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Berliner Kurier 02.09.2019

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*<br />

POLITIK<br />

MEINE<br />

MEINUNG<br />

Von<br />

Gordon<br />

Repinski<br />

Achtungserfolg für<br />

mutige Demokraten<br />

Esgibt keinenormalen<br />

Wahltage mehrindiesem<br />

Land, das ist nach dem<br />

Sonntag klar.Die AfD ist in<br />

Brandenburg und in Sachsen<br />

zweitstärkste Kraft geworden.Die<br />

Parteivon<br />

Rechtspopulisten, teilweise<br />

von Rechtsextremen,ist für<br />

einen beträchtlichen Teil<br />

derMenschen dasneue<br />

politische Zuhause. Das ist<br />

beängstigend! Es ist aber<br />

längst nicht alles, was an<br />

diesem Wahltag passiert ist.<br />

Denn zugleichhaben SachsensMinisterpräsident<br />

Michael<br />

Kretschmer (CDU)<br />

undBrandenburgs Dietmar<br />

Woidke (SPD)mit einem<br />

furiosen Endspurt ihr Amt<br />

verteidigenkönnen. Sie<br />

wurden als erste, als liberaldemokratischeAlternative<br />

zurAfD wahrgenommen.<br />

Dashat beiden das Amtgerettet.<br />

Woidkeund Kretschmerstehenfür<br />

Politiker, die<br />

sichder Aufgabe angenommenhaben,<br />

mit den scheinbar<br />

verlorenenAnhängern<br />

derAfD das Gespräch zu suchen.<br />

In etlichen Terminen<br />

haben sie sichauf Marktplätze<br />

und an Stände gestellt.<br />

Das heißtheute oft:<br />

Sie habensich unsäglich beschimpfen<br />

lassen. Jetztist<br />

klar: Es lohntsich zu sprechen.<br />

Auch wenn es wehtut.<br />

MANN DESTAGES<br />

Jan Böhmermann<br />

Ist er nun ein Genosse –oder<br />

nur ein „SPD-Mitglied des<br />

Herzens“? Der TV-Satiriker<br />

Jan Böhmermann hat nach<br />

eigenen<br />

Worten die<br />

SPD-Mitgliedschaft<br />

in Köthen<br />

(Sachsen-<br />

Anhalt) erhalten<br />

–sein<br />

kurzfristig<br />

angekündigter<br />

Vorstoß<br />

für den Parteivorsitz<br />

hatte am Wochenende<br />

aber kaum Erfolgsaussichten.<br />

Bei der Bundes-SPD<br />

hieß es gestern zu möglichen<br />

weiteren Bewerbern um den<br />

Chefposten, es sei niemand<br />

neu zugelassen worden.<br />

Julia Hüttner/ZDF/dpa<br />

BlauesAuge<br />

für Kretschmer<br />

in Sachsen<br />

CDU mitfast33ProzentstärkstePartei. Aber<br />

AfDmit 27,8 Prozent auf neuemHöchststand<br />

Dresden – Sachsen hat gewählt<br />

– und es kam zur<br />

befürchteten Generalabrechnung<br />

mit den etablierten<br />

Parteien. Fest<br />

steht, dass die sächsischen<br />

Christdemokraten<br />

unter Ministerpräsident<br />

Michael Kretschmer (44)<br />

weiter regieren können –<br />

nur mit wem? Für Entsetzen<br />

im demokratischen<br />

Lager sorgte das hohe<br />

Abschneiden der AfD,<br />

27,8 Prozent der Wähler<br />

im Freistaat (ARD-Hochrechnung<br />

von 22 Uhr)<br />

vertrauten ihr.<br />

Von großer Koalition wird<br />

künftig im Freistaat keine<br />

Rede mehr sein: Zusammen<br />

kämen Kretschmers<br />

CDU (32,8 Prozent) und<br />

Sachsen-<br />

Anhalt<br />

24,3<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

12,6<br />

Berlin<br />

14,2<br />

*Hochrechnung, Stand: 1. September, 20.55Uhr<br />

Die Ostpartei AfD<br />

Ergebnisse bei den<br />

vergangenen Wahlen<br />

Niedersachsen<br />

Nordrhein-<br />

Saarland Westfalen<br />

Schleswig-<br />

Holstein 7,4<br />

6,2 5,9<br />

Bundestagswahl<br />

Bayern<br />

sein bisheriger Koalitionspartner<br />

SPD, der vom ohnehin<br />

schwachen Ergebnis<br />

2014 nochmals fast 5Prozent<br />

