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4 WAHL-SPEZIAL BERLINER KURIER, Montag, 2. September 2019 **<br />
AfD-Spitzenkandidat<br />
Andreas<br />
Kalbitz sagt:<br />
„Esgeht erst<br />
richtig los“.<br />
Der „Wende-Vollender“ aus München<br />
Spitzenkandidat Andreas Kalbitz mit stolz geschwellter Brust: „Gekommen, um zu bleiben“<br />
Potsdam – Starkes Ergebnis,<br />
aber kein großer Triumph:<br />
AfD-Spitzenkandidat Andreas<br />
Kalbitz hat bei der Landtagswahl<br />
in Brandenburg den zeitweise<br />
für möglich gehaltenen<br />
Wahlsieg verpasst. Ein starkes<br />
Ergebnis (um die 23 Prozent<br />
nach ARD-Hochrechnungen)<br />
wurde es dennoch, daran änderten<br />
auch die kurz zuvor veröffentlichten<br />
Enthüllungen<br />
über weitere Kontakte ins<br />
rechtsextreme Milieu nichts.<br />
„Es geht erst richtig los“, tönte<br />
der 46-Jährige am Wahlabend<br />
Die Grünen-Spitzenkandidaten Benjamin Raschkeund Ursula Nonnemacher<br />
freuen sich mit der der Bundesvorsitzenden ihrer Partei, Annalena Baerbock.<br />
Foto: dpa<br />
mit stolz geschwellter Brust vor<br />
seinen Anhängern. „Die AfD ist<br />
gekommen, um zu bleiben.“<br />
Ohne die Rechtspopulisten<br />
werde keine Politik mehr möglich<br />
sein, so seine Kampfansage.<br />
Sein Einfluss in der AfD dürfte<br />
weiter wachsen, ebenso die<br />
Macht des rechtsnationalen<br />
„Flügels“.<br />
Im Potsdamer Landtag wird<br />
Kalbitz dennoch weiter auf der<br />
Oppositionsbank sitzen: Alle<br />
anderen Parteien lehnen eine<br />
Zusammenarbeit mit den<br />
Rechtspopulisten ab. Der Aufstieg<br />
des 1972 in Münchner Geborenen,<br />
der erst Jahre nach<br />
den 90er Jahren hatte er sich<br />
bei den als rechtsextrem eingestuften<br />
deutschen Rechtsextremisten,<br />
darunter der damalige NPDder<br />
Wende in den Osten übersiedelte,<br />
Republikanern enga-<br />
Chef Udo Voigt. In einem BKA-<br />
vollzog sich lange Zeit<br />
im Schatten von Parteichef Alexander<br />
giert. Ab Ende 2014 war er für<br />
kurze Zeit Vorsitzender des<br />
Dokument ist demnach die Rede<br />
von „14 deutschen Neona-<br />
Gauland und „Flügel“- von einem ehemaligen SS- zis“. Kalbitz sagt dazu: „Man<br />
Frontmann Björn Höcke. Hauptsturmführer mitbegründeten<br />
könnte mir unterstellen, dass<br />
Kalbitz agiert verhaltener,<br />
Vereins „Archiv der ich rechtsextreme Bezüge ha-<br />
lässt bei seinen Reden Vorsicht Zeit“. Die Liste rechtsextremer be, aber sicher keine rechtsextreme<br />
walten. Seine Verknüpfungen Kontakte wurde zuletzt ergänzt:<br />
Biografie.“<br />
ins rechtsextreme Lager redet<br />
er gern klein. Im Jahr 2007 war<br />
Kalbitz bei einem Pfingstlager<br />
Kurz vor seiner Teilnah-<br />
me am HDJ-Zeltlager nahm<br />
Kalbitz laut „Spiegel“ 2007 in<br />
„Vollende die Wende“ stand<br />
auf AfD-Plakaten zur Landtagswahl.<br />
Dass Kalbitz zur Wendezeit<br />
der inzwischen verbotenen Athen an einem rechtsextremen<br />
weit weg in Westdeutsch-<br />
rechtsextremen Heimattreuen<br />
Deutschen Jugend (HDJ). In Aufmarsch teil. Er wohnte<br />
demnach in einem Hotel mit 13<br />
land war, tut seiner Popularität<br />
keinen Abbruch.<br />
Bei den Grünen kommt’s<br />
am Ende auf die Kohle an<br />
Spitzenkandidaten zeigen sich zufrieden –und pokern hoch<br />
Potsdam –Natürlich gibt es Jubel<br />
bei den Grünen, als die ersten<br />
Hochrechnungen im Potsdamer<br />
Mercure Hotel über den<br />
Bildschirm flimmern. Zweistellig.<br />
Das gleicht einem kleinen<br />
Wunder,schließlich dümpelten<br />
die Grünen bei den Landtagswahlen<br />
stets an der Fünf-Prozent-Hürde<br />
herum. 2009 schafften<br />
sie gerade den Sprung in den<br />
Landtag. 2014 waren es 6,2 Prozent.<br />
Und nun das.<br />
„Das ist ein ganz tolles Signal“,<br />
sagt Spitzenkandidatin<br />
Ursula Nonnemacher, als sie<br />
mit ihrer Stimme durch den Applaus<br />
und die „Ursula-Ursula-<br />
Ursula-Rufe“ durchdringt. Die<br />
Menschen hätten gespürt, dass<br />
die Grünen neuen Schwung ins<br />
Land brächten, dass sie geschlossen<br />
aufträten, es „keine<br />
Grabenkämpfe“ gebe. „Wir sind<br />
die Partei des Gestaltens und<br />
nicht die des Weiter so.“<br />
Die Partei wird wohl erheblichen<br />
Einfluss darauf nehmen<br />
können, welche Parteien letztlich<br />
die Regierung bilden werden.<br />
Rot-Rot ist in Brandenburg<br />
abgewählt. Und kein anderes<br />
Zweierbündnis hat ausreichend<br />
Mandate. So konnten sich die<br />
Grünen schon vorher gut überlegen,<br />
welche Bedingungen sie<br />
für einen Eintritt in die Regierung<br />
stellen werden. Wird es<br />
der frühere Kohleausstieg sein?<br />
2038, so Nonnemacher vor der<br />
Wahl, sei für die Grünen „viel zu<br />
spät“. Oder wird es die Verpflichtung<br />
sein, bis 2030 eine<br />
Öko-Landwirtschaft von 25 Prozent<br />
zu etablieren? Wie hoch sie<br />
in Koalitionsverhandlungen pokern<br />
könnten, ließ Nonnemacher<br />
durchklingen: Eine Koalition<br />
mit den Grünen käme nur zustande,<br />
wenn grüne Programmatik<br />
anerkannt würde, sagt sie.<br />
Da könne es beim ThemaKohleausstieg<br />
auch „womöglich zum<br />
Streit“ kommen. M. Reinsch<br />
Foto: Getty