplungen geht, richtig?<br />
Richtig getippt, in unserem Falle waren es halt nicht die Schweizer,<br />
sondern die Japaner. Die Servolamellenkupplung Servoflex wurde vor<br />
gut 36 Jahren von Miki Pulley in Japan als erste ihrer Art entwickelt.<br />
Mittlerweile haben wir die vierte Entwicklungsgeneration der<br />
Servoflex erreicht. Mit weltweit rund 715 000 verkauften Stück im Jahr<br />
2018 ist die Servoflex-Familie unser absoluter Topseller und eine der<br />
meistverkauften Kupplungen weltweit. Insgesamt kommen wir im<br />
vergangenen Jahr auf eine be eindruckende Zahl von 1,27 Millionen<br />
verkauften Kupplungen über alle Baureihen hinweg.<br />
Wo sehen Sie die Chancen mit der Servoflex Kupplung gegenüber<br />
den Balgkupplungen im europäischen Markt?<br />
Wir glauben, dass die Servolamellenkupplung nicht schlechter als die<br />
Balgkupplung ist. Sie ist aber auch nicht besser. Jede Kupplungsvariante<br />
hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Dass die Balgkupplung<br />
in Deutschland dominiert, ist der historischen Entwicklung des<br />
Marktes geschuldet. Ebenso, dass im japanischen und asiatischen<br />
Markt die Servolamellenkupplung vorherrschend ist. Miki Pulley hat<br />
diese Technologie in den 1980er-Jahren in Fernost etabliert und<br />
konnte sich dem lokalen Markt entsprechend gestalten.<br />
Wir glauben aber, dass die technologischen Unterschiede immer<br />
weniger entscheidend werden. Denn beide Technologien sind<br />
ausentwickelt, high-end, millionenfach geprüft, verbaut und bewiesen.<br />
Wir glauben, dass der Preis sowie die Liefertreue und -geschwindigkeit<br />
künftig wichtiger sein werden. Und genau auf diesen Feldern stellen<br />
wir uns aktuell mit neuen Produktionsstandorten sehr gut auf.<br />
ZUR PERSON<br />
Matthias Klos ist 37 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Söhne.<br />
Seine Jugend verbrachte er in Deutschland, bevor er mit 21 in die<br />
Schweiz umsiedelte, wo er, schon mit 16 Jahren, seine berufliche<br />
Laufbahn bei Mayr Kupplungen begann. Der studierte Maschinenbauer<br />
und Betriebswirt ist nach weiteren Stationen in der<br />
Maschinenbauindustrie seit 2014 bei der Miki Pulley Europe AG<br />
als Managing Director und Verwaltungsrat beschäftigt.<br />
30 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
KUPPLUNGEN UND BREMSEN<br />
01 Die federbetätigten<br />
Sicherheitsbremsen<br />
werden angesichts<br />
steigender Anforderungen<br />
an die Maschinensicherheit<br />
immer<br />
wichtiger<br />
01 02<br />
02 Mit den Servo <br />
lamellenkupplungen will<br />
sich Miki Pulley auf dem<br />
europäischen Markt<br />
etablieren<br />
Ebenso waren diese Faktoren die grundlegenden Treiber hinter<br />
der Entscheidung eine europäische Niederlassung zu gründen,<br />
sowie einen Standort in Deutschland zu akquirieren. Diese Standorte<br />
ermöglichen es uns, die Lieferzeiten zu verkürzen und die<br />
Kundennähe für die lokalen Märkte zu stärken.<br />
Sie sagten, dass die Servoflex aktuell in der vierten Generation<br />
verfügbar ist. Wie kann man eine Servolamellenkupplung<br />
verbessern? Was ändert sich von Generation zu Generation?<br />
Bei Servolamellenkupplungen geht es neben dem Drehmoment<br />
meist darum, die Balance zwischen Torsionssteifigkeit und<br />
Rückstellkräften bestmöglich auszutarieren. Aktuell steht zudem<br />
der Bauraum im Fokus. Die Kupplungen müssen immer kleiner<br />
und gleichzeitig leistungsstärker werden. Miki Pulley entwickelt<br />
das Kupplungssortiment in diese Richtung stetig weiter. Dies wird<br />
durch die Optimierung der verbauten Federpakete sowie der<br />
Klemmnaben erreicht. Mit unserer Expertise von über 35 Jahren<br />
auf diesem Markt und mit diesem Produkt, dürfen wir behaupten,<br />
dass wir ein extrem ausgereiftes Produkt anbieten können.<br />
Was bietet Miki Pulley neben den Servoflex-Kupplungen denn<br />
noch an?<br />
Wir sind hauptsächlich als Wellenkupplungsanbieter bekannt.<br />
Aber unser zweites starkes Standbein sind die federbetätigten<br />
Sicherheitsbremsen, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten am<br />
Markt etabliert haben. Wir treten in diesem Bereich vor allem als<br />
Solution Provider auf. Häufig passen wir unsere Produkte den<br />
Kundenwünschen an und verkaufen etwa 70 Prozent unserer<br />
Bremsen als individualisierte Varianten. Miki Pulley hat sich sehr<br />
stark mit den extrem schlanken Baureihen auf die Bereiche<br />
Robotik, Automation und Material Handling spezialisiert. Das<br />
macht das Ganze auch so spannend: Wir können Lösungen<br />
entwickeln und nicht nur Produkte von der Stange anbieten.<br />
Seit einigen Jahren steigt der Bedarf an federbetätigten Sicherheitsbremsen<br />
stark an, dies auch aufgrund der überarbeiteten ISO 13849<br />
(Sicherheit von Maschinen). Einen speziellen Einsatzfall, welchen<br />
wir seit geraumer Zeit des Öfteren antreffen, sind Sicherheitsbremsen<br />
mit Fortschritt garantierten Drehmomentbereichen. hat unser Diese Tempo leisten<br />
eine Zusatzfunktion als Drehmomentbegrenzer und schützen meist<br />
heikle Getriebeeinheiten, welche sich im Antriebsstrang befinden.<br />
In diesem Feld haben wir uns spezialisiert und können durch<br />
kompetente Projektbetreuung unseren Kunden bei der Realisierung<br />
der Antriebseinheiten behilflich sein.<br />
Sie haben das Ohr also immer ganz nah am Kunden. Daraus<br />
ergibt sich doch sicherlich, dass Sie sehr früh die Trends am Markt<br />
identifizieren können. Welche Trends haben Sie im Kupplungsund<br />
Bremsenmarkt erkannt?<br />
Die Trends im Kupplungsmarkt, die wir erkannt haben, sind<br />
weniger technischer Natur, wie bereits angedeutet. Eine Kupplung<br />
wird inzwischen als Commodity-Produkt angesehen, um das sich<br />
der Kunde selten größere Gedanken macht. Der Kunde geht<br />
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2017<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 31<br />
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KUPPLUNGEN UND BREMSEN<br />
03 Matthias Klos im Gespräch mit<br />
Peter Becker im Verlagshaus der<br />
<strong>antriebstechnik</strong> in Mainz<br />
davon aus, dass diese ihren Dienst verrichtet, wie gewünscht. Viel<br />
entscheidender sind aus unserer Sicht die Kombination aus Preis<br />
und Lieferzeit, an welcher wir stetig arbeiten.<br />
Bei den federbetätigten Sicherheitsbremsen sieht es ein wenig<br />
anders aus. Seit Einführung der ISO 13849 (Sicherheit von<br />
Maschinen) müssen Antriebe besser abgesichert werden. Dies bei<br />
Bestandsmaschinen nachzurüsten, ist häufig sehr schwierig, da<br />
der Bauraum sehr begrenzt ist. Hier können wir mit unseren sehr<br />
schlanken Baureihen BXR und BXR-LE entscheidend helfen. Sie<br />
lassen sich in der Regel selbst unter engsten räumlichen Verhältnissen<br />
problemlos nachrüsten.<br />
Ein globaler Trend im Maschinenbau ist aktuell Industrie 4.0. Ist<br />
dies auch im Kupplungs- und Bremsenmarkt bzw. bei Miki Pulley<br />
von Relevanz?<br />
Industrie 4.0 oder IoT sind seit geraumer Zeit und natürlich auch<br />
bei uns ein Thema. Eines unserer aktuellen Projekte, welches<br />
Ende 2018 in Japan gelauncht wurde, ist eine mit Sensorik ausgestattete<br />
Kupplung, die das anliegende Drehmoment konstant<br />
im Betrieb ausgeben kann. Dieser Prototyp wird in Japan derzeit<br />
in Zusammenarbeit mit mehreren Großkunden verfeinert und<br />
getestet. Für spezielle Applikationen wird dieses Produkt, nach<br />
der Freigabe für den Europäischen Markt, sicherlich eine<br />
attraktive Option sein.<br />
Größere Relevanz in Sachen Digitalisierung sehen wir angesichts<br />
des Safety-Aspekts bei den federbetätigten Sicherheitsbremsen.<br />
Hier geht es darum, den Zustand der Bremse zu überwachen und<br />
diese Daten in die Arbeitsumgebung, sei es stationär oder auf<br />
mobilen Endgeräten, einzubinden.<br />
ZUM UNTERNEHMEN<br />
Miki Pulley ist ein Traditionsunternehmen. In diesem Jahr<br />
feiert der japanische Hersteller von Wellenkupplungen und<br />
federbetätigten Sicherheitsbremsen sein 80-jähriges<br />
Bestehen. Doch erst vor wenigen Jahren entschied sich das<br />
Familienunternehmen zu größerem Engagement im<br />
europäischen Markt. Mit kurzen Lieferzeiten und technisch<br />
ausgereiften Produkten will sich das Unternehmen auch in<br />
Mitteleuropa etablieren.<br />
Was man aber nicht vergessen darf, bei all der Diskussion um die<br />
Digitalisierung: Nicht alles muss in die Cloud oder digital<br />
angebunden werden. Es gibt auch Hardwarekomponenten, die<br />
einfach Hardware bleiben dürfen.<br />
Warum entschied sich Miki Pulley erst so spät, eine Europazentrale<br />
zu etablieren?<br />
Die Geschäftsleitung ist seit einigen Jahren in der Hand der<br />
dritten Generation. Präsident der Miki Pulley Gruppe ist inzwischen<br />
Koji Miki. Und Koji Miki hat erkannt, dass das Potenzial im<br />
japanischen Heimatmarkt inzwischen nahezu vollkommen<br />
ausgeschöpft ist. Im Bereich der Wellenkupplungen haben wir in<br />
Japan einen Marktanteil von um die 80 Prozent. Somit ist dort<br />
kaum noch Wachstum möglich. Man kann also nur noch im<br />
Ausland expandieren. In der Konsequenz gründete und errichtete<br />
man Tochtergesellschaften und Werke in weiteren asiatischen<br />
Ländern, zum Beispiel in Südkorea oder Indien. Und als jüngster<br />
Zuwachs in der Unternehmensgruppe wurde vor fünf Jahren die<br />
Europazentrale gegründet.<br />
Wir sind hier in Europa noch ein Newcomer und verstehen uns<br />
auch ein wenig als Startup. Sich im stark umworbenen europäischen<br />
Umfeld zu etablieren, braucht eine gewisse Zeit. Man muss<br />
den Kunden beweisen, dass man ein verlässlicher Partner ist und<br />
vor allem auch noch übermorgen am Markt aktiv sein wird. Mit<br />
unserer Übernahme der VMA Antriebstechnik in Großostheim,<br />
nahe Aschaffenburg, im Jahr 2016 haben wir unser Commitment<br />
bewiesen und viel Vertrauen gewonnen. Mit Blick auf unsere<br />
aktuelle Geschäftsentwicklung sehen wir, dass wir auf einem sehr<br />
guten Weg sind und gehen davon aus, dass wir unsere Umsätze im<br />
deutschen und europäischen Markt in den kommenden Jahren<br />
vervielfachen werden.<br />
Hinsichtlich der Umsatzverteilung stellen wir fest, dass wir in Europa<br />
einen größeren Marktanteil mit unseren federbetätigten Sicherheitsbremsen<br />
abdecken können. Bei den Wellenkupplungen ist die<br />
Gewinnung von Marktanteilen stärker umkämpft, dies durch die<br />
starke Verbreitung der Balgkupplung, was uns aber natürlich nicht<br />
am stetigen Ausbau der Geschäfte hindert.<br />
Das Interview führte Peter Becker, Redaktion <strong>antriebstechnik</strong><br />
Fotos: Miki Pulley Europe AG<br />
www.mikipulley.de<br />
32 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
MARKTPLATZ<br />
SCHLANKE MOTORANSCHLUSSLEITUNGEN:<br />
AUCH FÜR DEN EXPORT<br />
Mit der Kaweflex Servo 9YSL(ST)CY-Serie bietet TKD besonders<br />
kompakte, schlanke Motoranschlussleitungen für<br />
Servomotoren, die über Frequenzumrichter angesteuert<br />
werden. Die kapazitätsarmen Leitungstypen, die für feste<br />
Verlegung und flexible Anwendungen ausgelegt sind,<br />
verfügen über eine UL/CSA-Zulassung, einem Türöffner für<br />
den Export nach Übersee. Bei dem dabei gewählten UL-Style<br />
für die 1-kV-Zulassung kommt, in Kombination mit dem<br />
flammwidrigen und selbstverlöschenden PVC-Außenmantel,<br />
eine Aderisolation aus Polypropylen zum Einsatz. Die<br />
Motoranschlussleitungen verfügen über eine zulässige<br />
Leitertemperatur von 90 °C und eine erhöhte Strombelastbarkeit.<br />
Ihre kapazitätsarme Auslegung erlaubt zudem<br />
größere Leitungslängen zwischen Motor und Umrichter. Die<br />
doppelte Abschirmung mit einer kaschierten Aluminiumfolie<br />
und einem Schirmgeflecht aus verzinnten Kupferdrähten mit<br />
hohem Bedeckungsgrad sorgt für den störfreien Betrieb von<br />
Frequenzumrichtern.<br />
www.tkd-kabel.de<br />
ERWEITERUNGSMODULE FÜR<br />
PLC NEXT CONTROL<br />
Ab sofort können Anwender weiter individualisierte<br />
Anforderungen mit den PLCnext-<br />
Control-Steuerungen aus der Baureihe<br />
Axiocontrol von Phoenix Contact bedienen.<br />
So lassen sich mit den angebotenen<br />
Erweiterungsmodulen die Schnittstellen von<br />
PLCnext Control anpassen. Diese Erweiterungsmodule<br />
werden an der linken Seite der<br />
Steuerung angesteckt und betrieben. Das<br />
erste Modul stellt eine zusätzliche Ethernet-<br />
Schnittstelle mit einer weiteren MAC-Adresse<br />
zur Verfügung. Die Konfiguration erfolgt<br />
über die Software PLCnext Engineer. Das Ethernet-basierte Portfolio<br />
soll in Zukunft durch neue BUS-spezifische Varianten für Interbus und<br />
Profibus ergänzt werden. Kennzeichnend für beide Varianten wird<br />
eine Masterfunktionalität zur Einbindung vorhandener Interbus- und<br />
Profibus-Teilnehmer sein.<br />
www.phoenixcontact.com<br />
RADIAL-LATERALEN VERSATZ AUSGLEICHEN<br />
Die Lateralbalgkupplung von ÜV Überlastschutz<br />
und Verbindungssysteme sorgt durch ihre<br />
Balgform für den Ausgleich von radial-lateralem<br />
Versatz. Im Vergleich zu Metallbalgkupplungen<br />
bietet die Kunststoffkupplung einen potenzialfreien<br />
Anbau. Sie ist ausgelegt mit einer Ausgleichswelle pro Befestigungsnabe<br />
und so zum Anbau von Drehgebern und Antrieben mit<br />
geringer Leistung gedacht. Ihre Federsteife ist lateral geringer als axial.<br />
www.uev-gmbh.de<br />
KUPPLUNGSREIHE FÜR KURZ UND GUT BEFUNDEN<br />
Mit der Kupplungsreihe KP mit 4-welligem<br />
Balg und zwei radialen Klemmnaben<br />
hat Jakob eine Version mit<br />
kürzerer Baulänge in das Metallbalgkupplungsprogramm<br />
aufgenommen.<br />
Diese eignen sich speziell für Anwendungen mit minimalen<br />
Wellenabständen und begrenzten Einbauverhältnissen. Der<br />
mehrlagige, aus zertifiziertem Edelstahl bestehende Metallbalg<br />
zeichnet sich zum einen durch hohe Verdrehsteifigkeit und zum<br />
anderen durch den Ausgleich von axialen, radialen und lateralen<br />
Wellenversätzen aus. Ein weiterer Vorteil der verkürzten Bauweise<br />
sowie der damit einhergehenden Gewichtsreduktion sind<br />
vergleichsweise niedrigere Massenträgheitsmomente. Eine<br />
einzige, radial leicht zugängliche Schraube pro Nabe sorgt für die<br />
zur Drehmomentübertragung notwendige Vorspannkraft. Die<br />
Balg-Nabe-Verbindung erfolgt über das spielfreie Bördel-Einpressverfahren.<br />
Im Gegensatz zu Klebeverbindungen wird dieses<br />
Fügeverfahren auch bei kritischen Betriebsbedingungen (– 40 bis<br />
+ 200 °C) als sicher eingestuft.<br />
www.jakob<strong>antriebstechnik</strong>.de<br />
AUSGLEICHSKUPPLUNGEN<br />
Ob filigran oder drehmomentstark –<br />
wir haben die passende Verbindung!<br />
Zielsicher zum passenden Produkt<br />
www.orbit-<strong>antriebstechnik</strong>.de
SPECIAL<br />
HEAVY DUTY<br />
Franz Schmeink ist Senior Key Expert Gear Components und<br />
Guido Josten ist Product Manager, beide bei der Flender GmbH in Bocholt<br />
34 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
STIRNRAD- UND KEGELSTIRNRADGETRIEBE<br />
KÜHLE ANTWORT<br />
ZUR WÄRME-<br />
GRENZLEISTUNG<br />
Der Transport von Schüttgütern stellt hohe<br />
Anforderungen an die Antriebstechnik, weil<br />
Bänder und Antriebe meist rauen<br />
Umgebungsbedingungen ausgesetzt sind.<br />
Der Getriebehersteller Flender hat für dieses<br />
Branchensegment drei Standard-Baureihen auf<br />
Basis von Stirnrad- und Kegelstirnradgetrieben im<br />
Portfolio, die ihresgleichen suchen. Besonders bei<br />
der immer wichtigeren Wärmegrenzleistung<br />
konnte er nun nochmals um etwa 20 Prozent<br />
draufsatteln.<br />
Die Weltbevölkerung wächst – und mit ihr die Notwendigkeit,<br />
wertvolle Bodenschätze und Ressourcen möglichst<br />
effizient zu fördern. Vor diesem Hintergrund gewinnt die<br />
Schüttgut-Fördertechnik weiter an Bedeutung, sodass<br />
sich der Trend zu höheren Transportleistungen unweigerlich<br />
abzeichnet. Die große Herausforderung ist, dafür wirtschaftliche<br />
Antriebslösungen zu entwickeln. Wer Transportbänder für den<br />
weltweiten Einsatz in teils unwirtlichen Umgebungen baut, kennt<br />
die hohen Anforderungen, die Mutter Natur stellt. Entscheidend<br />
ist neben Leistungsfähigkeit und Qualitätsanspruch die Wärmegrenzleistung.<br />
Flender setzt deshalb sein jahrzehntelanges Knowhow<br />
dafür ein, Getriebelösungen zu entwickeln, die einerseits<br />
eine geringe Verlustleistung aufweisen und andererseits hohe<br />
Leistungen übertragen können. Die B3SE-Getriebe erfüllen diese<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 35
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
Forderung, ohne dass eine externe Kühlung notwendig ist. Es gibt<br />
sie standardmäßig in zehn Baugrößen und sie sind für Antriebsaufgaben<br />
mit sehr großen Leistungsaufnahmen – auch als Mehrfachantriebe<br />
– einsetzbar.<br />
BIS ZU 3 000 KW OHNE EXTERNE KÜHLUNG<br />
Die jüngste Generation dieser Stirnrad- und Kegelstirnradgetriebe,<br />
deren Markteinführung Flender <strong>2019</strong> forciert, beweist, was alles<br />
möglich ist. Bis zum Bereich zwischen 2 500 und 3 000 kW ist,<br />
abhängig von den Umgebungsbedingungen und der Getriebeausführung,<br />
ein Verzicht auf externe Kühlanlagen möglich. Der Grund<br />
für deren außergewöhnlich hohe Wärmegrenzleistung ist eine<br />
weitere Effizienzsteigerung bei Wirkungsgrad und Wärmeableitung.<br />
Allein die Erweiterung der Gehäuseoberfläche in Verbindung<br />
mit der Neugestaltung der Luftleithaube mit drehrichtungsunabhängigem<br />
Lüfter sorgt für etwa 20 % höhere Wärmeabfuhr.<br />
Hinzu kommen Optimierungen in der Getriebegestaltung für<br />
weniger Verlustleistung, sodass sich mit den B3SE standardmäßig<br />
Drehmomente bis 490 000 Nm übertragen lassen. Dadurch gibt es in<br />
der Praxis Situationen, in denen wegen der hohen Wärmegrenzleistung<br />
der neuen Getriebe eine Baugröße kleiner gewählt werden<br />