verlor und auf 7,6 Prozent<br />

abstürzte, auf keine<br />

Mehrheit mehr. Dafür<br />

könnte es zusammen mit<br />

der SPD und den auf 8,2<br />

Prozent erstarkten Grünen<br />

(2014: 5,7 Prozent) reichen<br />

–inSachsen wird es künftig<br />

bunt!<br />

Mit der Linken, sie fiel<br />

im Vergleich zu 2014 um<br />

8,5 Punkte auf 10,2 Prozent,<br />

tut sich der eher wertekonservative<br />

Kretschmer<br />

schwer. Und mit der AfD,<br />

im Freistaat zweitstärkste<br />

Kraft, schloss die CDU eine<br />

Zusammenarbeit kategorisch<br />

aus. Unruhige Zeiten<br />

und eine komplizierte Regierungsbildung<br />

stehen<br />

dem Bundesland, das mit<br />

den<br />

rechten<br />

Pegida-Demonstrationen<br />

in Dresden bundesweit für<br />

Schlagzeilen sorgte, bevor.<br />

Die sächsische AfD<br />

unter ihrem Spitzenkandidaten,<br />

dem 55-jährigen<br />

Jörg Urban, einem in der<br />

Porzellanstadt Meißen geborenen<br />

Wasserbau-Ingenieur,<br />

erzielte damit das<br />

beste Ergebnis einer rechten<br />

Partei bei bundesdeutschen<br />

Landtagswahlen<br />

überhaupt. Anders als sein<br />

brandenburgischer Parteifreund<br />

und Spitzenkandidat<br />

Andreas Kalbitz gilt<br />

Urban als eher gemäßigt.<br />

Über Umweltgruppen,<br />

Grüne Liga und einen Ausflug<br />

zu den Piraten landete<br />

Urban 2013 in der AfD und<br />

galt als Parteigänger der<br />

späteren Vorsitzenden<br />

Frauke Petry. Damit ist der<br />

20,8<br />

Baden-<br />

Württemberg<br />

Rheinland-<br />

15,1<br />

Pfalz<br />

Europawahl<br />

Sachsen*<br />

27,8<br />

Brandenburg<br />

2016 2016 2016 2016 2016 2017 2017 2017 2017 2017 2018 2018 2019 2019 2019<br />

12,6<br />

6,2<br />

10,2<br />

Hessen<br />

13,1<br />

11,0<br />

23,5<br />

Quelle: Statista2019, InfratestDimap (Hochrechnungen)<br />

X<br />

Urnengang zuder befürch-<br />

der 3,3 Millionen wahlbe-<br />

teten Generalabrechnung<br />

rechtigten Sachsen (Wahl-<br />

beteiligung:<br />

bemerkens-<br />

werte 6o Prozent plus) mit<br />

den demokratischen Par-<br />

Zumal die<br />

teien geworden.<br />

Liberalen mit 4,4 Prozent<br />

auch im kommenden<br />

Dresdner Landtag keine<br />

Rolle spielen werden.<br />

Ministerpräsident<br />

Kretschmer, der gemeinmit<br />

seiner Partnerin<br />

sam<br />

Annett Hofmann im hei-<br />

Klotzsche wäh-<br />

matlichen<br />

len ging,<br />

kommentierte:<br />

„Das<br />

Entscheidende ist<br />

doch, dass hier ein klares<br />

Signal von dieser Land-<br />

ausgeht: Es ist<br />

tagswahl<br />

möglich, eine Regierung<br />

zu bilden mit positiven<br />

Kräften,die mit Kraft nach<br />

vorn geht.“<br />

Er ist mit einem<br />

blauen,<br />

besser<br />

braunenn<br />

Auge<br />

davongekom-<br />

men. Im<br />

Verzu<br />

gleich<br />

den letzten<br />

Hochrechnun-<br />

gen<br />

konnte<br />

seine CDU<br />

nochmals<br />

etwas zule-<br />

gen. Im<br />

Wahlschlug<br />

er sehr kon-<br />

kampf<br />

servative Töne an und ver-<br />

weitgehend auf<br />

zichtetee<br />

Unterstützung durch die<br />

Bundespolitik. Brachte das<br />

die entscheidenden<br />

Pro-<br />

Fest steht,<br />

zentpunkte?<br />

dass es<br />

in Sachsen weiter<br />

unruhig<br />

bleibt. Die AfD, de-<br />

immer offe-<br />

ren Vertreter<br />

ner rechtsextreme Positio-<br />

ist auf gutem<br />

nen vertreten,<br />

Wege, im Osten zu einer<br />

Art Volkspartei zu werden.

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