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*<br />
POLITIK<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Von<br />
Gordon<br />
Repinski<br />
Achtungserfolg für<br />
mutige Demokraten<br />
Esgibt keinenormalen<br />
Wahltage mehrindiesem<br />
Land, das ist nach dem<br />
Sonntag klar.Die AfD ist in<br />
Brandenburg und in Sachsen<br />
zweitstärkste Kraft geworden.Die<br />
Parteivon<br />
Rechtspopulisten, teilweise<br />
von Rechtsextremen,ist für<br />
einen beträchtlichen Teil<br />
derMenschen dasneue<br />
politische Zuhause. Das ist<br />
beängstigend! Es ist aber<br />
längst nicht alles, was an<br />
diesem Wahltag passiert ist.<br />
Denn zugleichhaben SachsensMinisterpräsident<br />
Michael<br />
Kretschmer (CDU)<br />
undBrandenburgs Dietmar<br />
Woidke (SPD)mit einem<br />
furiosen Endspurt ihr Amt<br />
verteidigenkönnen. Sie<br />
wurden als erste, als liberaldemokratischeAlternative<br />
zurAfD wahrgenommen.<br />
Dashat beiden das Amtgerettet.<br />
Woidkeund Kretschmerstehenfür<br />
Politiker, die<br />
sichder Aufgabe angenommenhaben,<br />
mit den scheinbar<br />
verlorenenAnhängern<br />
derAfD das Gespräch zu suchen.<br />
In etlichen Terminen<br />
haben sie sichauf Marktplätze<br />
und an Stände gestellt.<br />
Das heißtheute oft:<br />
Sie habensich unsäglich beschimpfen<br />
lassen. Jetztist<br />
klar: Es lohntsich zu sprechen.<br />
Auch wenn es wehtut.<br />
MANN DESTAGES<br />
Jan Böhmermann<br />
Ist er nun ein Genosse –oder<br />
nur ein „SPD-Mitglied des<br />
Herzens“? Der TV-Satiriker<br />
Jan Böhmermann hat nach<br />
eigenen<br />
Worten die<br />
SPD-Mitgliedschaft<br />
in Köthen<br />
(Sachsen-<br />
Anhalt) erhalten<br />
–sein<br />
kurzfristig<br />
angekündigter<br />
Vorstoß<br />
für den Parteivorsitz<br />
hatte am Wochenende<br />
aber kaum Erfolgsaussichten.<br />
Bei der Bundes-SPD<br />
hieß es gestern zu möglichen<br />
weiteren Bewerbern um den<br />
Chefposten, es sei niemand<br />
neu zugelassen worden.<br />
Julia Hüttner/ZDF/dpa<br />
BlauesAuge<br />
für Kretschmer<br />
in Sachsen<br />
CDU mitfast33ProzentstärkstePartei. Aber<br />
AfDmit 27,8 Prozent auf neuemHöchststand<br />
Dresden – Sachsen hat gewählt<br />
– und es kam zur<br />
befürchteten Generalabrechnung<br />
mit den etablierten<br />
Parteien. Fest<br />
steht, dass die sächsischen<br />
Christdemokraten<br />
unter Ministerpräsident<br />
Michael Kretschmer (44)<br />
weiter regieren können –<br />
nur mit wem? Für Entsetzen<br />
im demokratischen<br />
Lager sorgte das hohe<br />
Abschneiden der AfD,<br />
27,8 Prozent der Wähler<br />
im Freistaat (ARD-Hochrechnung<br />
von 22 Uhr)<br />
vertrauten ihr.<br />
Von großer Koalition wird<br />
künftig im Freistaat keine<br />
Rede mehr sein: Zusammen<br />
kämen Kretschmers<br />
CDU (32,8 Prozent) und<br />
Sachsen-<br />
Anhalt<br />
24,3<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
12,6<br />
Berlin<br />
14,2<br />
*Hochrechnung, Stand: 1. September, 20.55Uhr<br />
Die Ostpartei AfD<br />
Ergebnisse bei den<br />
vergangenen Wahlen<br />
Niedersachsen<br />
Nordrhein-<br />
Saarland Westfalen<br />
Schleswig-<br />
Holstein 7,4<br />
6,2 5,9<br />
Bundestagswahl<br />
Bayern<br />
sein bisheriger Koalitionspartner<br />
SPD, der vom ohnehin<br />
schwachen Ergebnis<br />
2014 nochmals fast 5Prozent<br />