kann als früher. Sofern die Mechanik es zulässt profitieren Anwender<br />
also von dieser technisch und wirtschaftlich optimierten Lösung.<br />
PRÜFSTAND BESTÄTIGT THEORIE UND PRAXIS<br />
So einfach sich das Resultat anhört, so pragmatisch ist die Entwicklung<br />
der neuen B3SE-Getriebe im Detail. Flender hat dafür in einen<br />
leistungsfähigen Prüfstand investiert, der die eigene Forschungsund<br />
Entwicklungsabteilung intensiv unterstützt. Damit lassen sich<br />
Getriebelösungen bis zu einer mechanischen Nennleistung von bis<br />
zu 2 000 kW unter realen Praxisbedingungen testen. Getriebe<br />
werden darauf thermisch analysiert, was auch im Fall der B3SE-<br />
Getriebe zu den spürbaren Detailverbesserungen geführt hat.<br />
Gleichzeitig liefert ein solcher Prüfstand die Grundlage, um<br />
Berechnungs- und Simulationsprogramme für Getriebe- bzw.<br />
Antriebslösungen auf ihre Konvergenz von Theorie und Praxis zu<br />
überprüfen. Ausgehend vom riesigen Standard-Getriebebaukasten<br />
können die Getriebeexperten so in kürzester Zeit applikations-<br />
spezifische Anpassungen vornehmen, was Anwendern den großen<br />
Vorteil kurzer Lieferzeiten bringt.<br />
EINFACHE GETRIEBEAUSWAHL DURCH<br />
ELEKTRONISCHE UNTERSTÜTZUNG<br />
Ein Beispiel für Zusatznutzen in Verbindung mit Software ist die<br />
Nutzung von Konfiguratoren von Flender, mit dessen Hilfe die<br />
Antriebsstränge konfiguriert werden können. Der Getriebehersteller<br />
unterstreicht damit seine Kernkompetenz als Getriebebauer und<br />
Antriebsspezialist. Elektromotor, Kupplung, Getriebe, Kühleinrichtungen,<br />
Abstützung – alles muss miteinander harmonieren.<br />
Gedanklich ausgehend vom Förderband-Projekt sind die Flender-<br />
Spezialisten mithilfe von Software-Tools in der Lage, aus den unterschiedlichen<br />
Produktbaukästen bzw. dem Standardportfolio von<br />
Flender auszuwählen und so das Know-how des deutschen Getriebeherstellers<br />
auf die Ideen des Kunden anzuwenden. Entscheidender<br />
Vorteil: Antriebstechnische Gesamtlösungen lassen sich schnell<br />
entwickeln und mithilfe von 3D-Daten sowie Maßzeichnungen in<br />
die Konstruktionen der Kunden implementieren.<br />
Dabei bilden die beschriebenen B3SE-Getriebe nur eine von vielen<br />
Lösungen aus dem Flender Repertoire. Grundsätzlich werden drei<br />
Baureihen für die antriebstechnische Ausrüstung von Schüttgut-<br />
Förderbändern unterschieden. Neben den Förderbandantrieben der<br />
E-Reihe, die selbst in besonders widrigen Umweltbedingungen ohne<br />
externe Kühlung auskommen, gibt es die kompakte A-Serie sowie<br />
die Hochleistungsgetriebelösungen der H-Serie mit Drehmomenten<br />
bis 1,4 Mio. Nm und Leistungen bis zu 4 500 kW.<br />
VON KOMPAKTEN PLUG-&-PLAY- BIS ZU<br />
HOCHLEISTUNGSSYSTEMLÖSUNGEN<br />
Immer dann, wenn wenig Platz vorhanden ist, spielt die A-Reihe<br />
ihre vorteilhafte kompakte Gesamtkonstruktion aus. Denn nicht<br />
jede Mine bietet genug Platz für aufwändige Mess-, Ausricht- und<br />
Installationsarbeiten. Diese Getriebelösung, bestehend aus Motor,<br />
Kupplung und Getriebe, wird montagefertig geliefert. Der Grund<br />
für ein solches Plug & Play ist das patentierte Self-Aligning-System,<br />
wodurch das Getriebe sehr einfach in der Handhabung ist. Es muss<br />
lediglich aufgesteckt und anschließend das Drehmoment über eine<br />
01<br />
01 Schüttgut-Förderbandanlagen<br />
unterliegen rauesten<br />
Umgebungsbedingungen. Die<br />
Antriebs- und Getriebetechnik<br />
muss hier höchsten<br />
Anforderungen genügen, die<br />
Flender mit drei Standardbaureihen<br />
erfüllt<br />
02 Die kompakten Getriebe<br />
der A-Serie (Mitte) aus dem<br />
Standardbaukasten sind als<br />
Plug-&-Play-Lösung flexibel<br />
und komfortabel einsetzbar,<br />
während die Standard-<br />
Antriebslösung der H-Serie<br />
(links) für höchste Leistungen<br />
bis 1,4 Mio. Nm bzw.<br />
5 000 kW entwickelt wurde
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
02<br />
Drehmomentstütze abgefangen werden. Kurz gesagt: Flexibilität in puncto Standort,<br />
Montage, Platzverhältnisse und Inbetriebnahme ist der gemeinsame Nenner,<br />
der bei der Entwicklung der A-Serie im Vordergrund stand.<br />
Die H-Getriebereihe für höchste Leistungen und Drehmomente wird im Vergleich<br />
dazu sehr applikationsspezifisch auf Grundlage von Standard-Komponenten<br />
entwickelt. 28 Baugrößen bieten dabei die wirtschaftliche und technische Flexibilität<br />
projektspezifisch das passende Gesamtpaket zusammenzustellen. Auch hierbei<br />
liefert das große Standardprogramm in Verbindung mit der großen Erfahrung von<br />
Flender wertvolle Unterstützung. Neben den Getrieben und Kupplungen baut das<br />
Unternehmen nämlich auch die Kühlanlagen selbst. Für Anwender hat das den<br />
Vorteil, dass bei projektspezifischer Auslegung einer Gesamtlösung nicht nur im<br />
Bereich Getriebe bzw. Verzahnung sowie bei der Drehmomentübertragung weitere<br />
Optimierungen vorgenommen werden können, sondern auch bei der thermischen<br />
Anpassung. Förderbänder arbeiten nicht selten in tropischer Hitze oder in sibirischer<br />
Kälte, weshalb aufeinander abgestimmte Gesamtlösungen eine der wichtigsten<br />
Voraussetzungen für die notwendige hohe Verfügbarkeit von Schüttgut-Förderbändern<br />
ist. Hinzu kommt: Luft- bzw. Wasser-Öl-Kühlsysteme eröffnen die Möglichkeit<br />
einer individuellen Druckschmierung für schnelldrehende Wälzlager oder<br />
hochbelastete Verzahnungen bzw. eines ausgeklügelten Ölmanagements.<br />
Auch bei der H-Serie spielt Plug & Play eine wichtige Rolle, sodass die kompletten<br />
Antriebslösungen auf Grundrahmen montiert, von Flender projektbezogen ausgelegt<br />
und einbaufertig geliefert werden. Das Standard-Portfolio für applikationsspezifische<br />
Antriebslösungen, die Flender weltweit liefern kann, ist umfangreich:<br />
Kühl- bzw. Heizsysteme, aufgesetzte Schwungmassen, Bremssysteme, spezielle<br />
Luftfilter, Hilfsantriebe, Rücklaufsperren, Kupplungen mit und ohne Drehmomentbegrenzung,<br />
spezielle Wellendichtsysteme gegen Abrasionsschäden in staubiger<br />
Umgebung, Messsysteme, Condition Monitoring – und noch Vieles mehr.<br />
FÖRDERANLAGEN PROFITIEREN VON ERFAHRUNG,<br />
QUALITÄTSBEWUSSTSEIN UND FERTIGUNGSTIEFE<br />
Ziel des Getriebeherstellers ist es, seine Erfahrung im Getriebebau mit dem Branchenwissen<br />
von Anwendern in Einklang zu bringen. Ständige Detailverbesserungen<br />
sowie die stetige Optimierung des Standard-Getriebebaukastens bilden den<br />
Rahmen, von dem Anwender weltweit profitieren. Gerade bei Schüttgut-Förderanlagen,<br />
die meist rauen Umgebungsbedingungen ausgesetzt sind, zeigen qualitativ<br />
hochwertige und gut ausgelegte Antriebslösungen positive Auswirkungen in puncto<br />
Leistungsfähigkeit, Verfügbarkeit und Servicefreundlichkeit.<br />
Die E-Serie der Förderbandantriebe mit einem effizienten Kühlsystem und damit<br />
noch besseren thermischen Eigenschaften zeigt ein weiteres Mal, was alles möglich<br />
ist. Ergänzend dazu profitiert die Fördertechnik von den kompakten Standardgetrieben<br />
der A-Serie sowie der H-Serie für höchste Antriebsleistungen bis 4 500 kW.<br />
Das bedeutet in der Praxis: Anwender können aus einem riesigen Sortiment an<br />
Standardlösungen auswählen und damit komfortabel projektieren.<br />
Fotos: Flender GmbH<br />
www.flender.com<br />
DIE IDEE<br />
„Im Einsatz unter rauen Umgebungsbedingungen<br />
ist es unverzichtbar die<br />
Wärmegrenzleistung eines Getriebes<br />
zu beachten. Um die gefordert hohe<br />
Leistung konstant zu übertragen,<br />
ohne dass eine bestimmte Öltemperatur<br />
überschritten wird, sind in der<br />
Regel externe Kühlungen notwendig.<br />
Unser B3SE-Getriebe-Baukasten kann<br />
bis zu einem Leistungsbereich von<br />
2 500 und 3 000 kW auf eine externe<br />
Kühlung verzichten. Mit insgesamt<br />
46 Baugrößen und einer großen<br />
Anzahl standardisierter Bauformvariationen<br />
stellt der Flender<br />
Baukasten ein großes Sortiment an<br />
Förderbandantriebslösungen dar.“<br />
Franz Schmeink, Senior Key Expert<br />
Gear Components, Flender GmbH<br />
Guido Josten, Product Manager,<br />
Flender GmbH<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 37
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
ENERGIEKETTENSYSTEME<br />
IM HARTEN<br />
EINSATZ<br />
Die Energieketten der Serien PowerLine und<br />
HeavyLine bewähren sich im rauen<br />
Arbeitsalltag hinsichtlich Belastbarkeit und<br />
Langlebigkeit. Jede Anwendung hat ihre<br />
spezifischen Anforderungen an Material,<br />
Größe, Ausstattung und Leistungsfähigkeit.<br />
Die Energiekettenvielfalt der Murrplastik<br />
Systemtechnik GmbH umfasst<br />
anwendungsspezifische Systemlösungen.<br />
Oliver Huber ist Leiter Marketing und Evren Turan ist Leiter<br />
Produktlinie Energieketten und Spezialkabel, beide bei der<br />
Murrplastik Systemtechnik GmbH in Oppenweiler<br />
Wie vielfältig Anwendungen mit Energieketten sind, zeigt<br />
deren große Bandbreite: von kleinen, filigranen<br />
Energieketten bis zu großen Schwerlast-Energieketten.<br />
Je nach Anwendungsbereich ist die Ausstattung der<br />
Energieketten individuell anzupassen. Die Murrplastik Systemtechnik<br />
GmbH bietet neben jahrzehntelanger Fachexpertise eine<br />
Vielzahl von Energieketten an. Sie erweitert ihr Produktportfolio<br />
kontinuierlich mit innovativen Einzel- und Komplettlösungen für alle<br />
Einsatzgebiete bis hin zur Konfektionierung. Zum Sortiment gehören<br />
Energieketten, Anschlusselemente, integrierte Zug entlastungen,<br />
flexible Regalsysteme, Rahmenstege, Deckel und Ablegewannen aus<br />
Kunststoff oder Metall sowie Geräuschdämpfungselemente und<br />
lebensdauerverlängernde Gleitschuhe und Gleitplatten.<br />
ROBUST UND STABIL<br />
Für Anwendungen mit enormen Belastungen hat Murrplastik extrem<br />
robuste und stabile Energieketten entwickelt, z. B. für Anwendungen<br />
geprägt durch eine schwere Zuladung oder einer hohen Verfahrdynamik<br />
in Verbindung mit langen Verfahrwegen. Die Serien Power-<br />
Line und HeavyLine sind aufgrund ihrer Konstruktionsmerkmale<br />
zuverlässig und langlebig in rauen Umgebungsbedingungen. Dazu<br />
zählen auch Temperaturhöhe und -schwankungen, UV-Strahlung,<br />
Feuchtigkeit, Chemikalien, Öle sowie die Art der Verschmutzung und<br />
des Verschmutzungsgrads durch Sand, Späne, Metallspritzer/-teile<br />
oder Glassplitter. Ihre Energieketten sind belastbar, robust und im<br />
eigenen Testlabor auf Herz und Nieren geprüft. Damit es nicht zu<br />
kostspieligen Anlagenstillständen kommt, müssen alle Komponenten<br />
der kompletten Energiekette aufeinander abgestimmt sein.<br />
38 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
Typische Industriezweige und Anwendungen für Schwerlast-Energieketten<br />
sind Schiffs- und Tagebau, Kranförderanlagen, Chemie-, Schweiß-, Eisen- und<br />
Stahlwerke sowie Holzbearbeitungs- und Kompostwerke. Das Einsatz spektrum<br />
der Krane und Förderanlagen erstreckt sich von Autoschrott-Verlade anlagen<br />
über Schüttgutumschlagskrane der Kohlebranche bis hin zu vollautomatisch<br />
arbeitenden Stapel- und Umsetzerkranen. Je nachdem, welcher Krantyp für<br />
welche Anwendung zum Einsatz kommt, ist das Anforderungsprofil an die<br />
Energieketten individuell anzupassen. Man unterscheidet z. B. zwischen RTG‘s<br />
(rubber tyred gantry), RMG‘s (rail mounted gantry), Ship-to-Shore-Kranen,<br />
Schüttgutumschlagskranen oder Goliath-Kranen (Schwerlastkrane).<br />
STARK BELASTBAR FÜR DEN EINSATZ IM STAHLWERK<br />
Murrplastik liefert maßgeschneiderte Energiekettensysteme für Kranförderanlagen.<br />
Für einen ihrer Kunden im Kranbau wurde bspw. eine Energiekette<br />
für einen Entlade- und Umschlagportalkran für Altmetall (Schrott) konzipiert,<br />
welcher in einem Stahlwerk zum Einsatz kommt. Für die große Energiekette<br />
mit ca. 1,5 t wurden folgende Grundanforderungen festgelegt:<br />
n hohe Zuladung von 13 kg/m<br />
n langer Verfahrweg von 67 m<br />
n Verfahrgeschwindigkeit von 2 m/s und<br />
n Beschleunigung von 0,3 m/s²<br />
Ausgewählt wurde die Energiekette Typ MP 52.6 aus der PowerLine-Serie. Sie<br />
ist für besonders hohe Zuladungen und sehr lange, gleitende Anwendungen<br />
entwickelt worden und verfügt über einen flexiblen Kettenanschluss. Konfiguriert<br />
und ausgeliefert wurde die Energiekette mit folgender Ausstattung:<br />
n Extra verstärkte Seitenglieder gewährleisten eine zusätzliche Stabilität.<br />
n Einrastbare Trennstege verhindern ein Verrutschen der Leitungen durch die<br />
feste Positionierung und gewähren eine hohe Lebensdauer der Leitungen.<br />
n Die Ablegewanne VAW-Z 170 aus verzinktem Stahl in Kombination mit<br />
Gleitschienenprofilen garantiert ein versatzfreies Gleiten und Führen der<br />
Energiekette über den gesamten Verfahrweg.<br />
n Die bewährte Klick-Verriegelung ermöglicht ein einfaches, nahezu werkzeugloses<br />
Öffnen und Schließen der Energiekette, selbst im eingebauten Zustand.<br />
n Das System ist mit einer geschlossenen Einhausung ausgestattet, um einen<br />
sicheren Schutz gegen das Hineinfallen von Fremdkörpern zu gewährleisten.<br />
n Gleitschuhe vermindern den Verschleiß der Seitenglieder bei gleitender<br />
Anwendung. Sie verlängern die Lebensdauer des Energiekettensystems um<br />
das bis zu Fünffache.<br />
Die Energiekette MP 52.6 wurde komplett mit konfektionierten Leitungen<br />
bestückt und aufgetrommelt, um die Montage vor Ort zu erleichtern. Verpackt<br />
für den Transport wurde sie beim Kunden angeliefert. Die Energiekette konnte<br />
durch die Anlieferform am Bestimmungsort schnell positioniert und<br />
zuver lässig in die Ablegewanne abgetrommelt werden.<br />
ROBUST GEGEN HITZE, FEUCHTIGKEIT UND CHEMIKALIEN<br />
Umwelteinflüsse beeinflussen die Anforderungen an Energieketten erheblich.<br />
In Mälzereien sind Energieketten einer hohen Luftfeuchtigkeit ausgesetzt. Die<br />
Umgebungsbedingungen in Kompostieranlagen sind noch viel extremer und<br />
stellen harte Anforderungen an die Energieketten. Hitze, grober Schmutz,<br />
Grobmaterial und sehr hohe Luftfeuchtigkeit stellen eine große Herausforderung<br />
dar. Besonders Ammoniak, organische Säuren, schleimige Bakterienkulturen<br />
und die Benetzung mit chemischen Mitteln belasten übermäßig jede<br />
einzelne Komponente in der Funktion. Die Konstruktion und das Material<br />
der Energiekette spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Die Kunststoffe<br />
der Murrplastik-Energieketten trotzen den physikalischen, chemischen und<br />
sonstigen Einwirkungen. Sie meistern ausgeprägte Temperatureinwirkungen,<br />
hohe Luftfeuchtigkeit und UV-Strahlung. Diese können Strukturveränderungen,<br />
Spannungen im Kunststoff, Verformungen, Risse und<br />
Material versprödungen bewirken. So kann bspw. die Verschlechterung der<br />
mecha nischen Festigkeit die Seitenglieder ausleiern lassen und damit die<br />
Ausfallzeit erhöhen.<br />
Für die Kompostwerk Kirchheim u. T. GmbH hat Murrplastik die Energiekette<br />
Typ MP 82.2 (HeavyLine) konfiguriert und ausgeliefert. Bei der Mälzerei<br />
Mouterij Albert fiel die Entscheidung auf die Energieketten Typ MP 52.2<br />
(Power Line) und MP 62.2 (HeavyLine).<br />
Von oben<br />
die Trends<br />
erkennen<br />
Im entscheidenden Moment<br />
höchste Leistungskraft entfalten:<br />
Das gelingt Ihren Maschinen<br />
und Produktionsprozessen<br />
mit integrierter Antriebs- oder<br />
Hebetechnik der<br />
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SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
DIE IDEE<br />
02<br />
01 Konfektionierte und aufgetrommelte<br />
Energiekette<br />
02 Heavy-Duty Energiekette nach<br />
zwei Monaten im Einsatz in rauen<br />
Umgebungsbedingungen. Der hohe<br />
Verschmutzungsgrad stellt hohe<br />
Anforderungen an die Qualität der<br />
Energiekette<br />
01<br />
„Die Energiekettenserien PowerLine<br />
und HeavyLine sind speziell für hoch<br />
dynamische Bewegungen, lange<br />
Verfahrwege, schwere Zuladungen<br />
und raueste Umgebungsbedingungen<br />
entwickelt worden. Grober Schmutz,<br />
Sonne, Kälte, Öle, Chemikalien und<br />
hohe Luftfeuchtigkeit sind nur einige<br />
der Umgebungsbedingungen, denen<br />
die langlebigen Energieketten von<br />
Murrplastik im Alltag strotzen.<br />
Aufeinander abgestimmte Einzelkomponenten<br />
und Fachexper tise<br />
vermeiden Stillstände an Anlagen<br />
und Maschinen. “<br />
INTENSIV GETESTET FÜR ROBOTIK UND AUTOMATION<br />
Typische Energieketten-Anwendungen für hohe Zuladungen, lange Verfahrwege und hohe<br />
Dynamik findet man in der Robotik und Automation. Anwendungen bei Portalrobotern sind<br />
z. B. das Verketten von Werkzeugmaschinen und Verfahrachsen bei Robotern mit Handlings-,<br />
Schweiß- und Klebeaufgaben. Für diese herausfordernden Anwendungen sind die<br />
Murrplastik-Energieketten bestens geeignet und haben sich am Markt nachweislich bewährt.<br />
Bevor sie zur Serienfreigabe auf den Markt kommen, wurden sie im hauseigenen Testlabor<br />
umfangreichen und intensiven Tests unterzogen.<br />
Zur Veranschaulichung der Leistungsfähigkeit der Murrplastik Energiekette MP 52.2 (mit<br />
Gleitschuhen und Geräuschdämpfungselementen) hier ein paar Eckdaten aus dem<br />
Test labor: Die MP 52.2 erreicht eine Lebensdauer von 6,5 Millionen Zyklen bei einer<br />
Zuladung von 3,75 kg/m und einem Verfahrweg von 22 m. Die Verfahrgeschwindigkeit<br />
beträgt 5 m/s und die Beschleunigung 5 m/s². Bei dieser enormen Dynamik haben die speziell<br />
entwickelten Dämpfungselemente noch die volle geräuschmindernde Wirkung. Das<br />
Dämpfungs element zeigt nach 286 000 km Laufleistung keinerlei Verschleißerscheinungen.<br />
Durch die Verwendung eines speziellen Elastomers wird eine hohe Langlebigkeit gewährleistet.<br />
Nach vielen Tests hat es Murrplastik geschafft, die Dämpfungselemente so<br />
auszustatten, dass ihren Kunden ein optimales Verhältnis zwischen dämpfender Fläche und<br />
