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ZETT-2

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BOLLENKULT<br />

Obwohl der Bollenhut ein wenig<br />

aus der Mode gefallen ist, müssen<br />

junge Schwarzwälderinnen wie<br />

Lena und Jenny nicht auf die<br />

Signalwirkung der Bollen (schwarz<br />

= verheiratet, rot = unverheiratet)<br />

verzichten. Moderne Wollmützen<br />

mit multiplen Bommeln wie diese<br />

vom Friesenheimer Unternehmen<br />

„Schneewolle“ erfüllen heute den<br />

gleichen Zweck wie die traditionellen<br />

Hüte vor über 200 Jahren.<br />

www.schneewolle.de<br />

WOLLE ROSEN?<br />

222 Jahre Bollenhut – eine bebilderte Festschrift<br />

von Arne Bicker<br />

Foto: Martin Koswig<br />

„Die Zeiten waren schlecht im<br />

Schwarzwald…“ – Mit diesen Worten leitete<br />

ARD- Tagesthemen-Moderator Ingo<br />

Zamperoni am 18. Februar<br />

dieses Jahres einen Bericht<br />

mit dem Titel „222<br />

Jahre Bollenhut – Spurensuche<br />

im Schwarzwald“<br />

ein. Der ursprünglich rund<br />

500 Gramm, heute aus Stabilitätsgründen<br />

eingegipste und deshalb bis zu zwei<br />

Kilogramm schwere Strohhut mit seinen<br />

vierzehn ovalen Bollen ist neben dem<br />

amerikanischen Cowboyhut, der britischen<br />

Melone, der Krankenschwesternhaube, Safarihelm<br />

und Bärenfellmütze eine der bekanntesten<br />

Kopfbedeckungen der Welt.<br />

In Freiburg stülpen sich Hobbysportler eine einfache Strohvariante<br />

mit tennisballgroßen Ultraleichtbommeln über und<br />

laufen den Halbmarathon. Touristen sacken den Kugeldeckel<br />

in Plastiktüten ein; er ziert Werbegrafiken für Milch, Gin oder<br />

Schinken. Der Bollenhut ist heute das Sinnbild schlechthin für<br />

den Schwarzwald. Warum?<br />

56 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

Da ist Musik drin: Alte Polydor-Single.<br />

„Das ist einfach der geilste Hut der<br />

Welt“, sagt die Freiburger Künstlerin<br />

Anne Deutsch, die auch für den Tagesthemen-Bericht<br />

befragt wurde.<br />

Als gebürtige Engländerin ist Anne<br />

Deutsch Hutfachfrau per se. Ihre Arbeiten<br />

zeigen wir, neben vielen anderen,<br />

hier im Kulturmagazin Zett.<br />

Überhaupt scheinen die künstlerischen<br />

Hutnachmacher das Bommelwerk<br />

förmlich zu verehren – wie<br />

unsere Bilderstrecke anschaulich<br />

zeigt.<br />

Die ollen Bollen haben es weit<br />

gebracht. Dabei entsprang der ausdrucksstarke<br />

Kopfschmuck einer von oben verordneten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme<br />

im bitterarmen Schwarzwald<br />

des 18. Jahrhunderts. 1797 wurde durch einen württembergischen<br />

Handstreich verfügt, dass die Dekoration der Strohhüte<br />

rot und schwarz zu sein habe. Das ist jetzt 222 Jahre her. Die<br />

drei Heimatdörfer des Hutes, Gutach, Kirnbach und Reichenbach,<br />

waren seinerzeit noch schwäbisch. Vielleicht war das ein<br />

Glück, weil die jungen Damen sonst vielleicht 27 Bowlingku-

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