verlor und auf 7,6 Prozent<br />
abstürzte, auf keine<br />
Mehrheit mehr. Dafür<br />
könnte es zusammen mit<br />
der SPD und den auf 8,2<br />
Prozent erstarkten Grünen<br />
(2014: 5,7 Prozent) reichen<br />
–inSachsen wird es künftig<br />
bunt!<br />
Mit der Linken, sie fiel<br />
im Vergleich zu 2014 um<br />
8,5 Punkte auf 10,2 Prozent,<br />
tut sich der eher wertekonservative<br />
Kretschmer<br />
schwer. Und mit der AfD,<br />
im Freistaat zweitstärkste<br />
Kraft, schloss die CDU eine<br />
Zusammenarbeit kategorisch<br />
aus. Unruhige Zeiten<br />
und eine komplizierte Regierungsbildung<br />
stehen<br />
dem Bundesland, das mit<br />
den<br />
rechten<br />
Pegida-Demonstrationen<br />
in Dresden bundesweit für<br />
Schlagzeilen sorgte, bevor.<br />
Die sächsische AfD<br />
unter ihrem Spitzenkandidaten,<br />
dem 55-jährigen<br />
Jörg Urban, einem in der<br />
Porzellanstadt Meißen geborenen<br />
Wasserbau-Ingenieur,<br />
erzielte damit das<br />
beste Ergebnis einer rechten<br />
Partei bei bundesdeutschen<br />
Landtagswahlen<br />
überhaupt. Anders als sein<br />
brandenburgischer Parteifreund<br />
und Spitzenkandidat<br />
Andreas Kalbitz gilt<br />
Urban als eher gemäßigt.<br />
Über Umweltgruppen,<br />
Grüne Liga und einen Ausflug<br />
zu den Piraten landete<br />
Urban 2013 in der AfD und<br />
galt als Parteigänger der<br />
späteren Vorsitzenden<br />
Frauke Petry. Damit ist der<br />
20,8<br />
Baden-<br />
Württemberg<br />
Rheinland-<br />
15,1<br />
Pfalz<br />
Europawahl<br />
Sachsen*<br />
27,8<br />
Brandenburg<br />
2016 2016 2016 2016 2016 2017 2017 2017 2017 2017 2018 2018 2019 2019 2019<br />
12,6<br />
6,2<br />
10,2<br />
Hessen<br />
13,1<br />
11,0<br />
23,5<br />
Quelle: Statista2019, InfratestDimap (Hochrechnungen)<br />
X<br />
Urnengang zuder befürch-<br />
der 3,3 Millionen wahlbe-<br />
teten Generalabrechnung<br />
rechtigten Sachsen (Wahl-<br />
beteiligung:<br />
bemerkens-<br />
werte 6o Prozent plus) mit<br />
den demokratischen Par-<br />
Zumal die<br />
teien geworden.<br />
Liberalen mit 4,4 Prozent<br />
auch im kommenden<br />
Dresdner Landtag keine<br />
Rolle spielen werden.<br />
Ministerpräsident<br />
Kretschmer, der gemeinmit<br />
seiner Partnerin<br />
sam<br />
Annett Hofmann im hei-<br />
Klotzsche wäh-<br />
matlichen<br />
len ging,<br />
kommentierte:<br />
„Das<br />
Entscheidende ist<br />
doch, dass hier ein klares<br />
Signal von dieser Land-<br />
ausgeht: Es ist<br />
tagswahl<br />
möglich, eine Regierung<br />
zu bilden mit positiven<br />
Kräften,die mit Kraft nach<br />
vorn geht.“<br />
Er ist mit einem<br />
blauen,<br />
besser<br />
braunenn<br />
Auge<br />
davongekom-<br />
men. Im<br />
Verzu<br />
gleich<br />
den letzten<br />
Hochrechnun-<br />
gen<br />
konnte<br />
seine CDU<br />
nochmals<br />
etwas zule-<br />
gen. Im<br />
Wahlschlug<br />
er sehr kon-<br />
kampf<br />
servative Töne an und ver-<br />
weitgehend auf<br />
zichtetee<br />
Unterstützung durch die<br />
Bundespolitik. Brachte das<br />
die entscheidenden<br />
Pro-<br />
Fest steht,<br />
zentpunkte?<br />
dass es<br />
in Sachsen weiter<br />
unruhig<br />
bleibt. Die AfD, de-<br />
immer offe-<br />
ren Vertreter<br />
ner rechtsextreme Positio-<br />
ist auf gutem<br />
nen vertreten,<br />
Wege, im Osten zu einer<br />
Art Volkspartei zu werden.