Härte des Elastomers angeboten werden kann.<br />
ALLES AUS EINER HAND<br />
Um hohe Standzeiten bei Maschinen und Anlagen zu gewährleisten, ist die richtige<br />
Konfiguration der Energiekette mit passendem Zubehör elementar wichtig. Mit viel<br />
Erfahrung übernimmt Murrplastik Systemtechnik die Projektierung von kompletten<br />
Energieketten. Diese zeichnen sich durch Belastbarkeit, Montage- und Wartungsfreundlichkeit<br />
sowie durch die optimale Abstimmung auf die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche<br />
aus. Bei extremsten Dauerbelastungen und Umwelteinflüssen stellen ihre<br />
Energiekettensysteme ihre Qualität und Langlebigkeit unter Beweis. Nach dem Motto<br />
„Alles aus einer Hand“ erhält der Anwender geprüfte Komplettlösungen für die unterschiedlichsten<br />
Applikationen.<br />
Fotos: Murrplastik Systemtechnik GmbH<br />
www.murrplastik.de<br />
Oliver Huber, Leiter Marketing,<br />
Murrplastik Systemtechnik GmbH<br />
Evren Turan, Leiter Produktlinie<br />
Energieketten und Spezialkabel,<br />
Murrplastik Systemtechnik GmbH<br />
VIDEO<br />
Neue Herausforderungen mit<br />
Innovationen meistern:<br />
https://youtu.be/rmX2Z93-Ag8<br />
mp-ChainBuilder 3.0: Online-Konfigurator<br />
für Energiekettensysteme:<br />
https://mympchain.com<br />
40 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
MARKTPLATZ<br />
MASSGESCHNEIDERTER MATERIALMIX FÜR<br />
LEICHTGEWICHTE<br />
Liebherr setzt<br />
zukünftig verstärkt<br />
auf Verbundwerkstoffe.<br />
Die Palette<br />
an Endprodukten<br />
aus carbonfaserverstärktem<br />
Kunststoff<br />
(CFK) soll dabei<br />
über das reine<br />
Hydraulikzylinderangebot<br />
hinausgehen.<br />
Ziel sind<br />
unter Individualaspekten gefertigte, gewichtsoptimierte Lösungen<br />
auf Basis der Faserverbundtechnologie. Denn die Möglichkeit,<br />
unterschiedliche Ausgangsmaterialien nutzen zu können, sowie<br />
die Orientierung der Verstärkungsfasern machen den Verbundwerkstoff<br />
frei konstruierbar. Infolge können Steifigkeit, Festigkeit<br />
und Dichte des Materials maßgeschneidert auf die spezifische<br />
Applikation ausgelegt werden. Durch diese selektive Substitution<br />
konventioneller Werkstoffe soll neben dem Gewicht auch die<br />
Performance von Bauteilen, Baugruppen und kompletten<br />
Systemen verbessert werden. Die erforderliche Kompetenz über<br />
den gesamten Produktentwicklungs- und Herstellungsprozess<br />
bündelt Liebherr am Standort Kirchdorf an der Iller, wo Roboter<br />
die Produktion von CFK-Produkten unterstützen.<br />
www.liebherr.com<br />
DIREKTER MOTORANSCHLUSS PER<br />
RUNDSTECKVERBINDER<br />
Der Universal-Rundsteckverbinder<br />
X-Tec wurde<br />
konzipiert, um Installationsarbeiten<br />
im Maschinenund<br />
Anlagenbau zu<br />
erleichtern und eignet sich<br />
für alle gängigen Servo-,<br />
Asynchron- und Drehstrommotoren<br />
bis 30 A. Statt<br />
unterschiedlicher Verbindungen<br />
wird nur noch eine<br />
einzige benötigt, um eine<br />
herstellerunabhängige,<br />
durchgängige Lösung von der Steuerung bis zum Motor zu<br />
realisieren. Die Leistungs- und Signalstecker von LQ sind in den<br />
Baugrößen 15, 23 und 32 verfügbar. Mithilfe eines passenden<br />
Hutschienen-Adapters lässt sich der X-Tec-Stecker funktional in<br />
unterschiedlichen Winkeln anbringen. Auf Basis des EnergyLink-<br />
Baukastens können zudem anwendungsbezogen erforderliche<br />
Kabelvarianten zusammengestellt werden. Der Steckzyklus<br />
wurde für hohe Belastungen, etwa bei Service- und Wartungsarbeiten,<br />
ausgelegt. Dank geringer Abnutzung sollen die Stecker<br />
stets wiederverwendbar sein. „Aus Kostensicht ein gutes<br />
Argument“, unterstreicht Bernd Mack, Produktmanager bei<br />
LQ Mechatronik-Systeme.<br />
www.lq-group.com<br />
SAFETY IM SCHLEIFRING MIT ZERTIFIKAT<br />
Einen Safety-Schleifring zur Leistungsübertragung samt Steuerungsdaten an Rundschalttischen hat<br />
Kollmorgen mit Stemmann-Technik entwickelt. Dieser Schleifring mit STO-Funktion ist Tüv-zertifiziert<br />
und verfügt über eine UL-Zulassung. Konstruktiv trennen in dem Schleifring zwei geschirmte<br />
Anschlusskassetten die Leistung von der Ethercat-Kommunikation, über die auch das überlagerte<br />
Safety-Signal übertragen wird. Eine hohe Störsicherheit innerhalb des Schleifrings gewährleistet die<br />
Struktur der Safety-Signale.<br />
www.kollmorgen.com<br />
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www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 41
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
MODERNISIERUNG IM METALLRECYCLING<br />
NEUER MOTOR SCHREDDERT GUT<br />
Dipl.-Sozialwirt<br />
Thorsten Sienk,<br />
freier Fachredakteur,<br />
Bodenwerder<br />
Das Metallrecycling zählt in Europa zu den<br />
wichtigsten Rohstoffquellen. Hier sind es vor<br />
allem Schredderanlagen auf Schrottplätzen, die<br />
ganze Autos, weiße Ware oder Metallprofile<br />
zerkleinern und für die weitere Aufarbeitung<br />
vorbereiten. Verfügbarkeit und Leistungen<br />
zählen: Die Decons SA, ein erfolgreiches und<br />
privat geführtes Recyclingunternehmen aus dem<br />
Department Gironde im Südwesten Frankreichs,<br />
hat jetzt gemeinsam mit EMZ aus<br />
Recklinghausen den Antrieb eines bestehenden<br />
Schredders modernisiert.<br />
Die klassischen Schrottplätze von einst sind heute hocheffizienten<br />
Recyclingparks gewichen. Sie produzieren<br />
Metallfraktionen in großen Mengen und mit hoher Reinheit.<br />
Kunden sind vor allem Stahlwerke sowie auf einzelne<br />
Metalle spezialisierte Hütten. Hinter dieser Form des Recyclings<br />
steht die Tatsache, dass sich elementare Metalle und Legierungen<br />
bei ihrer Nutzung nicht verbrauchen. Sie stehen also am Ende eines<br />
Produktlebenszyklus wieder zur Verfügung – sofern sie auf Schrottplätzen<br />
den Weg ins Recycling finden. Typische Verarbeitungsschritte<br />
sind dabei Pressen, Schneiden und das Zerkleinern in<br />
Schredderanlagen mit Anschlussleistungen im Megawattbereich.<br />
„Das Wirkprinzip entspricht einer rotierenden Hammermühle,<br />
auf deren Zylinder bewegliche Hämmer entlang einer Achse<br />
montiert sind“, erklärt Benedikt Mathiaszyk, als Geschäftsführer bei<br />
der Elektro-Maschinen-Zentrale GmbH in Recklinghausen verantwortlich<br />
für Großantriebe und Projekte. Dreht sich der Rotor, fahren<br />
die Hämmer durch die Fliehkraft nach außen und zerschlagen den<br />
von den Vorschubwalzen zugeführten Metallschrott in kleine<br />
Stücke. Die Belastungen sind so hoch, dass die Hämmer – trotz<br />
42 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
01 Der von EMZ speziell konstruierte Schreddermotor<br />
liefert eine Leistung von knapp 3 000 kW<br />
02 Funktionsaufbau des Schredders<br />
01<br />
Fertigung aus einer Speziallegierung – pro Seite nur Standzeiten von<br />
zwei Tagen erreichen. Nach vier Tagen sind die Hämmer mit einem<br />
Stückgewicht von rund 135 kg also komplett zu tauschen. „Dabei verarbeiten<br />
sie allerdings einige Tausend Tonnen Schrott“, so Mathiaszyk.<br />
BESSERES THERMISCHES VERHALTEN MIT<br />
NEUEM MOTOR<br />
Nach einer umfassenden Modernisierung dieser Anlage wird der<br />
mehr als 40 t schwere Rotor des Schredders heute von einem<br />
z ehnpoligen EMZ Schleifringläufermotor angetrieben. Dieser<br />
liefert am Decons-Recyclingstandort in Le Pian Medoc nahe der<br />
südfranzösischen Stadt Bordeaux eine Nennleistung von 4 000 PS –<br />
also knapp 3 000 kW. Auslöser für den Umbau des Antriebs waren<br />
vor allem gravierende thermische Probleme beim Vorgängermotor.<br />
Der Antrieb war für die Schredderanlage schlicht zu klein dimensioniert,<br />
wurde zu heiß und musste immer wieder aufgrund der<br />
Überlast abkühlen. Die Folge: Drosselung der Produktion.<br />
Der Motor aus der speziell für den Schreddereinsatz entwickelten<br />
EMZ Baureihe ASD liefert heute mit knapp 3 000 kW Nennleistung<br />
mehr Reserven. Nach Einschätzung von Mathiaszyk ließe sich der<br />
Antrieb dank des optimierten Wärmeverhaltens auch mit 3 500 kW<br />
betreiben. Die hohe Drehmoment-Volumen-Dichte hat in Frankreich<br />
den Weg frei gemacht, den stärkeren Motor ohne kostspielige Umbauten<br />
auf dem Fundament des alten Antriebs zu montieren. Ähnlich<br />
einfach gestaltete sich die Kupplungsverbindung zwischen Motor- und<br />
Kardanwelle – zumindest was die vorhandenen Einbaumaße betraf.<br />
Im Gegensatz dazu war die Auslegung der mechanischen Kraftübertragung<br />
durch EMZ deutlich anspruchsvoller. Der Schreddermotor ist<br />
über eine Kardanwelle direkt mit dem Schredderrotor gekuppelt.<br />
Diese Konstruktion ist notwendig, da der komplette Schredder flexibel<br />
auf kräftigen Stahlfedern lagert, während der Schredder motor auf<br />
einem starren und massiven Betonfundament verankert ist. Berechnungen<br />
des Herstellers der Kardanwelle haben im Vorfeld der Umrüstung<br />
Drehmomentstöße bis 500 kNm zu Tage gefördert, die wiederum<br />
axiale Stoßbelastungen von bis zu 60 t verursachen können.<br />
VOLLE LEISTUNG, AUCH WENN’S HART KOMMT<br />
Die schnellen und harten Drehmomentstöße haben Auswirkungen<br />
auf den Hochspannungsmotor. Die gesamte Konstruktion ist rüttelfest<br />
bis zu maximalen Schwingwerten von 28 mm/s ausgelegt. Das Design<br />
des Gehäuses, der Welle, der elektrischen Aktivteile sowie der Kohlebürsten,<br />
Lager und Schleifringe musste EMZ deshalb verstärken und<br />
die gesamte Konstruktion so robust machen, dass der Vergleich mit<br />
einem Rüttelmotor durchaus zutreffend ist. Sämtliche Anpassungen<br />
standen dabei unter der Prämisse, die volle Leistung des Motors ohne<br />
Derating und mit hoher Verfügbarkeit zu liefern. „Alles an diesem<br />
Motor ist besonders“, fasst Mathiaszyk zusammen und spricht von<br />
einer engen Zusammenarbeit mit dem Hersteller der Kardanwelle. Das<br />
Unternehmen sei nach Auskunft des Geschäftsführers anfangs<br />
genauso von der Höhe der ermittelten Drehmomentwerte überrascht<br />
gewesen, wie der Hersteller des Schredders.<br />
Die Kennzahlen sind letztlich eingegangen in eine optimierte<br />
Wellenkonstruktion mit Ölpressverband statt Passfeder, die gerade<br />
bei den typischen Stoßbelastungen schnell ausschlägt und damit<br />
Spiel erzeugt. Beim Prinzip des Ölpressverbandes wird die<br />
Kupplungshälfte mit einer Presspassung auf dem Wellenende<br />
aufgeschrumpft und geht so eine kraftschlüssige Verbindung ein.<br />
„Dank der starken Haftreibung erhalten wir fast die Festigkeit einer<br />
02<br />
geschweißten Verbindung“, meint der Geschäftsführer. Das Abziehen<br />
der Kupplungshälfte bei Wartungen bzw. Reparaturen erfolgt dann<br />
über das Erzeugen eines Öldrucks durch eine Ölnut in der Welle.<br />
STEUERUNG DES LASTVERHALTENS<br />
Eine weitere Maßnahme, die den Schleifringläufermotor von EMZ<br />
für den Einsatz in Schredderanlagen so richtungsweisend macht,<br />
ist die Steuerung des Lastverhaltens. Der Antrieb in der Anlage des<br />
französischen Recyclingunternehmens arbeitet, da starr am Netz<br />
betrieben, mit einer festen Lastdrehzahl von 595 min -1 bei einer<br />
Spannung von 5 500 V und einer Frequenz von 50 Hz. Angesichts<br />
der hohen Stoßmomente des mehr als 40 t schweren Schredderrotors<br />
und der daraus resultierenden Stromspitzen, stand EMZ vor<br />
der Aufgabe, die Lastströme wirksam zu begrenzen. Hierbei setzt<br />
das Unternehmen aus Recklinghausen auf eine präzise, sichere und<br />
wartungsarme Technik: Den Flüssigkeitsanlasser. Spezialist auf<br />
diesem Gebiet ist MKS. Das Unternehmen aus Jülich war ebenfalls<br />
eng in das Projekt eingebunden – mit dem Ziel, „gemeinsam die<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 43
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
beste technische Lösung für die Aufgabenstellung anzubieten“, blickt EMZ-<br />
Geschäftsführer Stefan Beese zurück.<br />
Der Flüssigkeitsanlasser hat die Aufgabe, bei einem Laststoß die Drehzahl<br />
des Motors zielgerichtet zu reduzieren, wenn es die Hämmer mit härterem<br />
Schrott zu tun bekommen oder Schrottfraktionen mit unterschiedlicher<br />
Dichte ankommen. Steigt hierbei der Strom über einen Grenzwert an,<br />
vergrößert ein Servomotor blitzartig die Kontaktabstände der Elektroden<br />
im Flüssigkeitsanlasser. Die Zunahme des ohmschen Widerstands im<br />
Rotorkreis führt zu einer kontrollierten Drehzahlabnahme des Motors und<br />
Schredderrotors. Dadurch kann die kinetische Energie des rotierenden<br />
Systems zum Ausgleich des Laststoßes genutzt werden.<br />
Dieser Aufbau egalisiert Netzrückwirkungen und harmonisiert die<br />
Stromaufnahme bei wechselnden Lasten. Vor diesem Hintergrund nutzt<br />
EMZ den Flüssigkeitsanlasser von MKS gleich als Steuerung für die<br />
Vorschubwalze. „Wird der Nennstromwert des Motors erreicht, stoppt die<br />
Walze, nimmt er wieder ab, wird wieder Material gefördert“, erklärt<br />
Mathiaszyk das Verfahren.<br />
PRODUKTION UM DIE HÄLFTE GESTEIGERT<br />
Der skizzierte Aufbau funktioniert in der Praxis so gut, dass der Recyclingbetrieb<br />
in Südfrankreich nach der Modernisierung der Schredderanlage<br />
die vor- und nachgelagerten Logistikabläufe anpassen musste. Der Betreiber<br />
spricht in Abhängigkeit der Materialien von Produktivitätssteigerungen<br />
von bis zu 50 %, ohne dass der Motor an seine thermischen Grenzen gerät.<br />
Der höhere Output wirkt sich zudem positiv auf die Qualität des<br />
Schreddermaterials aus.<br />
Fotos: EMZ Elektro-Maschinen-Zentrale GmbH<br />
www.emz.de<br />
DIE IDEE<br />
„Auslöser für den Umbau des Antriebs<br />
waren vor allem gravierende<br />
thermische Probleme beim Vorgängermotor.<br />
Der Antrieb war für<br />
die Schredderanlage schlicht zu klein<br />
dimensioniert und wurde zu heiß.<br />
Der neue Motor aus der speziell für<br />
den Schreddereinsatz entwickelten<br />
EMZ Baureihe ASD liefert heute mit<br />
knapp 3 000 kW Nennleistung mehr<br />
Reserven. Die Wahl eines Flüssigkeitsanlassers<br />
sorgt dafür, dass bei<br />
einem Laststoß die Drehzahl des<br />
Motors zielgerichtet reduziert wird.<br />
Dieser Aufbau egalisiert Netzrückwirkungen<br />
und harmonisiert die<br />
Stromaufnahme bei wechselnden<br />
Lasten. Die Modernisierung führte zu<br />
Produktionssteigerungen bis zu<br />
50 Prozent.“<br />
IMPRESSUM<br />
erscheint <strong>2019</strong> im 58. Jahrgang, ISSN 0722-8546<br />
Redaktion<br />
Chefredakteur: Peter Becker B. A.,<br />
Tel.: 06131/992-210, E-Mail: p.becker@vfmz.de<br />
(verantwortlich für den redaktionellen Inhalt)<br />
Redakteure: Holger Seybold, Tel.: 06131/992-254,<br />
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Svenja Stenner, Tel.: 06131/992-302,<br />
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Redaktionsassistenz: Angelina Haas,<br />
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Doris Buchenau, Melanie Lerch, Petra Weidt, Ulla Winter<br />
(Redaktionsadresse siehe Verlag)<br />
Gestaltung<br />
Anette Fröder, Sonja Daniel, Anna Schätzlein,<br />
Mario Wüst<br />
Chef vom Dienst<br />
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Leserservice<br />
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Große Hub 10, 65344 Eltville, Tel.: 06123/9238-266<br />
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Ihrer Bezugsdaten schriftlich mit<br />
(Fax: 06123/9238-267, E-Mail: vfv@vertriebsunion.de).<br />
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weiteres Jahr, wenn sie nicht spätestens vier Wochen vor<br />
Ablauf des Bezugsjahres schriftlich gekündigt werden.<br />
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Lise-Meitner-Straße 2, 55129 Mainz<br />
Postfach 100465, 55135 Mainz<br />
Tel.: 06131/992-0, Fax: 06131/992-100<br />
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44 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
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der Lebensmittel- und<br />
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FDA 21. CFR 177.2600 sowie<br />
3-A Sanitary Standard und<br />
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1935/2004. Ohne Verwendung tierischer Bestandteile erfüllt der<br />
COG-Compound darüber hinaus die Anforderungen an ADI-freie<br />
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mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Dank einer hohen<br />
Abrieb- und Standfestigkeit soll sich P 300 insbesondere für den<br />
Einsatz in Anlagenteilen eignen, die einer intensiven Materialbeanspruchung<br />
ausgesetzt sind. Des Weiteren präsentiert sich<br />
die Lösung im Kontakt mit Ölen und Fetten widerstandsfähig<br />
auch gegenüber verdünnten Säuren und Laugen. Der neue<br />
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PowerMela C140, die jeweils 80 oder 140 kW leisten, einem Summiergetriebe sowie<br />
einem Steuergerät. Damit verfügt der Antrieb über eine Gesamtleistung von 160 bis 280 kW,<br />
die über das Summiergetriebe in das Standardgetriebe des Nutzfahrzeugs eingeleitet wird.<br />
Dieses Konzept erlaubt die Retrofit-Elektrifizierung, ohne das Gesamtgewicht zu erhöhen. Das<br />
erprobte Antriebskonzept gewährleistet die funktionale Sicherheit bis ASIL B nach ISO 26262. In<br />
München wurde das PowerMela Duo280 live an der vollelektrischen Sattelzugmaschine Elias<br />
demonstriert. Bei dem 44-Tonner handelt es sich um ein Förderprojekt mit dem Bayerischen<br />
Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, bei dem ein Diesel-Lkw von<br />
STW, dem Fahrzeugbauer Toni Maurer sowie der Spedition Ansorge Logistik umgerüstet wurde.<br />
www.stw-mm.com<br />
Halle 6<br />
Stand 6223<br />
Uhing.indd 1 12.06.<strong>2019</strong> 13:36:47<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 45
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
ZAHNKRÄNZE FÜR DIE ZEMENTINDUSTRIE<br />
EXPERTENNETZWERK OPTIMIERT<br />
KUGELMÜHLEN<br />
Kugelmühlen sind die weltweit dominierende<br />
Mahltechnologie in der Zementindustrie. So<br />
auch im tschechischen Prachovice, wo die Firma<br />
Cemex ein integriertes Zementwerk mit einer<br />
Kapazität von 900 000 Tonnen pro Jahr betreibt.<br />
Bei der Modernisierung zweier Kugelmühlen<br />
entschied sich der Betreiber, die<br />
Antriebseinheiten gemeinsam mit<br />
SEW-Eurodrive neu zu dimensionieren.<br />
Mehr als 14 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz und rund<br />
43 000 Mitarbeiter – das sind die beeindruckenden<br />
Zahlen von Cemex, einem der größten Zementhersteller<br />
der Welt. Das Unternehmen mit Hauptsitz<br />
in Mexiko unterhält Präsenzen in über 50 Ländern. In der Tschechischen<br />
Republik betreibt es in Prachovice, etwa 100 km östlich<br />
von Prag, das zweitgrößte Zementwerk des Landes. Hier werden<br />
auf zwei identischen, 15 m langen Kugelmühlen bis zu 5 000 t<br />
Klinker am Tag zu fertigem Portlandzement gemahlen. Jede<br />
Kugelmühle wird von einem Zahnkranz in Bewegung gesetzt. Pro<br />
Mühle übertragen jeweils zwei 2 250-kW-Asynchronmotoren die<br />
Leistung über Getriebe auf zwei separat gelagerte Ritzel. Die Ritzel<br />
sind mit dem Zahnkranz im Eingriff und beaufschlagen diesen<br />
mit dem Drehmoment. Die Verbindung zwischen Zahnkranz und<br />
Mantelfläche der Kugelmühle erfolgt mittels Montageflansch und<br />
Schraubverbindungen.<br />
VERZAHNUNGEN SIND NEURALGISCHE PUNKTE<br />
Bei einer Befundung der Mühlenantriebe im Frühjahr 2017 zeigten<br />
die beiden Zahnkränze wie auch die vier Ritzel bereits erhebliche<br />
Verschleißerscheinungen. Geschwächte Verzahnungen, bei denen<br />
ein fortschreitendes Schadensbild zu beobachten ist, können im<br />
weiteren Betrieb zu einem Ausfall des Antriebs und somit der<br />
gesamten Anlage führen. Rasch ergeben sich so lange Stillstandzeiten,<br />
was wiederum zu Lieferengpässen und hohen Produktionsausfallkosten<br />
führt.<br />
Um die Verfügbarkeit der Zementmühlen auch künftig sicherzustellen,<br />
entschied sich Cemex für den Austausch der beiden<br />
Zahnkränze, der insgesamt vier antreibenden Ritzel sowie der zwei<br />
Hauben des Zahnkranzes. Die Getriebe wurden, ausgehend von<br />
dem noch sehr geringen Verschleißgrad, als unkritisch eingestuft<br />
und daher nicht ausgewechselt.<br />
Von Anfang an stand SEW-Eurodrive bei den damals offenen<br />
Themen dem Zementproduzenten zur Seite. Fragen zur Werkstoffauswahl,<br />
Design/Dimensionierung, Projektierung, Schmierung bis<br />
hin zur Errichtung und Inbetriebnahme wurden gemeinsam<br />
er örtert. Der Antriebspezialist aus Deutschland hat langjährige<br />
Er fahrungen mit dem Einsatz von Zahnkränzen in unterschiedlichsten<br />
Industrien. Zudem deckt SEW-Eurodrive vom Motor über<br />
die Getriebe bis hin zur Antriebselektronik und Steuerung die<br />
gesamte Bandbreite der Antriebstechnik mit seinem eigenen Portfolio<br />
ab. Die umfassende Unterstützung während der gesamten<br />
Konzep tionsphase veranlasste schließlich die Cemex-Instandhaltungs<br />
leitung, den weiteren Weg bei diesem Projekt mit SEW-<br />
Euro drive zu gehen.<br />
Timo Rothardt ist Applikationsingenieur Industriegetriebe und<br />
Christian Rüttling ist Marktmanager Industriegetriebe,<br />
beide bei der SEW-Eurodrive GmbH & Co KG in Bruchsal<br />
MODERNE WERKSTOFFTECHNOLOGIE<br />
Bei den Zahnkränzen verwendet SEW-Eurodrive ausschließlich<br />
hochfestes, bainitisches Gusseisen mit Kugelgraphit (Austempered<br />
Ductile Iron – ADI). Die Eigenschaften dieses Werkstoffes sind<br />
denen klassischer Zahnkranzwerkstoffe wie Stahlguss überlegen –<br />
so hat der von SEW eingesetzte ADI-Guss eine Mindestzugfestigkeit<br />
von 1 000 MPa und eine Mindestdehnung von 5 %. Um die geforderten<br />
mechanischen Eigenschaften zu erreichen, ist eine Wärmebehandlung<br />
erforderlich. Sie führt dazu, dass sich die gewünschte<br />
46 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
01 02<br />
Mikrostruktur einstellt und der Werkstoff hohe zulässige<br />
Festigkeitswerte aufweist. Die aus den guten Kaltverfestigungseigenschaften<br />
des Werkstoffes resultierende Kontaktermüdungsfestigkeit<br />
machen die Zahnkränze bei richtiger Dimensionierung,<br />
Belastung und Schmierung sehr widerstandsfähig und praktisch<br />
verschleißfrei. Zudem kann durch den Einsatz von ADI-Guss der<br />
Zahnkranz deutlich kompakter und leichter ausgeführt werden als<br />
bei der klassischen Lösung.<br />
OPTIMALES LAUFVERHALTEN UND HANDLING<br />
DANK MEHRTEILIGKEIT<br />
Ein weiteres Merkmal des SEW-Zahnkranzes ist seine Mehrteiligkeit.<br />
Herkömmliche Zahnkränze bestehen i. d. R. aus zwei bis<br />
vier Segmenten, die zusammenmontiert bearbeitet werden. Bei<br />
der Lösung von SEW-Eurodrive ist der Zahnkranz mehrteilig ausgeführt.<br />
Jedes der Segmente ist, abhängig vom Gesamtdurchmesser<br />
des Zahnkranzes, mit Abmessungen von ein bis zwei<br />
Metern sehr kompakt gestaltet. Die hohe Ausgangsteilungsgenauigkeit<br />
der geteilten Konstruktion nach den Normen ISO 8<br />
bzw. AGMA 9 führen zu einem optimalen Laufverhalten. Abguss,<br />
Bearbeitung, Wärmebehandlung und die Feinbearbeitung finden<br />
01 Weil die Segmente in zwei Zahnkranzhälften vormontiert werden<br />
können, vereinfacht sich die Handhabung am Einsatzort erheblich<br />
02 Prinzipschema der Kugelmühle (ähnlich dem tatsächlichen<br />
Antriebsaufbau): Auf beiden Seiten der Mühle treibt jeweils ein Motor<br />
über ein Getriebe der X-Baureihe von SEW-Eurodrive ein doppelt<br />
gelagertes Ritzel an. Jedes Ritzel überträgt 2 250 kW Antriebsleistung<br />
auf den Zahnkranz<br />
für jedes Zahnkranzsegment einzeln statt. Auf diese Weise wird<br />
sichergestellt, dass die Qualität des Zahnkranzes unabhängig von<br />
Durchmesser immer identisch ist – egal, ob es sich um 4 oder um<br />
16 m handelt.<br />
Die segmentierte Bauart bietet zudem weitere Vorteile in Bezug<br />
auf Handling und Austauschbarkeit. Die Handhabung der<br />
einzelnen Segmente oder Bauteilgruppen vereinfacht sich am<br />
Einsatzort erheblich. So ist es möglich, die Segmente in zwei<br />
Zahnkranzhälften vorzumontieren und in herkömmlicher<br />
Mon tage an der Applikation zu befestigen oder einzeln, Segment<br />
für Segment an der Trommel zu montieren. Die Montage der<br />
Einzelsegmente ist besonders bei beengten Platzverhältnissen<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 47
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
vorteilhaft. Darüber hinaus sind keine speziellen Transportarrangements<br />
mehr notwendig. Mehrteilige Zahnkränze lassen<br />
sich in normalen Containern transportieren. Sollte es einmal zu<br />
einem Schaden an der Verzahnung des Zahnkranzes kommen,<br />
können einzelne Segmente getauscht werden ohne den ganzen<br />
Ring zu demontieren.<br />
INTERNATIONALES EXPERTENNETZWERK<br />
GARANTIERT ERFOLG<br />
Die Arbeiten an der ersten Kugelmühle begannen im Frühjahr<br />
2018. Dem vorausgegangen war eine detaillierte Projektierung und<br />
Auswahl der Antriebskomponenten, an der neben dem Stammhaus<br />
in Bruchsal auch die tschechische Landesgesellschaft SEW<br />
Eurodrive CZ s. r. o. sowie das SEW-Lieferwerk für Zahnkränze in<br />
Tianjin, China, beteiligt waren. Das SEW-Expertennetzwerk kann<br />
auf zahlreiche Erfahrungen mit realisierten Projekten weltweit<br />
zurückgreifen. Für die Dimensionierung der Verzahnungsgeometrie<br />
wurde neben der Zahnfuß- und Zahnflankenberechnung nach<br />
ISO 6336 auch eine Finite-Elemente-Simulation durchgeführt.<br />
Mit den Montagearbeiten wurde der lokale Dienstleister MZP –<br />
Montáže Přerov a. s. aus dem mährischen Přerov, etwa 80 km<br />
nordöstlich von Brno, beauftragt. Die Montageaufsicht sowie die<br />
Testläufe erfolgten gemeinsam mit den Experten von SEW<br />
Eurodrive. Heute laufen beide Mühlen störungsfrei und sorgen<br />
dafür, dass die Produktion am Cemex-Standort in Prachovice auch<br />
künftig sichergestellt ist.<br />
Die Zugfestigkeit des bisher für die Zahnkränze und Ritzel<br />
verwendeten Stahlgusses liegt mit ca. 687 bis 785 MPa deutlich<br />
unter der des ADI-Gusses. Die verbesserten Materialeigenschaften<br />
zeigen sich u. a. bei der Gegenüberstellung von altem und neuem<br />
Zahnkranz. Die Breite des Zahnkranzes konnte von 900 auf 300 mm<br />
reduziert werden. Zudem wurde die Zahl der Zähne von zuvor 238<br />
auf 180 gesenkt und das Modul auf 40 erhöht. Hieraus ergibt sich in<br />
Summe ein deutlich geringerer Materialeinsatz, der sich neben<br />
geringeren Investitionskosten auch in niedrigeren Kosten für<br />
Instandhaltung und Schmierung niederschlägt.<br />
Nach der Inbetriebnahme sowie dem radialen und axialen<br />
Einstellen des Zahnkranzes erfolgte u. a. eine Vibrationsmessung<br />
am Antriebsstrang. Die Lagerstellen zeigten einen signifikanten<br />
Rückgang der Schwingungen im gesamten System. Die hohe<br />
Teilungsgenauigkeit der segmentierten Zahnkränze und die fachmännische<br />
Ausrichtung von Montáže Přerov und SEW-Eurodrive<br />
tragen so dazu bei, dass der Zahnkranz und dessen Peripherie einer<br />
geringeren mechanischen Belastung ausgesetzt sind. Die darüber<br />
hinaus durchgeführte thermische Begutachtung, bei der keine<br />
unzulässige Erwärmung gefunden wurde, bestätigte zudem die hohe<br />
Genauigkeit der Gesamtkonstruktion sowie deren Ausrichtung.<br />
ZUVERLÄSSIGER BETRIEB<br />
Mit den geteilten Zahnkränzen von SEW-Eurodrive hat sich Cemex<br />
für eine gleichermaßen wirtschaftliche wie langlebige Technologie<br />
entschieden. Die fachliche Expertise von Montáže Přerov und des<br />
internationalen Expertennetzwerks von SEW gewährleistete dabei<br />
das passende Engineering sowie die fachmännische Installation<br />
und Inbetriebnahme vor Ort. Vor diesem Hintergrund entschied<br />
sich Cemex auch eine weitere Kugelmühle mit einem Zahnkranz<br />
von SEW-Eurodrive auszustatten.<br />
Fotos: Aufmacher: Cemex Zement GmbH; 01 und 02: SEW-Eurodrive GmbH & Co KG<br />
www.sew-eurodrive.de/segmentierter_zahnkranz<br />
DIE IDEE<br />
„Die segmentierte Bauart sowie die<br />
Verwendung von bainitischem<br />
Gusseisen mit Kugelgraphit sind die<br />
prägenden Merkmale der Zahnkränze<br />
von SEW-Eurodrive. Die Idee war,<br />
durch eine intelligente Kombination<br />
von Konstruktion und Werkstoffauswahl<br />
die Nutzungseigenschaften<br />
für den Anwender zu verbessern. Durch<br />
die damit erzielten, hervorragenden<br />
Materialeigenschaften können die<br />
Zahnkränze nahezu verschleißfrei<br />
betrieben werden.<br />
Timo Rothardt, Applikationsingenieur<br />
Industriegetriebe, SEW-Eurodrive<br />
GmbH & Co KG<br />
DAS PROJEKT IM ÜBERBLICK<br />
n Applikation: Zementmühle<br />
n Größe: 4,4 × 15 m<br />
n Mühlen-Kapazität: 2 568 t pro Tag<br />
n Mühlen-Geschwindigkeit: 15 min -1<br />
n Motorische Leistung pro Mühle: 2 × 2 250 kW<br />
n Lieferumfang: 2 × Zahnkranz mit 12 Segmenten und<br />
Modul 40; 4 × Antriebsritzel; 2 × Schutzhaube für<br />
Zahnkranz<br />
n SEW-Dienstleitung: Projektierung, Engineering; Supervision<br />
Christian Rüttling, Marktmanager<br />
Industriegetriebe, SEW-Eurodrive<br />
GmbH & Co KG<br />
48 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
MARKTPLATZ<br />
PATENTE LEICHTGEWICHTE FÜR GROSSE AUFGABEN<br />
Rund 35 % kürzer und 80 % leichter als ihre Vorgänger: die neuen mechanischen Ventile<br />
der Serie VM100F von SMC. Ihre Steckverbinder sind bereits im Ventilkörper integriert,<br />
sodass weniger Einbauraum benötigt wird. Nur noch 48,8 statt 74,6 mm, so fällt der<br />
Längenvergleich konkret aus. Ferner sollen durch den Umstieg von Metall auf Kunststoff<br />
die Ventilkörper statt 60 g nur noch 12 g wiegen. Dies ist dann von Vorteil, wenn<br />
wiederholt hohe Beschleunigungskräfte zu überwinden sind. Dazu Olaf Hagelstein,<br />
Product Management bei SMC Deutschland: „Gerade in so dynamischen Anwendungen<br />
wie der Montage auf einem Roboterarm summieren sich die kompakten Abmessungen<br />
und das niedrige Gewicht perfekt: Die Integration ist durch die kompakte Form meist<br />
recht einfach. Dazu werden die Anlagen geschont, die Produktionskosten gesenkt und<br />
die Produktivität erhöht.“ Da sich der Montageabstand und die Höhe der neuen Ventile<br />
nicht verändert haben, ist ein Austausch problemlos möglich.<br />
www.smc.de<br />
MESSSIGNALE<br />
DIREKT ABGREIFEN<br />
Precision<br />
EVOLUTIONär für höchste Präzision<br />
Für die Strommessung in der<br />
E-Mobility bietet Isabellenhütte<br />
den BAC-Shunt an. Das<br />
Besondere an ihm ist die<br />
Einheit aus Shunt und<br />
Platine, durch die ein<br />
direktes Abgreifen der<br />
Messsignale möglich ist. Der<br />
Präzisionswiderstand<br />
besteht aus einer Mini-Platine<br />
und einem Sense-Kontakt für<br />
die Strommessung. Ein<br />
Steckverbinder dient zum<br />
Abgriff der Spannungswerte<br />
in übergeordneten Systemen.<br />
Die Widerstandswerte des<br />
Kupfer-Manganin-Shunts<br />
betragen 0,1 mOhm (320 A).<br />
Eine niederohmigere<br />
Variante ist für Strommessungen<br />
bis 550 A<br />
(0,05 mOhm) ausgelegt. Der<br />
Shunt ist geeignet für<br />
Nennleistungen bis 15 W, es<br />
sind aber auch andere<br />
Widerstandswerte möglich.<br />
Hauptanwendungsgebiete<br />
sind die Strommessung für<br />
elektronische Batterie-<br />
Managementsysteme in<br />
Gabelstaplern, E-Scootern<br />
und anderen Hybrid- und<br />
Elektrofahrzeugen, aber<br />
auch in Schweißgeräten. Da<br />
die Auswertung der Messsignale<br />
nicht auf der Leiterplatte<br />
erfolgt, muss der<br />
Shunt nicht zwingend auf der<br />
Elektronik platziert werden.<br />
www.isabellenhuette.de<br />
Robuste Präzision.<br />
Ungeschlagen in Sachen Präzision in anspruchsvoller Umgebung –<br />
magnetische Absolut-Drehgeber der Serie MAGRES EAM.<br />
Hervorragende Messgenauigkeit und Lebensdauer gewährleisten<br />
höchste Effizienzsteigerung und Prozessqualität.<br />
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www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 49
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
Manuel Huck ist Produktmanager Discontinous<br />
Motion bei der Siemens AG in Nürnberg<br />
01<br />
FREQUENZUMRICHTER<br />
SEILBAHN MIT HOHEM<br />
WINTERVERGNÜGEN FÜR SPORTLER<br />
Winterspaß ohne Abstriche hat im Snow Space Salzburg oberste<br />
Priorität. Um Skibegeisterte weiter anzulocken, wurde die „neue“<br />
Sonntagskogelbahn 2 mit hocheffizienter Technik ausgestattet.<br />
Innovative Antriebstechnik der 8er-Sesselbahn bringt mehr Personen<br />
mit noch höherem Komfort sicher zum Gipfel.<br />
„Eine der großen Herausforderungen des Projekts war ein Frequenzumrichter,<br />
der perfekt zu einem neu entwickelten, synchronen Servomotor<br />
passt – dabei die Verfügbarkeit der Seilbahn weiter erhöht und<br />
für größtmögliche Sicherheit der Skifahrer sorgt.“ In einem Satz fasst<br />
Karl Prammer, Geschäftsführender Gesellschafter von Frey Austria in<br />
Innsbruck, das vorrangige Ziel der neuen Sonntagskogelbahn 2 im<br />
Snow Space Salzburg im österreichischen Wagrain zusammen. Seit<br />
der Wintersaison 2018/19 werden in der Hightech-Sesselbahn acht<br />
statt bisher vier Skifahrer pro Hängevorrichtung zum Gipfel befördert.<br />
Das begeistert Liebhaber der weißen Pracht ebenso wie die<br />
Betreiber, die die hier verbaute Technik erstmalig einsetzen.<br />
Der grundlegende Unterschied zwischen Sonntagskogelbahn 2<br />
und anderen Seilbahnen ist einerseits der Verzicht auf ein Getriebe<br />
zwischen Elektromotor und Seilscheibe, andererseits der Komfortgewinn<br />
durch eine feinfühlige Drehzahlregelung mit Geberunterstützung.<br />
Dies spart eine kostenträchtige Getriebewartung und der<br />
Betreiber profitiert von den vielfältigen Regelungsoptionen eines<br />
leistungsfähigen Direktantriebs. Wolfgang Hettegger, Technik-Vorstand<br />
im Snow Space Salzburg, bestätigt: „Die Sonntagskogelbahn 2<br />
ist derzeit die innovativste Sesselbahn, die wir hier betreiben – eine<br />
Achtersesselbahn mit Rücken- und Sitzheizung plus Höhenerkennung<br />
beim Einstieg.“ Das bedeutet, Kinder und Erwachsene kön<br />
nen in beliebiger Zusammenstellung einsteigen, denn die Sesselbahn<br />
orientiert sich bei der Sitzhöhe an der kleinsten Person und<br />
passt den Förderteppich entsprechend an.<br />
NEUE MOTORMODULE ÜBERZEUGEN IN<br />
JEDER HINSICHT<br />
Die maximale Beförderungsleistung liegt bei knapp 3 600 Personen pro<br />
Stunde. Schon nach kurzer Zeit konnten die Betreiber ein Beförderungsplus<br />
von etwa 25 % gegenüber der Vorgängerbahn feststellen, was<br />
die Verantwortlichen der überzeugenden Technik zuschreiben, die bei<br />
der Sonntagskogelbahn 2 zum Einsatz kommt. Das regelungstechnische<br />
Herz der Bahn bilden zwei redundant aufgebaute Frequenzumrichterschränke<br />
Sinamics S120 Cabinet Modules-2 von Siemens.<br />
Das System besteht aus zwei Sinamics S120 Active-Line-Modulen und<br />
zwei neu entwickelten Sinamics S120 Chassis-2 Motormodulen. Wichtigste<br />
Vorteile dieser neuen Geräte sind die erhebliche Gewichtsreduzierung,<br />
der geringe Platzbedarf, die robuste Gesamtkonstruktion sowie<br />
ein effizienter Betrieb gepaart mit vereinfachtem Service.<br />
Ein Beispiel: Um das maximale Drehmoment von 462 000 Nm des<br />
permanenterregten Synchronmotors mit etwa zwei Metern Durchmesser<br />
und 45 Polpaaren liefern zu können, genügen zwei Sinamics<br />
50 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
02 03<br />
S120 Chassis-2 mit einer Nennleistung von 560 kW. Im Vergleich<br />
zur Vorgängervariante, bei der zwei 800-kW-Modelle notwendig gewesen<br />
wären, sparen sich die Betreiber gleichermaßen Investitionskosten,<br />
Platz und Gewicht. Grob formuliert bauen die neuen<br />
Motormodule in diesem Leistungsbereich um die Hälfte kleiner,<br />
wobei der ökologische Footprint bei allen Leistungsklassen gleich<br />
ist, lediglich in der Höhe unterscheiden sich die leistungsmäßig<br />
kleineren von den größeren Geräten. Auch der Gewichtsvergleich<br />
besticht: Das „alte“ Gerät wiegt 450 kg, das hier eingesetzte „neue“<br />
Chassis-2 gerade mal 160 kg.<br />
HÖCHSTMÖGLICHE SICHERHEIT DANK<br />
INNOVATIVER ANTRIEBSSTEUERUNG<br />
In der Sonntagskogelbahn 2 liegen zwei gleichartige Direktmotoren<br />
konzentrisch vertikal übereinander und sind über eine zentrale Welle<br />
mechanisch miteinander verbunden. Zwei Sinamics S120 Einspeisungen<br />
und zwei Sinamics S120 Chassis-2 Motormodule lassen sich<br />
wechselweise miteinander verschalten, sodass nicht nur beim modular<br />
aufgebauten Antrieb, sondern auch bei der Antriebssteuerung<br />
die gewünschte doppelte Redundanz gegeben ist. Das heißt, jedes<br />
System ist mit reduzierter Leistung voll funktionsfähig. Karl Prammer<br />
erklärt die Zielsetzung: „Bei einem Teilausfall sind die Betreiber<br />
dennoch in der Lage, die Anlage zur Sicherheit der Personen im Lift<br />
leer zu fahren.“ Außerdem lässt sich jedes Motormodul über zwei<br />
Schalter vom Netz trennen und so bei Bedarf schnell tauschen.<br />
Für eine Motorbetriebsdrehzahl von 13,2 min -1 bei einem<br />
Nennstrom von 2 × 596 A wird eine Frequenz von etwa 9,9 Hz benötigt.<br />
Und genau hierin liegt die Stärke der neuen Motormodule der<br />
Sinamics S120 Chassis-2. Dank des neuen Umrichterdesigns ließ<br />
sich die Nennpulsfrequenz der Geräte auf 2,5 kHz verdoppeln, sodass<br />
trotz der niedrigen Motordrehzahl bzw. Frequenz ein guter<br />
Rundlauf erreicht wird. Auch die robuste Gesamtkonstruktion der<br />
01 In der Sonntagskogelbahn 2 im österreichischen Snow Space<br />
Salzburg sorgt eine neuartige Antriebstechnik für Transportkomfort<br />
und -sicherheit der Wintersportler<br />
02 Bei der Antriebssteuerung der zwei konzentrischen Direktantriebe<br />
bekamen die neuen Sinamics S120 Chassis-2 Motormodule den Zuschlag<br />
03 Signifikante Vorteile der Sinamics S120 Motormodule: Kompakte<br />
Abmessungen, Verdoppelung der Taktfrequenz und redundanter Aufbau<br />
neuen Frequenzumrichter spielt ihre Vorteile aus: Das Derating<br />
konnte stark reduziert werden, was die Geräte nicht unnötig überdimensioniert.<br />
Zudem fallen die Motorengeräusche beim Betrieb<br />
mit dem Sinamics S120 Chassis-2 spürbar geringer aus.<br />
MODULAR AUSGELEGTER SYSTEMAUFBAU<br />
Karl Prammer fasst zusammen: „Bei der technischen Weiterentwicklung<br />
gilt es in der Seilbahnindustrie zwei Punkte zu beachten: Einerseits<br />
die Kundeneffizienz, sprich das, was der Fahrgast spürt, andererseits<br />
die technische Effizienz für den Betreiber. Bei letzterem geht<br />
es vorrangig um Verfügbarkeit und Energieeffizienz.“ Deswegen setzt<br />
Frey Austria, als Siemens Solution Partner, vorzugsweise aktuelle Innovationen<br />
wie die neuen Motormodule des Sinamics S120 Chassis-2<br />
ein, um aus den Hightech-Servomotoren die beste Bewegung herauszuholen.<br />
Wenn dieses Konzept Schule macht, warten bereits die<br />
nächsten Projekte wie die Sonntagskogelbahn 3 und die Flying<br />
Mozart auf ihre Realisierung. Letztere ist eine Kabinenbahn, bei der<br />
dann vier Direktmotoren statt zwei für den „Bergauftrieb“ sorgen.<br />
Der modulare Systemaufbau von Motor und Frequenzumrichter<br />
könnte auch dort zur einfachen und effizienten Lösung beitragen.<br />
Denn eine prägnante Herausforderung speziell in der Seilbahnbranche<br />
sind die kurzen Durchlauf- und Bauzeiten. Da kommt es<br />
den Planern und Konstrukteuren entgegen, wenn Frequenzumrichterlösungen<br />
als Standard abrufbar bereit stehen, die sich nahtlos<br />
den Antrieben anpassen lassen, wie die neuen Sinamics S120<br />
Chassis-2 Motormodule. Karl Prammer bestätigt: „Die speziellen<br />
Stärken unseres Unternehmens liegen in der kundenspezifischen<br />
Auslegung solcher Projekte.“<br />
Standard-Frequenzumrichter mit den Vorteilen wie der neuen<br />
Sinamics S120 Chassis-2 Motormodule, so etwa kompakte Bauweise,<br />
ausgezeichnetes Regelverhalten und vereinfachtem Service,<br />
überzeugen im Seilbahngeschäft. Der Servicegedanke beinhaltet,<br />
dass sich die neuen Motormodule auch mit älteren Einspeisungen<br />
von Siemens kombinieren lassen. Karl Prammer zeigt sich zufrieden:<br />
„Für das kompromisslose Vergnügen der Fahrgäste ist eine<br />
moderne und effiziente Technik, wie sie unter anderem Siemens<br />
liefert, eine Grundvoraussetzung.“<br />
Fotos: Siemens AG<br />
www.siemens.de<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 51
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
DREHGEBER FÜR DIE PAPIERINDUSTRIE<br />
DAMIT ALLES GLATT LÄUFT<br />
Die Qualitätsanforderungen an Maschinen und Personal in einer Papierfabrik sind hoch, denn<br />
bereits kleinste Ungenauigkeiten oder Unzuverlässigkeiten können teure Produktionsausfälle<br />
zur Folge haben. Durch den Einsatz der „Heavy Duty“-Drehgeber von Hengstler haben die<br />
Techniker in der Fertigung und Instandhaltung eine Sorge weniger: Dank der hochpräzisen<br />
Encoder greifen alle Fertigungsschritte perfekt überwacht ineinander.<br />
Wie anspruchsvoll die Papier-Herstellung ist, lässt schon die schiere Größe<br />
der Fertigungsanlagen erahnen. Die haushohen Maschinen haben die<br />
Breite einer zweispurigen Landstraße und sind bis zu 200 m lang.<br />
Mindestens ebenso beeindruckend ist der Durchsatz der Maschinen:<br />
Bis zu 120 km Papierbahn laufen pro Stunde durch eine Anlage, die im Schnitt zu<br />
95 % ausgelastet ist. Man kann sich also unschwer vorstellen, welche Konsequenzen<br />
ein Fehler in der Maschine bei diesen riesigen Produktionsmengen hätte.<br />
Leslie Wenzler ist Manager Marketing & Communications<br />
bei der Hengstler GmbH in Aldingen<br />
AUF DIE GESCHWINDIGKEIT KOMMT ES AN<br />
In einer Papiermaschine sind unzählige Antriebssysteme sowie Komponenten<br />
verbaut, darunter um die 50 Walzen. Die Konstruktion dieser Anlagen ist sehr<br />
komplex und sehr anspruchsvoll. Alle Bauteile müssen exakt aufeinander<br />
abgestimmt sein, die Fehlertoleranzen sind minimal. Ein gutes Beispiel dafür sind<br />
die Walzen, die mit einer Genauigkeit von ± 0,3 mm ausgerichtet werden.<br />
52 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
Die Komplexität des Fertigungsablaufs<br />
erfordert hochqualifiziertes Bedienpersonal,<br />
das die Anlagen ständig im<br />
Blick hat. Melden die Maschinen<br />
eine Abweichung, bspw. in der<br />
Geschwindigkeit, muss sofort<br />
gehandelt werden, ansonsten<br />
können die Bahnen reißen und<br />
einen kostspieligen Produktionsausfall<br />
verursachen. Damit die Anlage<br />
überhaupt Unregelmäßigkeiten erkennen kann, braucht<br />
es hochpräzise Drehgeber, die die Einhaltung der wichtigen<br />
Parameter überwachen. Dazu gehört eben u. a. die Kontrolle der Geschwindigkeit<br />
jedes einzelnen Walzenantriebs, die mit der Geschwindigkeit<br />
der übrigen Walzenmotoren in Einklang gebracht werden muss.<br />
Ein weiterer wichtiger Wert ist die Papierbahnen-Spannung. Ist sie zu niedrig,<br />
kann es leicht zu Faltenbildung kommen und der gesamte Produktionsprozess<br />
gerät ins Stocken. Ist sie dagegen zu stark, können sich Risse in der Papierbahn<br />
bilden. Aus diesem Grund ist die exakte Steuerung der Drehzahl sehr wichtig,<br />
besonders beim Start der Maschine und bei einer Änderung der Antriebsgeschwindigkeit.<br />
Die Geschwindigkeit der einzelnen Motoren muss sich zudem hinsichtlich<br />
bestimmter Faktoren, wie z. B. der Elastizität des Papiers im laufenden Betrieb,<br />
kompensieren lassen.<br />
Drehgeber bestimmen darüber hinaus auch die Positionen und Durchmesser<br />
der Walzen sowie die Länge der Papierbahnen. Und sie überwachen die Temperatur<br />
im Prozess.<br />
HOHE WIDERSTANDSFÄHIGKEIT, EINFACHES HANDLING<br />
Für den Einsatz an Papiermaschinen eignen sich aufgrund des vielfältigen Anforderungsprofils<br />
spezielle „Heavy Duty“-Drehgeber, wie sie die Firma Hengstler aus dem<br />
baden-württembergischen Aldingen unter dem Produktlabel „NorthStar“ anbietet.<br />
Die Drehgeber arbeiten nicht nur mit sehr hoher Genauigkeit, sondern sind zudem<br />
äußerst robust. Sie verfügen über eine hohe Schock- und Vibrationsfestigkeit und<br />
01<br />
02<br />
01 Der Absolut-Drehgeber Acuro AR62<br />
arbeitet verschleißfrei und verfügt über die<br />
Schutzart IP69K. Er ist in einer Single- und<br />
einer Multiturn-Ausführung erhältlich<br />
02 Der Absolut-Drehgeber Acuro AR63 mit<br />
robustem Edelstahl gehäuse, auch beständig<br />
gegenüber Hochdruckreinigern
SPECIAL: HEAVY DUTY<br />
03 04 05<br />
ermöglichen so maximale Betriebszeiten. Ein weiterer Vorteil ist das<br />
einfache Handling: Sie lassen sich schnell installieren, da sie nicht<br />
aufwändig justiert werden müssen. Das „One size fits all“-Konzept erlaubt<br />
Maschinenbauern darüber hinaus eine deutlich vereinfachte Lagerhaltung<br />
und den Technikern aus der Instandhaltung einen schnellen<br />
Austausch der Drehgeber.<br />
Die Wartung der „Heavy Duty“-Drehgeber von Hengstler ist ebenso<br />
unkompliziert, was nicht nur auf die enorme Robustheit zurückzuführen<br />
ist. Die Überwachung wird auch durch eine LED-Anzeige vereinfacht, die<br />
dem Bedienpersonal auf einen Blick anzeigt, ob der Drehgeber ordnungsgemäß<br />
arbeitet, bzw. ob Zeiten für Instandhaltungsmaß nahmen eingeplant<br />
werden müssen. So lässt sich der Zeitaufwand für das Justieren, Austauschen<br />
oder Reparieren an der Anlage deutlich reduzieren.<br />
DEN ANFORDERUNGEN DER PAPIERINDUSTRIE<br />
GEWACHSEN<br />
Hengstler bietet ein umfangreiches Programm an Heavy Duty- Drehgebern<br />
an, die mit Voll- oder Hohlwelle erhältlich sind und über anpassbare<br />
Montage-Optionen verfügen. Einer dieser Encoder ist der optische Inkremental-Drehgeber<br />
HS35R. Der Drehgeber zeichnet sich durch eine hohe<br />
Auflösung von bis zu 5 000 ppr aus und hält Schocks bis zu einer Stärke von<br />
mindestens 400 g und Vibrationen zu einer Stärke von mindestens 20 g<br />
stand. Die Code-Scheibe besteht aus einer unzerbrechlichen Kunststoff-<br />
Folie und erfüllt – wie auch die übrigen Bestandteile des Drehgebers – die<br />
Anforderungen der Schutzart IP67 (bei Wellen-Geschwindigkeiten bis<br />
5 000 ppr). Das bedeutet, dass auch der bei der Papier-Herstellung<br />
umherfliegende Holzschliff die Funktionsfähigkeit des Drehgebers nicht<br />
beeinträchtigt. Zeitweilige Feuchtigkeit oder gar Nässe kann dem Bauteil<br />
ebenfalls nichts anhaben – eine Eigenschaft, die bei den großen Mengen<br />
an Wasser, die im Produktionsprozess anfallen, mindestens genauso<br />
wichtig ist. Der Drehgeber HS35R eignet sich für Wellendurchmesser von<br />
6 bis 28 mm und ist für eine Wellen-Geschwindigkeit von 6 000 RPM<br />
ausgelegt. Sein phasen gesteuerter Sensor sorgt für eine zuverlässige<br />
Signalüber tragung. All das macht den HS35R zu einem hilfreichen Produkt<br />
in der Technik, das den kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />
innerhalb der Produktionspro zesse unterstützt und fördert.<br />
UMFANGREICHER SERVICE<br />
Hersteller von Papiermaschinen profitieren beim Einsatz der „Heavy<br />
Duty“-Drehgeber von Hengstler aber nicht nur von der hochpräzisen<br />
Anlagensteuerung. Sie erhalten zudem umfangreiche Service-Leistungen.<br />
Dazu zählt neben einem kostenlosen Support bei der Installation auch die<br />
Express-Lieferung: Innerhalb von nur 48 Stunden nach der Bestellung<br />
kann der Kunde bereits sein Ersatzteil in Empfang nehmen.<br />
Fotos: Aufmacher: Fotolia; sonst.: Hengstler GmbH<br />
www.hengstler.de<br />
03 Der Heavy Duty-Drehgeber HD25L mit<br />
Atex-Zertifizierung und einer unzerbrechlichen<br />
Code-Scheibe<br />
04 Heavy Duty-Drehgeber der Serie HS56 sind die<br />
robustesten digitalen Drehgeber von Hengstler<br />
05 Der HT85 verfügt über eine große Hohlwelle von<br />
bis zu 115 mm<br />
DIE IDEE<br />
„Bei der Papierherstellung können<br />
kleinste Abweichungen in der Anlage<br />
zu Schäden am Produkt führen. Für<br />
die Kontrolle der wichtigen Para meter<br />
sind deshalb hochpräzise Drehgeber<br />
nötig. Der HS35R aus der Dynapar-<br />
Serie von Hengstler eignet sich ideal<br />
für diese Aufgabe, da er nicht nur<br />
sehr genau arbeitet, sondern auch<br />
äußerst robust ist. Wir haben bei<br />
diesem Drehgeber zudem darauf<br />
geachtet, dass er sich einfach<br />
installieren und warten lässt. So<br />
werden Stillstandzeiten auf ein<br />
Minimum reduziert.“<br />
Peter Elbel, Manager Product<br />
Implementation, Hengstler GmbH<br />
54 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
PRÄZISE OBERFLÄCHENKONTROLLE IM FOKUS<br />
.<br />
?<br />
Präzision und Sicherheit<br />
mit Bremsenlösungen von Kendrion<br />
Um Inspektionen in anspruchsvollen Fertigungsumgebungen<br />
zu erleichtern, hat Polytec das Portfolio an TopMap 3D-Oberflächenmessgeräten<br />
durch ein Paket „smarter“ Helfer ergänzt.<br />
Der im neuen TopMap QC Package enthaltene QC Verifier<br />
vermeidet Pseudoausschuss in rauer Produktionsumgebung,<br />
kompensiert Umwelteinflüsse und soll somit die Verlässlichkeit<br />
der Messergebnisse garantieren. Der QC Software Customizer<br />
ermöglicht mit anwendungsspezifischen Anpassungen der<br />
Software eine einfache Integration für Inline-Messungen. Mit<br />
dem QC Operator Interface lässt sich die Produktivität mit<br />
Ein-Klick-Lösungen erhöhen, indem Messrezepte Komplexität<br />
und Bedienerfehler reduzieren. Für den weltweiten Vergleich,<br />
die Standardisierung und das Überwachen von Messeinstellungen<br />
wurde der QC Setting Comparator entwickelt. Komplettiert<br />
wird das Package durch QC Protection Housing für physischen<br />
Schutz in rauer Umgebung und den QC Barcode Scanner zum<br />
Aufrufen voreingestellter Messrezepte.<br />
www.polytec.com<br />
Mit Sicherheit die richtige Bremse<br />
Industrieroboter sind so unterschiedlich<br />
wie die Aufgaben, die sie bewältigen.<br />
Kendrion hat Sicherheitsbremsen unterschiedlicher<br />
Funktionsprinzipien im Produktprogramm<br />
und unterstützt bei der<br />
Auswahl, bei technischen Fragen mit<br />
Beratung oder bei speziellen Aufgabenstellungen<br />
mit applikationsspezifischen<br />
Entwicklungen.<br />
Kendrion (Villingen) GmbH<br />
Wilhelm-Binder-Str. 4-6<br />
78048 Villingen-Schwenningen<br />
T +49 7721 877-1417<br />
www.kendrion-ids.com<br />
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Kendrion.indd 1 25.06.<strong>2019</strong><br />
ANSCHLUSSFERTIGE ENERGIEFÜHRUNG<br />
ONLINE KONFIGURIEREN<br />
Mit dem Online-<br />
Tool „e-ketten<br />
Experte“ von Igus<br />
können konfektionierte<br />
Energiekettensysteme<br />
mit Garantie<br />
schnell ausgelegt<br />
werden. Dabei<br />
wird die Innenaufteilung<br />
automatisch<br />
vorgenommen<br />
und der Nutzer erhält verlässliche Angaben zur<br />
Haltbarkeit der Energiekette sowie über seine eingesetzten<br />
Leitungen. So kann der Kunde das günstigste System finden,<br />
das in seine Anwendung passt. Ob freitragende, gleitende oder<br />
hängende Anwendung: Der Konfigurator ermittelt die Energiekette,<br />
die sich am besten eignet. Dafür werden zunächst die<br />
unkonfektionierten oder konfektionierten Leitungen ausgesucht<br />
und die Anwendungs- und Umgebungsparameter<br />
eingegeben. Dann wird die passende Energiekette aus einer<br />
Vorauswahl ausgewählt und konfiguriert. Zur Auswahl stehen<br />
über 1 300 hoch flexible Chainflex-Leitungen und über 4 200 konfektionierte<br />
Readycable-Antriebsleitungen. Das Tool kann vom<br />
Smartphone, Tablet oder PC aus bedient werden unter<br />
www.igus.de/e-ketten-experte.<br />
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www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 55<br />
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FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
PEER REVIEWED<br />
SIMULATION SCHNELL DREHENDER<br />
WELLE-LAGER-SYSTEME – TEIL 2<br />
Sowohl zur Simulation schnell drehender, kegelrollengelagerter Welle-Lager-<br />
Systeme als auch zur Auslegung hochdrehzahlgeeigneter Kegelrollenlager oder<br />
deren Nachrechnung ist es notwendig, das Betriebsverhalten – hier insbesondere<br />
die Zusammenhänge zwischen Last, Drehzahl und Verlagerung – rechnerisch<br />
abbilden zu können. Die derzeit verfügbaren Wälzlagerberechnungsprogramme<br />
sind meist herstellerspezifisch oder vernachlässigen wesentliche drehzahlbedingte<br />
Effekte. Die hier vorgestellte Methode ermöglicht die Berechnung von<br />
Kegelrollenlagern mit benutzerdefinierter Geometrie unter Berücksichtigung des<br />
Drehzahleinflusses. Zur Abschätzung der Qualität der Berechnungsergebnisse<br />
erfolgt ein Vergleich mit kommerziellen Programmen.<br />
Hochdrehzahlgeeignete Kegelrollenlager können wegen<br />
ihrer hohen Steifigkeit in bestimmten Fräsmaschinen-<br />
Hauptspindel-Anwendungen theoretisch eine Alternative<br />
zu den üblicherweise eingesetzten Spindellagern in<br />
Radial-Schrägkugellager-Bauweise sein. In der Praxis ist jedoch die<br />
Drehzahleignung von Kegelrollenlagern – von einigen Sonderbauformen<br />
abgesehen – für den Hauptspindeleinsatz zu gering. Um<br />
Kegelrollenlager gezielt für hohe Drehzahlen auslegen zu können<br />
und das Betriebsverhalten – also bspw. die Steifigkeiten und die<br />
Eigenfrequenzen und Eigenformen – der damit ausgestatteten Welle-<br />
Lager-Systeme simulieren zu können, ist es notwendig, das Betriebsverhalten<br />
der einzelnen Lager zu berechnen. Da die heute<br />
verfügbaren Wälzlagerberechnungsprogramme dafür nur sehr eingeschränkt<br />
geeignet sind, soll es die hier vorgestellte Berechnungs<br />
methode ermöglichen, das Betriebsverhalten einzelner Kegelrollenlager<br />
mit quasi beliebiger Geometrie unter Berücksichtigung<br />
drehzahlbedingter Effekte, wie etwa der Fliehkräfte, zu berechnen.<br />
Das Verfahren soll ein Modul für die in Teil 1 [BREC19] vorgestellte<br />
Berechnungsumgebung sein und die dort eingesetzte iterative<br />
Gleichgewichtsbestimmung nutzen.<br />
Der Schwerpunkt der hier vorgestellten Methode liegt auf der Berücksichtigung<br />
des Drehzahleinflusses, der Verwendung eines anderen<br />
als dem hertzschen Kontaktmodell zur Abbildung beliebiger<br />
Kontaktgeometrien – also auch den in einem Kegelrollenlager auftretenden<br />
gleichsinnig (konvex – konkav) und gegensinnig gekrümmten<br />
(konvex – konvex) gekrümmten Wälzkörper-Lagerring-<br />
Kontakten – und der Bestimmung der Geschwindigkeitsverhältnisse<br />
in den Rolle-Ring-Kontakten.<br />
56 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
PEER REVIEWED<br />
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
VERFÜGBARE WÄLZLAGER-<br />
BERECHNUNGSPROGRAMME<br />
Herstellerspezifische Berechnungsprogramme wie etwa Bearinx,<br />
Caba3D und Telos von Schaeffler Technologies [SCHA14] oder<br />
Bearing Beacon, Orpheus und Beast von SKF [SKF09] bieten Funktionsumfänge,<br />
die teilweise weit über die der hier vorgestellten Berechnungen<br />
hinausgehen. Gleichzeitig sind sie jedoch herstellerspezifisch.<br />
Zur freien Nutzung durch Dritte stehen sie nur sehr eingeschränkt<br />
und nicht zur Berechnung beliebiger Lagergeometrien<br />
zur Verfügung. Kommerzielle Berechnungsprogramme von Drittanbietern<br />
decken nicht den gesamten im Folgenden beschriebenen<br />
Funktionsumfang zur Berechnung von Kegelrollenlagern ab. Dies<br />
gilt insbesondere für die Möglichkeiten, Lager mit Bord am Außenring,<br />
die Kontaktbedingungen in nicht hertzschen Kontakten oder<br />
die Effekte hoher Drehzahlen zu berechnen.<br />
Das in Teil 1 [BREC19] vorgestellte Berechnungsprogramm<br />
MTPlus basiert in Teilen auf der wesentlich von Tüllmann [TÜLL99]<br />
für Spindellager entwickelten Berechnungsumgebung WinLager.<br />
MTPlus ist so aufgebaut, dass in eine bestehende Gesamtarchitektur<br />
zur Berechnung von Welle-Lager-Systemen einzelne Module<br />
zur Abbildung unterschiedlicher Wälzlager integriert werden können.<br />
Diese Wälzlagermodule wiederum können auf verschiedene,<br />
von allen Modulen gemeinsam genutzte Methoden, etwa zur Kontaktberechnung,<br />
zurückgreifen.<br />
GÄNGIGE VERFAHREN ZUR KONTAKT-<br />
BERECHNUNG IN WÄLZLAGERN<br />
In Kegelrollenlagern liegen zwischen den Rollen und den Ringen<br />
zwei grundverschiedene Kontaktarten vor: Die Laufbahnkontakte<br />
können in erster Näherung als Linienkontakte betrachtet werden.<br />
Hier ist Rollreibung der dominierende Reibungsanteil und die Kontaktnormalspannungen<br />
können 2 000 MPa und mehr betragen. Der<br />
Kontakt zwischen der großen Wälzkörperstirn und dem Ringbord<br />
hingegen ähnelt einem Punktkontakt. Die Kontaktnormalspannungen<br />
sind hier etwa eine Größenordnung kleiner und es treten nicht<br />
zu vernachlässigende Gleitreibungsanteile auf.<br />
Zur Abbildung linienförmiger Wälzkontakte in Rollenlagern<br />
haben sich sogenannte Scheibenmodelle bewährt. Hierbei werden<br />
die beiden Kontaktpartner in gleichbreite zylindrische Scheiben<br />
zerlegt, womit Profilierungen oder konische Kontaktpartner durch<br />
gestufte Körper angenähert werden. Der gesamte Kontakt kann als<br />
Summe mehrerer einzelner Linienkontakte zylindrischer Körper<br />
betrachtet werden. Durch eine Anpassung der Scheibenbreite und<br />
die Definition von Übergangsbedingungen zwischen den Scheiben<br />
ist es möglich, die Effekte von Profilierungen, Profilunstetigkeiten<br />
oder endlicher Kontaktlängen auf die Normalspannungsverteilung<br />
und mögliche Spannungsüberhöhungen zu berücksichtigen.<br />
[DIN10; TEUT05]<br />
Zur Berechnung der Kontaktbedingungen im Rolle-Bord-Kontakt<br />
wird in den meisten Fällen angenommen, dass es sich dabei um<br />
einen hertzschen Punktkontakt handelt [DALM81; KARN74;<br />
LIU76]. Schon für die in der Praxis weit verbreitete Kontaktpaarung<br />
zwischen einer kugelkappenförmigen Rollenstirn und einem Bord<br />
in Form eines unprofilierten senkrechten Kreiskegels wird die für<br />
01 Koordinaten und Abstände bei der Berührung zweier beliebig<br />
gekrümmter Körper im unbelasteten und belasteten Zustand nach<br />
[HART79]<br />
02 Vernetzung der Berührfläche zweier beliebig gekrümmter<br />
Körper nach [HART79]<br />
die Gültigkeit der hertzschen Theorie zu erfüllende Forderung nach<br />
konstanten Krümmungsradien in den beiden Hauptkrümmungsebenen<br />
[JOHN85] nicht exakt erfüllt. Bei der Untersuchung alternativer<br />
Kontaktgeometrien können die Abweichungen von diesem<br />
Ideal noch größer und das Ergebnis somit ungenauer werden.<br />
Das Verhalten schränkender Wälzkörper – d. h. die Wälzkörperachse<br />
und die Lagerachse liegen nicht in einer Ebene – kann mit<br />
den beiden genannten Kontaktmodellen nur unzureichend abgebildet<br />
werden.<br />
Die Finite-Elemente-Methode (FEM) ermöglicht die Lösung solcher<br />
Kontaktprobleme für quasi beliebige Wälzkörpergeometrien<br />
und Positionen der Wälzkörper zueinander. Sie ist jedoch sehr<br />
rechenaufwändig, macht umfangreiche Vor- und Nachbearbeitung<br />
der Berechnungen notwendig und nutzt in vielen Fällen kommerzielle<br />
Lösungsalgorithmen. Die FEM ist daher für die Anwendung zur<br />
Kontaktberechnung in einer Berechnungsumgebung wie MTPlus<br />
nur sehr eingeschränkt geeignet.<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 57
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
PEER REVIEWED<br />
BERECHNUNG BELIEBIG GEKRÜMMTER<br />
KONTAKTE<br />
Von Hartnett [HART79; HART80] wird eine vielseitig anwendbare<br />
Methode zur Berechnung quasi beliebig geformter Kontaktpartner<br />
vorgestellt, die auf der Last-Verlagerungsbeziehung für elastische<br />
Halbräume nach Boussinesq [BOUS85; LOVE06] basiert. Von verschiedenen<br />
Autoren [BECK90; MERM16; ZHU12] wird diese Methode<br />
zur Untersuchung von Linienkontakten in Wälzlagern genutzt.<br />
Das im Folgenden beschriebene Vorgehen entspricht in<br />
weiten Teilen dem von Hartnett [HART79; HART80]. Die im Rahmen<br />
der beschriebenen Arbeiten entstandene Umsetzung in Programmcode<br />
erlaubt die Einbindung als eines der austauschbaren<br />
Kontaktmodelle in MTPlus (vgl. [BREC19]).<br />
Ausgehend von zwei beliebig gekrümmten, sich in einem Punkt<br />
berührenden Körpern kann deren Oberflächenabstand senkrecht<br />
zur gemeinsamen Tangentialebene durch die Summe der Abstände<br />
z 1<br />
und z 2<br />
zu dieser Tangentialebene bestimmt werden (Bild 01). Bei<br />
einer gegebenen Starrkörperannäherung δ der beiden Kontaktkörper<br />
gelten für den Zusammenhang zwischen den Abständen<br />
und den Verlagerungen w 1<br />
und w 2<br />
in der unmittelbaren Umgebung<br />
des Berührpunktes die folgenden Zusammenhänge:<br />
Darin fasst k die Materialkonstanten der beiden Kontaktkörper<br />
zusammen:<br />
Nach dem Ansatz von Hartnett [HART79] treten in Gl. (7) drei unbekannte<br />
Größen auf: Die Kontaktfläche A, die Druckverteilung<br />
P(x‘, y‘) und die Starrkörperannäherung δ. Um dieses Problem<br />
numerisch zu lösen, wird die Kontaktfläche in rechteckige Flächenelemente<br />
aufgeteilt (Bild 02). Die diskretisierte Fläche muss dabei<br />
zunächst größer sein als die sich tatsächlich einstellende Kontaktfläche;<br />
ein geeigneter Startwert ist z. B. eine rechteckige Fläche deren<br />
Kantenlängen der Wälzkörpermantellinienlänge und der doppelten<br />
Breite der Kontaktfläche, die sich für einen idealen Kontakt<br />
zweier Zylinder mit den mittleren Abmaßen der Kontaktkörper ergeben<br />
würde. Unter der Annahme, dass der Druck über einem Flächenelement<br />
konstant ist, lässt sich das Integral in Gl. (7) als Summe<br />
schreiben und die Gleichung kann wie folgt dargestellt werden:<br />
Aus der elastischen Verformung der Kontaktkörper ergibt sich aus<br />
jeder Verformung w an einer Stelle (x, y) ein örtlicher Druck P(x‘, y‘).<br />
Aufsummiert über die gesamte Kontaktfläche A muss die Summe<br />
der lokalen Drücke der von außen an den Kontakt angreifenden<br />
Kraft F entsprechen (Gl. (3)). Weiterhin gilt, dass nur innerhalb der<br />
Kontaktfläche Drücke auftreten können (Gl. (4), (5)).<br />
Darin ist r die Anzahl der Flächenelemente, ist der mittlere Druck<br />
über dem Flächenelement j, Z 1i<br />
und Z 2i<br />
sind die Verlagerungen der<br />
beiden Körper 1 und 2 am Mittelpunkt des Flächenelements i.<br />
Durch die Einflusszahl f ij<br />
wird die Verlagerung über dem Flächenelement<br />
j aufgrund des mittleren Drucks über dem Flächenelement<br />
i ausgedrückt. Für rechteckige Flächenelemente mit den Kantenlängen<br />
2a und 2b gilt für f ij<br />
:<br />
Der Ansatz für die Last-Verlagerungs-Beziehung nach Boussinesq<br />
basiert auf der Annahme der Gültigkeit der elastischen Halbraumtheorie,<br />
die u. a. voraussetzt, dass die Ausdehnung der Kontaktfläche<br />
klein ist im Vergleich zu den lokalen Krümmungsradien<br />
[JOHN85]. Der Ansatz berücksichtigt, dass die Verteilung der örtlichen<br />
Belastung über der Kontaktfläche P(x‘, y‘) Auswirkungen auf<br />
die Verlagerung w(x, y) an jeder Stelle innerhalb der Kontaktfläche<br />
hat. Für den Kontaktkörper i gilt somit:<br />
Mit dieser Gleichung lässt sich der Zusammenhang der Starrkörperabstände<br />
und Verlagerungen nach Gl. (1) darstellen als:<br />
Darin sind und die relativen Abstände in x- und y-Richtung<br />
zwischen den Mittelpunkten zweier Flächenelemente i und j. Die so<br />
entstehende Einflusszahlenmatrix wird sehr schnell sehr groß. Bei<br />
einem Netz mit m × n Elementen ergeben sich (m × n)² Einflusszahlen.<br />
Vorteilhaft ist, dass die Einflusszahlen nur von der Geometrie<br />
des Netzes abhängig sind und somit für jedes Netz nur einmal<br />
bestimmt werden müssen. Die Größe der Einflusszahlenmatrix<br />
stellt dennoch eine Grenze für die Auflösung des Netzes dar. Schon<br />
für mäßig feine Netze schlägt Hartnett [HART79] daher wegen der<br />
damals verfügbaren Rechenleistung eine Aufteilung des Netzes in<br />
gleiche, sich wiederholende Streifen vor. Brecher et al. [BREC16]<br />
hingegen nutzen eine Kombination aus einem groben Netz und<br />
einem lokalen feinen Netz, um ganze Zahnflankenoberflächen so<br />
58 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
PEER REVIEWED<br />
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
fein vernetzen zu können, dass technisch raue Oberflächenstrukturen<br />
abgebildet werden können und sich dennoch annehmbare<br />
Rechenzeiten ergeben.<br />
Für das hier vorliegende Problem haben sich diese Methoden<br />
zur Netzfeinung oder Rechenzeitoptimierung als nicht notwendig<br />
erwiesen.<br />
BERECHNUNG DER WINKELGESCHWINDIGKEITEN<br />
Zur Berechnung der Oberflächengeschwindigkeiten in den Kontakten<br />
müssen zunächst die Winkelgeschwindigkeiten der einzelnen<br />
Elemente des Lagers bestimmt werden. Dazu wird hier davon ausgegangen,<br />
dass der Außenring still steht. Der Innenring rotiert mit<br />
der Winkelgeschwindigkeit ω um die Lagerachse. Ein einzelner<br />
Wälzkörper rotiert mit der Winkelgeschwindigkeit ω K<br />
, mit der der<br />
Käfig und somit der Wälzkörpersatz um die Lagerachse rotiert, um<br />
die Lagerachse. Gleichzeitig rotiert er, angetrieben durch die Abwälzbewegung,<br />
mit der Winkelgeschwindigkeit ω WK<br />
um seine Symmetrieachse.<br />
Nach Harris [HARR07b] gelten für diese Winkelgeschwindigkeiten<br />
im allgemeinen Fall eines Schrägkugellagers<br />
folgende Zusammenhänge:<br />
03 Kontaktpunktfindung für zwei beliebige 2D-Profile<br />
04 Ausrichtung der Lagerbauteile im Raum zur<br />
Kontaktberechnung<br />
Grundsätzlich sind darin die Rollradien und die Druckwinkel<br />
am Innen- und Außenring α i<br />
und α a<br />
sowie der Roll-Wälzwinkel<br />
β und der Gier-Wälzwinkel β‘ unbekannt und müssen iterativ<br />
bestimmt werden [HARR07b]. Die Rollradien und sind die<br />
Abstände zwischen dem Kugelmittelpunkt und der Achse innerhalb<br />
der Kontaktfläche von Kugel und Laufbahn, die durch die<br />
beiden Punkte reinen Rollens – also die Momentanpolachse der<br />
Rollbewegung – läuft. Damit muss die iterative Bestimmung der<br />
Geometriegrößen und Winkelgeschwindigkeiten auch die Deformationen<br />
in den Wälzkontakten und somit die im Lager vorliegende<br />
Belastungssituation berücksichtigen. Eine numerisch exakte Bestimmung<br />
der Winkelgeschwindigkeiten ist also nur mittels einer<br />
gekoppelten Kraft- und Geschwindigkeitsgleichgewichtsberechnung<br />
möglich. Die Übertragbarkeit dieser Formeln von Schrägkugellagern<br />
auf Rollenlager wird von Harris [HARR07b] zwar erwähnt<br />
aber nicht ausgeführt.<br />
BESTIMMUNG DES BERÜHRPUNKTS UND DER<br />
OBERFLÄCHENABSTÄNDE<br />
Die Bestimmung der aus den Positionen der Wälzlagerbauteile<br />
resultierenden Kontaktnormalkräften bildet den Kern der in<br />
[BREC19] ausführlich beschriebenen Gleichgewichtsiteration in<br />
MTPlus.<br />
Bei der von Hartnett [HART79; HART80] vorgestellten Methode<br />
zur Kontaktberechnung wird die von außen auf die Kontaktpartner<br />
einwirkende Kraft als gegeben angenommen und es werden die<br />
Starrkörperannäherung und die Druckverteilung über der Kontaktfläche<br />
gesucht. In der hier beschriebenen Anwendung ist die Situation<br />
umgekehrt: Die Position der Kontaktpartner zueinander und<br />
somit die Starrkörperannäherung sind als Iterationsvariable gegeben.<br />
Zu dieser Starrkörperannäherung muss die resultierende Kontaktnormalkraft<br />
bestimmt werden.<br />
Zur Lösung dieses Problems wird hier keine Deformation im Sinne<br />
einer Abplattung in den Kontakten bestimmt. Aus der relativen Lage<br />
der beiden Kontaktpartner zueinander wird eine Überdeckung der<br />
beiden Kontaktpartner bestimmt. Da sich die realen Bauteile nicht<br />
durchdringen können, müssen sich die Kontaktpartner um den Betrag<br />
der Überdeckung abplatten. Die Summe der maximalen Überdeckung<br />
entspricht also der maximalen Summe der Abplattungen<br />
und somit der Starrkörperannäherung. Eine wesentliche Herausforderung<br />
zur Lösung besteht darin, den theoretischen Kontaktpunkt<br />
der beiden Kontaktpartner im undeformierten Zustand und die<br />
Oberflächenabstände an den Stellen der Mittelpunkte der Flächenelemente,<br />
die sich aus der Diskretisierung der Kontaktfläche ergeben,<br />
zu bestimmen. Da die Beschreibung der Wälzkörper- und<br />
Ringprofilierung im Kegelrollenlagermodul von MTPlus nicht<br />
durch Formeln sondern durch Punktewolken geschieht, um belie<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 59
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
PEER REVIEWED<br />
bige – auch real gemessene – Geometrien berücksichtigen zu können,<br />
können diese Abstände nicht analytisch bestimmt werden.<br />
Allgemein gilt für die Oberflächen zweier Körper, die sich in<br />
einem Punkt berühren, dass sie eine gemeinsame Tangentialebene<br />
besitzen und ihr Abstand dort Null beträgt. Im hier vorliegenden<br />
Fall zweier sich gedanklich überschneidender Profile kann die<br />
zweite Forderung auch so ausgedrückt werden, dass die Gerade<br />
durch die beiden Punkte gleicher Steigung in den beiden Punkten<br />
senkrecht zu jedem der beiden Profile stehen muss. Da ein Schränken<br />
(Gieren) der Wälzkörper zunächst nicht berücksichtigt wird,<br />
kann die Berührpunktfindung in einer zweidimensionalen Betrachtung<br />
erfolgen. Die Bedingungen für die Existenz eines Berührpunkts<br />
K(x k<br />
,y k<br />
) zwischen zwei Profilen P 1<br />
und P 2<br />
lassen sich wie<br />
folgt formulieren (vgl. Bild 03):<br />
Die Profile der beiden Kontaktpartner werden zunächst entsprechend<br />
der durch die Innenring- und Wälzkörperiteration vorgegebenen<br />
Position im Raum verschoben. Daraus ergibt sich die in<br />
Bild 03 dargestellte Lage, in der sich die beiden Profile überschneiden.<br />
Nach Gl. (15) ergeben sich unendlich viele Punktepaare<br />
an denen die Steigung der beiden Profile gleich ist. Die<br />
theoretischen Berührpunkte sind daraus die beiden Punkte mit<br />
minimalem Abstand. Mathematisch kann dieses Problem als Optimierungsproblem<br />
aufgefasst werden. Die zur Lösung eines solchen<br />
einsetzbaren Algorithmen setzen in vielen Fällen eine formelmäßige<br />
Beschreibung der Profile und je nach Verfahren sogar deren Ableitung<br />
voraus. Da die Profile hier nur als Punktewolke – also als<br />
Matrix mit Wertetripeln aus x-, y- und z-Koordinaten vorliegen,<br />
müsste dazu zunächst eine Näherungsfunktion zur Beschreibung<br />
der Profile erstellt werden. Da sich die Lage der Kontaktkörper zwischen<br />
allen Iterationsschritten ändert, müssten diese Näherungsfunktionen<br />
in jedem Schleifendurchlauf neu bestimmt werden.<br />
Darauf wird hier verzichtet. Es wird stattdessen ein einfach zu<br />
programmierender Brute-Force-Ansatz zur Anwendung gebracht.<br />
Ob sich daraus Nachteile im Hinblick auf die Rechenzeit ergeben,<br />
wurde noch nicht untersucht.<br />
Zunächst werden die Steigungen der beiden Profile in allen<br />
Punkten durch die Bildung lokaler Differenzenquotienten zweier<br />
benachbarter Punkte gebildet. In den bisher untersuchten Fällen,<br />
bei denen die Punktewolken aus der numerischen Auswertung<br />
analytischer Funktionen hervorgehen, ist dies ausreichend genau.<br />
Im Falle real gemessener Oberflächen, können hier zusätzliche<br />
Interpolationen oder Mittwertbildungen notwendig werden, um<br />
sinnvolle Ergebnisse zu erzielen.<br />
Anschließend wird für alle Punkte des einen Profils die Steigungsdifferenz<br />
zu allen Punkten des anderen Profils gebildet. In der<br />
so entstehenden Matrix mit Steigungsdifferenzen gehören diejenigen<br />
Einträge mit den betragsmäßig kleinsten Werten zu den Punktepaaren,<br />
die als Berührpunkte in Frage kommen. Konkret werden<br />
die kleinsten 10 % betrachtet; dieser Wert ist willkürlich gewählt. Im<br />
nächsten Schritt wird für diese Punkte der Abstand zwischen den<br />
beiden korrespondierenden Punkten auf den beiden Profilen bestimmt.<br />
Das Punktepaar mit dem kleinsten Abstand wird als das<br />
Paar der Berührpunkte angenommen. Je feiner die Punktewolke<br />
aufgelöst ist, desto genauer ist das Ergebnis.<br />
Die Lage des Punktes im Raum, in dem sich die beiden Profile im<br />
unbelasteten Zustand theoretisch berühren (Punkt K in Bild 03), ist<br />
damit noch nicht bekannt. Der gemeinsame Berührpunkt muss auf<br />
der Geraden g durch das Punktepaar kleinsten Abstands und zwischen<br />
den beiden Profilen liegen. Da seine genaue Lage entlang der<br />
Berührnormalen für die zur Kontaktberechnung notwendigen Abstandsbestimmungen<br />
nicht benötigt wird, wird der Berührpunkt<br />
symmetrisch zwischen die beiden Punkte des bereits genannten<br />
Punktepaares gelegt. Insbesondere bei unterschiedlichen Materialien<br />
der beiden Kontaktpartner ist diese Annahme jedoch nicht korrekt.<br />
Der so bestimmte Berührpunkt liegt im Zentrum des Netzes aus<br />
Flächenelementen, in dem die Elementgröße, die Elementmittelpunktabstände<br />
und die Oberflächenabstände der Kontaktpartner<br />
nach Bild 02 bestimmt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch,<br />
dass die Ebene, in der das Netz liegt, senkrecht zur Berührnormalen<br />
liegt und durch den Berührpunkt geht.<br />
Sämtliche Geometrieelemente, mit denen die Ringe und Wälzkörper<br />
beschrieben werden, sind in einem globalen Koordinatensystem<br />
definiert, dessen Ursprung in der Wälzkegelspitze des Lagers<br />
liegt und dessen x-Achse mit der Symmetrieachse des Außenrings<br />
zusammenfällt (Bild 04a). Da der Außenring während der Iteration<br />
seine Position nicht ändert, ist dieses Koordinatensystem ortsfest.<br />
Das Netz wird so in dieses globale Koordinatensystem gelegt, dass<br />
seine x-Achse, die gleichzeitig Symmetrieachse des Netzes ist, mit<br />
der globalen x-Achse zusammenfällt. Die y-Achse des Netzes verläuft<br />
parallel zur globalen y-Achse; ist gegenüber dieser jedoch in<br />
x-Richtung verschoben. Der Betrag der Verschiebung ist so gewählt,<br />
dass eine Kante des vernetzten Bereichs mit der globalen y-Achse<br />
zusammenfällt; sie läuft also durch den Ursprung. Das Netz erstreckt<br />
sich dann in Richtung der negativen x-Achse (Bild 4c).<br />
Zur Bestimmung der Oberflächenabstände an den Elementmittelpunkten<br />
werden die Wertetripel-Matrizen, die die Profilierung<br />
beschreiben, und weitere Geometrieelemente durch Translation<br />
und Rotation so im globalen Koordinatensystem transformiert,<br />
dass die gemeinsame Berührnormale parallel zur z-Achse steht<br />
(vgl. Bilder 04a-b). Der Punkt der Ringlaufbahn, in dem in einem<br />
idealen, unprofilierten Lager der Übergangspunkt von der Mantelzur<br />
großen Stirnfläche des Wälzkörpers liegt, wird als Bezugspunkt<br />
für die Translation gewählt. Er wird in den globalen Koordinatenursprung<br />
gelegt. Die zur Abstandsbestimmung benötigten Punkte<br />
auf den Kontaktpartneroberflächen werden gebildet, in dem die<br />
Punktewolken, die die Profilierung beschreiben, um die Rotationsachse<br />
des jeweiligen Kontaktpartners rotiert werden. Dazu wird ein<br />
aus der Berechnung von Computergrafiken bekanntes Verfahren<br />
zur Rotation eines beliebigen Punktes um eine beliebige Achse in<br />
homogenen Koordinaten genutzt [VORN08]. Da alle Transformationen<br />
in homogenen Koordinaten durchgeführt werden, können<br />
auch Translationen als Matrizenmultiplikation durchgeführt werden.<br />
Die Translation eines Punktes P(x, y, z) um den Translationsvektor<br />
ergibt sich mittels Vektoraddition zu:<br />
Durch Matrizenmultiplikation in homogenen Koordinaten ergibt<br />
sie sich zu [VORN08]:<br />
60 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
PEER REVIEWED<br />
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
Da bei der Erzeugung der Rotationsoberfläche der Rotationswinkel<br />
um die Rotationsachse die Laufvariable ist, liegen die so erzeugten<br />
Punkte noch nicht an den x-y-Koordinaten der Elementmittelpunkte<br />
des Netzes vor. Es wird daher eine Näherungsfunktion gebildet, die<br />
durch die Oberflächenpunkte verläuft. Diese Näherungsfunktion<br />
wird an den x-y-Koordinaten der Elementmittelpunkte ausgewertet.<br />
So ergeben sich die z-Koordinaten der beiden Kontaktpartneroberflächen<br />
an den Elementmittelpunkten. Daraus lassen sich<br />
unmittelbar die zur Lösung des Kontaktproblems nach Gl. (9) benötigten<br />
Oberflächenabstände bestimmen.<br />
BESTIMMUNG DER KONTAKTBELASTUNG UND<br />
DER KONTAKTNORMALKRAFT<br />
In dem Vorgehen nach Hartnett [HART79] lässt sich aus Gl. (9) ein<br />
lineares Gleichungssystem mit r Gleichungen und r + 1 Unbekannten<br />
aufstellen. Dies sind die r unbekannten mittleren Drücke<br />
über den einzelnen Flächenelementen und die Starrkörperannäherung<br />
δ. Als weitere Gleichung wird daher zusätzlich das Kräftegleichgewicht<br />
nach Gl. (3) benötigt. Im hier vorliegenden Fall wird<br />
δ als Iterationsvariable von außen vorgegeben. Dennoch kann das<br />
Problem nicht in einem Schritt gelöst werden. In Matrizenschreibweise<br />
lässt sich Gl. (9) wie folgt darstellen:<br />
05 Radien zur Bestimmung der Winkelgeschwindigkeiten<br />
06 Ermittlung der Summen- und Relativgeschwindigkeit im<br />
Kontakt [DOON95]<br />
Das Gleichungssystem in Gl. (20) lässt sich durch Multiplikation<br />
mit der inversen Einflusszahlenmatrix lösen:<br />
Da das Netz größer angenommen werden muss als die eigentliche<br />
Kontaktfläche, gibt es auch Flächenelemente j, an den kein Kontakt<br />
herrscht. An diesen Stellen ergeben sich nach Gl. (22) negative<br />
Pressungen, welche in Realität nicht auftreten können. Die Gleichung<br />
muss daher mehrfach gelöst werden. Zwischen zwei Lösungen<br />
müssen alle Flächenelemente j* eliminiert werden, an denen<br />
negative Drücke vorliegen. Dazu werden in und die j*-ten Zeilen<br />
gestrichen. In f werden die j*-ten Zeilen und Spalten gestrichen.<br />
Vor der ersten Lösung von Gl. (22) werden zusätzlich alle Zeilen<br />
und Spalten gestrichen, die zu Flächenelementen gehören, an denen<br />
der Oberflächenabstand größer ist als die Starrkörperannäherung.<br />
Diese Flächenelemente können nicht in Kontakt kommen.<br />
Um einen Lösungsvektor für das gesamte Netz angeben zu können,<br />
wird im Ergebnis in an allen Stellen, an denen während der<br />
Lösung eine Zeile gestrichen wurde, der Wert Null gesetzt.<br />
Zur Gleichgewichtsiteration in MTPlus werden zunächst nur die<br />
Kontaktnormalkräfte, die zwischen den Wälzkörpern und den Ringen<br />
wirken, benötigt. Diese werden analog zu Gl. (3) bestimmt,<br />
indem die mittleren lokalen Drücke mit den jeweiligen Elementflächen<br />
multipliziert und über das gesamte Netz aufsummiert werden.<br />
Somit ergibt sich als Betrag der Kontaktnormalkraft:<br />
Multipliziert mit dem Normaleneinheitsvektor der Berührnormalen<br />
kann damit der Vektor der im Berührpunkt am Wälzkörper angreifenden<br />
Kraft gebildet werden. Alle drei an einem Wälzkörper<br />
angreifenden Kontaktnormalkräfte müssen im Gleichgewicht stehen<br />
damit die Wälzkörperiteration abgeschlossen ist und die Kräftesumme<br />
am Innenring gebildet wird. Es gilt dann:<br />
Neben den angreifenden Kräften müssen auch die aus den Kräften<br />
resultierenden Momente im Gleichgewicht stehen. Da nicht alle<br />
Kontaktnormalkraftvektoren durch den Wälzkörperschwerpunkt<br />
laufen und zusätzlich unter Drehzahl ein gyroskopisches Moment<br />
um die y-Achse des Wälzkörpers durch seinen Schwerpunkt auftritt,<br />
kann diese Summe nicht a priori zu Null angenommen werden.<br />
Die aus den im Kontaktkräften resultierenden Momente ergeben<br />
sich, indem zu jedem Elementmittelpunkt der Radiusvektor zum<br />
Wälzkörperschwerpunkt gebildet wird und damit das Kreuzprodukt<br />
mit dem lokalen Kraftnormalenvektor gebildet wird.<br />
Während der Gleichgewichtsiteration wird die Normalspannungsverteilung<br />
über der Kontaktfläche nur zur Bestimmung der<br />
Kontaktnormalkräfte benötigt. Zur Einsparung von Rechenzeit wird<br />
daher zunächst mit groben Netzen gearbeitet bis eine Gleichgewichtsposition<br />
für den Innenring gefunden wurde. Diese Gleich-<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 61
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
PEER REVIEWED<br />
gewichtsposition wird als Startwert für einen erneuten<br />
Durchlauf der gesamten Iterationsschleife mit<br />
feiner aufgelösten Netzen verwendet. Für die Kontaktnormalkräfte<br />
und die Verlagerungen ergeben<br />
sich nur geringe Unterschiede zwischen den Lösungen.<br />
Für die Normalspannungsverteilung wird<br />
das Ergebnis jedoch deutlich genauer, was eine genauere<br />
Beurteilung der Kontaktbedingungen nach<br />
Abschluss der Gleichgewichtsiteration ermöglicht.<br />
BESTIMMUNG DER WINKEL- UND<br />
OBERFLÄCHENGESCHWINDIGKEITEN<br />
Die Geschwindigkeiten der Wälzlagerbauteile sind<br />
zur Berechnung und Beurteilung des Betriebszustands<br />
eines Lagers an mehreren Stellen von Bedeutung:<br />
Einerseits ergeben sich aus der Rotation<br />
der Wälzkörper um die Lagerachse Fliehkräfte und<br />
gyroskopische Momente, die bei der Gleichgewichtsiteration<br />
berücksichtigt werden müssen und somit<br />
in die oben beschriebene Bestimmung der Kontaktbelastung<br />
eingehen. Andererseits sind die<br />
Oberflächengeschwindigkeiten in den Kontaktflächen<br />
von wesentlicher Bedeutung für die Bestimmung<br />
der Lagerreibung und die Beurteilung des<br />
Betriebszustands.<br />
Bei der Anwendung der Gl. (12) und (13) nach<br />
Harris [HARR07b] zur Bestimmung der Winkelgeschwindigkeiten<br />
des Wälzkörpers wird vereinfachend<br />
angenommen, dass kein Schränken des<br />
Wälzkörpers auftritt. Somit gilt: β‘ = 0. Weiterhin<br />
wird angenommen, dass die Radien reinen Rollens<br />
und konstant sind und ihre Werte denen im<br />
unbelasteten Zustand entsprechen. Da die Abplattungen<br />
in den Kontakten sehr klein sind, ist der<br />
daraus entstehende Fehler vernachlässigbar. Der<br />
Roll-Wälzwinkel β entspricht in einem idealen<br />
Kegel rollenlager dem Mittelwert von Innen- und<br />
Außenringdruckwinkel α i<br />
und α a<br />
. Bei der hier durchgeführten<br />
Gleichgewichtsiteration muss er bei jedem<br />
Iterationsschritt um den Aufstellwinkel des<br />
Wälzkörpers korrigiert werden. Bei einem Kegelwinkel<br />
γ des Wälzkörpers werden der Innen- und<br />
Außenringdruckwinkel α i<br />
und α a<br />
hier zu α i<br />
= β – 0,5 γ<br />
und α a<br />
= β + 0,5 γ angenommen.<br />
In einem unbelasteten idealen Kegelrollenlager<br />
herrscht in den Rolle-Laufbahn-Kontakten reines<br />
Rollen; die Oberflächengeschwindigkeiten von<br />
Wälzkörper und Ring sind im Kontaktpunkt also<br />
gleich groß. Mit dieser Bedingung und den Gl. (12)<br />
und (13) ergibt sich, dass die bei [HARR07b] für ein<br />
Rollenlager nicht näher spezifizierten Radien und<br />
in einem idealen Kegelrollenlager dem Abstand<br />
eines Punktes auf der Wälzkörperachse von der ge<br />
07 Vergleich der Berechnungsmodelle BearCal<br />
(MTPlus), Mesys und Bearinx<br />
62 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
PEER REVIEWED<br />
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
meinsamen Wälzkörper-Lagerring-Mantellinie gemessen senkrecht<br />
zu dieser Mantellinie entsprechen (r i<br />
in Bild 05). Zur Berechnung<br />
der Oberflächengeschwindigkeit eines Punktes auf der Wälzkörperoberfläche<br />
muss als Radius der Abstand dieses Punktes<br />
senkrecht zur Rotationsachse angenommen werden ( in Bild 05).<br />
Während der Gleichgewichtsiteration werden in jedem Iterationsschritt<br />
der Roll-Wälzwinkel β und damit die Winkelgeschwindigkeiten<br />
des Wälzkörpers und die geschwindigkeitsbedingten Massenkräfte<br />
neu bestimmt. Nach Abschluss der Iteration werden für den<br />
Gleichgewichtszustand die Oberflächengeschwindigkeiten in den<br />
Kontakten bestimmt. Dazu wird für jeden Elementmittelpunkt der<br />
Kontaktflächennetze der Radiusvektor zur jeweiligen Rotationsachse<br />
gebildet. Als Kreuzprodukt mit der Winkelgeschwindigkeit des jeweiligen<br />
Lagerbauteils ergibt sich die Oberflächengeschwindigkeit<br />
in dem Punkt.<br />
Im einfachen Fall einer gleich gerichteten Bewegung zweier Körper<br />
1 und 2 mit den Oberflächengeschwindigkeiten im Berührpunkt<br />
v 1<br />
und v 2<br />
können zur Beurteilung eines Kontakts zweier<br />
Körper drei Größen herangezogen werden [CZIC10]:<br />
n Die Summengeschwindigkeit nach Gl. (25)<br />
n Die Differenzgeschwindigkeit nach Gl. (26)<br />
n Der Schlupf Gl. (27)<br />
08 Beispielhafte Darstellung der Relativgeschwindigkeit im<br />
Rolle-Bord-Kontakt bei Bord am Außenring und Lage des<br />
Koordinatensystems<br />
Berührebene projiziert werden, woraus sich die projizierten Geschwindigkeiten<br />
und mit ergeben. Die Summenund<br />
die Relativgeschwindigkeit lassen sich dann nach<br />
und<br />
Dabei entspricht ein Schlupfwert von s = 0 reinem Rollen, d. h. die<br />
Kontaktkörper bewegen sich im Berührpunkt gleichgerichtet und<br />
gleich schnell. Ein Wert von s = 2 entspricht dem Zustand einfachen<br />
Gleitens, d. h. ein Kontaktpartner steht, während sich der zweite<br />
bewegt [JACO10]. Bei einem Wert von s = ± ∞ herrscht reines<br />
Gleiten, d. h. die beiden Kontaktpartner bewegen sich mit betragsmäßig<br />
gleicher Geschwindigkeit in entgegengesetzte Richtungen<br />
[JACO10].<br />
In einem lastfreien idealen Kegelrollenlager herrscht in den Rolle-<br />
Laufbahn-Kontakten reines Rollen. Im Rolle-Bord-Kontakt muss<br />
zwischen der Lage des Bords am Innen- und am Außenring unterschieden<br />
werden: In beiden Fällen herrscht am Übergangspunkt<br />
von der großen Rollenstirn zur Rollenmantelfläche reines Rollen<br />
(Bild 05). Bei einem Lager mit Bord am Innenring nehmen die Relativgeschwindigkeit<br />
und somit der Schlupf von diesem Punkt aus<br />
entlang der Bordhöhe linear zu. Im Falle eines Außenringbords<br />
steht der Bord im hier angenommenen Fall eines stehenden Außenrings<br />
still und es herrscht immer einfaches Gleiten mit s = 2.<br />
Die Summengeschwindigkeit ist eine wesentliche Größe zur Bestimmung<br />
der sich theoretisch einstellenden Schmierfilmhöhe<br />
während die Relativgeschwindigkeit die Gleitreibung im Kontakt<br />
beeinflusst [JOHN85].<br />
Die Annahme, dass sich beide Kontaktpartner in die gleiche<br />
Richtung bewegen, gilt für die Elementmittelpunkte der oben beschriebenen<br />
Netze in den Kontaktflächen eines Kegelrollenlagers<br />
nur für die Punkte, die auf der x-Achse liegen. Für alle anderen<br />
Punkte liegt allgemein ein dreidimensionaler Bewegungszustand<br />
vor. Nach Dooner/Seireg [DOON95] können die Gl. (25) bis (27) zur<br />
Beurteilung der Geschwindigkeitsverhältnisse ebenfalls angewandt<br />
werden, wenn die jeweiligen Oberflächengeschwindigkeiten vektoriell<br />
betrachtet werden: Die beiden Oberflächengeschwindigkeiten<br />
und müssen dazu gemäß Bild 06 zunächst in die gemeinsame<br />
bestimmen [DOON95].<br />
Während für die Rolle-Laufbahnkontakte die Geschwindigkeitsanteile<br />
in x- und z-Richtung innerhalb der Kontaktflächen vernachlässigbar<br />
klein sind, trifft dies im Rolle-Bord-Kontakt insbesondere<br />
für die Anteile in x-Richtung nicht zu. Dies führt dazu, dass wie in<br />
Bild 08 beispielhaft dargestellt die Relativgeschwindigkeit und somit<br />
der Schlupf in allen Richtungen mit zunehmendem Abstand<br />
vom Punkt reinen Rollens zunehmen. Weiterhin kann bei nicht<br />
gleich gerichteter Bewegung der beiden Kontaktpartner die Summengeschwindigkeit<br />
nach Gl. (25) nicht mehr als Eintrittsgeschwindigkeit<br />
zur Bestimmung der Schmierfilmhöhe herangezogen werden.<br />
Nach [DOON95] muss für solche Fälle die Eintrittsgeschwindigkeit<br />
unter Berücksichtigung der Größe der Kontaktfläche, der effektiven<br />
Krümmungsradien und der zeitlichen Änderung des Winkels zwischen<br />
den beiden in die gemeinsame Berührebene projizierten<br />
Oberflächengeschwindigkeiten bestimmt werden.<br />
WEITERE BERECHNETE GRÖSSEN UND<br />
MODELLVEREINFACHUNGEN<br />
Die drehzahlbedingten Massenkräfte führen nicht nur zu Fliehkräften<br />
und gyroskopischen Momenten an den Wälzkörpern sondern<br />
auch zu fliehkraftbedingten Aufweitungen, die im Falle des Innenrings<br />
und der Welle nicht vernachlässigt werden können. Eine Aufweitung<br />
des Innenrings hat je nach Anstellung des Lagers eine<br />
Innenringverlagerung oder eine Zunahme der Kontaktbelastungen<br />
im Lager zur Folge. Zur Berechnung der drehzahlbedingten Aufweitung<br />
wird der Innenring vereinfacht als Ring mit mittlerem<br />
Laufbahndurchmesser angenommen und die Aufweitung nach<br />
gängigen Formeln [JACO12] berechnet. Gleiches gilt für die Aufweitung<br />
der Welle und die in beiden Fällen überlagerte Aufweitung<br />
durch die üblicherweise vorliegende Übermaßpassung zwischen<br />
Welle und Innenring.<br />
Thermische Dehnungen der Lagerbauteile können ebenfalls erheblichen<br />
Einfluss auf das Betriebsverhalten – hier insbesondere<br />
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FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
PEER REVIEWED<br />
auf das Last-Drehzahl-Verlagerungsverhalten – des Lagers haben<br />
und müssen bei der Gleichgewichtsberechnung berücksichtigt<br />
werden. Eine Aufweitung des Außenrings einerseits und Aufweitungen<br />
des Innenrings und der Wälzkörper andererseits haben<br />
dabei stets gegensätzliche Effekte auf die Kontaktbelastung oder die<br />
Innenringverlagerung. Mit der hier beschriebenen Methode können<br />
keine Bauteiltemperaturen für ein Wälzlager berechnet werden.<br />
Die thermisch bedingten Aufweitungen werden daher basierend<br />
auf angenommenen Bauteiltemperaturen bestimmt. Wie<br />
bspw. mittels FEM-Rechnung gezeigt werden kann, ändert ein idealer<br />
Kegel bei gleichmäßiger Erwärmung nicht nur seine Maße sondern<br />
auch seine Form. Diese Effekte sind in einfacher Weise für den<br />
hier vorgestellten Berechnungsansatz nicht abbildbar. Für beide<br />
Lagerringe und die Wälzkörper wird daher eine über die Länge in<br />
jeder Schnittebene senkrecht zur Symmetrieachse konstante Radialdehnung<br />
angenommen. Diese wird jeweils aus dem mittleren Bauteildurchmesser,<br />
der angenommenen Temperatur und dem Wärmeausdehnungskoeffizienten<br />
bestimmt.<br />
Formelzeichen<br />
a mm halbe Kantenlänge eines Flächenelements<br />
der Kontaktflächenvernetzung in<br />
y-Richtung, Länge der großen Halbachse<br />
der Kontaktellipse nach Hertz<br />
A mm² Kontaktfläche<br />
b mm halbe Kantenlänge eines Flächenelements<br />
der Kontaktflächenvernetzung in<br />
x-Richtung, Länge der kleinen Halbachse<br />
der Kontaktellipse nach Hertz<br />
C BP<br />
N/mm Steifigkeit im Betriebspunkt<br />
d BP<br />
, d BP+∆<br />
, d BP-∆<br />
mm Verlagerung im Betriebspunkt, unter<br />
Berücksichtigung einer Zusatzverlagerung<br />
d m<br />
mm Teilkreisdurchmesser eines Wälzlagers<br />
df / dx --- Differentialquotient der Funktion f an der<br />
Stelle x<br />
mm<br />
Matrix der Oberflächenabstände<br />
E 1<br />
, E 2<br />
N/mm² Elastizitätsmodul des Körpers 1, 2<br />
f 1 Einflusszahlenmatrix<br />
f ij<br />
1 Einflusszahl<br />
F N Kraft<br />
F BP<br />
, F BP+∆<br />
, F BP-∆<br />
N Kraft im Betriebspunkt, unter Berücksichtigung<br />
einer Zusatzverlagerung<br />
N<br />
Kontaktnormalkraft am Kontakt zwischen<br />
Wälzkörper und Außenringlaufbahn /<br />
Innenringlaufbahn / Bord<br />
g --- Gerade durch das Punktepaar des<br />
kleinsten Abstands<br />
i 1 Laufvariable<br />
j 1 Laufvariable<br />
k mm²/N Zusammengefasste Materialkonstanten<br />
K(x k<br />
,y k<br />
) [1, 1] Berührpunkt zweier Profile P 1<br />
und P 2<br />
[1, 1] Berührpunkte auf den Profilen P 1<br />
und P 2<br />
K 1<br />
, …, K 4<br />
1 Hilfsgröße zur Berechnung der Einflusszahlenmatrix<br />
m, n 1 Anzahl der Elemente der Kontaktflächenvernetzung<br />
in x- und y-Richtung<br />
P, N/mm² (mittlere) Kontaktnormalspannung<br />
P (x, y, z, 1), P‘ [1, 1, 1,<br />
1]<br />
N/mm²<br />
beliebiger Punkt (vor, nach Transformation)<br />
(4. Dimension bei homogenen<br />
Koordinaten)<br />
Matrix der lokalen Kontaktnormalspannungen<br />
P 1<br />
, P 2<br />
--- Gleichung zur Beschreibung einer<br />
Profilfunktion<br />
P := y = f(x)<br />
P(x‘, y‘) --- Isolinien<br />
r 1 Laufvariable<br />
,<br />
mm<br />
mm<br />
s 1 Schlupf<br />
Rollradien am Außen- und Innenring<br />
Abstand eines Punktes auf der<br />
Wälzkörperober fläche senkrecht zur<br />
Rotationsachse<br />
S 1<br />
, …, S 4<br />
1 Hilfsgrößen zur Bildung der Einflusszahlen<br />
f ij<br />
[1, 1, 1] Translationsvektor<br />
T [1, 1, 1,<br />
1]<br />
Translationsmatrix in homogenen<br />
Koordinaten<br />
v 1<br />
, , v 2<br />
, m/s Oberflächengeschwindigkeit<br />
des Körpers 1, 2<br />
,<br />
m/s<br />
m/s<br />
m/s<br />
m/s<br />
projizierte Geschwindigkeit<br />
des Körpers 1, 2<br />
projizierte Geschwindigkeit<br />
des Körpers 1, 2<br />
Relativgeschwindigkeit<br />
Summengeschwindigkeit<br />
w 1<br />
, w 2<br />
, w mm Verlagerung eines Punktes auf dem Körper<br />
1, 2, allgemein<br />
x, y, z 1 x-, y- und z-Koordinaten eines Punktes<br />
x‘, y‘, z‘ 1 beliebige x-, y- und z-Koordinaten<br />
, mm Abstand zwei Flächenelementmittelpunkt<br />
der Kontaktflächenvernetzung in x- und<br />
y- Richtung<br />
z 1<br />
, z 2<br />
mm z-Koordinate eines Punktes auf dem<br />
Körper 1, 2<br />
α a<br />
, α i<br />
° Druckwinkel am Außen-/Innenring<br />
β ° Roll-Wälzwinkel (Aufstellwinkel)<br />
β‘ ° Gier-Wälzwinkel (Schränkwinkel)<br />
γ ° eingeschlossener Kegelwinkel des<br />
Wälzkörpers<br />
δ mm Starrkörperannäherung<br />
∆ mm Zusatzverlagerung<br />
ν 1 Querkontraktionszahl<br />
π 1 Kreiszahl<br />
ω, ω K<br />
, ω WK<br />
1/s Winkelgeschwindigkeit des Innenrings um<br />
die Lagerachse, eines Wälzkörpers um die<br />
Lagerachse, eines Wälzkörpers um seine<br />
Symmetrieachse<br />
64 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
PEER REVIEWED<br />
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
VALIDIERUNG DES BERECHNUNGSANSATZES<br />
In einfachen Versuchen an realen Lagern lassen sich von den hier<br />
beschriebenen Größen mit dem am Institut vorhandenen Prüfstand<br />
[ROSS14] nur die Axialverlagerung und die Lagerreibung<br />
sinnvoll bestimmen. Zur Validierung des Berechnungsansatzes<br />
dient daher ein Vergleich von Berechnungsergebnissen mit zwei<br />
kommerziellen Berechnungsprogrammen, von denen angenommen<br />
wird, dass sie die Realität ausreichend genau abbilden. Zum<br />
Vergleich werden die Programme Bearinx der Firma Schaeffler<br />
Technologies, Herzogenaurach, und Mesys der Firma Mesys, Zürich,<br />
herangezogen. Als Untersuchungsobjekt wird ein Kegelrollenlager<br />
angenommen, dessen Geometrie näherungsweise einem realen<br />
Kegelrollenlager der Baureihe 32014 X entspricht, das jedoch real<br />
nicht existiert. Für definierte Lastfälle wurden mit der hier vorgestellten<br />
Methode sowie den beiden Referenzberechnungsmodellen<br />
Größen bestimmt, die sich experimentell großteils nicht mit vertretbarem<br />
Aufwand bestimmen lassen.<br />
Zur Kontaktbeschreibung werden die Größen der Halbachsen der<br />
Kontaktflächen und die maximalen Kontaktnormalspannungen verglichen.<br />
Zur Beschreibung des Gesamtzustands des Lagers werden<br />
zusätzlich die Axialsteifigkeit und die Axialverlagerung verglichen.<br />
Da bei den kommerziellen Berechnungsprogrammen zahlreiche Details<br />
zum genauen Vorgehen bei der Berechnung aus Wettbewerbsgründen<br />
unbekannt sind, ist eine ausführliche Diskussion möglicher<br />
Ursachen für beobachtete Unterschiede hier nicht möglich.<br />
Bei den in Bild 07a dargestellten Abmessungen der Kontaktflächen<br />
zeigt sich eine sehr gute Übereinstimmung zwischen dem<br />
Kegelrollenlagermodul von MTPlus und den kommerziellen Programmen.<br />
Die Unterschiede können u. a. auf die Auflösung der<br />
Vernetzung der Kontaktfläche zurückzuführen sein. Die Größe der<br />
Kontaktfläche ergibt sich bei MTPlus als Produkt aus der Größe<br />
eines Netzelements und der Anzahl der belasteten Elemente; darauf<br />
ist auch der abschnittsweise konstante Verlauf der Länge der<br />
kleinen Halbachse zurückzuführen. Sehr gute Übereinstimmungen<br />
ergeben sich auch bei den maximalen Kontaktnormalspannungen<br />
(Bild 07b). Durch die logarithmische Profilierung der Wälzkörper<br />
ist sichergestellt, dass die Maximalwerte in der Mitte der Kontaktfläche<br />
und nicht an deren Rändern auftreten.<br />
Bei den in Bild 07c dargestellten Steifigkeits- und Verlagerungsverläufen<br />
über der Axiallast ergeben sich relativ gesehen etwas<br />
größere aber noch tolerierbare Unterschiede. Diese Unterschiede<br />
können mehrere Ursachen haben: Wenn, wie bei Mesys, zur Berechnung<br />
der Linienkontakte in den Rolle-Laufbahn-Kontakten ein<br />
Scheibenmodell genutzt wird, werden die einzelnen Scheiben als<br />
Linienkontakte nach Hertz betrachtet. In diesen Fällen muss eine<br />
zusätzliche, von Hertz nicht gegebene Last-Verlagerungs-Beziehung<br />
angenommen werden [HARR07a]. Bei dem für MTPlus<br />
verwendeten Ansatz nach Boussinesq [BOUS85] und Hartnett<br />
[HART79] ist die Last-Verlagerungs-Beziehung integraler Bestandteil<br />
des Ansatzes und nicht austauschbar. Durch die Wahl einer<br />
anderen Last-Verlagerungs-Beziehung ergeben sich bei gleicher<br />
Last unterschiedliche Kontaktdeformationen und somit unterschiedliche<br />
Innenringverlagerungen.<br />
Dies hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Berechnung<br />
der Steifigkeit in einem Betriebspunkt: Da sich die Steifigkeit nicht<br />
explizit berechnen lässt, wird in den meisten Ansätzen, so auch bei<br />
Mesys und MTPlus, so vorgegangen, wie u. a. von Tüllmann<br />
[TÜLL99] und Guo/Parker [GUO12] vorgeschlagen. Es werden zunächst<br />
die zu einem Betriebspunkt gehörenden Lasten F BP<br />
und Verlagerungen<br />
d BP<br />
berechnet. Anschließend wird lokal um diesen Betriebspunkt<br />
eine kleine Zusatzverlagerung in beide Richtungen<br />
angenommen. Aus den beiden sich so ergebenden Last-Verlagerungs-Wertepaaren<br />
(F BP+∆<br />
, d BP+∆<br />
) und (F BP-∆<br />
, d BP-∆<br />
) kann die Steifigkeit<br />
c BP<br />
im Betriebspunkt als lokale Sekantensteifigkeit bestimmt werden:<br />
Darüber hinaus wird bei Mesys die Deformation im Rolle-Bord-<br />
Kontakt vernachlässigt, was zu einer leichten Unterschätzung der<br />
Innenringverlagerung und somit einer Überschätzung der Steifigkeit<br />
führt. Unterschiede bei den Kontaktnormalkräften können als<br />
Ursache ausgeschlossen werden. Die im Vergleich zu den beiden<br />
anderen Berechnungsprogrammen etwas zu groß berechneten Verlagerungen<br />
und somit zu klein berechneten Steifigkeiten bei<br />
MTPlus decken sich mit den bei MTPlus im Vergleich zu Bearinx<br />
größer berechneten Starrkörperannäherungen in den Kontakten<br />
(Bild 07d), die unmittelbare Auswirkungen auf die berechneten<br />
Gesamtverlagerungen haben.<br />
Insgesamt ergeben sich für die belastungsbedingten Kenngrößen<br />
sehr gute Übereinstimmungen zwischen dem Kegelrollenlagermodul<br />
von MTPlus und kommerziellen Programmen. Ein Vergleich<br />
von Geschwindigkeitsgrößen erfolgt nicht, da sich die Geschwindigkeiten<br />
aus einfachen geometrischen Betrachtungen ergeben, im<br />
Modell selbst für die Stellen reines Rollens eine erfolgreiche Plausibilitätsprüfung<br />
durchgeführt wurde und beide Referenz-Programme<br />
diese in den hier verfügbaren Versionen nicht berechnen.<br />
ZUSAMMENFASSUNG UND MÖGLICHE<br />
ANWENDUNGEN<br />
Zur Bewertung des Betriebsverhaltens von Welle-Lager-Systemen<br />
oder zur gezielten Weiterentwicklung von Wälzlagern ist es notwendig,<br />
das Betriebsverhalten berechnen zu können. Bei heute kommerziell<br />
verfügbaren Programmen müssen dabei Einschränkungen<br />
bei der herstellerunabhängigen Nutzung oder der Berücksichtigung<br />
drehzahlbedingter Effekte hingenommen werden. Mit dem<br />
hier beschriebenen Berechnungsmodul für Kegelrollenlager innerhalb<br />
des Welle-Lager-Berechnungsprogramms MTPlus ist es durch<br />
die Nutzung eines alternativen Kontaktmodells und die Berücksichtigung<br />
fliehkraftbedingte Zusatzkräfte möglich, das Betriebsverhalten<br />
von Kegelrollenlagern beliebiger Geometrie unter hohen<br />
Drehzahlen zu berechnen. Dies ermöglicht nicht nur die Abbildung<br />
von Kegelrollenlagern in schnell drehenden Welle-Lager-Systemen,<br />
es erlaubt auch die Betrachtung bisher weitgehend vernachlässigter<br />
Effekte beim Betrieb von Kegelrollenlagern oder die gezielte<br />
Auslegung hochdrehzahlgeeigneter Kegelrollenlager.<br />
Mit der oben beschriebenen ortsaufgelösten Berechnung der<br />
Normalspannungs- und Geschwindigkeitsverteilung über den<br />
Kontaktflächen in einem Kegelrollenlager sind zwei wesentliche<br />
Voraussetzungen zur Reibungs- und Schmierfilmhöhenberechnung<br />
gegeben. Eine wesentliche Größe, die Temperatur im<br />
Schmierspalt, fehlt jedoch. Dennoch können damit wie u. a. bei<br />
Rossaint [ROSS14] aus einer Näherungsfunktion für den Zusammenhang<br />
zwischen Normalkraft, Schlupf und Reibwert für jeden<br />
Elementmittelpunkt die mittlere Reibkraft über dem Netzelement<br />
bestimmt, diese über die gesamte Kontaktfläche aufsummiert und<br />
so die gesamten Reibkräfte pro Kontakt und damit die Lagerreibung<br />
bestimmt werden. Bild 08 zeigt dazu beispeilhaft für ein Kegelrollenlager<br />
mit Bord am Außenring die Relativgeschwindigkeiten<br />
im Rolle-Bord-Kontakt sowie die Kontaktfläche (Isolinien<br />
P(x‘, y‘) = 0), wie sie mit diesem Modell berechnet wurden.<br />
In [BREC17] wird gezeigt, wie insbesondere die erweiterte Kontaktberechnung<br />
und die Möglichkeit, ein Kegelrollenlager mit Bord<br />
am Außenring zu berechnen, genutzt werden können, um ein<br />
Kegelrollenlager gezielt für hohe Drehzahlen auszulegen.<br />
Teil 1 dieser Serie ist in Ausgabe 06/<strong>2019</strong> der <strong>antriebstechnik</strong><br />
erschienen. Über diesen Link kommen Sie zum Artikel:<br />
https://bit.ly/2XgNduD<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 65
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />
PEER REVIEWED<br />
Literaturverzeichnis:<br />
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Systeme – Teil 1. In: <strong>antriebstechnik</strong>. 58. Jg., <strong>2019</strong>. Nr. 6, S. 66-72<br />
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Tribomaterialien, Tribotechnik. 3. Aufl. Wiesbaden: Vieweg+Teubner, 2010<br />
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Herzogenrath: Schumacher, 2010<br />
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[MERM16] Mermoz, E.; Fages, D.; Zamponi, L.; Linares, J.-M.; Sprauel, J.-M.:<br />
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Annals – Manufacturing Technology. 65. Jg., 2016, Nr. 1. S. 157–160<br />
[ROSS14] Rossaint, J.: Steigerung der Leistungsfähigkeit von Spindellagern durch<br />
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[SCHA14] Schaeffler Technologies: Bearinx – High-Level Bearing Design.<br />
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[SKF09] SKF Gruppe: SKF Spindelsimulator. Göteborg, 2009. Firmenschrift<br />
[TEUT05] Teutsch, R.: Kontaktmodelle und Strategien zur Simulation von<br />
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[TÜLL99] Tüllmann, U.: Das Verhalten axial verspannter, schnelldrehender<br />
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[VORN08] Vornberger, O.: Computergrafik. Vorlesungsskript. Universität<br />
Osnabrück, Sommersemester 2008<br />
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Lubrication in Finite Roller Contacts Involving Realistic Geometry and Surface<br />
Roughness. In: Journal of Tribology. 134. Jg., 2012, Nr. 1<br />
DIE AUTOREN<br />
Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher,<br />
Inhaber des Lehrstuhls für<br />
Werkzeugmaschinen<br />
Dr.-Ing. Marcel Fey,<br />
Oberingenieur am<br />
Werkzeug maschinenlabor WZL<br />
Andreas Bartelt, M.Sc.,<br />
Mitarbeiter am<br />
Werkzeugmaschinenlabor WZL<br />
DANKSAGUNG<br />
Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
DFG für die finanzielle Förderung dieser Arbeiten zu dem<br />
Thema „Untersuchung und Beschreibung des Betriebsverhaltens<br />
von Kegelrollenlagern unter hohen Drehzahlen“ (Förderkennzeichen<br />
BR 2905/56-1). Die Berechnungssoftware Mesys<br />
wurde für Forschungszwecke an der Hochschule dankenswerterweise<br />
durch die Mesys AG, Zürich (Schweiz) unentgeltlich<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Dr. T. Stahl,<br />
Leiter Produktentwicklung Kegelrollenlager,<br />
Schaeffler Technologies AG & Co. KG<br />
Alexander Hassis, M.Sc.,<br />
Ehemaliger Mitarbeiter am<br />
Werkzeugmaschinenlabor WZL<br />
66 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de
FVA AKTUELL<br />
FORSCHUNGSVORHABEN FVA 735 II, IGF-NR. 18415 N<br />
SOH-DIAG – DYNAMISCHE DIAGNOSEMETHODEN<br />
ZUR BESTIMMUNG DES GESUNDHEITSZUSTANDES<br />
VON LITHIUM-IONEN-BATTERIEN<br />
Lineare Spannungsantwort Y 1<br />
(1. Harmonisch)<br />
2. Harmonische Spannungsantwort Y 2<br />
Im Projekt „SOH-Diag“ wurde eine neue Diagnosemethodik zur Bestimmung<br />
sowie zur Quantifizierung des Gesundheitszustandes (engl.: State-of-Health –<br />
SOH), von Lithium-Ionen-Batterien (LIB) entwickelt. Weiterhin wurde gezeigt,<br />
dass der Ladezustand (engl.: State-of-Charge – SOC), auf den SOH kalibriert<br />
werden kann.<br />
Die genutzte Diagnosemethodik ist eine dynamische, universell einsetzbare<br />
Messmethodik, die sogenannte Nonlinear Frequency Response Analysis (NFRA).<br />
NFRA ist mit der im Diagnosebereich etblierten Elektrochemischen Impedanzspektroskopie<br />
(EIS) verwandt. Bei der EIS wird ein geringer Wechselstrom auf die<br />
LIB gegeben, um das lineare Systemverhalten zu untersuchen. Bei NFRA hingegen<br />
wird ein hoher Wechselstrom auf die LIB aufgeprägt. Dadurch werden höhere<br />
Harmonische angeregt, die charakteristisch für Zelltyp sowie -spezifikationen sind<br />
und daher universell angewandt werden kann.<br />
Durch NFRA wird das lineare Prozessverständnis um hochinformative Nichtlinearitäten,<br />
wie z. B. die elektrochemischen Reaktionen und gekoppelte Diffusions-<br />
und Reaktionsprozesse erweitert. Weiterhin wurde im Verlauf des Projekts<br />
erkannt, dass Degradationen der LIB, wie z. B. Leistungsverlust, Kapazitäts -<br />
ab nahme sowie auch Alterungssignale durch das sicherheitsgefährdende Lithium-<br />
Plating spezifische Antwortsignale erzeugen. Das Versagen bzw. ein Ausfall<br />
einer LIB, erzeugt ebenfalls spezifische Antwortsignale in einem charakteristischen<br />
Frequenzbereich.<br />
Es ist denkbar, dass die Diagnosemethodik sowohl Automobilherstellern als<br />
auch Unternehmen im Bereich der Kleinelektronik nach Adaption der Messtechnik/Hardware<br />
zahlreiche Wettbewerbsvorteile ermöglichen kann. Die Diagnosemethodik<br />
kann – universell bzw. nach Anpassung an die spezifische Batterie – zur<br />
Qualitätsssicherung nach der Herstellung von LIB und LIB-Systemen, bei der<br />
Schadensdiagnose dieser und bei der Überprüfung ihrer Lebensdauer eingesetzt<br />
werden. Hierfür ist die Entwicklung bzw. Adaption der messtechnischen Hardware<br />
für die Messung der entsprechenden Signale notwendig. Ist dies gewährleistet und<br />
erprobt, ist eine Applikation von NFRA in Werkstätten sowie auch im BMS von<br />
elektrifizierten Fahrzeugen möglich.<br />
Förderung: AiF (IGF)<br />
Autor: Fridolin Röder, TU Braunschweig, INES Institut für Energie- und Systemverfahrenstechnik<br />
Forschungsvereinigung<br />
Antriebstechnik e. V.<br />
Lyoner Str. 18, 60528 Frankfurt<br />
Tel.: 069 / 6603-1515<br />
E-Mail: info@fva-net.de<br />
Internet: www.fva-net.de<br />
Kontakt: Forschungsvereinigung<br />
Antriebstechnik e. V. (FVA),<br />
Alexander Raßmann,<br />
Tel.: 069/6603-1820<br />
www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2019</strong>/07 67
FLUIDTECHNIK